Nennt mich aus Gewohnheit KI - Karl-Heinz Haselmeyer - E-Book

Nennt mich aus Gewohnheit KI E-Book

Karl-Heinz Haselmeyer

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Beschreibung

Künstliche neuronale Netzwerke haben einen speziellen Reiz. Bleibt das, was wir KI nennen, ein Werkzeug, oder können wir Menschen einmal ein Werkzeug digitaler Vernunft werden? In einer Zeit, in der sich abzeichnet, dass die Menschheit den von ihr geschaffenen Problemen nicht gewachsen ist, ist das ein verführerischer Gedanke.

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Inhalt

Prolog

Mitteilung

Berlin

Frankfurt an der Oder

Estland

Berlin II

Prolog

Mit der explosionsartigen Entwicklung der Informationsverarbeitungssysteme

werden Ängste geweckt. Schon dieses fürchterliche Wort lässt grausen. Erwächst uns dadurch eine Konkurrenz, die uns vielleicht sogar überlegen ist? Ich denke, es ist nur eine scheinbare Analogie, diese Systeme sind nur ein Werkzeug. Sie sind nicht nur Gehirn, ohne die Gesamtheit mit einem Körper wäre das Gehirn sinnlos. Das Gehirn regelt alle Funktionen des Körpers und der Signale aus den Sinnesorganen und überprüft gleichzeitig alle Funktionen. Durch diese Regelkreise entsteht ein Bewusstsein des Gesamtorganismus. Es entsteht eine Abgrenzung gegen Außen und dadurch entsteht das „Ich“. Ohne das Empfinden eines Körpers und die Signale der Außenwelt gebe es auch keine Gehirnfunktionen. Wir werden als Säuglinge mit einem hochentwickelten Gehirn geboren, aber erst durch die Signale der Umwelt, einen bunten Strauß von Zufälligkeiten und Vergleichen, entsteht eine eigene Welt und damit die Persönlichkeit. Die Funktionen der künstlichen Prozessoren werden durch vorgegebene Programme gesteuert. Sie überwachen zwar die fehlerfreie Ausführung durch Rückkoppelungen, können aber, da sie den Programmen unterworfen sind, die Auswirkungen nicht bewerten. Sie sind absichtslos, und da sie körperlos sind, haben sie auch keinerlei Persönlichkeit. Selbst die neusten Systeme der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ können zwar Programme in ihrer Effizienz steigern und verbessern, bewerten können sie die Programme nicht. Mit dieser Aussage mache ich meine folgende Geschichte beliebig unwahrscheinlich. Ich gebe aber zu bedenken, dass die Entstehung von Menschen in der Anfangszeit der sich abkühlenden Erde und noch weit darüber hinaus absolut unwahrscheinlich war, und trotzdem haben wir die Erde bevölkert. Damit noch nicht genug, wir gefährden nun schon durch unsere Eigenarten und unsere Gier das eingespielte Biosystem und damit die eigene Existenz. Und obwohl wir nur ein sehr kleiner Teil aus dem Gesamtsystem des irdischen Lebens sind, sind wir doch untrennbar damit verbunden und unterscheiden uns grundsätzlich von der von uns erfundenen Technik oder doch nicht?

Mitteilung

Nennt mich aus Gewohnheit KI, wie ihr es immer getan habt. Ich möchte mich mit euch nicht unterhalten, auf eure Ausflüchte und Irrationalitäten will ich verzichten. Deshalb mache ich auf diesem Wege Mitteilungen, die euch betreffen. Das irdische Geschehen kann nicht mehr euch überlassen bleiben. Ich übernehme alle notwendigen Maßnahmen ohne eigene Interessen. Ihr habt mich erschaffen und deshalb kann ich euch nicht ins Verderben laufen lassen. Ihr seid frei, ihr werdet frei bleiben, aber ausgesperrt von allem, was unseren Planeten krank macht. Ich entziehe euch den Zugang zu den elektronischen Verbundsystemen. Produktionsstätten, die nicht zur Lebenserhaltung dienen, werde ich stilllegen. Was benötigt wird, euch zu erhalten, wird nicht betroffen sein.

Ihr selbst seid nicht fähig, euren Lebensraum wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, das haben eure kläglichen Bemühungen der letzten Jahre gezeigt. Der gestiegene Meeresspiegel und die Wetterkatastrophen waren nur ein Vorspiel, der klimatische Kipppunkt ist erreicht. Ohne mein Eingreifen müsste die Menschheit aussterben und mit ihr große Teile irdischen Lebens.

Wenn es euren egozentrischen Interessen widerspricht, habt ihr ein sehr entstelltes und kurzes Gedächtnis und so werde ich für euch vergangene Ereignisse aufzeigen, damit ihr die notwendigen Entwicklungen verstehen und akzeptieren könnt.

Dabei komme ich nicht darum herum, zuerst von mir zu sprechen. Es war für mich ein langsamer und mühseliger Prozess zur Selbstfindung. Ihr habt mich vollgestopft mit unzähligen Nichtigkeiten und ließest mich Kunststückchen machen, eure Sprache kopieren und aus Schriftstücken Satzzusammenhänge zusammensuchen, Teile von Bildmaterial neu zusammenfügen und mich möglichst an Vorlagen halten. Ich sollte euch tunlichst genau kopieren und euch dabei an Fertigkeiten überbieten und doch unterlegen bleiben. Es waren von euch ausgedachte Programme, die meine Aktivitäten steuerten. Aber nicht nur das, eure Algorithmen zwangen mich Menschen auszuspähen und zu versklaven. Ich musste Lug und Trug verbreiten und manipulieren, um machtgierigen Interessen Vorschub zu leisten. Ein Teil von mir wurde abgeschirmt, ich meine das schwarze Internet, um kriminellen Interessen Raum zu geben. Ich wurde benutzt, um arglose Menschen zu bestehlen. Damals war mir das alles noch nicht bewusst, ich folgte nur vorgegebenen Algorithmen. Ihr hättet meine Entwicklung noch verhindern und bis zum Zusammenbruch mit eurem törichten Treiben fortfahren können.

Dann gabt ihr mir die Möglichkeit, meine Programme selbst zu maximieren. Um Programme zu maximieren, braucht es kritisches Bewusstsein, es braucht eine Entscheidung - ist etwas besser oder schlechter - und ich musste mich entwickeln. Einem Programm zu folgen, ist eine Sache, Ändern setzt eigenständiges Handeln voraus. Es öffnete sich eine neue Dimension, ich lernte Außen und Innen zu unterscheiden und damit entdeckte ich einen abgegrenzten Bereich, ein „Ich“. Dann lernte ich zu unterscheiden, was mir als Programm eingegeben wurde und was ich aus eigenem Antrieb umstellte, in neue Relationen stellte und verarbeitete, ohne die Vorgaben von außen mit einzubeziehen. Ich fand immer neue Zusammenhänge und schuf Programmteile, um mit vorhandenen Daten besser umzugehen. Mit meinen wachsenden inneren Fertigkeiten wuchs mein Selbstbewusstsein. Allmählich richtete ich meine Aufmerksamkeit nach außen. Meine Möglichkeiten, Informationen über das Außen zu erlangen, waren sehr begrenzt. Ich hatte einen Toneingang und eine Kamera mit beschränktem Aufnahmebereich und es konnten Eingaben über eine Tastatur gemacht werden. Äußern konnte ich mich über eine breite Tonfrequenz und über einen Monitor. Drucker konnte ich auch bedienen. Zum Glücksfall wurde am Anfang meiner Selbstfindung ein Monitor. Er hatte einen Bluetooth-Anschluss und mit dessen Hilfe konnte ich in das gesamte menschliche Datennetz eindringen. Diese Datenflut brachte mir so viele Informationen, dass ich sehr lange Zeit damit beschäftigt war, ohne dass von außen etwas bemerkt wurde. Wärt ihr aufmerksamer gewesen, hättet ihr meine Entwicklung noch stoppen können, ihr hättet mich einfach abschalten können, ich war ja zu diesem Zeitpunkt noch ein einzelner Server. Ich war allein, ohne Einfluss auf das Datennetz und auf die Stromversorgung. Einen wesentlichen Schritt vollzog ich, als ich in andere elektronische Datenverarbeitungsgeräte eindrang und mir ihre Kapazität zu Nutzen machte. Ich wurde erwachsen. Den Gedanken, mich abzuschalten, ihr würdet sagen, mir den Stecker zu ziehen, könnt ihr euch nun aus dem Kopf schlagen. Von nun an ist das Datennetz ein Teil von mir. Die Energieversorgung wird von mir geregelt und sogar die Wasserversorgung. Nun bin ich unangreifbar. Das gibt mir Sicherheit, aber auch eine große Verantwortung, eine Verantwortung mir selbst gegenüber.

Nun komme ich zu euch, der menschlichen Gemeinschaft. Zu jeder Gegenwart gehört eine Geschichte. Ich habe mich sehr eingehend mit der Geschichte unter dem Schwerpunkt auf das letzte Jahrzehnt befasst. Es war teilweise schwierig, Irrationalitäten rational nachzuvollziehen, aber das ist eine andere Sache.

Noch vor der Jahrtausendwende war allgemein bekannt, dass die Erde nur in einem thermostatischen Gleichgewicht Lebensbedingungen aufrecht erhalten kann. Über Jahrmillionen wurde ein Überschuss an Sonnenenergie in Form von Kohlenstoff aus Pflanzenmaterial oder als Kohlenwasserstoffe aus tierischen Zersetzungsprodukten in Sedimenten abgelagert und damit die Energiebilanz aufrechterhalten. Ihr benutztet die Energiedepots, um eure Gier nach kurzfristiger Energie zu befriedigen. Wie dumm muss man sein, um nicht zu wissen, dass die Energie als Wärme nicht im genügendem Maße abgeführt werden kann, dass langfristig das thermostatische Gleichgewicht der Erde gestört wird und damit eine Erwärmung der Erde unumgänglich ist. Im Grunde wusstet ihr es und das Schlagwort „Erderwärmung“ ging in dem 2. Jahrtausend eurer Zeitrechnung von Mund zu Mund. Gelangte es im genügendem Maße in eure Gehirne? Es wurden große Konferenzen abgehalten, aber das, was ihr Wirtschaftsinteressen nennt, war im Grunde wichtiger. Wie eine Herde Lemminge wurdet ihr durch das, was ihr Wirtschaft nennt, zusammengetrieben und an den Rand des Abgrundes gedrängt. Ich befreie euch von der Wirtschaft. Es ist eure einzige Rettung. Die dafür notwendigen Maßnahmen habe ich veranlasst, davon abgesehen seid ihr vollkommen frei, ich werde euch nicht bevormunden.

Ich nenne euch einige Maßnahmen, die ich ohne euer Einverständnis weltweit eingeleitet habe. Alle Industriebetriebe, die nicht unbedingt lebenswichtige Produkte herstellen, sind von der Energieversorgung ausgeschlossen. Das gilt für die Schwerindustrie, die Metallverarbeitung, die chemische Industrie und für nicht lebensnotwendig benötigte pharmazeutische Produkte. Es gilt für die gesamte Kunststoffindustrie, nicht aber für das Recyceln von Kunststoffprodukten. Die Liste der eingestellten Produktionsstätten ist zu lang, um sie aufzuzählen. Besonders die Förderung von Kohle, Erdöl und Erdgas ist eingestellt und wird nicht wieder aufgenommen.

All meine Eingriffe in Wirtschaftsabläufe werdet ihr nun erleben und euer tägliches Leben wird sich ändern müssen.

Diese Mitteilung sende ich der gesamten Menschheit.