Geschichten vom Zauberwald - Volker Friebel - E-Book

Geschichten vom Zauberwald E-Book

Volker Friebel

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Beschreibung

Als die Menschen sich über die Erde ausbreiteten, als sie einen Wald nach dem anderen fällten und das Land unter den Pflug nahmen, als sie die Sümpfe trocken legten und den Flüssen künstliche Betten gruben, da hielt es die Wesen der Anderwelt nicht mehr bei ihnen. Kobolde, Quellnymphen, Drachen und Hexen zogen sich in den Zauberwald zurück. Immer schwächer wurden die magischen Kräfte in der gerodeten Welt. Schließlich versiegten sie ganz. Im Zauberwald aber wuchsen sie mächtiger an als jemals zuvor. Menschen meiden den Zauberwald. Wenn eine neue Straße gebaut werden soll, macht sie einen großen Bogen um diese Berge und Täler. Es ist, als hätte der Ort eine Kraft, die sie abstößt. Umso beliebter sind die Geschichten vom Zauberwald. Vom Pfefferstein und dem Moorsee hören wir gerne, von der Einsiedelei an der Bärenklinge, der Bettelbrücke und der Tafelplatte – und natürlich von den seltsamen Wesen, die den Zauberwald bewohnen. Das Hexenmädchen Schummelfix, die Kobolde Klex und Klax, Hubertus vom Fliegenpilzladen und viele andere seltsame Wesen aus der wunderlich gebliebenen Welt haben ihre Abenteuer erzählt. Ein Mensch hat daraus ein Buch gemacht. Hier ist es, mit 29 Geschichten vom Zauberwald für kleine und große Leser!

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Volker Friebel

 

Geschichten

vom Zauberwald

 

Edition Blaue Felder, Tübingen

Edition Blaue Felder, Volker Friebel,

Denzenbergstraße 29, 72074 Tübingen (Deutschland)

www.Volker-Friebel.de 

 

Texte, Fotografie und Gestaltung: Volker Friebel

Veröffentlichung: März 2021 

Die Erstausgabe erschien als eBuch im September 2013

Alle Rechte vorbehalten

 

Inhalt

Vorwort 

Vom Goldtopf und dem Regenbogen 

Kleines Hexeneinmaleins 

Der verlorene Kamm 

Angeln 

Schatzgräber-Freuden 

Der Einsiedler vom Zauberwald 

Kobolde in Seenot 

Besuch aus der Stadt 

Waldspaziergang 

Aufregung um einen Luftballon 

Geschichte über den Elfenbeinturm 

Der Schlehenbusch 

Grünblatt und Gelbblatt 

Drachensteigen 

Löffelzauber 

Der Nussknacker und die Kokosnuss 

Der Horizont und der Kräutergarten 

Flugzeuge und fliegende Besen 

Ärger im Lebkuchenhäuschen 

Abwasch im Hexenhäuschen 

Die Höhle hinter dem Wasserfall 

Die alte Standuhr 

Streit an der Lindenquelle 

Das goldene Ei 

Wieder in der Schule 

Der Flaschengeist 

Im sechsten Himmel 

Schlittenfahrt 

Das Einhorn auf der verwunschenen Wiese 

Zu Buch und Autor 

 

Vorwort

 

Als die Menschen sich über die Erde ausbreiteten, als sie einen Wald nach dem anderen fällten und das Land unter den Pflug nahmen, als sie die Sümpfe trocken legten und den Flüssen künstliche Betten gruben, da hielt es die Wesen der Anderwelt nicht mehr bei ihnen. Kobolde, Quellnymphen, Drachen und Hexen zogen sich in den Zauberwald zurück.

Immer schwächer wurden die magischen Kräfte in der gerodeten Welt. Schließlich versiegten sie ganz. Im Zauberwald aber wuchsen sie mächtiger an als jemals zuvor.

Menschen meiden den Zauberwald. Wenn eine neue Straße gebaut werden soll, macht sie einen großen Bogen um diese Berge und Täler. Es ist, als hätte der Ort eine Kraft, die sie abstößt.

Umso beliebter sind die Geschichten vom Zauberwald. Vom Pfefferstein und dem Moorsee hören wir gerne, von der Einsiedelei an der Bärenklinge, der Bettelbrücke und der Tafelplatte – und natürlich von den seltsamen Wesen, die den Zauberwald bewohnen.

 

Vom Goldtopf und dem Regenbogen

 

„Also, wie ist das nun mit dem Regenbogen?“, fragte Schummelfix ihre Mutter Ohme Besenstrich. Die war gerade mit der Zubereitung eines neuen Zaubermittels für das jährliche Wetthexen beschäftigt.

„Der Regenbogen ist eben der Regenbogen, er funkelt in allen Farben und zwar während oder nach dem Regen, und er sieht aus wie ein Bogen“, leierte sie herunter.

„Das weiß ich auch“, meinte Schummelfix.

„Warum fragst du dann und störst mich bei der Arbeit“, grummelte Ohme Besenstrich.

„Neulich“, erzählte Schummelfix, „neulich flog ich in die Welt hinein, bis ins Reich der Menschen, um einen Regenbogen zu suchen. Schließlich fand ich auch einen und wollte schauen, ob es stimmt, dass an seinem Fuß ein Goldtopf steht. Aber als ich auf ihn zuflog, verschwand der Regenbogen plötzlich – und dann sah ich ihn auf einmal hinter mir leuchten.“

„Seit wann hast du denn hinten Augen“, spottete die Mutter. „Oft glaube ich, du hast nicht mal vorne welche.“

„Als ich mich umdrehte, meine ich doch!“, regte sich Schummelfix auf.

„Und der Goldtopf?“, fragte die Mutter und lachte. „Ich hoffe doch, du hast mir ein paar Goldstücke für meine Sammlung mitgebracht.“

„Das meine ich doch gerade“, sagte Schummelfix. „So nah ich auch an den Regenbogen herankam, ich konnte nirgends seinen Anfang entdecken, also auch keinen Goldtopf.“

„Du wirst nur deine Augen wieder ganz woanders gehabt haben, wie immer, wenn du etwas Nützliches tun könntest“, meinte die Mutter.

„Nein, ich habe ganz genau aufgepasst. Je näher ich kam, umso durchsichtiger und verschwommener wurde der Regenbogen – und schließlich war er ganz weg.“

„Das ist doch sowieso alles Unsinn, mit dem Fuß des Regenbogens und dem Goldtopf“, meinte Ohme Besenstrich.

„Nein!“, protestierte Schummelfix. „Ich glaube“, fantasierte sie dann weiter, „das ist wie beim Vater Morgana in der Wüste.“

„Wie bei wem?“, fragte Ohme Besenstrich überrascht.

„Dem Vater Morgana“, wiederholte Schummelfix. „Von dem haben wir in der Schule gehabt“, erzählte sie dann. „Der erscheint auch plötzlich am Horizont, nur in der Wüste. Aber er verschwindet genauso wie der Regenbogen, wenn man näher kommt. Er funkelt allerdings nicht in allen Farben, sondern kommt jedesmal in einer anderen Verkleidung, so dass man ihn gar nicht wiedererkennt.“

„Was ihr heutzutage nicht alles für Unsinn lernt“, meinte Ohme Besenstrich. „Etwas Nützliches wäre doch besser. Zum Beispiel, wie man den Goldtopf vom Regenbogen findet. Zu meiner Zeit ... Aber das ist doch sowieso alles Unsinn. Jetzt hast du aber auch genug dumme Fragen gestellt, ab ins Bett! Es ist schon spät!“

Schummelfix zog ihr Nachthemd an und wollte ins Schlafzimmer gehen.

„Woher hast du denn diese Goldmünze?“, fragte Ohme Besenstrich plötzlich.

„Die?“, fragte Schummelfix scheinheilig und ließ eine große, schwere Goldmünze über den Küchentisch tanzen. „Ach die. Vom Goldtopf natürlich.“

Und damit verschwand sie im Bett.

 

Am nächsten Tag war schulfrei. Schummelfix stand spät auf, und Mutter Ohme Besenstrich war schon ganz ungeduldig, als ihre Tochter endlich erschien. „Schummelfix“, sagte sie streng. „Ich habe gestern Nacht das Goldstück in meinen Schatztopf getan und dann nachgezählt, und es fehlte ein Goldstück in meinem Topf. Das heißt, eigentlich fehlte keines, sondern es waren genauso viele, wie es hätten sein sollen, wenn ...“

„Wenn was?“, fragte Schummelfix unschuldig.

„Wenn ich mal annehme, dass du gestern bei deiner Geschichte vom Regenbogen und dem Goldtopf ganz schön geschwindelt hast.“

„Also“, begann Schummelfix, „ich hab nicht gesagt, aus welchem Goldtopf ich das Goldstück geangelt habe.“ 

„Das ist gemeiner Diebstahl!“, schimpfte die Mutter.

„Wieso, du hast das Goldstück doch wiederbekommen“, meinte Schummelfix. „Hätte ich es wirklich vom Goldtopf am Regenbogen genommen, dann wäre es gestohlen.“ 

Finster starrte Ohme Besenstrich ihre Tochter an. Aber langsam hellte sich ihr Gesicht wieder auf: „Du bist wirklich eine kleine Hexe, aber bei meiner Tochter habe ich nichts anderes erwartet.“

Und sie strich ihr liebevoll über das Haar.

 

Kleines Hexeneinmaleins

 

Noch gestern hatte Ohme Knorrinas ihr hundertfünfzigjähriges Jubiläum als Lehrerin an der Hexenschule gefeiert. Jetzt saß sie wieder auf ihrem Baumstumpf vor der Klasse und seufzte. „Also nochmal, Schummelfix“, sagte sie dann: „Wieviel ist eins und eins?“

„Äh“, murmelte Schummelfix und starrte ratlos auf die Tafel. „Also neulich, neulich wusste ich es noch.“

„Um es leichter zu machen: Nimm an, du hast schon einen Apfel und bekommst von Fizzewind noch einen Apfel dazu. Wieviele Äpfel hast du dann?“, half die Lehrerin.

„Also, ich glaube nicht, dass Fizzewind mir einen Apfel schenken würde, wenn ich schon einen hätte“, meinte Schummelfix. „Fizzewind würde seinen Apfel dann sicher selbst essen. Ich hätte also nur einen.“

„He“, protestierte Fizzewind, der Nebensitzer von Schummelfix, beleidigt.

„Nimm es einfach mal an“, sagte Ohme Knorrinas ungeduldig.

„Also, wenn ich schon einen Apfel hätte und Fizzewind würde mir tatsächlich noch einen dazugeben“, begann Schummelfix, „dann ... dann ... dann hätte ich immer noch nur einen Apfel. Denn ein Apfel, den Fizzewind mir schenkt, der ist sicher nichts wert, den kann man nicht zählen. Vielleicht hat er Würmer. Oder er ist faul.“

„Du sollst zählen und nicht herumfantasieren, ob die Äpfel gut oder schlecht sind“, kreischte Ohme Knorrinas, „das ist doch ganz gleich!“ 

„Also mir ist es gar nicht gleich, ob ich einen faulen oder einen guten Apfel esse“, meinte Schummelfix. „Aber ich kann dir gern morgen ein paar faule Äpfel mitbringen, wenn du sie mir gegen gute eintauschst.“ 

Ohme Knorrinas seufzte und versuchte, die Klasse zu beruhigen. „Also anders herum“, sagte sie endlich. „Nimm einmal an, du willst zwei Äpfel haben, einen für dich und einen, um ihn deiner Mutter zu schenken. Einen Äpfel hast du schon. Wieviele Äpfel musst du noch im Laden kaufen, um zwei Äpfel zu haben?“

„Das ist leicht, das weiß ich“, sagte Schummelfix stolz.

„Also?“, drängte Ohme Knorrinas. „Wieviele Äpfel musst du noch kaufen?“

„Gar keinen“, sagte Schummelfix. „Denn der gute Hubertus vom Fliegenpilzladen würde mir einen schenken. Und wenn nicht, dann kann ich mir mit dem Zauberspruch, den wir gestern gelernt haben, den Apfel einfach verdoppeln.“

Ohme Knorrinas schlug die Hände vors Gesicht und murmelte undeutlich etwas vor sich hin.

„Wenn du aber nicht hexen darfst, wieviele Äpfel musst du dann kaufen – oder meinetwegen, wieviele muss dir Hubertus dann schenken?“, versuchte sie es dann nochmal.

„Wenn ich nicht hexen darf“, sagte Schummelfix, „dann muss ich einen Apfel kaufen. Das wäre aber traurig, weil ich doch kein Geld habe.“ 

„Ja, traurig ist das, sehr traurig“, meinte Ohme Knorrinas und atmete tief durch.

---ENDE DER LESEPROBE---