Detektiv Hewitt - Erik Schreiber - E-Book

Detektiv Hewitt E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Wer nur irgendwelches Gedächtnis für die bekannten Rechtsfälle hat, die fünfzehn bis zwanzig Jahre zurückliegen, muss sich wenigstens dem Namen nach des außergewöhnlichen Nachlassprozess erinnern, der "Johnson kontra Johnson und Genossen" hieß, das Gericht mehrere Wochen hintereinander beschäftigte und in ungewöhnlichem Maße das öffentliche Interesse in Anspruch nahm. Der Fall selbst war durch die ungeheure Menge von Beweismaterial, das der Kläger beibrachte, auffallend, und zwar überraschte dies Beweismaterial die andere Partei vollkommen und warf ihre Rechtssache um wie ein Kartenhaus.

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Herausgeber

Erik Schreiber

Das grüne Abenteuerbuch 5

Arthur Morrison

Detektiv Hewitt

Das grüne Abenteuerbuch 5

e-book 261

Arthur Morrison - Detektiv Hewitt

Neuveröffentlichung 01.08.2024

© Herausgeber Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

Titelbild: Simon Faulhaber

Redaktion und Lektorat: Peter Heller

Vertrieb: neobooks

Herausgeber

Erik Schreiber

Das grüne Abenteuerbuch 5

Arthur Morrison

Detektiv Hewitt

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der Fall Foggatt

Die fehlende Hand

Der Fall Roese

Die Stanway-Kamee

Biographie

Einleitung

Wer nur irgendwelches Gedächtnis für die bekannten Rechtsfälle hat, die fünfzehn bis zwanzig Jahre zurückliegen, muss sich wenigstens dem Namen nach des außergewöhnlichen Nachlassprozess erinnern, der „Johnson kontra Johnson und Genossen“ hieß, das Gericht mehrere Wochen hintereinander beschäftigte und in ungewöhnlichem Maße das öffentliche Interesse in Anspruch nahm. Der Fall selbst war durch die ungeheure Menge von Beweismaterial, das der Kläger beibrachte, auffallend, und zwar überraschte dies Beweismaterial die andere Partei vollkommen und warf ihre Rechtssache um wie ein Kartenhaus. Vielleicht erinnert man sich wohl des Falles, weniger aber dessen, dass bei dieser Gelegenheit die Londoner Rechtsanwaltsfirma Smith & Cunning sich zu ihrer jetzigen Bedeutung erhob, ein Erfolg, den die beiden Verteidiger der wunderbaren Fähigkeit verdankten, augenscheinlich aus dem Nichts heraus solch niederschmetterndes Beweismaterial zu finden, das dem Kläger, als dessen Anwälte sie auftraten, in so überzeugender Weise zunutze kommen sollte. Dass die Firma den damals erworbenen Ruf aufrechterhalten, ja noch verbessert hat, braucht kaum erwähnt zu werden, ihr Name ist allbekannt. Aber nicht viele aus dem großen Publikum wissen, dass der ganze Erfolg im Grunde einem jungen Angestellten der Firma Smith & Cunning zu verdanken war, dem die anscheinend verzweifelte Aufgabe zugefallen war, für diesen Fall das Beweismaterial zu sammeln.

Martin Hewitt hatte dafür volle Anerkennung in Wort und Tat von seinen Chefs und deren Klienten geerntet, und mehr als eine Rechtsanwaltsfirma machte Hewitt glänzende Anerbieten, um ihn zu bewegen, seine Stellung zu wechseln. Er beschloss aber, in Zukunft unabhängig zu arbeiten, da ihm der Gedanke gekommen war, ein regelrechtes Geschäft daraus zu machen, indem er für Klienten, die seine Hilfe wünschten, in der Weise arbeitete, wie er es soeben mit auffallendem Erfolg für die Herren Smith & Cunning getan hatte. Das war der Anfang der privaten Detektivtätigkeit von Martin Hewitt, und seine damalige Handlungsweise ist durch die großen Erfolge, die er inzwischen errungen, voll und ganz gerechtfertigt.

Er führt sein Geschäft auf so einfache Weise wie möglich und lehnte stets professionelle Hilfe ab, da er es vorzieht, nur so viele Aufträge auszuführen, als er selbst bewältigen kann. Er behauptet, auf diese Art nicht zu verlieren, da das Zurückweisen eines Falles den Wettbewerb um seinen Beistand vergrößert und sein Honorar auf natürliche Weise steigert. Andererseits könnte es niemand besser verstehen, gelegentliche Hilfskräfte am rechten Platz zu verwenden.

Sein „System“ hat immer allgemeine Neugier erregt, und weil er ständig behauptet, kein System zu haben, außer dem kritischen Gebrauch alltäglicher Fähigkeiten, beabsichtige ich, ein paar seiner interessantesten „Fälle“ zu veröffentlichen, damit das Publikum selbst urteilen kann, ob Hewitts „alltägliche“ Fähigkeiten wirklich ganz so alltäglich sind.

Trotz seiner Liebenswürdigkeit hat er (vielleicht aus Berufsinteresse) nur wenig Freunde. Ich selbst machte durch einen Zufall seine Bekanntschaft. Bei einem in unserem gemeinsamen Wohnhause – in dem er auch sein Büro hatte – ausgebrochenen Feuer rettete ich ihm wichtige Papiere, und die so begonnene Bekanntschaft hat lange Jahre angehalten und ist zu einer festen Freundschaft geworden.

Ich betrachte Sie, Brett, sagte er zu mir, als den merkwürdigsten aller lebenden Journalisten. Nicht weil Sie besonders gescheit sind – ganz unter uns geben Sie hoffentlich zu, dass Sie das nicht sind –, sondern weil Sie mich und meine Tätigkeit nun schon eine ganze Weile kennen, ohne etwas von meinen Geschäftsgeheimnissen zu verraten. Ich fürchte, es gibt unternehmendere Journalisten, als Sie einer sind, Brett. Nun sollen Sie aber doch etwas schreiben dürfen, wenn Sie es der Mühe Wert halten.

Das alles sagte er in seiner netten, gutmütigen Art, die einen Fremden, der ihn sich als grimmigen Entdecker von Geheimnissen und Verbrechen gedacht, gewiss überrascht hätte.

Ich hielt es der Mühe wert, einige seiner Entdeckungen aufzuzeichnen, die ich nun hier der Öffentlichkeit übergebe.

Der Fall Foggatt

Fast das einzige Dogma, das Martin Hewitt in Bezug auf seine Methode aufstellte, war das, welches die sich aneinanderreihenden Wahrscheinlichkeiten betraf. Manchmal, wenn ich Bemerkungen über die anscheinend geringfügige Art seiner Anhaltspunkte machte, von denen er sich – oft im Gegensatz zu aller Wahrscheinlichkeit – führen ließ, antwortete er, dass aus Geringfügigkeiten, die auf denselben Punkt hinwiesen, durch Übereinstimmung enorm wichtige Betrachtungen sich ergäben. Wenn ich einen Mann suchte, pflegte er zu sagen, von dem ich wüsste, dass er schielt, ein Mal auf der rechten Hand hat und hinkt, und einen Mann träfe, der nur die erste Eigentümlichkeit hat, so würde der Anhaltspunkt geringfügig sein, weil Tausende von Menschen schielen. Wenn nun aber derselbe Mann durch Zufall ein Mal auf der rechten Hand sehen ließe, so würde sich die Wichtigkeit des Schielens und des Mals hundert- ja tausendfach erhöhen. Getrennt sind sie wenig, zusammen sind sie viel. Das Gewicht des Beweises ist nicht nur verdoppelt – die beiden Kleinigkeiten, die auf denselben Punkt hinwiesen, werden ein kräftiger Beweis. Und wenn man dann noch beobachtet, dass der Mann hinkt, so macht das Hinken, das an und für sich nur eine Kleinigkeit ist, die Wahrscheinlichkeit zur Gewissheit – der Gesuchte ist gefunden. Ist das Bertillonsche System nicht nur eine Anhäufung von Geringfügigkeiten? Tausende von Menschen sind gleich groß, Tausende haben gleich lange Füße, Tausende haben denselben Kopfumfang – Tausende stimmen in irgendeinem Einzelmaß überein. Aber wenn man die Maße vereinigt, ist die Identität eines Menschen für immer festgestellt. Bedenken Sie nur, wie selten zwei Ihrer Bekannten in zwei ihrer besonderen Eigenschaften ganz übereinstimmen – wenn es überhaupt vorkommt.

Ganz unerwartet sollte Hewitts Dogma mir seine Wahrheit beweisen.

Das alte Haus, in dem unsere Wohnungen lagen, enthielt außer den meinen, noch einige Junggesellenzimmer, während sich in den unteren Etagen Büroräume befanden, unter denen auch diejenigen Hewitts waren. Im obersten Stock nach hinten hinaus bewohnte ein dicker, älterer Herr namens Foggatt drei oder vier Zimmer. Erst nachdem ich lange im Hause wohnte, hörte ich zufällig durch den Portier den Namen dieses Herrn, der weder ein Schild an seiner Tür noch, wie die anderen Hausbewohner, seinen Namen auf der Tafel im Hausflur stehen hatte.

Herr Foggatt schien nur wenige Bekannte zu haben, aber er lebte anscheinend in sehr guten Verhältnissen. Man konnte oft leere Champagnerkörbe von oben kommen sehen, und manches Stillleben wurde an mir vorbeigetragen, das wie dazu geschaffen schien, den gelben Neid in der Seele eines armen Journalisten zu wecken. Herr Foggatt hatte nichts Einnehmendes in seinem Äußeren. Bei seiner Wohlbeleibtheit missfiel die unangenehme Art, den Hals lang zu machen und mit hervorstechenden Augen um sich zu starren. Er sah ziemlich gewöhnlich aus, hatte etwas Arrogantes in seinem Wesen und machte einen etwas verdächtigen Eindruck, ohne dass man hätte sagen können, weshalb. Hübsch war er also nicht. Eines Tages wurde er erschossen in seinem Wohnzimmer aufgefunden.

Das kam so: Hewitt und ich hatten im Restaurant zusammengesessen und waren spät in meine Wohnung zurückgekommen, um zu rauchen und zu plaudern. Plötzlich hörten wir einen Knall. Hewitt meinte, es sei ein Schuss. Da Schüsse in Miethäusern zu den ungewöhnlicheren Ereignissen zählen, stand ich auf und ging in den Hausflur. Auf der Treppe traf ich Frau Klee, die Portiersfrau, die mir aufgeregt sagte, der Schuss käme aus Herrn Foggatts Wohnung und sie fürchte, dass sich ein Unglücksfall mit einem Revolver zugetragen, den er immer auf dem Kamin liegen hätte. Wir gingen mit ihr hinauf und klingelten.

Niemand öffnete. Man konnte aber einen Lichtschein sehen, der, wie Frau Klee richtig sagte, bewies, dass Herr Foggatt zu Hause sei. Wir klingelten und klopften ohne Erfolg und Frau Klees Vermutung: „Es ist etwas passiert“ wurde zur quälenden Gewissheit. Schließlich öffnete Hewitt die Tür, die von innen verschlossen war, mit einem kleinen Feuerhaken.

Es war wirklich etwas passiert. Im Wohnzimmer saß Herr Foggatt, den Kopf über den Tisch gebeugt, ruhig und lautlos. Der Kopf sah grässlich aus. Daneben lag ein großer Revolver – Armeegröße. Frau Klee lief mit leisem Stöhnen auf den Hausflur zurück.

Laufen Sie, Brett, sagte Hewitt, holen Sie einen Arzt, einen Schutzmann!

Ich sprang die Treppen hinunter, immer drei Stufen auf einmal nehmend. Erst ein Arzt, dachte ich. Vielleicht ist er nicht tot. Da ich keinen Doktor in der nächsten Umgebung wusste, brauchte ich fünf Minuten, um einen zu finden, und weitere fünf, um mit einem Polizisten zurückzukommen.

Es war kein Zweifel möglich: Foggatt war tot. Der Doktor folgerte aus der Pulverschwärze und andern Umständen, dass der Mann sich selbst erschossen habe. Sicher war, dass niemand durch die Tür die Wohnung verlassen haben konnte, denn sonst hätte er an meiner Tür vorbeikommen müssen. Auch deshalb war es unmöglich, weil der Schlüssel an der Innenseite der verschlossenen Tür gesteckt hatte. Es waren zwei Fenster im Zimmer; das eine war eingeklinkt, während die Klinke des anderen nicht schloss. Von diesem Fenster ging es zwanzig Meter oder mehr nach unten, ohne jeden Mauervorsprung, der als Stützpunkt für den Flüchtling hätte dienen können. Die Fenster der anderen Räume waren geschlossen und eingeklinkt. Es war also sicherlich Selbstmord anzunehmen, wenn nicht einer jener Unglücksfälle vorlag, welche leicht Leuten passieren können, die unbedacht mit Schusswaffen spielen. Bald wurden die Räume von der Polizei besetzt, und wir wurden gebeten, uns zu entfernen.

Wir sprachen bei der Verwaltersfrau in der Küche vor; ihre Tochter bemühte sich, sie mit Kognak und Wasser zu beruhigen.

Sie müssen sich nicht so aufregen, Frau Klee, sagte Hewitt; was wird sonst aus uns allen? Der Doktor glaubt, es war ein Unglücksfall.

Dabei zog er ein Fläschchen Maschinenöl aus der Tasche, das ihm die Frau geliehen hatte, und gab es der Tochter dankend zurück.

Es kam wenig heraus bei der gerichtlichen Untersuchung. Der Schuss war gehört, der Körper tot aufgefunden worden, das war der ganze Tatbestand. Keine Freunde oder Verwandten des Toten meldeten sich. Der Arzt gab sein Urteil auf Selbstmord oder Unglücksfall ab, die Polizei neigte zur selben Ansicht. Nichts war gefunden worden, was auf die Anwesenheit einer zweiten Person in jener verhängnisvollen Nacht hingedeutet hätte. Andererseits erwiesen seine Papiere, sein Bankguthaben etc., das Foggatt in guten Verhältnissen gelebt hatte und augenscheinlich keinerlei Veranlassung zum Selbstmord vorlag. Es war der Polizei unmöglich gewesen, Verwandte von ihm aufzufinden; auch keine intimen Freunde, nur Klubgenossen, gelegentliche Bekannte etc. fanden sich ein. Der Staatsanwalt gab also die Leiche frei, da er annahm, dass ein Unfall die Todesursache gewesen sei.

Na, Brett, fragte mich Hewitt, sind Sie auch der Meinung des Staatsanwalts? Ich antwortete, dass mir diese Auffassung als durchaus richtig und vernünftig erschiene und ich mich ihr nur anschließen könne.

Na ja, sagte er, von seinem Standpunkt hat der Staatsanwalt ja recht, er ist eben ungenügend informiert. Nichtsdestoweniger liegt weder Unfall noch Selbstmord vor. Foggatt ist von einem ziemlich großen, tatkräftigen jungen Mann, vielleicht einem Matrosen, sicher aber einem Turner, erschossen worden – ich glaube, ich könnte den Mann erkennen, wenn ich ihn sähe.

Woher wissen Sie das?

Aus den einfachen Schlussfolgerungen, die Sie selbst ebenso gut machen könnten, wenn Sie nur nachdenken wollten.

Aber warum haben Sie das nicht bei der Untersuchung gesagt?

Lieber Freund, die Leute wünschen keine Schlussfolgerungen, Mutmaßungen, sie verlangen Beweise. Wenn ich die Spur des Mörders hätte, hätte ich der Polizei Mitteilungen gemacht. Wie die Sache steht, ist es ganz gut möglich, dass die Polizei ebenso viel davon weiß wie ich selbst – oder mehr. Sie sagen davon bei der Untersuchung nichts – da müssten sie auch sehr dumm sein.

Aber wenn Sie recht haben, wie ist der Mann dann herausgekommen?

Kommen Sie, wir sind gleich daheim, wir wollen uns das Haus einmal von hinten ansehen. Wir wissen, dass er nicht durch die Flurtür kommen konnte; ich bin sicher, dass er da war, der Kamin steht außer Frage, da ein ordentliches Feuer drin brannte, also muss er durchs Fenster herausgekommen sein. Nur ein Fenster ist möglich, dasjenige, dessen Klinke nicht schloss – denn alle anderen waren fest eingeklinkt. Also stieg er aus diesem Fenster.

Aber wie? Das Fenster liegt einige zwanzig Meter hoch.

Ja, gewiss, so hoch ist es. Aber warum reden Sie sich ein, dass die einzige Art, durch ein Fenster zu entkommen, nach unten ist? Sehen Sie einmal da hinauf. Das Fenster ist im obersten Stock und hat ein sehr breites Fensterbrett. Über dem Fenster ist nichts als die glatte Fläche der Giebelwand; aber etwas nach rechts, einen oder zwei Fuß über dem Fenster, endigt eine eiserne Dachrinne. Bemerken Sie wohl, dass es keine aus Blei gegossene, sondern eine kräftige eiserne Dachrinne ist, die noch dazu am Ende von einer Eisenstütze gehalten ist. Wenn ein großer Mann auf der Kante des Fensterbrettes stünde, sich mit der linken Hand stützte, sich nach rechts hinüberbeugte, so könnte er das Ende der Dachrinne gerade mit der rechten Hand erfassen – die ganze Länge ist sieben Fuß drei Zoll – ich habe es gemessen. Ein geschickter Turner oder ein Matrose könnte die Dachrinne mit einem leichten Sprung erreichen und sich dann aufs Dach ziehen. Sie werden mir erwidern, dass er sehr geschickt und sehr kaltblütig sein müsste. Das stimmt. Und gerade diese Tatsache kommt uns zu Hilfe, denn sie verengert das Feld der Nachforschung. Wir wissen, nach was für einem Menschen wir uns umsehen müssen. Denn da ich sicher bin, dass der Mann im Zimmer war, weiß ich, dass er es auf diesem Wege verlassen hat. Er muss auf irgendeine Weise herausgekommen sein, und da jeder andere Weg unmöglich war, bleibt nur dieser, so schwierig er auch sein mag. Dass er das Fenster noch hinter sich angelehnt hat, beweist des Weiteren seine Geschicklichkeit und Kaltblütigkeit in solcher Höhe vom Erdboden.

All das war einfach, aber der Hauptpunkt blieb mir dunkel.

Sie sind nicht im Zweifel, dass außer Foggatt noch ein Mann im Zimmer war, sagte ich; woher wissen Sie das?

Wie ich vorhin schon bemerkte: durch in die Augen springende Beweise. Sie sollen erraten, welche es sind. Sie sprechen so oft von dem Interesse, mit dem Sie meiner Arbeit folgen, das muss eine Übung für Sie sein. Sie sahen das Zimmer ebenso wie ich. Erinnern Sie sich des Bildes, denken Sie an die zahlreichen Kleinigkeiten, die im Zimmer herumlagen, und was sie wohl mit dem Fall zu tun hatten. Schnelles Beobachten ist die erste Bedingung für meine Arbeit. Haben Sie zum Beispiel eine Zeitung gesehen?

Ja, es lag eine Abendzeitung auf der Erde, aber ich habe sie nicht näher betrachtet!

Nichts weiter?

Auf dem Tisch stand eine Kognakflasche, die aus dem Flaschenständer auf dem Büfett genommen war. Übrigens, fügte ich hinzu, das sah aus, als ob nur eine Person im Zimmer gewesen sei.

So sah es vielleicht aus, obgleich es kein Beweis ist. Weiter.

Auf dem Büfett stand eine Obstschale, daneben ein Teller, auf dem ein paar Nussschalen, ein Stück Apfel, ein Nussknacker und ein Stück Apfelsinenschale lagen. Es war natürlich das gewöhnliche Mobiliar da, aber kein Stuhl an den Tisch gezogen, außer dem von Foggatt selbst. Das ist alles, was ich bemerkte, denke ich. Warten Sie – ein Aschenbecher stand auf dem Tisch und eine halb gerauchte Zigarre lag daneben – aber nur eine.

Ausgezeichnet, ausgezeichnet, was Gedächtnis und bloße Beobachtung betrifft. Sie haben alles gesehen und haben nichts vergessen. Jetzt ist Ihnen doch sicher klar, woher ich weiß, dass der andere das Zimmer gerade verlassen hatte?

Nein, keine Ahnung; oder war vielleicht zweierlei Asche im Aschenbecher?

Das ist eine ganz gute Idee, aber es war nicht der Fall – es war nur ein wenig Asche darin, die ganz zu der angerauchten Zigarre passte. Erinnern Sie sich nicht, was ich tat, als wir hinuntergingen?

Sie gaben der Portierstochter ein Ölfläschchen, glaube ich.

Stimmt. Gibt Ihnen das keinen Wink? Jetzt wissen Sie's doch?

Nein.

Dann werde ich Ihnen nichts sagen. Sie verdienen es nicht. Denken Sie einmal drüber nach. Die Sache springt Ihnen ja in die Augen. Sie sehen es, Sie erinnern sich, wollen nur nicht begreifen. Ich werde Ihre Denkfaulheit nicht unterstützen, indem ich Ihnen sage, was Sie bei ein bisschen Nachdenken von selbst wissen können. Leben Sie wohl, ich muss fort. Ich habe einen Auftrag, den ich nicht vernachlässigen darf.

Sie wollen dies also nicht weiter verfolgen?

Hewitt zuckte die Achseln. Ich bin kein Schutzmann, sagte er. Wenn mir jemand den Auftrag geben würde, dann gern. Es ist sehr interessant, aber ich kann mein Geschäft nicht vernachlässigen. Natürlich werde ich meine Augen offen und mein Gedächtnis in Ordnung halten. Manchmal läuft einem solch ein Fall in die Arme; dann werde ich natürlich als guter Bürger handeln und dem Gesetz helfen. Auf Wiedersehen!

Ich bin selbst sehr beschäftigt und dachte kaum mehr an Hewitts Rebus – und wenn ich daran dachte, fand ich keine Lösung. Eine Woche nach der Untersuchung machte ich eine Ferienreise und sah sechs Wochen lang nichts von Hewitt. Nach meiner Rückkehr hatte ich noch ein paar Tage frei, und wir gingen eines Abends zusammen ins Restaurant, um etwas zu essen.

Ich war hier öfter in letzter Zeit, sagte Hewitt. Man isst hier ausgezeichnet. Nein, nicht an den Tisch, sagte er, mich beim Arm fassend, als ich auf eine einsame Ecke lossteuerte; er kommt mir zugig vor. Er ging an einen größeren Tisch, an dem ein dunkler, schlanker und großer junger Mann saß, und wir nahmen ihm gegenüber Platz,

Wir saßen kaum, als Hewitt schon mitten in einer Unterhaltung über Radfahrkunst war. Da unser vorhergehendes Gespräch sich um literarische Fragen gedreht, und ich noch nie bei Hewitt das leiseste Interesse für Radelei bemerkt hatte, überraschte mich dies etwas. Als Journalist war ich jedoch ein wenig bekannt mit diesen Dingen und konnte die Unterhaltung aufnehmen. Während wir sprachen, sah ich das Gesicht des jungen Mannes gespannt aufleuchten. Er war ein recht hübscher Mensch, mit dunklem und doch klarem Teint, aber hartem Blick und hervorstehenden Backenknochen, was ihn unliebenswürdig erscheinen ließ.

Während Hewitt weiterschwatzte, milderte sich sein Ausdruck zu einem angenehm interessierten.

Natürlich, sagte Hewitt, wir haben ja jetzt auch gute Fahrer. Aber tüchtiger waren doch die vor zehn, fünfzehn Jahren, die jetzt halb vergessen sind. Osmond war tüchtiger als irgendeiner, und ich möchte den sehen, der Furniwell übertroffen hätte. Und dann Cortis – keiner siegte je über Cortis – ausgenommen – wer war das doch? Ich kann nicht drauf kommen …

Liles, sagte der junge Mann uns gegenüber, plötzlich aufsehend.

Ach ja – Liles war es, Peter Liles. War es nicht in einem Meisterschaftsfahren?

Meilen-Meisterschaftsrennen 1880; Cortis gewann aber alle drei übrigen.

Ja, wahrhaftig. Ich sah Cortis, als er zuerst den alten Rekord von zweieinhalb Meilen übertraf.

Und nun ging es los. Hewitt sprach ohne Unterbrechung von Zweirädern, Dreirädern, Wettfahrern, Hermann und Walters, Erdmann und Wende, Hymes und Wildner: eine Unterhaltung, auf die der junge Mann lebhaft einging, während ich stumm dabei saß.