Fragiles Dasein - Karl-Heinz Haselmeyer - E-Book

Fragiles Dasein E-Book

Karl-Heinz Haselmeyer

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Beschreibung

Eine Reise von vielen Jahrzehnten in die Zukunft. Wegen der Erderwärmung musste die Menschheit die Erdoberfläche verlassen und führte nun in unterirdischen Städten ein Leben auf hohem technischen Niveau. Ein abnormaler Sonnensturm unterbricht die oberirdische Energieerzeugung und zerstört damit die unterirdische Existenzgrundlage.

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Inhaltsverzeichnis

Textbeginn

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Das Fenster zur Evolution

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Kontakt

Thomas

Bildet Sprache Bewusstsein?

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Grenze der Vollkommenheit

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Der Bärentöter

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Der Flug der Eule

Zwei Welten

Begreifen

Nennt mich aus Gewohnheit KI

Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den

Die Abschaffung des Kapitals

Ansichten einer Taube

Die Zeit beschleicht wie eine Raubkatze ihre Beute. Das ahnungslose Opfer ist die menschliche Gesellschaft, die mit anderen Sorgen beschäftigt ist.

Da ist das wirtschaftliche Wachstum, das nicht in Gang kommen will. Ohne Wachstum gibt es aber keine Möglichkeit für Investitionen und ohne Investitionen keine Steigerung der Produktion und ohne Steigerung der Produktion keine Gewinne und ohne Gewinne können keine Löhne bezahlt werden und ohne Löhne gibt es keinen Konsum. Ohne Konsum und ohne Gewinne wird die Wirtschaft zugrunde gehen. Ein schrecklicher Gedanke. Was sollen dann die vielen Milliardäre mit ihrem Geld tun, wenn das nicht mehr gewinnbringend angelegt werden könnte?

Dann ist da die Sorge über die vielen fremden Leute, deren Lebensgrundlage zerstört ist und die nun in den noch wohlhabenden Ländern meinen, am Wohlstand teilnehmen zu können. Und da ist dann auch noch die Sorge, wie das Haus im Grünen abgezahlt werden kann, auch der Urlaub im Luxushotel und der Unterhalt der Autos wird immer teurer. Nicht zu reden über Kriege in der Ukraine, in Nahost und in Afrika. Was das alles kostet! Weltweit entstehen Diktaturen und die in vielen Ländern herrschende Gewalt kann ja auch zu uns überschnappen.

Das sind Gedanken, die Helmut in den 2020er Jahren in seiner etwas überspitzten theatralischen Art, wenn auch nicht ganz aus der Luft gegriffen, niederschreibt. Helmut hat mit seinen Unkenrufen seine Frau Jutta schon in Angst und Sorge um ihre kleinen Enkel versetzt. Er bleibt dann bei dem Bild eines gefährlichen Raubtiers und schreibt weiter: „Die Zeit hat scharfe Krallen, und zwar ist es das Klima und es sind die Umweltgifte, die unnötigen Produkte und der Hass, der durch die ungleichen Lebensbedingungen der Menschen entsteht. Es ist auch das Aussterben von vielen Lebensformen, die das empfindliche Gleichgewicht in der Natur zerstören, so dass die Natur sich wehren muss, um nicht von den Menschen vernichtet zu werden.“

Ist das übertrieben? Nein, das sind keine unrealen Ängste, die Helmut bildlich beschreibt.

Er schließt dann mit der Frage: „Ist die Fluchtdistanz zu diesem Raubtier noch groß genug, um dem drohenden Verhängnis zu entkommen?“

Objektiv betrachtet schleicht die Existenzgefährdung sehr langsam an die Menschheit heran, aber sie kommt näher. Viele Menschen sind sich der Gefahr bewusst. Dieses Wissen wird aber immer gegenüber unbedeutenden Problemen zurückgestellt.

Man beschäftigt sich mit den Auswirkungen der schon eingetretenen Schäden, unfähig, die Existenzgrundlagen auf eine andere standhafte Grundlage zu stellen. So rückt man mit unzulänglichen Maßnahmen ein wenig ab von den drohenden Krallen, von denen Helmut schon vor vielen Jahren schrieb, ohne aber ganz aus dem Gefahrenbereich zu kommen.

In Konferenzen hat man Klimaziele vereinbart. Mit der Eindämmung der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der damit verbundenen Verringerung des Kohlendioxids hatte man schon zu Anfang des zweiten Jahrtausends begonnen. Diese Klimaziele werden aber durch nationale Egoismen nicht erreicht. Bis zum Jahr 2050 sollen die Emissionen aller Länder klimaneutral sein. Man ist davon noch weit entfernt, nur die Elektrifizierung wird bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend klimaneutral eingerichtet sein. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist noch immer im Ansteigen. Große Teile der Industrie sind auf Wasserstoff umgestellt, die Schifffahrt auf Methanol und die Personenkraftwagen, die noch mit Verbrennungsmotoren angetrieben werden, tanken E-Fuel. Ein Rückgang der Erderwärmung ist auch mit diesen Maßnahmen nicht in Sicht. Noch immer wird nicht begriffen, dass das zugrundeliegende Problem die entfesselte Produktivkraft ist. Es gibt für die Verwertung des Kapitals Ausweichmechanismen, die sich dämpfend auf den erforderlichen Konsum auswirken. An erster Stelle stehen Krieg und Aufrüstung, gefolgt von der Raumfahrt. Die ausufernde Verwaltung bietet zwar keine Anlagemöglichkeit für Kapital, ist aber von nutzen, um den Konsum zu stärken. Die Verwaltung kann also wie auch die gut ausgebaute Sozialfürsorge als der verlängerte Arm der Werktätigen verstanden werden, deren Konsum für das Kapital unbedingt erforderlich ist.

In der Zeit zwischen Helmuts erster Niederschrift bis zu den dreißiger Jahren haben Unwetter große Schäden angerichtet. Helmut ist nun schon weit über 90 Jahre alt und eine anstrengende, aufregende Zeit liegt hinter ihm. Sein Atelier in der Innenstadt hat er aufgegeben, in der Sommerzeit macht sowieso die brütende Hitze Arbeit unmöglich. Seine geliebte Frau Jutta ist durch eine chronische Migräne sehr geplagt, was mit steigendem Alter nicht besser wird, im Gegenteil, die Schwächeperioden nehmen zu und sie ist in ihren späteren Jahren auch nicht mehr mobil. Sie sind nun auf häusliche Pflege angewiesen. Beide wollen, solange sie noch zusammen sind, ihr kleines Haus nicht aufgeben. Es scheint eine Frage der Zeit zu sein, wie lange das nicht sehr stabile Haus den heftigen Unwettern standhalten kann. Ein Orkan hat schon ein Nachbarhaus, das von gleicher Bauweise ist, erst abgedeckt und dann völlig zerstört. Beide haben das Glück, im hohen Alter in Abständen von wenigen Tagen zu sterben.

Die nachfolgende Generation kämpft weiter auf verlorenem Posten gegen Hitzewellen, gegen sintflutartige Überschwemmungen, gegen Waldbrände und den ansteigenden Pegel der Meere. Große Landmassen und sogar Küstenstädte werden von den Ozeanen verschluckt. In anderen Gebieten gehen durch Wassermangel und Wüstenbildung viele Landflächen verloren. Die Ernährung der auf zehn Milliarden angewachsenen Menschheit wird immer schwieriger. Hunger und eine ausufernde Gewalt breiten sich aus. Die Menschen sind gezwungen, ihre Gesellschaft umzubauen und ihre Nahrungsproduktion umzustellen. Die jährliche Temperatur ist im Mittel um 4,4°C angestiegen. Um Unwettern und den gesundheitlich schädlichen Temperaturspitzen auszuweichen, hat man begonnen, menschliche Behausungen und die Produktionsstätten unter die Erdoberfläche zu verlegen. Die vielen Klimaflüchtlinge werden schon in den ersten fertiggestellten unterirdischen Siedlungen untergebracht und ansässige Bewohner langsam auf eine Umsiedlung vorbereitet. Es entstehen riesige unterirdische Wohnanlagen mit künstlichem Licht, das dem Sonnenlicht so gut angepasst ist, dass sogar reichhaltige Anpflanzungen von den verschiedensten Obst- und Fruchtpflanzen möglich werden. Die Nahrung wird weitgehend auf Pilz-und Algenbasis künstlich erzeugt. Die oberirdischen Anlagen zur Energiegewinnung sind so ausgelegt, dass sie den Energiebedarf mit großen Reserven abdecken. Diese Umgestaltung dauert zwei Generationen und bringt einschneidende gesellschaftliche Veränderungen. In diesem Kampf um die Existenz lassen sich die ungleichen Bedingungen der Menschen aus vorherigen Zeiten nicht aufrechterhalten. Die knappen Ressourcen können nur gleichverteilt werden. Zu fast noch stärkeren gesellschaftlichen Veränderungen kommt es durch eine exponentielle Entwicklung der digitalen Techniken, die zwar immer noch KI genannt werden, aber mit der KI der Vergangenheit nur noch sehr wenig gemein haben.

Unsere Kinder wachsen auch in den unterirdischen Siedlungen noch ganz normal auf, sie haben ihre Laptops zum Lernen und zur Unterhaltung. Darüber hinaus gibt es für Kinder und Jugendliche keine Unterhaltungselektronik. Beim Erreichen des 18ten Geburtstags werden ihre Köpfe enthaart und sie bekommen ihre Routerkappen, mit denen sie danach mit der KI verbunden sind. Nach einer Eingewöhnungsphase von einigen Wochen können sie mit dieser universalen Verbindung umgehen und ihr Verstand hat unbegrenzte Möglichkeiten. Alle haben dadurch die gleichen Fähigkeiten, die nur durch individuelle emotionale Anlagen modifiziert werden. Durch eine Kennung können alle miteinander in Verbindung treten, was bei persönlichen Kontakten die Sprache nicht beeinträchtigt.