Herzklopfen inklusive - Brigitta Rudolf - E-Book

Herzklopfen inklusive E-Book

Brigitta Rudolf

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Beschreibung

Herzklopfen inklusive... 28 Liebesgeschichten Kurzgeschichten

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romantisch, Frauenlektüre, Herzklopfen, Liebesgeschichten, jugendfrei

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Inhaltsverzeichnis

Hochzeit mit Hindernissen

Klassentreffen

Der letzte Romantiker

Der Casanova

Sie sucht ihn…

Sommerliebe

Hochzeitstage

Liebe kennt keine Grenzen

Die Sache, die man Liebe nennt…

Er rief an...

Felizitas

Eine Reise in den Süden

Flieg mit mir zu den Sternen…

Gelbe Rosen

Der Typ von nebenan

Die Bewährungsprobe

Der Problembär

Spätere Heirat ausgeschlossen?

Heimliche Liebe

Die zweite Chance

One-Night-Stand

Die Farbe Blau

Die Sternschnuppe

Männer

Wer steckt hinter der Maske?

Die Reifenpanne

Bookcrossing And Love

Alte Liebe rostet nicht

Hochzeit mit Hindernissen

„Dieser Mistkerl!“, mit diesen Worten stürmte ich in die Wohnung meiner Freunde Inga und Jörg. Dann warf ich mich Inga in die Arme und begann haltlos zu weinen. Nachdem ich mich so lange beherrscht hatte, waren jetzt alle Schleusen geöffnet, und ich konnte und wollte meine Tränen endlich loswerden.

„Los, jetzt erzähl erst mal, was ist denn los?“, versuchte Inga mich zu beruhigen, aber das gab sie bald auf und ließ mich erst einmal weinen. Solange, bis ich ihr endlich meinen großen Kummer anvertrauen konnte.

„Sebastian betrügt mich, ich habe es selbst gesehen, mit eigenen Augen!“, schluchzte ich. Dabei hatte unsere Romanze so vielversprechend begonnen.

Vor zwei Jahren war ich mal wieder auf der Suche nach einem richtigen Job für mich. Als Architekturstudentin mit abgebrochenem Studium, irgendwie war es doch nicht das Richtige gewesen, das hatte ich allerdings leider erst nach fünf Semestern festgestellt.

Zu dem Zeitpunkt gab es nicht viel Auswahl an guten Arbeitsstellen, so hatte mir der nette Sachbearbeiter vom Arbeitsamt erklärt, bevor es ihm trotzdem gelang, aus seinem Computer eine annehmbare Stelle für mich heraus zu fischen. Ich sollte mich bei dem Maklerbüro Schmitz und Söhne vorstellen. Für schöne Eigenheime hatte ich nach wie vor ein Faible, auch wenn ich sie nicht mehr für andere Leute entwerfen würde. Einer dieser Söhne war Sebastian Schmitz, und ich lernte ihn bei meinem Vorstellungsgespräch kennen. Ich fand ihn gleich sehr süß, er war genau mein Typ! Groß gewachsen, dunkles Haar und blaue Augen, dazu ein hinreißend jungenhaftes Lächeln. Schnell war es um mich geschehen; und unter anderem auch deshalb, hatte ich den mir angebotenen Job gleich angenommen. Ich wollte meinem Traummann möglichst nahe sein – um jeden Preis! Zu der Zeit war er noch mit Cordula liiert, der Sekretärin seines Vaters. Aber ich gab nicht so einfach auf, und beim nächsten Betriebsfest sah und nutzte ich meine Chance. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, so schnell wie er Cordula verlassen hatte, so leichtfertig würde er irgendwann auch mich fallen lassen. Aber, wenn man so verliebt ist wie ich damals, dann denkt man gewiss nicht rational.

Ich sonnte mich in meinem vermeintlichen Sieg, und genoss ihn erst recht, als Cordula wenig später die Firma verließ. Damit rückte ich an ihre Stelle, und mein Schwiegervater in spe, der mir von Anfang an wohlgesonnen war, wurde mir ein sehr angenehmer Chef. Er und seine Frau wollten sich schon sehr lange aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Sebastian´s älterer Bruder arbeitete in einer Bank und ließ sich nur selten in der Firma blicken. Er besaß zwar Anteile an dem Geschäft, blieb aber stets im Hintergrund. Sebastians Eltern drängten deshalb auf eine baldige Heirat. Sie wünschten sich auch Enkel, was ebenfalls ganz in meinem Sinne war, zumal ich Sebastian von ganzem Herzen liebte. Dabei übersah ich alle seine Fehler. Leider war ich auch lange Zeit zu blind um zu bemerken, wie sehr ihm der junge Mann gefiel, der bald meine ehemalige Stelle eingenommen hatte. Denn als ich an diesem Tag unerwartet in unser kleines Appartement kam, hörte ich aus dem Schlafzimmer unverkennbare Geräusche. Konnte das wahr sein oder hatte Sebastian womöglich einem seiner vielen äußerst windigen Freunden den Wohnungsschlüssel gegeben, damit er sich mit seiner Freundin hierher zurückziehen konnte? Zuzutrauen war ihm das in seiner grenzenlosen Gutmütigkeit. Aber als ich leise näher schlich und vorsichtig einen Blick durch die nur einen Spalt breit geöffnete Schlafzimmertür riskierte, gab es leider keinen Zweifel mehr, dass es Sebastian selbst war, der sich mit unserem Kollegen in sehr eindeutiger Art und Weise vergnügte. In unseren eigenen vier Wänden, in unserem Schlafzimmer, ich konnte es nicht fassen! Am liebsten wäre ich gleich dazwischen gegangen, aber das fand ich denn doch zu plump, und außerdem gönnte ich es den beiden nicht, mich so unendlich verletzt, und in Tränen aufgelöst, zu sehen. So stolperte ich aus der Wohnung und setzte mich ins Auto, um bei meinen engsten Freunden Trost und Hilfe zu suchen.

Als ich bei Jörg und Inga ankam, hatte ich mich immer noch nicht beruhigt, im Gegenteil. Meine Traurigkeit und die Enttäuschung über Sebastians Verhalten war grenzenlos! Nachdem ich mich in Inga´s Armen gründlich ausgeweint hatte, war ich endlich in der Lage, ihr und Jörg das Geschehene zu schildern. Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen, was ich bisher so großzügig übersehen hatte. Sebastian hatte sich aus den Hochzeitsvorbereitungen fast vollständig herausgehalten, und das sicher nicht, weil er in der Firma so beschäftigt gewesen war, wie er vorgab, sondern weil ihm dass alles letztlich nicht wirklich wichtig war.

„Du und meine Mutter, Ihr beide macht das ganz hervorragend“, behauptete er stets, wenn ich ihn bat, sich mehr zu engagieren.

So hatte ich mich mit meiner zukünftigen Schwiegermutter weitestgehend ganz allein um die Hochzeitsvorbereitungen gekümmert. Meine Eltern lebten leider schon lange nicht mehr, und weitere Verwandte hatte ich ohnehin nicht. Marlies und ich verstanden uns prächtig und planten eine richtige Traumhochzeit für Sebastian und mich. Marlies erstellte Gästelisten, wir probierten das ausgesuchte Menü für unseren Ehrentag und suchten gemeinsam bei einem Konditor eine dreistöckige Hochzeitstorte aus. Ich entwarf die Einladungen zu dem Fest und besprach mit Marlies den Blumenschmuck für unser Hochzeitsauto, die Tischdekoration in dem Hotel, in der die Hochzeitsfeier stattfinden sollte, sowie die Ausschmückung in der Kirche. Sebastian hatte sich gerade einmal dazu herabgelassen, in dem großen Einrichtungshaus unserer Stadt mit mir die Geschenke für unseren Hochzeitstisch auszusuchen, weil ich mich beharrlich geweigert hatte, allein Gläser, Geschirr, Besteck und andere Dinge für unser weiteres gemeinsames Leben zusammenzustellen. Da unsere Gästeliste doch recht umfangreich geworden war, es standen ja auch etliche Geschäftsfreunde meiner Schwiegereltern mit darauf, würden wir wohl die meisten der ersehnten Geschenke auch erhalten. So hatte ich nicht nur praktische Dinge ausgewählt, sondern auch mehrere Vasen, die mir gefielen und vor allem ein kleines Aquarell, in das ich mich spontan verliebt hatte, mit auf den Gabentisch legen lassen. Es zeigte ein Seerosenbild, ganz im Stil von Monet, meinem Lieblingsmaler. Dieses Bild war einfach ein Traum, fand ich, und suchte im Gedanken bereits einen Platz dafür in unserem Appartement aus. Sebastian ließ uns in allem freie Hand, und es hätte mir wirklich längst auffallen müssen, wie seltsam unbeteiligt er bei allem blieb. Er fand alle unsere Vorschläge akzeptabel und legte nie Widerspruch ein. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Marlies sogar noch den Verlobungsring ausgesucht hätte, den er mir bei seinem Heiratsantrag an den Finger gesteckt hatte. Womöglich hatte es ihn sogar Überwindung gekostet, mit mir zu einem Juwelier zu gehen, um unsere Trauringe auszusuchen. Damals schätzte ich mich noch sehr glücklich einen so verständnisvollen, und kompromissbereiten Ehemann zu bekommen. Dabei war es eher die schiere Bequemlichkeit, die es ihm erlaubte, Marlies und mich alles allein organisieren zu lassen. Aber warum nur hatte er sich nicht gegen eine eheliche Verbindung mit mir gewehrt, zumal er mich doch gar nicht liebte?

„Du willst wirklich sagen, Du hast ihn mit einem Mann erwischt?“, vergewisserte Jörg sich noch einmal.

„Ja, das ist es doch was ich ganz und gar nicht verstehe; warum will er dann mich heiraten? Ich wette, die Idee mir überhaupt einen Heiratsantrag zu machen, ist auch auf die Initiative seiner Eltern zurückzuführen“, schluchzte ich an Jörg´s breiter Schulter.

„Es ging doch immerhin auch um sein zukünftiges Leben; und mit Dir war er doch auch im Bett oder etwa nicht?“, erkundigte Inga sich vorsichtig. „Ist Dir dabei nie etwas merkwürdig vorgekommen?“

„Nein, wirklich nicht“, beteuerte ich. „Im Gegenteil, er war lieb und rücksichtsvoll und hatte immer Verständnis, wenn ich mich nicht gut fühlte oder Migräne hatte.“ Darunter litt ich seit Jahren in regelmäßigen Abständen.

„Eigentlich ist es sogar gut, dass Du noch vor der Hochzeit von seinen Neigungen erfahren hast“, lenkte Jörg ein.

Aber ich konnte und wollte für Sebastians Verhalten keinerlei Entschuldigung finden; ich fühlte mich hintergangen und verraten. Haltlos begann ich erneut zu flennen, solange bis ich buchstäblich leer geweint war. Inzwischen stapelte sich zu meinen Füßen im Papierkorb der Inhalt von mindestens fünf oder sechs Packungen Papiertaschentüchern. Dann endlich hatte ich mich einigermaßen beruhigt und auch meine Emotionen halbwegs im Griff. Es war doch völlig klar, dass ich Sebastian unter diesen Umständen nicht mehr heiraten konnte. Nur, um ihm womöglich in der Zukunft als Alibiehefrau für sein Geschäft zu dienen, dazu war ich mir wahrhaftig zu schade!

Nachdem ich im Büro angerufen hatte, um zu sagen, dass ich heute nicht mehr erschienen würde, ging ich ins Bad, um mein verheultes Gesicht erneut einigermaßen herzurichten. Dort fiel mein Blick auf das Hochzeitskleid, das ich mit Inga und Marlies zusammen ausgesucht hatte. Wir hatten ursprünglich ohnehin verabredet, dass ich die letzten zwei Tage vor der Hochzeit bei Inga und Jörg bleiben sollte. Mein Kleid war ein Traum in cremeweiß. Lang natürlich, in der Taille schmal geschnitten und schulterfrei. Das Oberteil war mit Perlen bestickt, die scheinbar ganz unregelmäßig darauf verteilt waren. Ebenso war der ausgestellte Rock am unteren Rand des Kleides, mit einer breiten Perlenbordüre verziert. Und um in diesem wunderschönen Kleid gut auszusehen, hatte ich mich wochenlang auf die Sonnenbank gequält, damit ich etwas Farbe bekam. Meine Schwiegermutter hatte zudem versprochen, mir für diesen Tag ihre doppelreihige Perlenkette zu leihen.

„Vielleicht hat Sebastian ja auch selbst eine gute Idee für ein persönliches Geschenk“, hatte sie mir hinter vorgehaltener Hand augenzwinkernd verraten. Darauf wollte ich mich allerdings nicht verlassen. Außerdem durfte er ja, einem alten Brauch zufolge, seine zukünftige Frau nicht in ihrem Brautkleid anschauen, angeblich sollte das Unglück bringen. Deshalb konnte er ja gar nicht wissen, welches Schmuckstück zu meinem Kleid passen würde. So hatte Marlies mir bereits vor einigen Tagen ihre Kette gegeben. Erneut stiegen die Tränen in mir hoch, aber dieses Mal kämpfte ich sie entschlossen nieder. Nachdem eine Hochzeit nicht mehr in Frage kam, wollte ich Sebastian nun wenigstens einen Denkzettel verpassen, und zwar einen, den er nie mehr vergessen sollte!

Inga, die über Sebastians Verrat ebenso empört war wie ich, stimmte diesem Vorhaben sofort und ohne Bedenken zu.

„In der Kirche werde ich laut und deutlich Nein sagen, darauf kannst Du Dich verlassen!“, kündigte ich an.

„Das ist schön und gut, aber vergiss nicht, dass Du vorher beim Standesamt schon no sagen musst, der kirchliche Segen ist doch letztlich nur der Zuckerguss auf der Torte!“, holte Inga mich in die Wirklichkeit zurück.

Verflixt, da hatte sie recht, daran hatte ich in meiner Aufregung natürlich nicht gedacht. Aber wie sich herausstellte, hatte Inga eine viel bessere Idee.

„Ich wusste ja gar nicht, dass Du so gute Beziehungen zu den Leuten im Rathaus unterhältst“, wunderte ich mich, als sie mir von ihrem grandiosen Plan erzählte. Der sah folgendermaßen aus:

Inga hatte eine Bekannte, die im Bürgerbüro arbeitete. Deren Schwester wiederum war eine unserer beiden Standesbeamtinnen. Mit etwas Glück würde sie unsere Trauung vollziehen. Das würde sich durch einen Anruf klären lassen. So rief Inga dort an, und bat darum, mit Frau Winter sprechen zu dürfen. In dem Fall war das Glück auf unserer Seite. Frau Winter war im Büro, und sie freute sich schon auf die Trauung übermorgen. Dann hörte ich, wie Inga ihr berichtete was vorgefallen war. Wie erhofft, solidarisierte sich Frau Winter, die selbst gerade glücklich geschieden war, wie sie ausdrücklich betonte, mit Inga und mir - der betrogenen Braut! Sie erklärte uns auch, dass man mithilfe eines kleinen Formfehlers die standesamtliche Trauung später für ungültig erklären lassen konnte. Dazu sollte ich einen Phantasienamen, möglichst unleserlich, unter die Heiratsurkunde kritzeln. Das Ganze war natürlich nicht ganz legal und könnte möglicherweise sogar Ärger geben, aber den würde sie auf ihre Kappe nehmen, versprach uns Frau Winter großzügig. Außerdem bestand sie selbstverständlich auch darauf, offiziell von uns niemals eingeweiht worden zu sein. Aber wir könnten ihr vertrauen, auch das versicherte sie uns noch einmal ausdrücklich, nachdem wir uns darauf geeinigt hatten, dass ich mit Daisy Duck unsere Heiratsurkunde unterzeichnen sollte. Außerdem wollte sie Sebastian als Ersten unterschreiben lassen, damit er nicht sah, welchen Namen ich unter das Dokument setzen würde.

Die anderen Hochzeitsvorbereitungen ließen wir einfach weiterlaufen, schließlich wollten Sebastians Eltern unsere Feier bezahlen, und da alle Gäste den Schock in der Kirche sicher gebührend verdauen mussten, wäre eine Feier ohne die Braut dafür vielleicht gar nicht die schlechteste Lösung. Aber besonders für Marlies, die sich mit solch rührendem Eifer in unsere gesamten Hochzeitsvorbereitungen gestürzt hatte, tat es mir schon leid. Hatte sie wirklich nichts von den wahren Neigungen ihres Sohnes gewusst? Falls ja, dann hätte sie mich ebenso verraten wie Sebastian, aber das konnte ich mir nur schwer vorstellen. Egal, einweihen dufte ich, außer Inga und Jörg, natürlich niemanden, bevor ich in der Kirche die Bombe platzen lassen würde. Ich war sehr unglücklich, aber dennoch fest entschlossen meine sorgfältig geplante Rache an Sebastian durchzuführen. Also durfte ich mir nicht das Geringste anmerken lassen, als wir am Abend telefonierten. Ich suchte Zuflucht in meiner Migräne, um das Gespräch möglichst kurz zu halten, und wie erwartet hatte Sebastian wieder einmal vollstes Verständnis für meine Lage.

„Daran ist sicher der Hochzeitsstress schuld, Schatz! Dann gute Besserung und schlaf schön, wir sehen und ja übermorgen. Ich rufe Dich morgen im Lauf des Tages noch mal an, damit ich sicher sein kann, dass es Dir wieder gut geht“, versprach er mir.

Dann legte er auf.

Schließlich war unser Hochzeitstag da, und Sebastian stand pünktlich mit seinem roten Cabrio vor der Haustür, um mich zum Standesamt abzuholen. Umwerfend sah er wieder einmal aus, in seinem hellen Anzug, fand ich.

„Na, schon aufgeregt?“, erkundigte er sich freundlich bei mir, als er mich in die Arme schloss, und mir für die standesamtliche Trauung einen kleinen, rund gebundenen Strauß aus rosa Bellis und Maiglöckchen überreichte, der scheinheilige Schuft.

„Natürlich, Du etwa nicht?“, fragte ich etwas schnippisch zurück.

„Doch, klar! Schließlich ist heute unser Hochzeitstag, damit ändert sich unser ganzes Leben“, mit diesen Worten grinste mein Verlobter mich schelmisch an.

„Da hast Du allerdings recht“, antwortete ich und lächelte etwas gequält zurück.

Wie sehr sein Leben sich an diesem Tag ändern würde, das ahnte er ja noch gar nicht.

Auf dem Standesamt wurden wir bereits von seinen Eltern, sowie Inga und Jörg, die kurz vor uns losgefahren waren, erwartet. Ich hatte Inga gebeten, als meine Trauzeugin zu fungieren. Sebastian wiederum hatte für dieses wichtige Amt einen alten Freund, der in Süddeutschland lebte, eingeladen, der neben seinen Eltern stand. Er wurde mir als Jonas vorgestellt. Ich hatte ihn bisher noch nicht kennengelernt, aber ich fand ihn gleich sehr sympathisch. Wie Sebastian war er dunkelhaarig und groß gewachsen, hatte allerdings braune Augen und im Gegensatz zu seinem Freund dichte Locken.

„Du bist also Sebastians Auserwählte, ich freue mich, Dich kennenzulernen!“, begrüßte er mich freundlich.

Dann wurde unsere Hochzeitsgesellschaft aufgerufen und wir hatten keine weitere Gelegenheit uns weiter zu unterhalten, sondern betraten das Trauzimmer, in dem Frau Winter uns schon erwartete. Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu, als sie mir die Hand reichte. Dann lief alles nach Plan. Sie bat uns alle, sich zu setzen, redete eine Weile über die Bedeutung der Ehe und sprach schließlich die Trauformel. Nachdem wir beide ja gesagt hatten, schob sie, wie verabredet, zunächst Sebastian die Urkunde über die Eheschließung zu. Der setzte seinen Namen ohne zu zögern schwungvoll unter das Dokument und gab es dann an mich weiter. Ich nahm den Stift mit zitternden Händen entgegen. Sollte ich das wirklich tun? Unsere Standesbeamtin nickte mir auffordernd zu, und auch von Inga traf mich ein gespannter Blick, während ich den Stift ansetzte um zu unterschreiben. Entschlossen setzte ich den Namen Daisy Duck auf das Stück Papier vor mir und gab es schnell zurück an Frau Winter. Sebastian lächelte breit, er hatte also nichts bemerkt. Gut so, dachte ich. Frau Winter gratulierte uns herzlich und gab uns auch noch das Familienstammbuch, bevor sie sich von uns verabschiedete und uns weiterhin alles nur erdenklich Gute und Schöne wünschte. Als vermeintliches Ehepaar verließen wir das Standesamt und nahmen draußen die Glückwünsche unserer Trauzeugen und Sebastian´s Eltern entgegen. Auf einen Sektempfang nach dieser Zeremonie hatten wir bewusst verzichtet, da wir abends groß feiern würden. Vor der Trauung in der Kirche hatten wir außerdem ja auch noch den Termin mit dem Fotografen. Das alles war zeitlich knapp genug, aber wir beide waren uns einig gewesen, dass wir nur ein Datum für unseren Hochzeitstag haben wollten.

„Ich hole Dich dann nachher pünktlich wieder ab“, versprach mir Sebastian noch, bevor er sich mit einem flüchtigen Kuss von mir verabschiedete, sich erneut in sein heiß geliebtes Cabrio schwang und davonbrauste.

„Vergiss den Brautstrauß nicht, um Himmels Willen!“, rief ihm meine Schwiegermutter noch nach, die den schnellen Abschied von uns beiden offenbar etwas irritierend fand.

„Dieser Junge!“, kopfschüttelnd sah sie ihm nach, und ich versuchte wieder einmal meine wahren Gefühle hinter einem Lächeln zu verstecken. Nein, sie hatte von nichts eine Ahnung gehabt, dessen war ich mir nun sicher!

„Ruh Dich noch ein wenig aus“, riet sie mir. „Du bist doch ein wenig blass um die Nase, liebes Kind.“

Dann stieg sie zu ihrem Mann und Jonas ins Auto, und ich wandte mich an Inga und Jörg, die auf mich gewartet hatten.

„So, das wäre geschafft, aber Dein großer Auftritt kommt ja erst noch, darauf freue ich mich jetzt schon“, griente Inga, und Jörg nickte bestätigend, als wir allein auf dem Rathausvorplatz standen.

„Mir wird schon ganz flau, wenn ich nur daran denke“, gab ich zu.

Inga nickte grimmig und zog mich dann mit sich fort.

„Bereust Du es etwa?“, fragte sie vorsichtig.

„Nein, ganz bestimmt nicht, trotzdem wünschte ich, es wäre schon vorbei“, hörte ich mich sagen.

„Du hast das schon ganz richtiggemacht, Ihr wäret sicher am Ende beide unglücklich geworden“, schaltete Jörg sich ein. Damit hatte er eindeutig recht und bei dem Gedanken fühlte ich mich gleich etwas besser.

Bei Inga und Jörg zuhause kochten wir uns erst einmal eine stärkende Tasse Kaffee und aßen eine Kleinigkeit, bevor Inga mich für meinen zweiten Auftritt dieses Tages fertigmachen wollte. Sie arbeitet als Visagistin beim Theater, und deshalb hatte ich mich auch gern ihren kundigen Händen anvertraut, um mich für die Hochzeit entsprechend stylen zu lassen. Zu dem Termin beim Standesamt hatten wir beide uns für ein dezentes Make-up entschieden. Für den Höhepunkt des Tages schminkte sie mich noch einmal um, aber dieses Mal in etwas kräftigeren Farben. Sie steckte mir auch meine Lockenmähne sehr kunstvoll auf, bevor sie mir zum Schluss in mein Brautkleid half, und mir den Schleier, einen zarten Traum aus Tüll, darin befestigte.

„Toll siehst Du aus, meine Süße!“, hauchte sie bewundernd und trat einen Schritt zurück, damit ich mich in dem großen Spiegel ihres geräumigen, hellen Schlafzimmers ebenfalls anschauen konnte. Es stimmte, sie hatte großartige Arbeit geleistet, um mich in eine zauberhaft aussehende Braut zu verwandeln. Wie schade, dass alles nur Lug und Trug ist, dachte ich bedauernd, und versuchte die schon wieder aufsteigenden Tränen zurück zu halten. Inga, die mich lange und gut kennt, war mein Stimmungsumschwung natürlich nicht entgangen.

„Hier, nimm schnell einen kleinen Schluck Champagner“, empfahl sie mir, indem sie mir das gefüllte Glas entgegenhielt. Den Schampus hatten wir kaltgestellt, weil wir uns nach unserer Heimkehr wenigstens einen „Trostschluck”, wie Jörg es nannte, gönnen wollten. Aber ich nahm gehorsam das Glas aus ihrer Hand und nippte daran, bevor ich es ihr wieder zurückgab. Noch einmal kamen mir leise Zweifel, ob ich mich wirklich richtig entschieden hatte. Dann gingen wir ins Wohnzimmer, um Jörg mein Kleid vorzuführen.

„Wow, Du siehst toll aus, völlig verändert. Sebastian wird sich umso mehr ärgern, dass Du ihm durch die Lappen gegangen bist. Mit Dir hätte er sich sehen lassen können!“, versicherte mir Jörg.

Dieses nette Kompliment von ihm tat meiner verletzten Seele richtig gut!

Kurze Zeit später schellte es erneut an der Haustür. War es wirklich schon so spät? Doch, ein Blick zur Uhr zeigte mir, dass es Sebastian sein musste, der mich abholen kam. Inga öffnete ihm die Haustür. Ein riesiger Blumenstrauß war das Erste was ich von ihm zu sehen bekam. Gelbe Rosen, meine Lieblingsblumen, wenigstens das hatte er nicht vergessen, waren mit duftigem Schleierkraut, weißen Madonnenlilien und viel Grün kunstvoll gebunden. Er hauchte mir einen zarten Kuss auf die Wange, bevor er mir den Strauß überreichte. Einen Augenblick bildete ich mir ein, dass ihm der Stolz auf seine schöne Frau in dem Moment tatsächlich anzusehen war.

„Da hat Inga ja wahre Wunder vollbracht“, sagte er galant und sie konterte sofort:

„Danke, aber ich habe lediglich ein bisschen nachgeholfen, Deine Frau ist von Natur aus eine Schönheit, das solltest Du doch wohl am besten wissen!“

„Natürlich, so war es doch nicht gemeint“, beeilte Sebastian sich ihr zuzustimmen. „Ich wollte doch nur nett sein“, raunte er mir zu, während er mich nach draußen zog. Vor dem Haus erwartete uns sein Bruder, der uns in seinem Wagen in die Kirche fahren wollte. Auch sein großes Auto war mit einem wunderschönen Gesteck in Gelb und Weiß geschmückt. Er begrüßte mich herzlich und gratulierte mir zur Eheschließung mit Sebastian. In dem zweiten Wagen saßen Sebastian´s Eltern, meine Schwägerin und Jonas. Inga und Jörg wollten sich uns mit ihrem Auto anschließen. Mit den beiden würde ich nach der Absage in der Kirche zurückfahren, so war es verabredet. Mit klopfendem Herzen stieg ich ein, und auf der kurzen Fahrt zum Kurpark schwiegen Sebastian und ich. Wir waren offenbar beide tief in Gedanken versunken. Was hätte ich darum gegeben, zu wissen, was ihm in dem Moment durch den Kopf ging!

Der ebenfalls von Marlies bestellte Fotograf erwartete uns bereits am Eingang des Parks. Wie gut, dass die Sonne an diesem Tag vom Himmel lachte, nur einige malerische kleine Schäfchenwolken zogen ganz langsam am Himmel vorüber.

„Ihr habt richtiges Kaiserwetter, so wie es sich für einen schönen Hochzeitstag gehört“, bemerkte mein Schwiegervater.

Dann überließ er es dem Fotografen uns in Positur zu stellen. Der hatte noch einige Requisiten mitgebracht, die seine Kreativität verrieten. Dann machte er etliche Fotos. Zunächst von uns beiden allein, danach mit den Trauzeugen zusammen, sowie auch einige mit Sebastian´s Eltern. Ich wollte gern eine Aufnahme von Inga und mir haben, und auch dieser Wunsch wurde mir erfüllt. Es würden gewiss zauberhafte Bilder werden, versicherte uns der Fotograf. Ich wollte diese Fotos natürlich auf jeden Fall haben, deshalb hatte ich Inga gebeten, dem Fotokünstler ihre Anschrift zu geben, damit er auch einige Abzüge dorthin senden konnte. Auf sie war unbedingt Verlass, das wusste ich!

Nachdem der junge Mann unendlich viele verschiedene Fotos von uns geschossen hatte, wurde es dann allerhöchste Zeit aufzubrechen, um zur kirchlichen Trauung nicht zu spät zu kommen. Also gingen wir zurück zu den Autos. Auf zum letzten Akt, schoss es mir dabei durch den Kopf. Als wir vor der Kirche ankamen, erwartete uns bereits der Pfarrer vor dem Kircheneingang. Schnell huschten meine Schwiegereltern, sowie Inga, Jörg und Jonas vor uns ins Gebäude, bevor Sebastian und ich, unter den volltönenden Klängen der alten Orgel, die schöne alte Dorfkirche betraten, die wir für unsere Trauung ausgesucht hatten. Das heißt, es war ein Vorschlag von Marlies gewesen hier zu heiraten, da sie und Arnold seinerzeit ihr Ehegelübde auch an diesem Ort abgelegt hatten. Da mir die romantische kleine Kirche auch sehr gefiel, war ich völlig damit einverstanden gewesen. Sebastian legte ja ohnehin nie ein Veto gegen unsere Pläne ein, und hatte auch dagegen nichts einzuwenden gehabt. Beim Traugespräch war der Pfarrer sehr nett gewesen, und deshalb hatte ich mich gefreut, auch von ihm getraut zu werden – bis vorgestern jedenfalls. Ein wenig plagte mich das schlechte Gewissen ihm gegenüber, aber darauf konnte ich nun wirklich keine Rücksicht mehr nehmen. Ich konnte mich ja später immer noch bei ihm entschuldigen, nahm ich mir vor. Während Sebastian und ich Arm in Arm zum Altar schritten, entdeckte ich in der dritten Reihe meinen Rivalen. Dass er hier auftauchen würde, damit hatte ich nicht gerechnet, aber darauf kam es nun nicht mehr an. Wie alles andere hatte die liebe Marlies auch den Blumenschmuck in der Kirche prächtig organisiert, was mir trotz meiner inneren Anspannung auffiel. Jede Kirchenbank war mit einem kleinen Sträußchen in Gelb und Weiß dekoriert. Ebenso standen rechts und links vom Altar jeweils große Vasen, die mit gelben und weißen Blüten gefüllt waren. Eine Efeugirlande wand sich um die beiden Stühle, die für uns vor dem Altar standen.

Tapfer lächelte ich Marlies noch einmal zu, und sie lächelte, glücklich und stolz auf ihr Werk, wie es mir schien, zurück. Dann nahm die Trauung ihren Lauf. Sicher hatte der Pfarrer sich Mühe gegeben, um für uns die passenden Worte zu finden, aber ich bekam nicht allzu viel davon mit, dazu war ich viel zu aufgeregt. Schließlich kam dann der entscheidende Moment und ich hörte die Frage des Pfarrers: „Willst Du, Valeria...“

„Nein, auf gar keinen Fall, warum solltest Du am besten wissen“, antwortete ich und sah, wie Sebastian entsetzt und ungläubig die Augen weit aufriss. Vor lauter Schreck verstummte der Pfarrer, und sah sich hilfesuchend um.

„Aber Kind, was ist denn nur mit Dir los?“, hörte ich meinen Schwiegervater erstaunt fragen.

Neben ihm sah ich, wie meine arme Schwiegermutter schnell ein Taschentuch hervorholte, um sich eine Träne aus den Augen zu wischen, wobei sich gleichzeitig ans Herz fasste. Hoffentlich würde sie nicht an Ort und Stelle einen Herzinfarkt erleiden!

„Frag doch Sebastian und Herrn Bolte, die können es Euch sicher am besten erklären!“, schrie ich.

Ich raffte meinen ganzen Mut zusammen, drehte mich um und verließ hoch erhobenen Hauptes die Kirche. Mitten durch die sprachlose und sicher tief erschütterte Hochzeitsgesellschaft wankte ich dann, so würdevoll es mir nur möglich war, nach draußen. Inga und Jörg folgten mir auf dem Fuße, und erstaunlicherweise schloss sich auch Jonas uns an.

„Donnerwetter, das war ja ein starker Auftritt!“, sagte er draußen zu mir.

Dann verlangte er zu wissen, warum ich seinen Freund Sebastian vor dem Altar so schnöde im Stich gelassen hatte. Ich überließ es Inga und Jörg ihm alles zu erklären, und Jonas war völlig verblüfft, aber er schlug sich gleich auf unsere Seite. Von Sebastians besonderen Neigungen hatte er bis dato nichts gewusst, wie alle anderen offenbar auch. Er meinte allerdings, sein Freund sei schon immer ein Hallodri gewesen, und so hatte es ihn mächtig gewundert, dass er sich trotzdem hatte einfangen lassen, um mit mir in den Hafen der Ehe einzulaufen. Jonas war