Herzfunke - Jolene Walker - E-Book

Herzfunke E-Book

Jolene Walker

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Beschreibung

Eine Ansammlung von Jolene Walkers fünf lesbischen Liebesromanen in einem Sammelband. Folgende Kurzgeschichten sind in diesem Buch enthalten: 1. Von einer Frau geküsst. Fenja hält Eva für einen jungen Mann und zerrt sie todesmutig in die Damentoilette einer Bar, um sie zu küssen. Was für eine überwältigende Überraschung für Eva, die schon lange ein Auge auf Fenja geworfen hatte. Die betrunkene Frau, die sich einfach auf ihren Schoß gesetzt und Eva dann vergessen hatte. Obwohl Fenja verwirrt um Evas Geschlecht ist, ist sie bereit für die Beziehung mit ihr. 2. Blumen für Helen. Eike verliebt sich Hals über Kopf. Doch diesmal in eine Frau. "Blumen für Helen" ist eine lesbische Kurzgeschichte, in der erzählt wird, wie Eike sich in eine junge Frau verliebt. Dabei ist sie so überwältigt von ihren Gefühlen und weiß zu Beginn nicht, wie sie mit dieser ganzen Situation umgehen soll. Eine lebhafte Geschichte für zwischendurch. 3. Sie nannte mich Chicago. Lea ist eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben, bis ihr eine Internetbekanntschaft ohne Namen und Gesicht den Kopf verdreht. Lea muss die ganze Zeit an Anna denken. Aus Internet-Fremden werden Freunde bis Anna Lea mit einem spontanen Besuch komplett aus der Bahn wirft. 4. Die Autorin. Die unsichere Amelie möchte gerne als Model Fuß fassen. Als ihre letzte Bewerbung abgelehnt wird, befindet sie sich in einer verzweifelten Lage. Wie soll sie ihrem Freund und dessen Mutter beichten, dass sie wieder versagt hat? Bis Amelie von einem Fremden angesprochen wird und dieser ihr ein ungewöhnliches Jobangebot unterbreitet. Amelie soll für berühmte Schriftstellerin als Charaktervorlage dienen. 5. Katze fürs Herz. Nach der Trennung von ihrer Freundin Jana ist Merle einsam und adoptiert die besondere Katze Luna. Sie ist liebevoll, umgänglich und birgt dennoch ein kleines Geheimnis. Wo treibt sich die süße Streunerin tagsüber herum, und warum will sie abends nichts fressen? Merle begibt sich auf Verfolgungsjagd und findet ungeplant etwas fürs Herz.

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Inhaltsverzeichnis

Von einer Frau geküsst

Blumen für Helen

Sie nannte mich Chicago

Die Autorin

Katze fürs Herz

Jolene Walker

HerzfunkeFünf Geschichten, ein Buch

Roman

Deutsche Erstausgabe

Januar 2020

Impressum

Copyright: © 2020 Jolene Walker

c/o AutorenServices.de

Birkenallee 24

36037 Fulda

[email protected] Für Verlosungen und aktuelle Informationen, folge mir auf Twitter: @walkerjole.

Cover unter Lizenzierung eines Motives aus Shutterstock.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Etwaige unerlaubte Verbreitungen werden strafrechtlich verfolgt.

Von einer Frau geküsst

13.03.2015, 22:45 Uhr

Fenja

Mika und ich sitzen gemeinsam in einer Bar. Wir feiern leise ins Wochenende hinein. »Kannst du bitte dein Handy weglegen? Das nervt langsam«, nörgle ich. Anstatt sich mit mir zu unterhalten, schreibt Mika die ganze Zeit mit irgendeinem Typen, den sie im Internet kennengelernt hat.

»Warte, bin gleich so weit. Ich will nur noch kurz antworten«, sagt sie und hält ihr Handy mit beiden Händen fest. Ich seufze und sehe mich gelangweilt um. Kurz antworten? So hat sie mich jetzt schon zum dritten Mal vertröstet. Wenn ich aufstehen und gehen würde, würde Mika es nicht einmal merken. Ich finde das total unhöflich. Das nächste Mal suche ich einen Treffpunkt, wo es kein freies WLAN gibt.

Mit einem Handzeichen bitte ich die Kellnerin zu mir an den Tisch und bestelle fleißig weiter Drinks für mich.

Mein Leben ist ziemlich langweilig, so langweilig wie mein Bürojob und so langweilig wie meine Freunde. Ich bin der perfekte Durchschnittsmensch mit durchschnittlichem Einkommen und durchschnittlichem Aussehen. Vermutlich liegt es daran, dass mich bis jetzt nie ein Kerl auf ein Getränk eingeladen hat. Vielleicht muss ich mehr Brust zeigen oder etwas mehr Bein? Ich bin zweiunddreißig und immer noch in keiner festen Beziehung. Die Männer halten es nicht mit mir aus. Keine Ahnung warum.

»Ich hatte seit vier Monaten keinen Sex«, spreche ich aus, nachdem ich am Cocktail nippe, den mir die Kellnerin eben brachte.

»Was?!«, japst Mika hellhörig und legt sofort ihr Handy beiseite. Mit geweiteten Augen sieht sie mich geschockt an. Ich grinse. Also nur so kann ich meine Freundin auf mich aufmerksam machen? Das nächste Mal schneide ich das Thema einfach direkt an.

»Erinnerst du dich noch an die Kostümparty und den Typen, den ich mit nach Hause genommen habe?« Fragend sehe ich Mika an, als ich ihre ganze Aufmerksamkeit bekommen habe. »Der war ganz nett, bis er auf dem Sofa eingeschlafen ist. Oh, den darf ich ja gar nicht mitzählen.« Ich sehe an die Decke und zähle die Monate an den Fingern ab. »Sechs Monate«, sage ich schließlich. »Sechs Monate hatte ich keinen Mann mehr zwischen meinen Beinen. Ein halbes Jahr«, wiederhole ich mich.

»Wie hältst du das nur aus?!«, fragt Mika entsetzt. Gleichgültig trinke ich meinen Cocktail mit einem großen Schluck aus und lehne mich zurück.

»Spielzeug. Wobei Selbstbefriedigung wie Fast Food ist. Es macht statt, aber hält nicht lange.« Diesmal hebe ich mein ausgetrunkenes Glas in die Luft und symbolisiere so der Kellnerin, dass sie mir Nachschub bringen soll.

»Was machen wir denn jetzt mir dir?«, sagt Mika grinsend und trinkt endlich ihr Getränk. Hätte sie noch etwas länger gewartet, hätte ich es ihr weggenommen. Ich zucke wieder mit den Achseln.

»Vielleicht eine Schönheits-OP im Gesicht?« Meine Freundin lacht belustigt.

»Vielleicht solltest du mehr essen, damit deine Brüste wachsen?«, schlägt sie vor.

»Ne, schon versucht. Nur der Hintern wird größer und dann passe ich in keine vernünftige Jeans. Du weißt ja, kochen kann ich eh nicht. Die Idee! Ich mache einen Kochkurs und finde dort einen kahlköpfigen Kerl mit dicker Wampe. Solche Typen sind doch treu, oder?« Treu? Ist eigentlich irgendein Typ treu? Ich seufze und schon kommt die Kellnerin mit dem neuen Cocktailglas, um meinen Schmerz zu ertränken.

»Werfen Sie bitte ein Auge auf mich. Füllen Sie mich ab, bis ich nicht mehr geradeaus gehen kann«, bitte ich das Mädchen und sehe ihr bezauberndes Lächeln. Als sie geht, ziehe ich über sie her. »Schrecklich. So jung und schön. Sie hat bestimmt einen Arsch als Freund. Vielleicht nagelt er gerade eine Andere, während sie hier arbeitet und an ihn denkt.«

»Fängt das wieder an?« Mika stöhnt und nimmt genervt ihr Handy in die Hand.

»Ja, schon wieder«, zicke ich und setze mein Glas an meine Lippen. Patrick der Arsch, mein Ex-Freund. Vier Jahre waren wir zusammen. Er wollte nicht einmal mit mir zusammenziehen, weil er sich noch nicht bereit fühlte. Doch kaum hat er eine neue Olle am Start, heiratet er sie innerhalb eines Jahres! Kauft ihr ein Haus und wird demnächst Vater! Vier verdammte Jahre!

Das traurigste an der Geschichte ist, dass ich zu der blöden Weibersitte gehöre, die solchen Kerlen glaubt und darauf wartet, bis sie so weit sind. Wenn mich Patrick nicht betrogen hätte, würde ich wohl noch immer warten. Und jetzt? Jetzt bin ich seit einem Jahr Single. Glücklich? Das ist relativ.

Mika ist wieder komplett in ihrer eigenen Welt, mit dem Typen in ihrem Handy. Ich könnte sauer werden und ihr das Ding einfach wegnehmen, aber ich lasse es. Soll wenigstens sie ihren Spaß haben. Immerhin leistet sie mir Gesellschaft, obwohl sie gerade mit dem Kopf ganz woanders ist. Ich seufze, hebe mein Glas, weil es leer ist, und die Kellnerin mich vergessen hat. Hinter mir rutscht jemand mit dem Stuhl an mich heran und stößt mich. Kaum habe ich aufgesehen, steht ein junger Mann neben mir und lächelt. In seiner Hand ist ein leeres längliches Glas. Mit dem Finger zeigt er auf meins.

»Darf ich etwas mitbringen?«, fragt er. Verdutzt sehe ich ihn an. Er ist viel jünger als ich. Sieht er nicht, wie alt ich bin?

Weil ich ihm nicht geantwortet habe, nimmt er mir mein Cocktailglas ab und geht rüber zur Theke. Sein Anblick lässt mein Herz schneller schlagen. Er ist groß, hat breite Schultern, kurze schwarze Haare. Sein T-Shirt liegt eng an und seine Jeans sitzt gut an seinem Hintern. Wie kann es sein, dass er mich auf ein Getränk einlädt? Ob er die Unterhaltung mit Mika mitbekommen hat? Ob ich ihm leidtat und er mich versucht aufzumuntern? Kann mir doch egal sein. Ich sollte mich lieber freuen, als alles zu hinterfragen. Auch wenn es nur ein Mitleids-Drink ist, ist es immerhin ein kostenloser Drink.

Nicht lang und der fremde junge Mann steht wieder an meinem Tisch. Mika sieht auf. Sie hat erst jetzt bemerkt, was passiert ist. Ich grinse ihr nur kurz zu und nehme das Getränk an.

»Vielen Dank«, sage ich und stelle das Glas auf der Tischplatte ab.

»Gerne.« Der fremde Junge lächelt und seine süßen Grübchen kommen zum Vorschein. Ohne ein Gespräch anfangen zu wollen, setzt er sich hinter mir auf seinen Stuhl. Ich drehe mich und sehe in die Runde seiner Freunde. Sie sind alle so jung. Vielleicht Studenten? Nur ein Mädchen haben sie bei sich sitzen. Sie lächeln mich freundlich an. Bevor ich mich zurück zu Mika wende, sehe ich noch einmal den Jungen an, der mir den Drink spendiert hat. Erst jetzt bemerke ich seine dunkelgrünen Augen und die Löcher in seinen Ohren. Er trägt Tunnel, diesen neumodischen Kram. Kichernd wende ich mich schließlich ab und lache über mich selbst. Weil ich fast so rede, wie eine alte Frau.

Mika greift meine Hand und beißt ihre Lippen fest zusammen, um nicht loszulachen. An ihrem Blick erkenne ich, wie sie sich darüber freut, dass ich ein Getränk bekommen habe.

»Der ist echt süß«, flüstert sie. Sie macht einen langen Hals, um in die Runde hinter mir zu sehen. Ich drücke ihre Hand, damit sie es sein lässt. Das ist mir peinlich.

Irgendwie hört mein Herz den ganzen Abend nicht auf, aufgeregt zu trommeln. Es ist unangenehm und reizend zugleich, dass der Junge noch immer hinter mir sitzt. Am liebsten hätte ich mich zu ihm gesellt und mich mit ihm unterhalten. Aber er hat keinerlei Andeutungen gemacht, dass er sich mit mir unterhalten wollte. Ich könnte den ersten Schritt machen, doch nachher ärgert er sich, eine alte Schrulle wie mich an der Backe zu haben.

»Wollen wir gleich los?«, fragt Mika, die wie besessen auf dem Handy tippt.

»Nur noch ein paar Drinks«, bitte ich sie.

»Es reicht, du hast genug getrunken. Wenn du nicht gleich was in den Magen bekommst, fängst du an weinerlich zu werden. Und ich habe keine Lust mir wieder etwas von Patrick anhören zu müssen.« Ich stöhne bedrückt, denn sie hat recht.

»Dann nur einen«, bettle ich sie mit einem Lächeln an. Sie guckt ein bisschen böse und gibt schließlich nach.

»Okay, aber wirklich nur einen Drink«, ermahnt sie mich und schaut weiter auf das Display ihres Handys. Zufrieden stehe ich von meinem Platz auf und husche diesmal selbst rüber zur Theke. Nach dem zweiten Mal ist es mir unangenehm die Kellnerin erneut an unseren Tisch zu rufen. Vielleicht hat sie sich gedacht, dass ich Alte nicht zu viel trinken soll? Sonst wäre sie doch sicher gekommen, um mir nachzufüllen.

Ich merke langsam, wie der Alkohol mich bedrückt. Ich werde traurig, während ich auf die Barkeeperin warte. Mika hat recht, noch ein paar Drinks und ich werde zur Heulsuse.

Ich sehe mich um. Ich mag den Laden in den ich Mika geschleppt habe. Nur zufällig hatte ich einen Flyer auf dem Boden in der Straßenbahn gefunden. Ich finde es ziemlich gemütlich hier, obwohl es recht belebt ist. Ich mag die dunklen Möbel und die limongrünen Akzente. Zwischen den Regalen der Bar ist ein breiter, rechteckiger Spiegel. Ich sehe meinen Körper an. Ich bin schmal, vielleicht ein bisschen zu schmal, aber dafür habe ich einen zu mir passenden kleinen Hintern. Ich wünschte, meine Brüste wären größer, aber es ist in Ordnung. Ich muss nicht mal einen BH tragen. Früher hatte ich langes, blondiertes Haar. Seitdem ich mit Patrick auseinander bin, habe ich eine komplette Typveränderung gemacht. Meine Haarlänge reicht mir bis zum Kinn und ist wieder dunkel in meiner Naturhaarfarbe gefärbt. Mama hatte zwar geschimpft, weil ich mir die schönen Haare schneiden lassen habe, aber es ist echt pflegeleicht. Ich habe sogar das Gefühl, die Frisur lässt mich jünger aussehen.

Die Barkeeperin räuspert sich und stellt den bestellten Cocktail vor meiner Nase ab. Sie grinst frech über beide Ohren. Warum lächelt sie so hämisch? Weil ich zu lange in den Spiegel gesehen habe? Denkt sie vielleicht ich bin Eitel? Aber sie sieht doch selbst ziemlich danach aus, als wäre sie jemand, die gerne vor dem Spiegel steht. Sie sieht trainiert aus, ihre weißblonde Mähne liegt wild auf ihrem Kopf. Sie hat kleine Ohrringe stecken und ihre klaren blauen Augen stechen durch ihre geschminkten, dichten Wimpern hervor. Von der Statur her ähnelt sie dem Jungen, der mir eben den Drink ausgegeben hat. Auf einmal wird mir bewusst, dass ich sie viel zu lange ansehe. Verlegen wende ich meinen Blick ab und sehe wieder in den Spiegel. Ich entdecke den Jungen hinter meinem Platz. Ganz fromm sitzt er mit hängenden Schultern auf seinem Stuhl. Das Mädchen aus der Runde bemerkt mich. Sie lächelt mich durch den Spiegel hindurch an, verlegen erwidere ich es und sehe dann ertappt weg. Wie unangenehm!

Ich atme durch. Noch immer verlegen, versuche ich mir einzureden, dass doch nichts dabei war, dass ich den Jungen angestarrt habe. Trotzdem wünsche ich mir im Erdboden zu versinken. Wenn ich mich etwas freizügiger angezogen hätte, ob er sich dann zu mir gesetzt hätte? Ich sehe an meiner schwarzen Jeans runter und mein Blick landet auf meinen knochigen Füßen, die in kleinen schwarzen Pumps stecken. Ich verschlage die Idee ganz schnell. Ich hätte mir lieber dicke Omasocken über die nackten Füße ziehen sollen. Draußen ist es arschkalt und bis zur Haltestelle muss ich ein paar Meter gehen.

Ich will meinen Drink nehmen, um rüber zu Mika zu stolzieren, da bemerke ich den Jungen, der noch eben hinter mir saß. Er geht an mir vorbei, lächelt mir zu und schlendert rüber zu den Toiletten. Mein Herz fängt an zu flattern. Er drückt die Pendeltür zu den Männertoiletten auf und verschwindet. Ich sehe ihm nach und vermutlich sehen seine Freunde, dass ich ihm nachsehe. Peinlich berührt wende ich erneut meinen Blick ab. Direkt an der Theke trinke ich meinen Drink aus.

»Bitte noch einen«, melde ich mich bei der Barkeeperin. »Können Sie meiner Freundin an dem Tisch die Rechnung bringen? Sie bezahlt.« Die Frau hinter der Theke nickt und bedient dann den nächsten Gast.

Mit einem kräftigen Zug trinke ich mein Glas aus und gehe zu den Toiletten. Ich fühle mich von den Blicken der Anderen verfolgt, aber vielleicht haben sie mich nicht einmal bemerkt. Der Gang zu den Toiletten ist mit einer Wand vom Anblick der Gäste geschützt. Ich stehe vor den Männertoiletten und warte. Warte auf den Jungen, der mir einen Drink spendiert hat.

Ich bin hibbelig und aufgeregt. So spontan bin ich selten. Was ist, wenn ich mich lächerlich mache? Mir bleibt keine Zeit feige zu werden. Der Junge kommt gerade die Pendeltür durch. Er ist erstaunt darüber mich hier zu sehen, aber lächelt dann lieb. Er bleibt vor mir stehen und ich habe das Gefühl, als würde mir das Herz aus der Brust springen.

»Ich möchte gerne etwas ausprobieren.« Traue ich mich zu sagen. Ich gehe mit schnellem Schritt auf den Jungen zu und greife seine Hand. Stürmisch zerre ich ihn mit mir in die Damentoilette und dränge mich mit ihm gemeinsam in eine Kabine. Ich drehe nervös das Schloss zu und sperre uns ein. Zum Glück hat uns keiner gesehen, aber nebenan drückt jemand die Spülung der Toilette.

Ohne zu zögern klappe ich den Toilettendeckel runter. Ich dränge den Jungen dazu, sich zu setzen. Mein Herz klopft noch immer. Ich bewege mich kein Stück mehr, denn die Person nebenan verlässt ihre Kabine und geht mit klackernden Absätzen zu den Waschbecken. Sie lässt den Wasserhahn laufen. Der fremde Junge und ich sehen uns an. Er trägt ein verschmitztes Lächeln in seinem markanten, jugendlichen Gesicht. Die Tür geht auf. Endlich alleine, packe ich ihn mit beiden Händen und drücke dem Jungen einen Kuss auf die schmalen Lippen. Sein Mund ist warm und schmeckt lecker nach Rum mit Cola. Ohne mich zu genieren, lasse ich seine Zunge zwischen meine Lippen. Es ist alles so merkwürdig zärtlich und trotzdem derb. Er legt seine Hand, während er mich wild küsst, auf meinen Hintern. Schließlich zieht er mich auf seinen Schoß. Das ist das erste Mal, dass ich so etwas auf der Damentoilette anstelle.

Breitbeinig sitze ich direkt auf seiner Körpermitte. Ich habe eigentlich damit gerechnet, auf einer dicken Beule zu sitzen. Aber es ist alles flach. Kein Ständer, der mir freudig entgegenspringt. Ich will mir einreden, dass diese ganze Aktion ein Reinfall war. Doch warum sind die Küsse dann so voller Leidenschaft? Vielleicht hat der Junge einfach einen viel zu kleinen Schwanz? Mittlerweile ist mir alles recht. Hauptsache die Küsse hören nicht auf.

Sein Gesicht fühlt sich samtig glatt an. Kein einziger Bartstoppel, der mich gemein pickst. Meine Finger gleiten in sein dichtes Haar und halten sich in ihnen fest. Er duftet süß, als würde er ein Frauenparfum tragen. Mir wird unerträglich warm, weil ich am liebsten direkt mit ihm schlafen will. Der Gedanke daran erregt mich ungemein. Mir bleibt die Luft weg. Ich dränge mich vom fremden Mund und schnappe nach Luft. Aber der Junge lässt mir keine Sekunde Zeit. Er zieht mir die Bluse aus der Hose und gleitet an meinem Bauch entlang zu meiner Brust. Seine breite, kalte Hand umfasst sie komplett. Erregt stöhnt er mir in den Mund.

Die Tür zur Toilette geht auf. Abrupt unterbrechen wir die wilde Knutscherei und werden ganz sanft zueinander. Die Kabine neben uns schließt sich. Jemand zieht sich aus, um sich auf die Toilette zu setzen. Der Junge lächelt frech gegen meine Lippen, als wir hören wie die andere Frau pinkelt. Kein bisschen von mir abgelenkt, steckt seine Hand noch immer in meiner Bluse. Ich wünschte, die Frau nebenan würde schneller machen und wir könnten uns wieder ungestört näher kommen.

Seine zärtlichen Küsse verteilt er auf meinen Wangen, auf meinen Lippen, meinem Hals. Er knöpft meine Bluse auf und ist vom nackten Anblick meiner Brüste angetan. Er küsst sie mit feuchten Lippen und berührt sie mit seiner heißen Zunge. Ich halte die Luft an. Ich will nicht riskieren erwischt zu werden. Das ist der aufregendste One-Night-Stand, den ich in meinem Leben hatte.

Vorsichtig öffnet der Junge die Gürtelschnalle meiner Jeans. Knöpft dann meine Hose auf, um den Reißverschluss hinunterzuziehen. Seine Hand gleitet in meinen String. Er fängt an mich zu streicheln. Leise stöhne ich. Wie von selbst fange ich an mich zu reiben und höre sofort damit auf. Wenn ich weiter mache, dann komme ich!

»Hör nicht auf«, flüstert er mir ins Ohr. Ich schüttle den Kopf, denn wenn ich etwas sagen würde, würde ich nur laut werden. Er streichelt mich einfach weiter und zwängt schließlich seine Finger in meine Spalte. Ich kralle mich in seine festen Schultern. Ich kann hören, wie feucht ich bin. Unfassbar, dass sich das Vorspiel mit einem Fremden so gut anfühlt. Ich packe sein Handgelenk. Er muss damit aufhören. Nur ein kurzer Augenblick und ich hätte fast meinen Höhepunkt erreicht. So will ich nicht kommen. Ich will kommen, wenn er in mir drin ist.

Der Junge merkt, was mit mir los ist. Ich bin ihm dankbar, denn länger hätte ich es wirklich nicht mehr ausgehalten. Mit einem Ruck hebt er mich von sich und dreht mich der Kabinentür zu. Mir rauscht das Blut in den Ohren, als er mir mit einem Mal die Hose vom Hintern zerrt. Doch anstatt seines Penis stecken wieder seine Finger zwischen meiner feuchten Spalte. Er stößt mit der einen Hand in mich hinein und mit der anderen streichelt er meinen Scham. Ich halte mich davon ab zu kommen. Hat er etwa kein Kondom dabei? Will er vielleicht deswegen nicht? Er stößt immer fester zu. Als er mit seiner Zunge mein Ohrläppchen berührt und es mit seinen Zähnen zwickt, ist es um mich geschehen. Ich unterdrücke mein Stöhnen, sodass es sich in ein weinerliches Winseln verwandelt.

Ich höre die Toilettentür und horche nach. Die Frau nebenan ist weg. Sie hat mich bestimmt gehört! Doch der Gedanke ist gar nicht mehr so schlimm, als ich fühle, wie warm mein Unterleib pocht. Schade drum, keinen richtigen Sex gehabt zu haben. Doch damit kann ich sehr gut leben. Ich drehe mich und der Junge drückt mich in seine Umarmung. Es ist merkwürdig, wie fest er mich hält. Als würde er mich ewig kennen. Ich lege meine Lippen auf seine. Er küsst mich so leidenschaftlich wie eben. Kein Wunder, seinen Spaß hatte er noch nicht. Schnell stülpe ich mir meine Jeans über den Hintern. Dann wandern meine Hände an seine Hose. Ich fühle noch immer keinen Ständer. Stutzig geworden, sehe ich an ihm runter und öffne den Reißverschluss seiner Hose. Ich gleite mit den Fingern durch die Öffnung. Seine Unterwäsche ist feucht, aber wo ist sein Schwanz?!

Verwirrt sehe ich die Person vor mir an. Mit verlangendem Blick sieht sie zurück. Egal wie durcheinander ich gerade bin, schafft es der Schlafzimmerblick mein Herz wieder schneller schlagen zu lassen.

»Ist das ein Problem für dich?« Der fremde, warme Atem schlägt gegen meine Lippen und ich werde erneut geküsst. Ich lasse es zu, weil die Küsse unbeschreiblich gut sind. Die fremden Hände gleiten unter meiner Bluse an meinen nackten Rücken. Ich bekomme eine Gänsehaut. Doch bevor weiter etwas passiert, mache ich einen Rückzieher.

»Warte! Warte«, fordere ich und drücke meine Hände an die Brust meines Gegenübers. Ich verstehe irgendwie gar nichts mehr. Ich fühle Brüste. Feste Frauenbrüste. Schockiert darüber handle ich rational und ziehe das T-Shirt über das, was ich ertastet habe. Ein eng anliegender Sport-BH sticht mir entgegen.

»Du bist aus der Männertoilette gekommen«, spreche ich fassungslos meine Gedanken aus. Die Person vor mir lächelt verlegen.

»So wie ich aussehe, wäre es keine gute Idee auf die Damentoilette zu gehen.« Das stimmt. Selbst Mika dachte, die Person, die mir einen Drink ausgegeben hat, wäre ein Junge und keine Frau! Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich bin ziemlich überfordert. Von meinem Kopf abgelenkt, bemerke ich viel zu spät, dass ich wieder geküsst werde. Sobald mich die fremden Lippen berühren, schmelze ich dahin.

»Wir müssen nicht weitermachen, wenn du nicht magst«, flüstert die Person, von der ich dachte, sie wäre ein Junge. Es zu hören, versetzt mir einen kleinen Stich. Ich diskriminiere sie, weil sie eine Frau ist. Als Mann habe ich sie eben noch mich anfassen lassen. Die Frau mir gegenüber weiß vermutlich, was in meinem Kopf los ist. Ich bin bestimmt nicht die Erste. Wobei es auch meine eigene Schuld ist. Ich war doch diejenige, die sie in die Kabine zwängte.

Plötzlich öffnet sich wieder die Toilettentür. Vielleicht ist es die Barbesitzerin, die informiert wurde, dass auf den Toiletten rumgemacht wird. Obwohl ich mich erschrecke, erwischt worden zu sein, bin ich erleichtert. So kann ich schneller aus dieser ungewöhnlich unangenehmen Situation fliehen.

»Fenja? Bist du hier?«, fragt Mika nach mir. Ehe ich antworte, fühle ich, wie die fremden Hände von meinem Rücken weichen. Irgendwie bin ich enttäuscht darüber. Anfangs waren ihre Hände so kalt, doch in der Zwischenzeit sind sie angenehm warm geworden.

»Ja«, räuspere ich.

»Musst du dich übergeben?«, fragt sie vorwurfsvoll. »Soll ich zu dir in die Kabine kommen?« Ich höre ihre Schritte und muss zusehen wie die Person vor mir niedergeschlagen den Reißverschluss ihrer Hose zuzieht. Ihr trauriger Blick macht mich traurig. Warum? Ich meine, wurde ich nicht verarscht? Ich hätte niemals eine Frau abgeschleppt!

Egal wie sehr ich mich in Ausflüchte winde, ich kann mein Gewissen nicht beruhigen. Mit meinen Händen greife ich nach dem fremden Nacken und zwänge ihr einen Kuss auf. Mika klopft an unsere Kabinentür.

»Fenja? Ist alles gut?«

»Ja, ja! Alles gut. Ich bin gleich fertig.«

»Ich warte.«

»Nein, geh ruhig an den Tisch. Das kann hier etwas dauern ...«, sage ich und meine Worte werden leiser, je länger ich in die fremden Augen vor mir sehe.

»Ich hab dir gesagt, du sollst nicht viel trinken.«

»Nächstes Mal höre ich auf dich. Versprochen.« Mika seufzt.

»Wenn ich dir nur glauben könnte.«

Die Toilettentür schließt sich und die warmen Hände von eben krabbeln wieder unter meine Bluse. Ich stöhne und lasse mich nochmals küssen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals an einem Abend so viel mit einer Person geknutscht zu haben und ich bekomme nicht genug. Dabei küsse ich gerade zum ersten Mal eine Frau!

»Du willst es echt durchziehen?«, fragt sie mich unsicher. Ich nicke unsicher. Sie lächelt frech und ihre Grübchen machen alles viel süßer.

Nervös gleiten meine Hände an ihre Hose. Ich öffne den Knopf und ziehe den Reißverschluss runter. Ich entdecke Männerunterwäsche an ihr. Etwas beschämt ziehe ich sie hinunter und sehe ihre Scheide. Eigentlich ist es nichts Neues. Ich meine, ich habe selbst eine und im Schwimmbad in den Duschen, sind die Frauen auch nackt. Aber ich habe noch nie eine fremde Vagina als etwas Sexuelles gesehen. Warum dann, fühle ich es in mir kribbeln und warum will ich wieder von ihren Händen berührt werden?

»Kannst du mich lecken?«, fragt sie mich mit zittriger, tiefer Stimme. Patrick hat es früher oft für mich getan. Warum sollte ich es nicht können?

Ich knie mich auf den Boden. Ich muss meinen Hals strecken, um ihren Scham mit meinem Mund zu berühren. Mit den Händen greift sie meine kurzen Haare und hält sie wie in einem Zopf zusammen. Ich schäme mich. Sie will mir zusehen. Ich stütze mich an ihren festen Schenkeln ab und versuche mich darin, die Frau vor mir zu befriedigen.

Es ist komisch. Es riecht, schmeckt und fühlt sich komplett anders an, an das ich eigentlich gewöhnt bin. Ich kann nicht sagen, dass es mir nicht gefällt. Es ist viel angenehmer als ununterbrochen eine Schwanzspitze in den Rachen gestoßen zu bekommen. Ich gestehe, ich bin kein großer Fan von Sperma. Das Zeug schmeckt widerlich. Egal wie sehr die Männer auch wollen, dass ich schlucke, ich kann es nicht. Sobald der Oralverkehr beendet ist, laufe ich zur Toilette, um mir am Waschbecken den Mund auszuwaschen. Nicht gerade sexy. Doch in diesem Moment, egal wie oft ich meinen Speichel hinunterschlucke, macht es mir nichts aus. Es schmeckt fast nach nichts, vielleicht etwas nussig und damit kann ich sehr gut leben.

Ich bin zweiunddreißig, knie auf dem Boden der Damentoilette und befriedige mit meiner Zunge eine fremde Frau. Habe ich somit alle Prüfungen im Leben abgeschlossen? Was kann jetzt noch kommen und das hier toppen?

Ihre Atmung wird tiefer. Neugierig sehe ich zu ihr hoch. Schon lange beobachtet sie mich nicht mehr. Ihr Kopf liegt in ihrem Nacken, sie verzieht ihr Gesicht. Kommt sie etwa? Ich will ihr den gleichen Gefallen tun, den sie mir gemacht hat, und möchte meine Finger in ihre Spalte gleiten lassen. Sie erschrickt sich und zieht die Luft scharf in ihre Brust. Dabei packt sie meinen Arm.

»Keine Finger«, brummt sie atemlos. Sie drückt mich an meinem Hinterkopf fester an ihren Scham. »Schneller«, fleht sie mich an und kommt im gleichen Moment. Sie beugt sich über mich, stöhnt laut und stützt sich mit ihrer freien Hand an der gegenüberliegenden Kabinenwand. Ich weiß nicht, wann ich aufhören soll und mache weiter, bis sie schließlich erlösend seufzt.

Kaum verschnauft, zerrt sie mich zu sich hoch und küsst meinen feuchten Mund. Sie drückt mich so fest, als hätte sie sich nach so etwas gesehnt. Die Mühe hat sich gelohnt, die Überwindung hat sich gelohnt. Ich fühle und höre wie ihr Herz pocht. Nicht nur ich war aufgeregt.

Nach einigen Minuten der Zärtlichkeit lässt mich mein One-Night-Stand aus ihrer Umarmung los. Ihre Hose ist in der Zwischenzeit auf den Boden gesackt. Grinsend beugt sie sich runter und zieht sie über ihren Hintern. Den Reißverschluss geschlossen und den Knopf zurück ins Loch gedrückt, kramt sie in ihrer vorderen Hosentasche. Sie sieht mir zu, als ich meine Bluse zuknöpfe. Und es fängt wieder an zu prickeln. Ich mag es, wie sie mich ansieht. Je länger wir uns betrachten, umso klarer wird mir, dass sie eine Frau ist. Ich habe mit einer Frau geschlafen! Ich fasse es nicht! Obwohl ihr Gesicht markant ist, ist es doch gleichermaßen weich und weiblich. Besonders ihre Augen mit den dichten Wimpern verraten sie. Ihr Lächeln verrät sie ebenfalls. Ich finde, Männer lächeln anders. Ich kann nicht beschreiben wie, aber es ist halt anders.

Ich komme nicht dazu, den letzten Knopf meiner Bluse zuzuknöpfen. Sie überfällt mich erneut mit so einem innigen, langandauernden Kuss. Kein großes Zungenspiel und trotzdem voller Hingabe. Ich habe mich in das Gefühl verliebt, wie sie meinen Nacken hält, wenn sie ihre Lippen auf meine legt.

»Ich möchte deine Nummer haben«, sagt sie und hört sich auf einmal ganz anders an. Als würde sie mir mit dem Ton ihrer Stimme sagen wollen, es gäbe keine andere Option. Aus ihrer Hosentasche zieht sie ihr Handy raus und fängt an darauf herumzutippen. War das hier keine einmalige Sache? Sie möchte mich wirklich wiedersehen oder will sie nur meine Nummer, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen? Ich erschrecke mich etwas vor meinen Gedanken. Warum denke ich nicht daran, ob ICH sie überhaupt noch einmal treffen möchte? Ob ICH überhaupt bereit bin, noch einmal mit einer Frau zu schlafen? Was ist los mit mir?

Das Display des Handys entriegelt und das Blatt mit den Kontaktdaten geöffnet, hält sie mir ihr Telefon hin. Sie wartet, dass ich es ihr abnehme und selber meine Nummer eintrage. Lächelnd beiße ich mir auf die Lippen und tue das, um was sie mich bittet. Wenn doch nur mein Herz aufhören würde zu trommeln! Ich fühle mich wieder wie Anfang zwanzig. Total kindisch!

Ehe ich die Nummer zu Ende tippen kann, küsst mich meine neue Bekanntschaft am Hals und drückt mir nochmal einen Kuss auf die Lippen. Ich kichere wie blöde und gehe einen Schritt beiseite, weil ich ihr meine Nummer geben will. Ich kontrolliere, ob alle Zahlen in richtiger Reihenfolge stehen, und gebe das Handy zurück an seine Besitzerin.

»Soll ich zuerst gehen oder möchtest du?«, frage ich leise. Ehe ich die Kabinentür aufschließe, hält sie mich auf und zieht mich an der Taille zu sich. Ich seufze nachdem ihre warmen Lippen von meinem Mund ablassen. Ich fühle mich so, als wollte sie mich nicht gehen lassen. Ein schönes Gefühl, das ich mir gerade einbilde.

»Ich würde dich gerne wiedersehen«, flüstert sie mir ins Ohr. So etwas Romantisches habe ich auch noch nie auf einer Toilette gehört.

»Ruf an«, sage ich und lächle. Ich sehe ihr ein letztes Mal in die Augen, bevor ich die Kabinentür aufdrücke und durch die Toilettentür nach draußen verschwinde. Benommen schnappe ich nach Luft. Dann gehe ich hektisch durch den Gang, rüber zur Bar und schließlich an den Tisch, wo Mika auf mich wartet.

»Hast du bezahlt?«, frage ich.

»Ja, ich wusste nicht, dass ich dich eingeladen habe«, sagt sie vorwurfsvoll und hebt ihre Augenbrauen.

»Ich gebe dir gleich das Geld. Können wir los?«

»Warum so eilig?«, fragt sie mich. Derweil sehe ich in die Runde der Personen, die hinter meinem Platz sitzen. Einige von ihnen sehen mich grinsend an. Ob die wissen, was passiert ist?! Mika steht zum Glück sofort auf und wir gehen endlich.

Nur ein paar Schritte haben wir es von unserem Tisch geschafft, da kommt meine Bekanntschaft hinter der Wand zu den Toiletten hervor. Verlegen sehe ich sie an und beiße mir grinsend auf die Unterlippe. Ebenfalls lächelnd sieht sie mir nach.

14.03.2015, 02:05 Uhr

Auf dem Weg nach Hause sitze ich in der Straßenbahn. Mika ist bereits in der vorherigen Haltestelle ausgestiegen. Gedankenverloren sehe ich aus dem Fenster. Obwohl es spät ist, sind die Fastfoodläden recht belebt. Ich bin froh, wenn ich zu Hause bin. Ich bin ziemlich erschöpft. An der nächsten Haltestelle muss ich raus. Ich bereite mich darauf vor und bemerke, wie mein Handy in meiner Handtasche vibriert. Ob Mika mir noch etwas sagen wollte?

Eine SMS mit einer unbekannten Nummer. Erraten, wer es sein könnte, beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Ich freue mich jetzt schon, dich wieder zu küssen. Eva

Die Worte gelesen, bleibt mir für einen Augenblick die Luft weg. Ich lese den Satz immer wieder. Es fühlt sich so an, als hätte ich Schmetterlinge im Bauch. Eva? Ein wirklich schöner Name.

27.03.2015, 12:15 Uhr

Mittags während der Arbeitszeit bekomme ich SMS Nachrichten und abends bevor ich einschlafe. Andere würde es vielleicht bedrücken von ihren Bekanntschaften mit Nachrichten überhäuft zu werden, aber ich finde es recht angenehm. Eva und ich schreiben uns nur. Telefoniert haben wir bis jetzt nicht. Fast zwei Wochen sind seit unserem Zusammentreffen vergangen und ich habe das Gefühl sie zu vermissen. Es ist komisch. Dabei wusste ich vor kurzem nicht einmal, dass es sie gibt und dass ich anscheinend Frauen ganz toll finde.

In den SMS Texten geht es meistens um belanglose Sachen. Sie fragt mich, ob ich gut geschlafen habe, was ich gegessen habe und solche Dinge. Und solche Dinge schreibe ich ihr zurück. Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist. Vielleicht will sie mich nur bei Laune halten, damit ich mich nach dem One-Night-Stand mit einer Frau nicht schäbig fühle. Aber das ist in Ordnung. Ich hatte weitaus schlechtere Erfahrungen. Manchmal beantworte ich ihre Nachrichten extra nicht, um zu sehen, ob sie aufhört mir zu schreiben. Doch dann bekomme ich immer eine SMS auf die andere und ich gestehe, ich freue mich darüber.

»Kannst du mal dein Handy beiseitelegen? Wem schreibst du eigentlich die ganze Zeit?«, pampt mich Mika an. Ich muss auf ihre Reaktion hin lachen. SMS schreiben hat mich süchtig gemacht. Das Essen im Restaurant steht seit gut zehn Minuten vor mir und ich habe es noch nicht angerührt. Ich bin genauso wie Mika geworden. Nur, dass meine Freundin heute mal ihr Handy nicht in ihrer Hand hält. Sie hat sich mit ihrem Internetfreund gestritten. Sie meinte sogar, sie hätten sich getrennt. Wann waren die denn überhaupt zusammen?

Schweren Herzens lege ich mein Handy weg und fange an mein Mittagessen zu essen. Mika und ich treffen uns einmal die Woche freitags entweder mittags zum Essen oder abends auf ein paar Drinks. Wir beide arbeiten in der Nähe der Innenstadt und nutzen die Gelegenheit, um etwas mehr Zeit miteinander zu verbringen.

»Ich hab Patrick heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit getroffen«, sagt sie mir bedrückt. Ich weiß, sie hätte es mir am liebsten verheimlicht, weil sie weiß, wie sensibel ich auf ihn reagiere. Ich versuche gleichgültig zu bleiben und schneide das Stück Fleisch auf meinem Teller in mundgerechte Stücke, um sie dann alle auf einmal in meinen Mund zu stopfen.

»Reiß dich zusammen! Ich hab doch nicht mal richtig angefangen zu erzählen«, zischt sie durch ihre Zähne und sieht mich wütend an. Auf ihre Mahnung hin, lege ich mein Besteck weg und kaue langsam auf der Fleischmasse in meinem Mund.

»Er sah nicht gut aus«, sagt sie und grinst schadenfreudig. Hellhörig geworden, kaue ich schneller. Bereit, all ihre Worte zu verschlingen, wie die Fleischstücke auf meinem Teller.

»Wir hatten nicht viel Zeit zum Reden. Er war die nächste Haltestelle schon wieder draußen. Er meinte, er hätte sich von Lena getrennt und er würde übergangsweise bei seiner Mutter wohnen.« Erstaunt weite ich meine Augen. Dabei waren sie doch das glücklichste Paar der Welt!

»Keine Ahnung, wie es Lena geschafft hat. Du solltest dir eine Scheibe von ihr abschneiden. Sie wohnt in dem großen neuen Haus und lässt ihren Mann bei seiner Mutter schlafen. Wenn du genauso eine fiese Hexe wie sie wärst, dann hättest du jetzt den Braten in der Röhre.« Vorwurfsvoll zeigt sie mit dem Messer in ihrer Hand auf mich.

»Sind sie auseinander?«, spreche ich mit vollem Mund. Mika zuckt mit den Schultern und sieht mich böse an.

»Komm nicht auf falsche Gedanken«, warnt sie mich. Wie ein braves Mädchen schüttle ich den Kopf. Mein Handy vibriert. Eva hat mir bestimmt geschrieben, aber diesmal lasse ich das Telefon liegen.

28.03.2015, 20:00 Uhr

Am nächsten Tag sitze ich abends alleine im Wohnzimmer und sehe bei einer guten Flasche Rotwein, schlechtes Fernsehprogramm. Ich schalte durch die Sender und sehe entweder nur Werbung oder komische Datingshows. Genervt lasse ich schließlich irgendeinen Sender an. Wieder so ein langweiliger Abend. Ich greife nach dem Handy vor mir auf dem Beistelltisch. Seit gestern Mittag habe ich fünf Nachrichten von Eva bekommen und mir keinerlei Mühe gemacht ihr zu antworten. Ich habe einfach zu viel über Patrick nachgedacht. Eva kam mir nur beiläufig in den Gedanken. Ich fange an, mich schuldig zu fühlen. Eva hat mir nichts getan. Es ist ungerecht, sie so zu behandeln. Warum tue ich das? Warum hatte ich mit ihr Sex? Es ging alles irgendwie viel zu schnell. Was will ich noch mit ihr? Sie ist keine Person, mit der ich eine Beziehung möchte. Zu mindestens keine Dauerhafte. Ich kann mir nicht vorstellen mit ihr befreundet zu bleiben. Immerhin haben wir miteinander geschlafen. Ich habe Mika nicht von ihr erzählt, dabei erzähle ich ihr fast alles. Das mit Eva fühlt sich irgendwie falsch an. Ich möchte nicht, dass meine beste Freundin mich mit anderen Augen sieht.

Würde ich auch so denken, wenn Eva ein Mann wäre? Ich grüble. Vermutlich würde ich ganz anders mit ihr umgehen. Ich würde sicher keine anständigen SMS Texte schreiben und ich würde alles daran setzen, um mit ihr zusammenzukommen. Damit ich endlich wieder einen festen Freund habe. Eine feste Freundin? Allein der Gedanke daran ist merkwürdig. Meine Mutter würde einen Anfall bekommen. Die Vorstellung an ihr entsetztes Gesicht lässt mich lachen.

Ich bin nackt. Tippe ich in mein Handy und unter diesem Satz gebe ich meine Adresse ein. Ich kichere. Ich hätte lieber weniger Wein trinken sollen.

Keine halbe Stunde später klingelt es im Haus Sturm. Erschrocken stelle ich mein Weinglas ab und stehe auf.

»Ich suche Fenja«, höre ich im Hausflur eine atemlose Stimme.

»Die wohnt ein drüber«, antwortet einer meiner Nachbarn. Eva?! Ich haste zur Wohnungstür und mache auf. Keuchend steht sie vor mir in Sportkleidung. Bei der Kälte trägt sie kurze Shorts und anstatt einer Winterjacke nur ihre Sportjacke.

»Du bist ja gar nicht nackt«, stellt sie mürrisch fest und drängt mich zurück in die Wohnung. Die Tür knallt sie hinter sich zu und hebt mich unerwartet auf ihre Arme. Ich fange an belustigt zu lachen.

»Wo ist dein Schlafzimmer?«, fragt sie mich. Ich zeige ihr in die Richtung und sie trägt mich dorthin. Mit einem gekonnten Wurf lande ich auf meinem Bett. Ich jauchze vor Schreck und Eva zieht sich vor meinen Augen aus.

---ENDE DER LESEPROBE---