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Dieses Buch schildert das Schicksal eines kleinen Mannes, der Großes vollbringen will. Etwas, das den Globus umspannend alle Menschen auf dieser Erde miteinander verbindet. HOMUNCULUS nannte ihn sein Chef. Nachdem er die Digitalisierung zum Anlass genommen, eine Partei zu gründen. Nannte sie logischerweise DATEI, um sich von anderen politischen Parteien zu unterscheiden. Aber wie sie Einfluss auf die Politik zu nehmen. Vorgeschlagen, was sich von bereits im Parlament verabschiedeten und geltenden Maßnahmen gegen das heißer werdende Klima deutlich unterschied. Dass dies katastrophale Konsequenzen für Homunculus hatte, mag man bedauern. Doch einer, dem oftmals der Zufall half, wird am Ende von seinem kindlichen Glauben gerettet.
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Seitenzahl: 293
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Otto W. Bringer
Dateigenosse HOMUNCULUS
eine scheinbar absurde Geschichte
© 2024 Otto W. Bringer, Weierweg 10 /3503 79111 Freiburg
Umschlaggestaltung: Otto W. Bringer
Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Softcover
978-3-384-45155-2
Hardcover
978-3-384-45156-9
E-Book
978-3-384-45157-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Vorwort:
Ein gewisser herr homunculus.
Aristoteles graecos‘ rache-feldzug.
Im prozess, das urteil und danach.
Über den Autor
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Vorwort:
Über den Autor
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VORWORT:
Es irrt, der meint, er könne es überspringen. Nur, weil in der Druckerei der Buchstabe P mit D verwechselt wurde. Er wird für immer, oder sagen wir besser für eine sehr lange Zeit in Unkenntnis darüber bleiben, dass sich alles, wirklich alles ändert. Übrigens nicht erst seit der Digitalisierung, schon Adam musste sich damit abfinden, aus dem Paradies vertrieben worden zu sein. Weil sein Weib, wie alle Weiber, auch die von Windsor, ihrer Lust nachgegeben haben. Vielleicht unbewusstem Drängen, sich mit Adam ihrem Mann endlich außerhalb des Gottesreiches zu vereinigen.
In diesem Buch handelt es sich um einen Mann, der klein von Gestalt, Großes vollbringen will. Großes, das im Grunde ganz einfach von jedem heute zu bewerkstelligen ist. Ein jeder Mann, eine jede Frau in Büro oder stillem Kämmerlein Daten sammelt, um sie als Datei zu speichern. In Smartphon, Laptop oder PC. Bedauerlicherweise aber existiert trotz gleicher Interessen für sie keine Partei, die sie vertritt. Für sie kämpft wie für Frieden, Freundschaft und endlich den unsinnigen Kampf gegen das Klima beendet. Gegen ein Wetter, das sowieso macht, was es will seit Millionen Jahren. Sondern für ein besseres Klima zwischen den Völkern. Wer jetzt noch nicht begriffen, dass es in diesem Buch ums Überleben geht, der sollte sich erinnern, dass es immer anders kam, als man erwartet.
Die Zeche «Zollverein», jetzt auch das Zentrum der DATEI-genossen Deutschlands, war bis 1993 die größte Anlage von insgesamt 290 Zechen. In ihr wurden bis zu einer Tiefe von 1000 Meter und mehr Steinkohle gewonnen. Spitzenplatz in Europa mit zuletzt 304 Hochöfen, sogenannten Kokereien. In denen täglich 10.000 to Kohle durch große Hitze in 8.600 to Koks veredelt wurden. Ideales Brennmaterial, mit dem vor allem der rasant wachsende Bedarf von Stahl hergestellt werden konnte.
Nicht nur Steinkohle, auch das in den Gruben sich sammelnde Wasser genutzt. Man musste es abpumpen, weil es die Arbeit untertage behinderte. Vierzehn geeignete Schächte als Sammelbecken eingerichtet, von denen es hochgepumpt und in die Emscher geleitet. In Wasserwerken geklärt, die umliegenden Städte mit lebensnotwendigem Trinkwasser zu versorgen.
1993 endete die Förderung von Kohle, weil mittlerweile bewiesen, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe CO2 freisetzt. Ursache des heißer werdenden Klimas. Was tun? Bergleute umgeschult, damit sie weiter Geld verdienen. Renten wie versprochen, bis ans Lebensende gezahlt. International bekannte Landschafts- und Hochbauarchitekten eingeladen, an Wettbewerben teilzunehmen. Das ganze Areal in eine Kulturlandschaft umzuwandeln. Für Folkwang, Hochschule für Kunst baute das japanische Architekturbüro SANAA eine attraktive Dependance. Nachdem man das durchgerostete Altgebäude abgerissen. Andere blieben stehen, so wie sie waren. Nur umgenutzt und als Ruhr-Museum für moderne Kunst eingerichtet. Andere als Vortragssäle, Restaurants und Cafés. Für klassische, Jazz- und Pop-Konzerte. Die größte der typischen Anlagen mit Förderturm nachts rot angestrahlt. Die zahlreichen riesigen Abraumhalden begrünt, Spazierwege angelegt entlang kleiner Teiche mit Springbrunnen und Enten. Spielplätzen für Kinder. Ausreichend Parkplätze überall auf dem weiträumigen Gelände für wachsende Zahl von Besuchern. Im Jahr 2001 ernannte die UNESCO die Zechenanlagen 12 und 1/-2/8 als WELTERBE für Architektur- und Industriebau.
Ein weiterer Grund für diese Auszeichnung könnte sein, wenn es gelänge, statt Kohle jetzt Erdwärme zu nutzen, um CO2 freie Energie zu gewinnen. Jeder, der einmal untertage war, wird betätigen, dass es immer wärmer wird, je tiefer man mit dem Aufzug fährt. 1000 Meter unter der Erdoberfläche schon 40°. In 3000 Metern 100° Celsius. Im Erdkern sollen es 6000° Celsius sein. Dies wissend, motivierte einen ehrgeizigen Menschen, diese offensichtlich unbegrenzte Energie-Quelle zu nutzen. Und das leidige Problem CO2 belasteter Energie für alle Zeiten zu lösen.
EIN GEWISSER HERR HOMUNCULUS.
Ein Raum im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Zeche Zollverein von sechs schlanken Betonpfeilern begrenztes Spielfeld von 30 m2 Fläche für einen, der bereit, sein Leben zu riskieren. Stehend oder fallend Verantwortung zu übernehmen. Für den Aufbau einer Energiequelle, die quasi endlos Wärme erzeugt, ohne den Rest irdischer Ressourcen in Anspruch zu nehmen. Selbstredend auch ohne schädliches CO2 auszustoßen. Menschen endlich die ersehnte Freiheit geben, Mensch zu sein und kein Roboter wie bisher. Sklave von CEOs, denen es nur darum geht, Quartalsgewinne zu erzielen.
Alles soll transparent und sich rasch verändernden Verhältnissen anpassen können. Zum Innenhof hin verhindern zimmerhohe Glasscheiben nicht nur den Verlust von Wärme. Fünf Gläser dicht aufeinandergepresst isolieren, Wärme bleibt auf eingestelltem Niveau. Absorbieren außerdem für Menschen am PC schädliches ultraviolettes Licht. Den Blick auf die Bäume im Innenhof.
Das gesamte Mobilar, Schreibtisch mit zwei Sesseln, Tisch und Stühle für Besucher, selbst die Palme auf dem Podest im Boden versenkbar. Schränke eingebaut, nähert sie eine befugte Person, öffnet sich automatisch die Tür und die angeklickte Schublade kommt ihm entgegen. Ein Bildschirm leuchtet wellcome to you.
Jetzt könnte mancher denken, soviel Aufwand in einem Büro sei überflüssiger Luxus. Wer weiß, dass es sich hierbei um den Raum eines gewissen Herrn HOMUNCULUS handelt, ahnt bereits, dass einer, der einen so ungewöhnlichen Namen hat, auch ein ungewöhnlicher Mensch sein muss. In diesem Unternehmen auch eine äußerst wichtige Funktion innehat. Schreibtisch und Sessel bereits 06:59 Uhr automatisch hochgefahren. Erscheint Homunculus an seinem Arbeitsplatz, pünktlich wie ein Maurer, um 07:00 Uhr, kann sich sofort an seinen Schreibtisch setzen. Und wie gewohnt, erst einmal sein Gehirn trainieren. In dem bereits alles gespeichert, was ihn als Führungspersönlichkeit auszeichnet. Er selber sieht sich als Vorsitzender des Ausschusses für CO2 FREIE ENERGIE im Unternehmen und Generalsekretär der DATEI dazu verpflichtet, Vorbild für alle zu sein. Egal, wo sie sich in diesem riesigen Gebäude befinden. Überwacht im Sekundentakt von Sensoren der neuesten Art. Homunculus verantwortlich für digital gesteuerte Tiefenbohrung im wieder aktivierten Bergbauunternehmen. Statt Kohle jetzt die ständig vorhandene Wärme im Innern der Erde zu entziehen. Das ganze Ruhrgebiet für alle Zeit preisgünstig zu versorgen.
Ausgerechnet heute, an einem sonnigen Morgen ist Homunculus schlechter Laune. Nicht einmal mit sich selbst zufrieden. Von den zehn Kumpeln untertage ganz zu schweigen. Sie streiken. Zum zweiten Mal schon in dieser Woche. Generaldirektor SUPERMUNCULUS wird ihn dafür verantwortlich machen. Hatte er doch dem Grünen Minister in der zentralen Cloud versprochen, bis Ende dieses Monats die notwendige Wärme zu liefern. Bisherige Wärmeerzeuger, die CO2 freisetzen, dann überflüssig.
Nun scheint es an der Zeit zu sein, eine Frage zu beantworten, die Leser dieses Buches erwarten. Warum heißt dieser Mann HOMUNCULUS? Bedeutet doch kleiner Mann, der Großes will. Der Generaldirektor der Firma «ENERGIE-ZOLLVEREIN» hatte ihn gleich bei seiner Einstellung so genannt. Sich ihm selber als SUPERMUNCULUS vorgestellt. Ihm auf die Schulter geklopft und gesagt: „Wir beide werden es denen da oben zeigen!“ Und nach oben geblickt.
Laut Geburtenregister heißt der sogenannte Homunculus Detlev Obergärig. Seine Vorfahren stammen aus Köln, schon seit Jahrhunderten mit der Produktion von Kölsch-Bier bekannt und beliebt. Jetzt soll er als Homunculus nicht nur beliebt sein, sondern garantieren, das gesteckte Ziel CO2 freier Energie zu erreichen.
Von all dem ahnt Henriette, alias APHRODITE, seine Sekretärin nichts. Vor der Tür zu seinem Büro, die sich automatisch geöffnet, also nicht abgeschlossen. Ein gutes Zeichen, denkt sie, er darf gestört werden. In einer Hand das Smartphon, in der anderen die Kaffeetasse. Überrascht, als sie ihn sieht, tief über seinen Laptop gebeugt. Auf den Tasten nervös herumtippen, als suchte er, was es möglicherweise gar nicht gibt.
„Guten Morgen“ flötet sie, als sie ihn am Schreibtisch, die ohnehin gefurchte Stirn in weitere Falten legen. Als dächte er über ein riesiges, das menschliche Gehirn überforderndes Problem nach.
„Sehe, Du machst Dir Sorgen, da hilft nur eines: Wir versenken das bestehende Mobilar und lassen so viel Hocker hochfahren, wie die Zahl von Dateigenossen Deines Vertrauens, die wir zu einer Diskussionsrunde einladen. Mit ihnen über Dein Problem diskutieren. Bin sicher, wir werden ganz schnell gemeinsam eine Lösung finden. Egal, was es ist, Dateigenossen stehen zusammen. Wie früher Parteigenossen, die im Grunde eines Sinnes sind. Auch wenn sie sich stundenlang, ja oft genug auch länger, jahrelang über Belanglosigkeiten streiten.“
„Was soll der Quatsch mit den Parteigenossen. Diese Zeiten sind endgültig vorbei. Vorbei, sage ich jetzt und nicht nochmal.“
„Trotzdem waren sie wichtig, sonst gäbe es uns nicht. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, für Dateien eine Partei zu gründen. Hätten nicht Hinz und Kunz immer mal wieder eine neue gegründet. Einziger Grund sich zusammenzuschließen, sind gemeinsame Interessen. Dateien heute der gemeinsame Nenner von Millionen, ja Milliarden Individuen. Von denen selbst Marx nie zu träumen gewagt.“
„Hör bloß mit diesem Träumer auf! Der hatte alles wie oft auch heutzutage nur einseitig gesehen.“
„Erinnere mich, damals gab es neun Parteien im Berliner Bundesparlament. Kein Problem, alle auch die aufzuzählen, die in Gemeinden und Ländern die Interessen jeweils anderer Gesellschaftsgruppen vertreten. Wenn Du möchtest, kann ich sie Dir auf Deinen Laptop oder Smartphon schicken. Alle hatte ich damals auf meinem Smartphon gespeichert. Fand ‘s fantastisch, dass so viele Interessen ihre Fürsprecher hatten.“
HOMKEL düstert vor sich hin. So nennen ihn Kollegen, denen er gestattet, seinen Namen zu kürzen. Statt vier nur zwei Silben. Leichter zu merken und weniger Daten, logischerweise auch weniger Strom verbrauchen, Batterien, Akkus länger halten.
Auch wissen muss, welche Position diese Person innehat, um zu verstehen, um was es geht. Also dieser Verkürzte, leicht zu Merkende ist Chef einer Abteilung, die eine Etage unterhalb der Abteilung, die keine Etage mit einer Abteilung mehr über sich hat. Also die zweitoberste Instanz des Unternehmens.
In HOMKELS Abteilung werden nicht nur Dateien versendet und empfangen, auch der Fantasie einzelner neue Spielräume eingeräumt. Der Chef, hochgradig begabter Fantast, hält das Angebot Aphrodites, seiner Sekretärin für überflüssig. Lässt es sie auch unmissverständlich wissen. Mit weit hergeholten, für Dateigenossen und -genossinnen kaum verständlichen, altväterlichen Argumenten:
„In diesem speziellen, meine Liebe, zugegeben ganz persönlichen Fall, geht es um Grundsätzliches, meine subjektive Weltanschauung gewissermaßen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Gott als Schöpfer der Erde mit Land und Meer, Menschen und Tieren, Gestirne sonderzahl im unendlichen Universum auch das Smartphon erfunden hat. Irgendwo auf dieser Erde verscharrt und gespannt darauf wartet, ob einer der Nachkommen Adams es findet.“
„Diese Idee ist zu grotesk, als dass sie wahr sein könnte, mein lieber, hoch verehrter HOMKEL. Würdest ausgelacht, wenn wir ein Treffen vereinbarten und darüber diskutierten. Der Grüne Minister wird es erfahren und Du Deinen Job los. Wir Dateigenossen hatten auf unserer Gründungs-Tagung vor zehn Jahren doch beschlossen, allen Weltanschauungen abzuschwören. Einig darin, dass Gott nicht mehr die höchste Instanz, seitdem CHARLES DARWIN beim Studium der Evolution die Urzelle alles Lebendigen entdeckt. Jetzt kommst Du und glaubst allen Ernstes, dieser längst abgehakte Gott hätte seine Hände im Spiel gehabt. Ein digitales Gerät erschaffen, das es erst heute, Milliarden Jahre später in Silicon Valley erfunden. Dass ich nicht lache. Ha, ha!“
HOMKEL keiner derjenigen, die aufgeben, nur um Genossen bei Laune zu halten. Eher der gegenteilige Typ. Einer, der kämpft bis zum letzten Atemzug:
„Meine hochgeschätzte Aphrodite, Du wirst es nicht glauben, die Leute in Silicon Valley waren es nicht. Aber einer dieser Superklugen fand es in der Wüste von Nevada. Alldieweil niemand ihn dabei beobachtet, gab er es als seine Erfindung aus.“
„Angenommen, es stimmt, was Du glaubst, einer muss es doch entwickelt und auf dem Weg nachhause verloren haben. An Deiner Stelle würde ich sofort die Polizei in Carson City anrufen, sie bitten, die Wüste nahe der Grenze zu California gründlich nach einer Leiche zu durchsuchen. Findet man sie, wissen wir bald, wer er ist. Ein Genie, das sich in der Wüste verlaufen, am Ende dann verdurstet und gestorben. Oh mein Gott, darf es mir nicht vorstellen. Dieses Gefühl, etwas total Neues erfunden zu haben und es nicht anwenden können.“
HOMKEL trinkt, genießt jeden Schluck Kaffee, den letzten noch wie man hört, als leere Tasse auf Untertasse klickt. Rupft sein Smartphon aus der Hosentasche: „Hallo Herbert, how are you? But I have a problem. Schicke Deine besten Männer nach Black Rock Desert nahe der Grenze zu California. Müsstet die Leiche eines Mannes finden, der in letzter Zeit dort umhergeirrt, verdurstet und starb. Er muss ein Smartphon bei sich haben. Ich zahle eine Belohnung von 10.000 Dollar dem, der mir dieses Smartphon bringt. Okay? Thank you see you later, bye bye.“
„Lass das Henriette“ als sie ihn umarmt, die Wangen, den Hals im geöffneten Hemd, die Lippen geküsst. Schiebt von sich, die ihm sonst höchst sympathisch: „Es geht um mehr, viel mehr als Du Dir vorstellen kannst.“
„Um was geht es denn, sag mir s.“ HOMKEL überlegt, soll ich ihr ‘s sagen oder nicht? Doch irgendwas scheint ihn zu zwingen, los zu werden, was ihn zurzeit mehr als anderes beschäftigt:
„Bewiesen ist ja nichts, nur eine Idee, die mir plötzlich kam. Aber möglich wäre es schon, dass Gott das Smartphon erschaffen. Ist diese digitale Bestleistung doch so genial wie der erste Mensch, den er erschaffen. Nur Götter können Phänomenales schaffen. Ach ja, auch im Film werden Göttinnen gefeiert, belohnt mit Beifall und Jubelgesängen oder einem OSCAR. Artisten und Artistinnen am Hochseil mit dem Preis der Jahresbesten in Monte Carlo. Außerdem hält jeder verliebte Mann seine Geliebte für eine Göttin. Götter und Göttinnen nicht nur der Mythologie aller Völker, auch in den Religionen dieser Welt. Ob sie wirklich existieren, kann nie beantwortet werden. Es bleibt nur, an sie zu glauben. Wie ich im aktuellen Fall. Dich wie die griechische Liebesgöttin Aphrodite genannt. Hin und wieder auch für eine Göttin gehalten. Jetzt machst Du ein Gesicht wie Henriette, nicht das einer Göttin.
„Mir dagegen scheint, Du bist völlig aus der Zeit gefallen, kein Mann einer neuen, die nicht an sich selber, sondern an die Zukunft denkt. Eine Zeit, die unsere Kinder und Kindeskinder schöner erleben sollen als wir sie erleben mussten.“
Typisch Lehrerin, die ihre Schüler Mores lehrt. Denkt Homunculus und plötzlich ein rettender Gedanke. Wirklich wie ein Überfall am helllichten Tag. Danke wem auch immer, dass du mich erinnern lässt, was ich glaubte längst vergessen zu haben:
„Auch die AfD wurde anfangs belächelt. Dann verflucht, am liebsten verboten. Jetzt sitzt sie im Bundesparlament, in vielen Landes-Parlamenten. In einigen sogar die zahlenmäßig stärkste Partei. Warum, fragte ich mich? Weil sie alte Werte wieder zum Maßstab, damit Leben wieder einen Sinn bekommt, der mehr wert als Millionen Euro. Ihr Erfolg beweist, dass im deutschen Volk die Sehnsucht noch lebt, es möge wie früher sein.“
„Du bist, entschuldige das Wort, Du bist ein Verräter. Einer, der unsere Ideale verkündet, nicht aber an sie glaubt. Wir sind auf dem besten Weg, Menschen eine Freiheit zu geben, die sie vor der Digitalisierung nie hatten, geschweige denn genießen konnten.“
„Frei sein meine Liebe, heißt nicht, keine Bindungen mehr zu haben. Das einstige Miteinander, das uns Jahrtausende überstehen ließ, ist derzeit in Auflösung begriffen. Weil jeder nur an sich selber denkt. An maximalen Profit. Die Möglichkeit, global zu korrespondieren, Meinungen Millionenfach posten, ob sie wahr sind oder gelogen. Menschen und alles Lebendige tot. Nur noch Daten. Und wir als Dateigenossen sind die Interessenvertreter dieser Toten, die irrsinnigerweise glauben, lebendig zu sein.“
„Was soll dieses Philosophieren, es wäre besser, Du bliebst bei den Fakten.“
„Genau, was Du jetzt gesagt. Fakt ist, das Christentum war eine Religion von Gläubigen, nicht anders auch die AfD. Auch wir, die Partei der Dateien, müssen wieder die Religion von Gläubigen sein. Nur Glauben verhilft zur Macht, die es braucht, andere zu bekehren. Der Macht der Liebe.“
„Wenn Du weiter so machst, Fakten mit Ideen verwechselst, Deine Gedanken nicht nach vorne ausrichtest, wird man Dich abwählen. Dann kannst Du sehen, wo Du bleibst, Ich jedenfalls werde nicht bei Dir bleiben. Weder als Deine Sekretärin noch . . . . .“ spricht ‘s nicht aus, wendet sich zur Tür, den Raum zu verlassen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
HOMKEL wäre kein HOMUNCULUS, ließe er sie gehen. Drückt auf einen unsichtbaren Knopf unter der Schreibtischplatte. Und die Tür verschlossen. Man müsste einen Sprengsatz zünden, um sie zu zerstören und sich davon zu machen. Frauen aber meiden Gewalt. Und das ist das Schöne an ihnen. Das unvergleichlich liebenswerte. Denkt, wäre ich nur von Frauen umgeben, würde ich alle lieben. Ihnen jeden Gefallen tun, damit sie mich wiederlieben. Verwöhnen ein bisschen. Träumen lassen von schönen alten Zeiten. Noch schöneren, die kommen werden. Wenn wir das Wort Liebe in allen Sprachen der Welt nicht nur sprechen könnten. Sondern auch im Leben zur Gewohnheit werden lassen. Da fällt ihm ROSA LUXEMBURG ein, Kämpferin für Menschenrechte. Ermutigte die Männer 1914 den Wehrdienst zu verweigern. Nach vielen Prozessen 1919 von der nationalistischen Garde erschossen. Ihre Leiche in den Landwehrkanal geworfen, Monate später erst gefunden und in Berlin beerdigt.
„Tschuldigung Aphrodite, dass ich so spontan gehandelt und Dich nicht gehen ließ. Dann nach längerem Nachdenken eingesehen: Für Dich und auch für mich ist Freiheit das höchste Gut. Überlegt und zu dem Schluss gekommen: Es lohnt sich für Freiheit zu kämpfen. Das Leitmotiv Rosa Luxemburgs hat mich überzeugt: Freiheit ist die Freiheit des anders Denkenden.
Geh und teile den Leuten des Ausschusses CO2 FREIE ENERGIE mit, sie sollen morgen früh um 10:00 Uhr in mein Büro kommen. So viele sollen es sein, dass wir alle uns als Vertreter eines Volkes erleben, wenigstens das Gefühl haben: Wir sind das Volk, oder? Es geht um die Wurst. Du weißt, wie ich es meine.
Pünktlich um Zehn alle auf ihren Hockern. Keine Stühle, auf denen man sich bequem anlehnen und ein Nickerchen machen kann. Wer Homunculus besucht, muss jederzeit wach und aufmerksam sein. Der ein oder andere reckt sich ein letztes Mal noch. Gähnt, den Drang zu schlafen mit der Atemluft auszustoßen. Der frischgelüftete Raum aber lässt keinen der Anwesenden schläfrig werden. Im Gegenteil, Aphrodites dezent aufdringliches Parfüm weckt Lust auf Frau. Aber aller Augen auf Homunculus gerichtet.
Selbiger bemerkt es mit Wohlbehagen und erhebt sich aus seinem Schreibtischsessel, ein paar Schritte auf die Männer zu. Blickt in die Runde, nickt allen zu und setzt sich auf einen Hocker, der sofort zwanzig Zentimeter höher. Ihn als den Vorsitzenden dieser Versammlung von jedem Platz aus gut erkennen lässt. Das Schild mit seinem Namen, das verhindern sollte, dass ein anderer sich auf diesen Hocker setzt, jetzt von seinem Hinterteil verdeckt. Heute will er nicht Chef, sondern einer von ihnen sein:
„Ich ließ Euch kommen aus zwei Gründen. Erstens: wir müssen die Streikenden untertage in die Lage versetzen, den technischen Fehler schnellstens zu beseitigen. Damit sie ihre Arbeit nicht nochmal unterbrechen müssen. Ihr wisst ja, es geht um unser aller Existenz. Vor allem aber darum, unser Versprechen einzulösen. CO2 freie Energie zu garantieren. Verlässlich wie immer, was Dateigenossen versprechen. Nicht mal so, mal so, wie die der meisten Parteigenossen. Das geht nur, wenn Ihr Eure Arbeit hoch konzentriert und somit besser erledigt als bisher. Denn ein technischer Fehler hinderte die Kollegen untertage daran, weiterzuarbeiten. Macht unter Euch aus, wer der Schuldige ist. Ich verzichte auf Zwangsmaßnahmen. Ausnahmsweise.
„Zweitens“ da fällt ihm einer ins Wort: „Herr Homunculus, melde mich freiwillig, verzichte gerne auf freie Zeit, Abendessen und Schlaf in der Nacht, bis ich den Fehler gefunden. Schwöre, morgen früh läuft alles wieder wie geschmiert.“
„Das ehrt Dich, mein lieber Willsky, aber morgen früh bist Du schachmatt und außerstande, Dein Tagespensum zu erfüllen. Hat einer von Euch eine bessere Idee? Frankowitcz, was meinst Du?“
„Ich würde untertage zu den Kumpels fahren, deren Technik untersuchen. Ist doch logisch, da anzufangen, wo der Fehler bemerkt wurde. Sogar zu einem Streik geführt, wie wir wissen.“
Einer steht auf: „Denke, nicht die Schuld von einem von uns, sondern Fehler in Elektronik. Wir nicht verstehen und gedacht: besser ist, einen Service-Techniker vom Lieferanten lassen kommen.“
Homunculus muss es wohl besser wissen: „Bei Aufzügen, Rolltreppen ist das selbstverständlich, nicht bei uns, mein lieber - wie war nochmal Dein Name?“
„Korsimanszky, Herr Homankulus.“
„Nicht Homanculus, sondern Homunculus, Genosse Kormansitzky.“
„Entschuldigung, heiße Korsimanszky, Herr Homanmunkuluskus.“
„Ein letztes Mal noch, ich heiße Ho mun cu lus. kapiert?“
„Jawohl Herr Ho ho mun mun cu cu luslus. Verzeihung, muss langsam, ganz langsam buchstabieren. So sagt man doch bei Ihnen. Sonst kann ich mir nicht merken. Sie haben vielleicht Papier und einen Stift, schreiben mir auf bitte und ich lese so lange, bis ich es weiß, Herr…. ja, was ich noch sagen wollte, rechnen kann viel besser, sonst Sie hätten mich nicht gestellt an Ihre Firma.“
„Hier meine Geschäftskarte, da steht mein Name groß und lesbar, auch für Analphabeten.“
„Oh, Sie haben gesagt Analphabet, schöner Name für mich, bin stolz, Sie haben mich so genannt. Werde es sagen meiner Frau nach Feierabend natürlich. Damit Sie nicht denken, ich nutze Zeit für private Sachen, wo ich muss arbeiten.“
„Ja, ja. Setzen Sie sich wieder, ich weiß jetzt Bescheid. Nun setzen Sie sich, setzen habe ich gesagt. Nicht stehen bleiben wie ein Zinnsoldat, den ein anderer an die Stelle setzt, die er für die richtige hält.“
„Oh noch ein Name, Zinnsoldat nie gehört, Soldaten bei uns aus Fleisch und Blut, Wie Sie und ich und alle hier im Zimmer. In Uniform wie ein Mann.“
Homunculus nur mühsam beherrscht: „Bleiben Sie jetzt sitzen und sagen kein einziges Wort mehr. Bis ich weiß, ob schon aus den bisher geäußerten Vorschlägen Konsequenzen gezogen werden können. Und ich daraus folgernd bestimme, was jeder von Euch zu tun hat. Bin schließlich Euer Chef. Mein Chef, der SUPERMUNCULUS hat mich vor zehn Jahren dazu ernannt. Mich damals stark gefühlt und entschlossen, das Äußerste zu wagen.“ Sieht den Korsimanszky an und denkt: Kein Kauderwelsch geredet wie dieser hier.
Da springt Aphrodite auf und schnippt mit den Fingern ihrer rechten Hand. Es lässt nichts Gutes ahnen, weiß, der sie kennt. Homunculus ihr Chef am besten. „Es wäre an der Zeit, was sage ich, es ist verdammt nochmal höchste Zeit, die neuesten Erkenntnisse der Erdkernforschung zu nutzen, Dafür muss aber ‘ne Menge Geld ausgegeben werden. Geld, das unser hoch verehrter SUPERMUNCULUS bis heute noch nicht genehmigt hat. Chef, tu das, was Deines Amtes ist!“
Setzt sich. Betretenes Schweigen quasi von jetzt auf gleich. HOMUNCULUS kennt seine Aphrodite, sie bringt Männer tatsächlich dazu, das Maul zu halten. Spürt sie ihr zögerndes Verhalten, unsicher geworden. Wendet sich den Männern zu:
„Was ist los? Sonst redet Ihr am laufenden Band, als hätte Euch einer aufgedreht wie einen Sprechautomaten. Muss ich Eurer Intelligenz jetzt neuen Input geben? Damit Ihr redet wie bisher, wie Euch zumute ist. Oder habt Ihr ganz plötzlich keine Meinung mehr? Dann geht gefälligst zu einer politischen Partei. Da gibt es genug Drückeberger, die mehr oder weniger wortlos an ihren Sesseln kleben. Bis ihre Pension fällig wird. Ist das Eure Absicht. Dann raus mit Euch. Du APHRODITE aber bleib, bitte!“
Alle aber bleiben auf ihren Hockern sitzen, als hätten sie Homunculus falsch verstanden, ihnen eine Pension versprochen. Bleiben sitzen, bis sie Fünfundsechzig. Keinen Tag länger, aber auch keinen früher, es hätte einen Krankenschein gebraucht. Den kein Arzt einem Gesunden unterschreibt. Theoretisch müsste Homunculus mit ihnen ausharren, was ihm ganz und gar nicht gefällt.
Da kommt ihm eine Idee. Johann Sebastian Bachs Chor «Nun danket alle Gott» abzuspielen. Mit höchster Lautstärke erklingen lassen. Mag diesen Bach, weil er so fröhlich und feierlich zugleich. Beruhigt jedes aufgeregte Gemüt einerseits. Andererseits jedoch weckt es die Lebensgeister. Die Männer müssten von ihren Hockern aufspringen, jeder von ihnen mit einer Idee. Sich gegenseitig Konkurrenz machen mit einem seiner Meinung nach besseren Vorschlag. Als nichts von dem, was er gehofft passiert, lässt er die Bach-CD abrupt abschalten. Das muss den Meister sehr geärgert haben, sodass er sich jaulend verabschiedet. Aphrodite neben Homunculus sieht ihn nachdenklich länger als eine Minute und flüstert:
„Hallo Homunculus, aufwachen! Nachgedacht, warum hier alle sitzen geblieben? Hat Dich das Schweigen der Lämmer, pardon Männer wirklich beeindruckt, genau genommen so tief getroffen, dass es auch Dir die Sprache verschlagen? Dachte immer, Du fändest in jeder Situation die richtigen Worte. Auch, als Du mich, Deine Vertraute seit Jahren, einmal nicht mehr für vertrauenswürdig gehalten. Nur weil ich anderer Meinung war als Du, in Sachen Freiheit jedenfalls. Bist Du wirklich der Auffassung, dass wir wieder zurück ins Mittelalter? Nur einer Sicherheit wegen, die es auch dazumal nicht gab. Wir können nur uns selber vertrauen und hoffen, den ein oder anderen Gefährten zu finden, gemeinsame Sache zu machen. Menschen zu Dateigenossen und -genossinnen, die sich selbst genug. Das Paradies auf Erden zu schaffen. Einen anderen Ort gibt es nicht.“
Es ist nicht HOMUNCULUS Stimme, die Aphrodite erwartet. Eine, die jetzt den Raum vibrieren lässt und alle aufweckt, die bisher geschwiegen, trotz Hocker ein Nickerchen gemacht. Alle sich jetzt, wie es scheint, richtiggehend erholt. Als wären sie aus den Sommerferien zurück, Und unbändige Lust in der Brust, Tacheles zu reden. Einer erhebt sich, scheint für alle zu sprechen:
„Du bist unser Chef, Homunculus, was niemand von uns bezweifelt.“ Blickt in die Runde: „Einer anderer Meinung?“ Niemand widerspricht, nur einer ganz am äußersten Rand an der Wand hebt seine Hand:
„Verdammt und zugenäht, nein, nichts dagegen.“ Ein zweiter meldet sich, steht auf: „Ich stimme mit meinem Vorredner überein. Vollkommen überein, auch mit dem, was Homunculus nicht gesagt. Kenne ihn seit Kindertagen und weiß, er sagt immer nur ja, einverstanden. Sympathisch kann ich nur sagen.“
Den so Gemeinten trifft ‘s wie ein Schlag in die Magengrube. Der kleine wieder, der er ist. Bemüht sich, wieder der zu sein, der er bisher war. Souverän und selbstbewusst. Da passiert, an was er bis eben noch nicht gedacht, bei aller Fantasie sich nicht vorstellen können.
Als hätte einer das Ende einer Zündschnur mit dem Feuerzeug gestartet, entflammt in allen auf Hockern hockenden Männern ein zündender Gedanke. Von dem ausgelöst, der vorher schon als erster das Wort ergriffen:
„Wir sind alle sind jetzt einer Meinung. Und jetzt bereit, jetzt das große JA auszusprechen. Obwohl unser sehr verehrter Dateigenosse HOMUNCULUS noch nicht gesagt, was er im Großen und Ganzen, vor allem aber auch im Detail eigentlich vorhat. Kenne ihn lange genug und bin voller Hoffnung. Immer hat er neue Ideen im Kopf, die nicht nur der Firma, auch uns und unseren Familien zugutegekommen sind.“
Einer steht auf: „Was der in seinem Kopf für Hintergedanken, interessiert mich einen feuchten Kehricht. Viel wichtiger das, was er verschweigt.“ Setzt sich wieder.
Ein anderer steht auf: „Recht hast Du, kennen wir ihn überhaupt? Auch wir kennen uns kaum. Sitzen in der Kantine am Tisch, mit Essen beschäftigt. Dann und wann ein Wort, das war ‘s. Homunculus habe ich da nie gesehen. Auch nicht auf einem der Gänge hier im Haus. Als hätte er sich eingeigelt.“ Sprach‘ s und setzt sich wieder.
Ein Zweimetermann erhebt sich: „Kein Wunder, dieses ehemalige Zechengebäude scheint nur aus langen Gängen zu bestehen. Gänge mit Rolltreppen rauf oder runter. Gänge in Ebenen, an beiden Seiten Türen. Durch die man entweder in Büros mit zehn Angestellten oder eines wie dieses, das nur für Besserbezahlte reserviert. Da wir keine Besserverdiener sind, eher Geringverdiener, verglichen mit Direktorengehältern, müssen aber wie sie Verantwortung übernehmen. Halte es hier nicht länger aus und gehe, erwarte, dass alle mir folgen.“
Steht auf, der neben ihm, dann alle wie ein Mann aufgestanden und die Arbeiter-Hymne angestimmt: „Völker höret die Signale – auf zum letzten Gefecht - die internationale - erkämpft das Menschenrecht.“
Homunculus gerührt, dass alle hier im Saal doch einer Meinung und mitgesungen.“
Tausend Meter unter der Erdoberfläche die Kommandozentrale, von der aus schon tiefer gebohrt, aber noch lange nicht da angekommen, wo der Erdkern mit 6000 °Celsius glüht. Dessen hochgradige Energie soll laut Anordnung der obersten Instanz angezapft, bisher umweltschädliche Ressourcen ersetzen. Und im optimalen Fall das Ganze Ruhrgebiet mit Wärme versorgen.
Zwölf technisch hoch qualifizierte Dateigenossen untertage harren der Dinge, die sich bald ereignen müssen. Sonst sind sie arbeitslos. Absolut überflüssig, muss man schon sagen. Denn es sind keine Menschen aus Fleisch und Blut mit Frau und Kindern, sondern Roboter. Denen man künstliche Intelligenz ins Gehirn implementiert, die alles steuert. Ihre Arme und Beine bewegt, sogar die Finger beider Hände und Zehen. Alles ergreifen und festhalten, da ablegen oder montieren, wo es gebraucht. Aber leider Gottseidank ist dieses so hochgelobte künstliche Gehirn abhängig vom Input, den Menschen mit natürlicher Intelligenz erst konfigurieren und eingeben müssen. Das aber hat nicht so funktioniert wie es sollte.
Homunkulus Abteilung meldete es der obersten Instanz als Streik. Man erinnere sich, auf der obersten Etage, eine höher als die, in der Homunculus residiert. Hoffen beim Generaldirektor Supermunculus zu erreichen, dass er mehr Geld für die Perfektionierung des technisch neuartigen Vorhabens bewilligt. Die unerschöpfliche Wärmequelle des Erdkerns zu erschließen. Für alle Zeiten ausgesorgt zu haben. Vorausgesetzt, das Rechenzentrum in der Cloud funktioniert. Denn alle haben vergessen, wie man mit den Fingern einer oder beider Hände addiert oder subtrahiert.
Und das jetzt, als das Klima ständig heißer geworden. Noch heißer wird es, je mehr man sich dem Erdmittelpunkt nähert. Im Gegensatz zum heißer werdenden Klima jedoch begrüßenswert Die Verantwortlichen des Unternehmens ENERGIE ZOLLVEREIN haben dies als Chance erkannt, das mittlerweile schädliche Kohle-Image loszuwerden. Temperaturen von mehr als 6000° Celsius zu nutzen, und diese extrem hohe auf die bei uns gebräuchliche reduzieren. Und in Kabeln transportabel zu machen.
Hitze erzeugt Druck wie man weiß, weil sie die Erdkruste durchbricht. Magma sich aus Vulkanen im Umkreis verbreitet und wie der Vesuv südlich von Neapel die Städte Pompeji und Herculaneum inklusive ihrer Bewohner unter sich begraben. Aber auch wie der Ätna auf Sizilien die Erde im Umkreis fruchtbarer macht als sie vorher war. Zwei bis drei Ernten pro Jahr. Heiße Quellen wurden schon in der Antike genutzt, ihre Heilkraft geschätzt.
Nicht mehr lange, so hoffen alle Dateigenossen und -genossinnen im neuen Energie-Zollverein, werden die hohen Temperaturen im Erdinneren genutzt, das leidige Thema Klimaerwärmung endlich abserviert, den Experten überirdischer Phänomene überlassen. In eine positive Energiebilanz mit positiven Folgen für alle Haushalte und Firmen im ganzen Ruhrgebiet umgewandelt. Vielleicht sogar eines Tages in ganz Deutschland, der EU. Per Kabel über Ozeane in die ganze freie Welt. CO2 frei und befreit von ewig jammernden Grünen und grün angehauchten Dateigenossen und -genossinnen. Günstig im Preis und somit mehr als sozialverträglich. Bedauerlich, dass in Homunculus Diskussionsrunde davon keine Rede war. Nur das typische Dateiengeplänkel, Rechthaberei. Einig nur beim Absingen der Arbeiter-Hymne.
Noch aber ist die Hoffnung nicht tot. Lebendig in einem kleinen Mann, der zwar aus Kameraderie mitgesungen, sich aber nicht unterkriegen lässt. Im Gegenteil nach Möglichkeiten sucht, Menschen das Leben auf dieser Erde mit Krieg, Hungersnöten und Krankheiten ein wenig zu erleichtern. Wozu gibt es Wärmeflaschen. Wozu Fango, aus den Tiefen einiger Regionen gewonnene Schlammschichten. Deren Wärme genutzt, kranke Gelenke nicht selten völlig schmerzfrei geworden. Wozu auch Thermalbäder in der Lage und Menschen, die uns umarmen, fest an sich drücken, spüren wir die Wärme ehrlichen Mitgefühls.
Homunculus, ein Optimist. Sagt sich, letzten Endes wird in Bälde auch mein Vorhaben gelingen. Die Wärme des Erdkerns mit einer Ausdehnung von 2.900 bis 6.371 km reichte aus, alle Länder dieser Erde mit CO2 freier Energie zu versorgen. Das Komitee in Stockholm wird dann nicht einen, sondern alle direkt Beteiligten belohnen. Mit dem erstmalig verliehenen NOBEL-PREIS für die Retter des Leben erhaltenden Klimas.
Homunculus geht es um nichts anderes, als sich selbst zu akzeptieren: Kleiner Mann ganz groß! Endlich praktisch beweisen können, dass zur Gewohnheit gewordene Vorurteile nicht stimmen. Nie gestimmt haben. Nie stimmen werden. Von wegen klein bleibt klein. Dagegen ist Groß von Anbeginn an groß. Mit der Muttermilch aufgesogen. Sogenannte geborene Genies. Mir aber ist keiner dieser Genies bekannt, die sich, verdammt nochmal, nicht angestrengt haben. Mehr noch als sogenannte Durchschnitts-Menschen. Erfolgreich, weil sie zielorientiert. Homunculus einer, der immer schon das Äußerste gewollt. Jetzt bleibt ihm nur noch, Dateigenossinnen und -genossen zu begeistern. Nicht mehr lange und wir werden das selbst gesteckte Ziel erreichen. Und feiern, dass die Wände wackeln. Der riesige Gebäude-Komplex der ehemaligen Zeche Zollverein schunkeln vor Ausgelassenheit und Spaß an der Freud.