Honest Affection - Drucie Anne Taylor - E-Book

Honest Affection E-Book

Drucie Anne Taylor

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Beschreibung

Leigh-Anne ist verzweifelt: Von ihrem Freund sitzen gelassen und von ihrem drogensüchtigen Bruder beklaut, muss sie sich von nun an allein durchschlagen, denn ihre schlecht bezahlten Jobs bringen ihr nicht das Geld ein, das sie zum Leben braucht. Aus diesem Grund entschließt sich die junge Architektin zu einem Branchenwechsel und bewirbt sich bei der renommierten Immobilienkanzlei Bernstein & Clark Real Estate. Sie scheitert kläglich, doch schon bald macht Evan Bernstein ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann. Zwischen den beiden knistert es und ein leidenschaftliches Spiel mit dem Feuer beginnt. Aber Leigh-Anne ist sich sicher, dass sie sich bald schon verbrennen wird.

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Dieses Buch

Leigh-Anne ist verzweifelt: Von ihrem Freund sitzen gelassen und von ihrem drogensüchtigen Bruder beklaut, muss sie sich von nun an allein durchschlagen, denn ihre schlecht bezahlten Jobs bringen ihr nicht das Geld ein, das sie zum Leben braucht. Aus diesem Grund entschließt sich die junge Architektin zu einem Branchenwechsel und bewirbt sich bei der renommierten Immobilienkanzlei Bernstein & Clark Real Estate. Sie scheitert kläglich, doch schon bald macht Evan Bernstein ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann.

Zwischen den beiden knistert es und ein leidenschaftliches Spiel mit dem Feuer beginnt. Aber Leigh-Anne ist sich sicher, dass sie sich bald schon verbrennen wird.

Copyright © 2018 Drucie Anne Taylor

Korrektorat: S.B. Zimmer

Satz & Layout © Julia Dahl

Umschlaggestaltung © Modern Fairy Tale Design

Auflage 01 / 2024

Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.

Honest Affection

AFFECTION TRILOGIE

BUCH EINS

DRUCIE ANNE TAYLOR

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Danksagung

Über die Autorin

Weitere Werke der Autorin

Rechtliches und Uninteressantes

KapitelEins

»O Gott«, stoße ich aus, als Joe ein letztes Mal fest in mich stößt. Es tut weh und ist keinesfalls geil, aber wenn ich meinen Freund, der einigermaßen flüssig ist, behalten will, muss ich ihm vorspielen, dass der Sex großartig ist. Joe und ich sind seit drei Jahren ein Paar. Wir haben uns kurz nach der Uni kennengelernt, in etwa so lange suche ich auch schon einen Job. Momentan halte ich mich und meinen Bruder mit Gelegenheitsjobs über Wasser, wobei ich eher sagen sollte, dass ich mit meinem Verdienst meine Rechnungen bezahle und alles andere irgendwie hinkriege.

Joe lässt sich auf mich sinken und haucht mir ins Ohr. Etwas, was er gern macht und ich überhaupt nicht ausstehen kann. Man könnte es mit dem unangenehmen Gefühl von Wasser im Ohr vergleichen, es ist ähnlich widerlich. »Das war doch gar nicht so schlecht«, raunt er mir ins Ohr.

Scheiße, er hat gemerkt, dass ich ihm den Orgasmus vorgespielt habe. »Mhm.«

Als er sich von mir löst, atme ich tief durch. »Wir sollten es beenden.«

Ich schaue ihn überfordert an. »W-was?«

»Wir sollten uns mit anderen treffen«, antwortet Joe tonlos.

»Ich … O-okay«, stammle ich und richte mich auf. »Das hättest du mir vorhin sagen können, dann hätte ich mich nicht auf die Nummer gerade eben eingelassen.«

Er sieht mich mit einer gehobenen Augenbraue an. »Komm schon, Leigh, sei nicht so zickig.«

Ich habe Tränen in den Augen. »Ich bin nicht zickig, ich bin enttäuscht.« Mühsam unterdrücke ich ein Schluchzen, wickle die Decke um mich und stehe auf, anschließend sammle ich meine Kleidung ein. »Ich ziehe mir etwas an.«

»Wenn du fertig bist, solltest du gehen«, sagt er unterkühlt.

Ich drehe mich zu ihm um. »Das hast du dir ja alles wunderbar zurechtgelegt.«

»Wie meinst du das?«

»Schnell noch mal ficken und dann schlussmachen. Das meine ich!«, herrsche ich ihn an. »Herrgott. Du kannst mich mal.« Nachdem ich meiner Wut einigermaßen Luft gemacht habe, verlasse ich sein Schlafzimmer. Ich eile ins Bad, in dem ich mich anziehe. Ich werde zu Hause duschen.

* * *

Nachdem Joe mir netterweise einen Karton gegeben hat, habe ich meine Sachen gepackt, die noch bei ihm waren, und mich auf den Heimweg gemacht. Nun stehe ich in der Garage meines kleinen Hauses und hoffe, dass mein Bruder keine seiner furchteinflößenden Partys feiert. Beim letzten Mal musste ich einen Krankenwagen rufen, weil sich jemand zu viel getraut und auf einen LSD-Trip begeben hat – und auf einmal litt der Kerl an Atemnot. Ich weiß nicht, warum Tiernan sich mit solchen Leuten abgibt, aber vielleicht liegt es an seinem Job. Um ehrlich zu sein, kann man es nicht einmal so nennen, denn er ist bloß der Leadsänger einer semi-erfolgreichen Rockband. Chromebarks, wie auch immer sie auf diesen Namen kamen. Aber ich weiß, dass mit dem neuen Bassisten die Probleme gekommen sind. Ich hoffe nur, dass mein Bruder sich nicht im Milieu dieser Leute verliert, die der Kerl mit sich gebracht hat. Seit Moms Tod ist er anfällig für jeden Scheiß und nimmt sogar Drogen. Dreimal musste ich ihn im letzten halben Jahr ins Krankenhaus bringen, weil er versucht hat, sich umzubringen. Beim ersten Mal waren es meine Schlaftabletten, die er mit einer Flasche Wodka heruntergespült hat. Beim zweiten Mal hatte er sich die Pulsadern aufgeschnitten und beim dritten Mal wollte er sich in der Garage mithilfe der Abgase meines Wagens ersticken. Mein Bruder macht mir Sorgen und ich habe keine Ahnung, ob ich es nervlich verkrafte, noch länger mit ihm zusammenzuwohnen. Mein kleines Haus sollte meine Oase sein, aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass er und seine Bandkollegen eine Methküche im Keller eingerichtet haben.

Als ich aus meinem Auto steige, bekomme ich ein ungutes Gefühl im Bauch. Ich lasse den Karton unbeachtet zurück und laufe zur Haustür, die ich aufschließe. »O Fuck!«, rufe ich schockiert aus. Mein Wohnzimmer ist verwüstet, der Fernseher ist weg, die Stereoanlage auch – und mehr erkenne ich auf den ersten Blick nicht. Mit zitternden Fingern hole ich das Handy aus meiner Hosentasche, wähle die 911 und warte darauf, dass mein Notruf entgegengenommen wird.

»Notrufzentrale, was kann ich für Sie tun?«, meldet sich eine freundlich klingende Frau.

»Hi, mein Name ist Leigh-Anne Cromwell und ich glaube, bei mir wurde eingebrochen.«

»Sind Sie in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus, Ms. Cromwell?«

»Nein, ich stehe auf der Veranda und starre das Chaos an.«

»Waren Sie schon im Haus?«

»Nein.«

»Dann warten Sie bitte auf den Streifenwagen, den ich Ihnen nun schicke.«

»Mach ich.«

»Warten Sie bitte, bis die Kollegen bei Ihnen sind, statt ins Haus zu gehen.«

Ich breche in Tränen aus. »Das werde ich, danke.« Statt noch länger mit der Frau zu sprechen, setze ich mich weinend auf die Veranda. Ich ziehe die Beine an, lege meinen Kopf auf meine Knie und lasse meinen Gefühlen freien Lauf. Jetzt fehlt nur noch das dritte große Ding. Joe hat schlussgemacht und ich wurde offensichtlich ausgeraubt, also muss definitiv noch irgendwas passieren.

* * *

»Ms. Cromwell?«, werde ich angesprochen.

Ich hebe den Blick. »Ja?«

Vor mir stehen zwei Polizisten, der eine ist mittleren Alters, der andere dürfte nicht wesentlich älter sein als ich.

»Sie haben angerufen, weil bei Ihnen eingebrochen wurde?«, fragt der Ältere.

Daraufhin erhebe ich mich nickend. »Ja, was ich von der Tür aus erkennen konnte, lässt es vermuten.«

»Haben Sie einen Verdacht, wer es gewesen sein könnte?«, erkundigt er sich.

»Vielleicht ein paar Freunde meines Bruders. Diese Leute sind drogenabhängig und ich habe sie die letzten Male, die sie hier waren, rausgeworfen, weil sie in meinem Haus Drogen konsumiert haben«, erkläre ich.

»Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen, wenn Drogen konsumiert wurden?«, hakt der Jüngere der beiden lauernd nach.

»Muss das jetzt sein?«, frage ich heiser. »Ich wurde ausgeraubt und bin gerade nicht in der Stimmung, Ihnen zu erklären, warum ich die Kids nicht an die Polizei verpfiffen habe.«

Sie nicken. »Warten Sie bitte hier auf uns.«

»Okay.« Ich setze mich wieder auf die Holzstufe und lehne mich mit der rechten Schulter gegen das Geländer.

Kann dieser Tag noch schlimmer werden?

Ich wette, er kann es.

* * *

Der Wecker meines Handys lässt mich zusammenzucken, als die Spurensicherung eingetroffen ist. Ich hole es hervor, werfe einen Blick darauf und fluche wieder. »Das darf doch nicht wahr sein!« Dieser Tag ist definitiv zum Abgewöhnen. »Officers?«, rufe ich ins Haus.

Der ältere Cop kommt zu mir. »Ja, Ms. Cromwell?«

»Ich habe ein wichtiges Vorstellungsgespräch. Kann ich Sie allein lassen?« Während ich meine Situation erkläre, zeige ich auf mein Handy.

»Bernstein & Clark Real Estate, da haben Sie aber eine Menge vor.«

Ich nicke hektisch. »Ich brauche diesen Job, deshalb muss ich das Jobinterview unbedingt wahrnehmen.«

Er lächelt, doch sein Schnauzbart verbirgt gekonnt seine Zähne. »Fahren Sie nur, Ms. Cromwell, wir werden hier sicher noch eine Weile beschäftigt sein.«

»Ich schätze, ich bin in zwei Stunden zurück.«

»In Ordnung. Mein Kollege und ich werden auf Sie warten, sollten die Herrschaften von der Spurensicherung früher fertig sein.«

»Sie sind ein Schatz«, stoße ich erleichtert aus und kann nicht anders, als ihn kurz zu umarmen.

»Wow, was für ein Kompliment.« Der Officer tätschelt meinen Rücken.

»Danke.« Ich löse mich von ihm und eile zu meinem Auto.

»Ms. Cromwell?«

Da ich inzwischen die Tür geöffnet habe, drehe ich mich um. »Ja?«

»Wollen Sie sich nicht umziehen?«

»Ich habe ein paar Sachen im Auto«, erwidere ich, ringe mir ein Lächeln ab, dann steige ich ein.

* * *

Ich stehe in der Tiefgarage unter dem Gebäudekomplex, in dem sich Bernstein & Clark Real Estate befindet, und versuche, mich umzuziehen. Mein Hintern, der wegen des Strings leider Gottes nicht bedeckt ist, ragt in die Luft, während ich den Karton nach dem passenden Rock zum Blazer und zur Bluse durchsuche.

Jemand klopft an die Scheibe, weshalb ich erstarre. »Miss, was auch immer Sie vorhaben, das ist nicht der richtige Ort dafür«, sagt eine ernste Stimme.

Ich schaue über meine Schulter hinweg zum Seitenfenster und erkenne einen groß gewachsenen Mann mit schwarzem Haar, der zu mir sieht. Er trägt einen Dreitagebart, sieht übernächtigt aus und ist so muskulös, dass er mich wahrscheinlich mit einem einzigen gezielten Schlag ins Nirwana befördern könnte. »Ich suche bloß einen Rock, mehr nicht.«

»Warum tragen Sie keinen?«

»Ich habe Kaffee drüber gekippt«, lüge ich notgedrungen.

Er lacht leise. »Sie sollten sich beeilen, bevor der Sicherheitsdienst seine Runde dreht.«

»Danke für den Tipp.«

Er lächelt mich an, dann verschwindet er aus meinem Sichtfeld. Viel peinlicher kann es jetzt sowieso nicht mehr werden.

Nachdem ich noch ein paar Minuten den großen Karton auf dem Rücksitz durchwühlt habe, halte ich einen schwarzen Rock in meinen Händen. Dann muss ich den eben zur schwarzen Bluse und dem weißen Blazer anziehen. Umständlich ziehe ich ihn an, schnappe mir meine Handtasche und steige vom Rücksitz, um mich noch einmal auf den Fahrersitz zu setzen. Im Rückspiegel betrachte ich mein Make-up, das ich richten muss. Mit einem feuchten Kosmetiktuch beseitige ich die Schäden, die meine Tränen angerichtet haben, danach kämme ich mein Haar mit der Bürste, die ich immer in der Handtasche habe, und mache mir einen Pferdeschwanz. Als ich mit meinem Anblick zufrieden bin, nicke ich meiner Reflexion zu, steige aus und mache mich auf den Weg zum Vorstellungsgespräch.

Hoffentlich bekomme ich die Chance, für die Immobilienmakler zu arbeiten, denn ich weiß nicht, wie ich mit meinem kleinen Gehalt allein zurechtkommen soll. Ohne Joes Hilfe komme ich gerade so über die Runden, jetzt wohnt auch noch mein jüngerer Bruder bei mir, der mich schon ein paar Mal beklaut hat.

Als ich vor der Kanzlei stehe, atme ich tief durch, dann betrete ich sie.

Eine Frau mittleren Alters, die hinter einem Tresen sitzt, hebt den Blick. »Guten Tag, was kann ich für Sie tun?«, erkundigt sie sich freundlich.

»Hi, mein Name ist Leigh-Anne Cromwell, Mr. Clark und Mr. Bernstein haben mich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen«, antworte ich, als ich die zwei Meter zu ihr zurückgelegt habe.

Sie wirft einen Blick in den Tischkalender vor sich, während ich meinen durch den Eingangsbereich schweifen lasse. »Ah ja, hier stehen Sie. Nehmen Sie bitte einen Moment Platz, Mr. Clark wird Sie gleich empfangen.« Sie zeigt zu einer Sitzreihe, die an der Wand aufgebaut ist.

»Danke, Mrs …«

»Pearson.«

»Danke, Mrs. Pearson«, wiederhole ich lächelnd, anschließend wende ich mich ab, um an der Seite Platz zu nehmen. Ich nehme das Smartphone aus meiner Handtasche und schalte den Ton aus, damit es nicht wie bei meinem letzten Vorstellungsgespräch klingelt. Bis heute bin ich davon überzeugt, dass ich die Stelle nicht bekommen habe, weil ich so nachlässig war.

Minuten vergehen und ich behalte die geschlossenen Türen im Auge, die ich von hier aus sehen kann.

Nichts passiert.

* * *

Eine gute Stunde später kommt Mrs. Pearson zu mir. »Ms. Cromwell, Mr. Clark empfängt Sie nun.«

Überrascht schaue ich sie an. »Aber Mr. Bernstein wollte auch dabei sein.«

»Mr. Bernstein befindet sich noch in einer Telefonkonferenz, er wird später dazustoßen«, erklärt sie und deutet in den Gang, den ich in den letzten sechzig Minuten im Auge behalten habe.

»Okay.« Ich erhebe mich und hoffe, dass ich mit meinem kleinen Einspruch keine Minuspunkte gesammelt habe. Ich habe mich geduldig gezeigt und nicht einmal auf mein Handy geschaut, da so was einen schlechten Eindruck hinterlässt, den ich unbedingt vermeiden will. Sicher befragen die beiden auch Mrs. Pearson, wie ich mich während des Wartens verhalten habe. »Tut mir leid, dass ich gerade so irritiert war, Mrs. Pearson.«

»Kein Problem, Ms. Cromwell, ich wäre es auch gewesen, wenn ich erst im Nachhinein erfahren hätte, dass einer der Chefs von Anfang an anwesend sein wird«, entgegnet sie freundlich, als sie mich durch den Flur führt.

An den Wänden hängen Fotos von Herrenhäusern. Vielleicht sind es Immobilien, die die Firma der beiden schon verkauft hat. Ich folge ihr, ohne mich umzusehen, da ich nicht unhöflich sein will.

Schließlich öffnet Mrs. Pearson eine Tür. »Mr. Clark?«

»Ja?«

»Kann ich mit Ms. Cromwell reinkommen?«

»Schicken Sie sie bitte rein, Mrs. Pearson«, erwidert er und seine Stimme klingt ungemein tief, sexy und rau.

Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen, weshalb ich froh über den Blazer bin, den ich trage.

»Ja, Sir.« Sie schaut zu mir, lächelt und deutet ins Büro.

»Vielen Dank«, sage ich leise und betrete es.

»Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Mr. Clark?«

Mr. Clark sieht mich direkt an. »Nein danke, Mrs. Pearson.«

»Und Ihnen, Ms. Cromwell?«

Ich drehe mich zu ihr um. »Nein, vielen Dank.«

Sie schließt die Tür, Mr. Clark räuspert sich hinter mir.

Abermals wende ich mich um und erröte, als ich seinen durchdringenden Blick bemerke. »Entschuldigen Sie bitte.«

Er erhebt sich von seinem majestätisch anmutenden Schreibtisch und deutet auf die Sessel davor. »Nehmen Sie bitte Platz, Ms. Cromwell.«

Wow, kein Gruß, kein Händeschütteln – sehr unterkühlt. Genauso sieht er mich auch an. »Danke«, erwidere ich, nähere mich seinem Schreibtisch und strecke meine Hand aus.

Mr. Clark würdigt sie keines Blickes, sondern setzt sich wieder.

Ich nehme ebenfalls Platz und warte darauf, dass er anfängt, mir Fragen zu stellen.

»Sie haben an der Cornell University studiert?«

»Ja, das habe ich.«

»Ihr Hauptfach war Architektur, warum wollen Sie nun einen Job als Immobilienmaklerin?«, erkundigt er sich und sieht mich interessiert an.

»Ich habe alles Relevante über Immobilien gelernt und denke, dass ich mit meinem Wissen eine Bereicherung für Ihre Firma wäre.«

Daraufhin nickt er. Mr. Clark nimmt ein Exposé von seinem Schreibtisch und reicht es mir. »Versuchen Sie, mir diese Immobilie zu verkaufen.«

Ich werfe einen Blick darauf und schlucke. »Mr. Clark, das ist eine Bruchbude«, sage ich vorschnell. »Ich dachte, Sie verkaufen ausschließlich Luxusimmobilien.«

»Sie sollen gerade nicht darüber nachdenken, was wir ausschließlich verkaufen, sondern darüber, wie Sie mir dieses Haus verkaufen.«

O Gott, das Haus hat definitiv schon bessere Tage gesehen. Die Farbe blättert von den Fensterläden ab, der Putz ist teilweise abgeplatzt und ein Anstrich sowie neue Fenster, da sie teilweise eingeschlagen wurden, sind längst überfällig. Ich hole tief Luft. »Also … diese Immobilie ist … charmant und überzeugt mit einem sehr rustikalen Garten.« Rustikal ist mal ein netter Ausdruck für einen mit Unkraut überwucherten Garten.

»Warum ist diese Immobilie denn charmant?«, hakt er nach.

»Nun, sie liegt im Grünen, erbaut wurde sie schätzungsweise in den 1920er oder 1930er Jahren.«

»Woran erkennen Sie das, Ms. Cromwell?«

»Am Baustil, der wurde überwiegend zu dieser Zeit angewandt.«

»Welcher Baustil ist es denn?«

Verdammt! »Äh …«

Er zieht mir das Exposé aus der Hand. »Ich denke, das reicht.« Mr. Clark sieht mich streng an. »Besonders überzeugend war das nicht, Ms. Cromwell.«

»Sie haben mich ins eiskalte Wasser geworfen, ich war überrascht.«

»Glauben Sie, dass Sie hier nie ins kalte Wasser geworfen werden?«, bohrt er tiefer nach.

Mein Herzschlag beschleunigt sich. »Mr. Clark, es tut mir leid, ich konnte mich nicht ausgiebig auf dieses Jobinterview vorbereiten. Mein Freund hat schlussgemacht und es wurde in mein Haus eingebrochen.«

»Das sind sehr nette Ausreden, Ms. Cromwell«, sagt er unbeeindruckt.

Ich seufze. Warum soll ich ihm sagen, dass es keine sind, wenn sich seine Meinung bereits gefestigt hat?

Es klopft an der Tür, sie wird geöffnet. »Tut mir leid, dass ich zu spät bin, Aaron, das Gespräch hat etwas länger gedauert.«

»Schon in Ordnung.«

»Wen haben wir hier sitzen?«, erkundigt sich der Mann, der nun auch in meinem Sichtfeld auftaucht.

Oh Fuck! Er hat mich in der Tiefgarage gesehen und ... meinen halbnackten Arsch begutachtet. Meine Wangen brennen wie Feuer, denn er ist der andere namengebende Partner in dieser Immobilienkanzlei.

»Evan, das ist Leigh-Anne Cromwell, studierte Architektin und sie hat sich als Maklerin bei uns beworben.«

»Guten Tag, Mr. Bernstein.« Ich erhebe mich und strecke meine Hand aus.

Er lächelt mich an, als er meine Hand ergreift. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Ms. Cromwell, wie ich sehe, haben Sie noch einen Rock gefunden.«

Verlegen schließe ich für den Bruchteil einer Sekunde die Augen. »Das war wohl mein Glück.«

Mr. Bernstein lässt grinsend meine Hand los und geht hinter den Schreibtisch. »Was habt ihr bereits besprochen?«

»Ms. Cromwell sollte mir die Steinman Immobilie verkaufen, allerdings hat sie versagt«, erklärt Mr. Clark.

Äußerst charmant, das für mich hörbar zu erledigen. Beschämt senke ich den Blick. Verdammt, dieser Tag hätte beschissener nicht laufen können.

»Ms. Cromwell?«, spricht Mr. Bernstein mich an.

Ich schaue ihn an.

»Mein Kollege sagte, dass Sie einen sehr turbulenten Tag hatten, entspricht das auch der Wahrheit?«

»Ich wünschte, dem wäre nicht so, aber ja, bei mir wurde tatsächlich eingebrochen.«

»Warum haben Sie das Gespräch nicht abgesagt?«, möchte er wissen.

»Weil es keinen guten Eindruck gemacht hätte und ich die Chance trotzdem ergreifen wollte, die Sie mir damit gegeben haben«, antworte ich aufrichtig.

»Stattdessen haben Sie lieber einen wichtigen Teil des Vorstellungsgesprächs in den Sand gesetzt?«, bohrt er tiefer nach.

Mühsam unterdrücke ich ein verzweifeltes Seufzen. »Ich habe es zumindest versucht und bin der Meinung, dass ich eine Bereicherung für Ihre Kanzlei bin, wenn Sie mir eine Chance geben.«

»Wie kommen Sie darauf?«, hakt er nach.

»Ich kenne alle Baustile in der Stadt, weiß, in welchen Jahren sie angewandt wurden, und bin in der Lage, mir sehr schnell neues Wissen anzueignen. Außerdem könnte ich bei nicht renovierten Häusern viele Innenarchitekten empfehlen, es sogar selbst übernehmen, da ich den Double Major habe.«

Er nickt. »Das klingt alles sehr vielversprechend, aber wir können Sie kein Haus sanieren oder renovieren lassen, das Sie nicht verkauft haben.«

Ich schnaube, obwohl ich es gar nicht wollte. »Sie haben recht, aber ich gehe davon aus, dass eine so angesehene Kanzlei wie Ihre sehr viel Wert darauf legt, dass das Personal angemessen geschult wird, bevor es mit Kunden in Kontakt tritt, oder nicht?«

Mr. Bernstein verzieht seine Lippen zu einem breiten Lächeln. »Wohl wahr, dennoch muss ich mich mit meinem Kollegen besprechen.«

Ich nicke.

»Wir melden uns bei Ihnen, Ms. Cromwell.«

Daraufhin erhebe ich mich und strecke ihm meine Hand entgegen. Er ergreift und schüttelt sie. »Vielen Dank, dass Sie mich empfangen haben, Mr. Bernstein.«

»Sehr gern.«

Ich strecke Mr. Clark ebenfalls meine Hand entgegen, doch er ignoriert sie, weshalb ich sie zurückziehe. »Auf Wiedersehen.«

»Auf Wiedersehen, Ms. Cromwell«, verabschiedet Mr. Bernstein sich freundlich von mir, während Mr. Clark bloß ein »Wiedersehen« für mich übrig hat.

Ich verlasse das Büro und bin kurz vorm Heulen. Es hätte nicht beschissener laufen können.

Warum musste Mr. Clark auch verlangen, dass ich ihm die hinterletzte Bruchbude verkaufe?

Und warum musste ausgerechnet dieses Wort aus mir herausbrechen?

Nachdem ich mich von Mrs. Pearson, die mir wieder so freundlich entgegen gelächelt hat, verabschiedet habe, verlasse ich die Immobilienkanzlei von Bernstein & Clark.

* * *

»O Gott«, stoße ich aus. Die Spurensicherung hat das Chaos nur noch verschlimmert. Die Polizisten haben mich abgefangen, als ich vor der Garage geparkt habe, und vorgewarnt, aber dass es so schlimm ist, haben sie mir nicht verraten.

Gottverdammt, warum passiert so was ausgerechnet mir?

»Karma, du bist ein Arschloch«, sage ich leise und kämpfe mich durch das Chaos, dabei lasse ich meinen Blick schweifen. Zum Glück ist mein Papagei noch in seiner Voliere.

»Chaos in der Bude, Chaos in der Bude«, krächzt er.

»Du hast recht, Chuck«, stimme ich ihm zu und mache mich ans Aufräumen. Ich bin mir sicher, dass ich Tage dafür brauchen werde, die alte Ordnung wiederherzustellen.

* * *

KapitelZwei

Sieben verdammte Tage habe ich gebraucht, um mein kleines Haus auf Vordermann zu bringen. Hätte ich nicht arbeiten und mir zudem einen vernünftigen Job suchen müssen, wäre ich sicher schneller gewesen, aber von irgendwas muss ich ja leben. Ich bin froh, dass ich die nächste Miete schon bezahlt habe, aber die Zeit drängt, eine gut bezahlte Stelle zu finden. Ich bin verdammt verzweifelt und dass ich wegen der letzten Vorstellungsgespräche auf heißen Kohlen sitze, macht die Sache nicht besser.

Ich werde Tiernan umbringen, wenn er sich wieder bei mir blicken lässt. Seit einer Woche habe ich ihn weder gesehen noch kann ich ihn erreichen. Ich habe keine Ahnung, wo sich mein verdammter Bruder herumtreibt, aber will es auch nicht wissen. Vermutlich würde ich ihn wieder aus irgendeinem Drogenloch zerren müssen und dafür sorgen, dass er nüchtern wird, aber ich habe die Schnauze voll.

Von Bernstein & Clark habe ich noch nichts gehört, also gehe ich davon aus, dass ich die Stelle abschreiben hängen kann. Noch immer denke ich darüber nach, wie viele Fehler ich bei diesem Jobinterview gemacht habe. Der Job wäre perfekt gewesen. Humane Arbeitszeiten, Krankenversicherung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld plus Provision für jeden Verkauf bei einem sehr guten Festgehalt. Ein Traum von einem Job, aber für mich ist er ausgeträumt.

»Chuck, Keks. Chuck, Keks!«, krächzt mein Papagei.

Ich stehe vom Sofa auf, das eine Grundreinigung hinter sich hat, und gehe zu seiner Voliere. »Na, Dicker.« Ich hole einen Cracker aus dem Karton, den ich auf dem Schrank neben seinem Käfig stehen habe, und öffne die Tür. »Hier hast du ihn.«

Chuck, mein hellroter Ara, nimmt ihn mit seinem kräftigen Schnabel aus meinen Fingern. Durch den Druck zerbricht der Cracker, aber er wird ihn trotzdem fressen.

»Was sagt man?«, hake ich nach. Ich habe den Vogel schon gefühlt ewig und unheimlich viel Zeit in ihn investiert, um ihm das Sprechen beizubringen – inzwischen wünsche ich mir, dass er gelegentlich die Klappe hält.

»Danke«, erwidert er krächzend und widmet sich dem Keks.

Eine Weile sehe ich ihm zu, dann wende ich mich ab, um mir in der Küche ein Sandwich zu machen. Während ich die Sachen dafür zusammenstelle, denke ich darüber nach, ob ich zurück nach New York gehen soll. Dad ist dort in der Politik tätig und ich habe mitbekommen, dass er vorhat für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, aber nach einem ziemlich heftigen Streit reden wir nicht mehr miteinander. Ich glaube, ich könnte blutend neben ihm liegen und er würde sein Taschentuch eher zum Putzen seiner Nase verwenden, als es mir zu reichen, damit ich es auf die Wunde drücken kann. Er ist kein besonders herzlicher Mensch, was sich auch in meinem Verhalten bemerkbar macht. Ich kann nicht gut mit körperlicher Zuneigung umgehen und mag es nicht, wenn man mich umarmt – ich hasse es richtiggehend. Die einzigen Umarmungen, die ich zulasse, sind die meines Bruders und damals noch die meiner Mutter, die vor einigen Jahren das Opfer eines Attentäters wurde. Ich halte inne, um an Mom zu denken. Sie sagte immer, wenn ich die Uni hinter mir habe, soll ich nach Beverly Hills ziehen, da es dort Menschen mit Geld gibt. Sie würden sich Häuser von einer Architektin entwerfen lassen … Pustekuchen.

Ich habe weder in Architekturbüros noch in vergleichbaren Branchen einen Job gefunden, außerdem habe ich es gerade mal bis nach Dogtown geschafft, einen wenig gehobenen Stadtteil von L.A.. Es ist wirklich zum Verzweifeln.

Das Telefon klingelt. Ich eile ins Wohnzimmer, um den Anruf entgegenzunehmen. »Cromwell, hallo?«

»Ms. Cromwell, guten Tag, hier spricht Elaine Pearson von Bernstein & Clark Real Estate«, begrüßt sie mich freundlich.

»Guten Tag, Mrs. Pearson«, entgegne ich und rechne mit dem Schlimmsten.

»Ich komme gleich zur Sache. Leider haben sich Mr. Clark und Mr. Bernstein für einen Ihrer Mitbewerber entschieden. Es tut mir sehr leid, dass es nicht geklappt hat.« Ihre Worte klingen aufrichtig.

Ich räuspere mich, um den Kloß in meinem Hals zu besiegen. »Vielen Dank, Mrs. Pearson.« Meine Stimme ist leise, was daran liegt, dass ich kurz vorm Heulen bin. Mal wieder wegen Bernstein & Clark. »Machen Sie's gut, Mrs. Pearson.« Ich will auflegen.

»Nein, nein, nein. Moment, Ms. Cromwell«, hält sie mich auf.

»Warum?«, frage ich irritiert.

»Mr. Bernstein hat mich darum gebeten, einen Termin mit Ihnen zu vereinbaren.«

Meine Augenbraue flippt in die Höhe. »Wieso?«

»Ich weiß es nicht. Er bat mich lediglich darum. Wann hätten Sie denn Zeit für ihn?«

»Wenn ich nicht weiß, worum es geht, stehe ich für keinen Termin zur Verfügung«, antworte ich.

Warum in aller Welt will der Kerl mich treffen?

»Ist das Ihr letztes Wort?«, fragt sie überrascht.

»Ja, richten Sie ihm aus, dass er mich selbst anrufen soll, wenn er etwas von mir will.«

»In Ordnung«, sagt sie wieder freundlich. »Auf Wiederhören, Ms. Cromwell.«

»Auf Wiederhören, Mrs. Pearson«, antworte ich. »Na super«, stoße ich übellaunig aus, nachdem ich das Telefonat beendet habe. Ich hätte meinen verletzten Stolz nicht an ihr auslassen und den Termin vereinbaren sollen.

Chuck knabbert unbeeindruckt seinen Keks, während ich an seiner Voliere vorbeischlurfe. Wieder eine Absage. Neu ist es nicht, frustrierend aber schon. Ich mache das Sandwich, auf das ich inzwischen keinen Hunger mehr habe, das allerdings schon halb belegt ist, fertig, anschließend laufe ich ins Wohnzimmer. Im Schneidersitz setze ich mich auf den Boden, ziehe das MacBook vom Tisch, das glücklicherweise nicht geklaut wurde, und klappe es auf. Am liebsten würde ich jetzt fernsehen – stundenlang. Allerdings haben mein Bruder und seine Freunde bevorzugt, meine meine großen Elektrogeräte zu klauen. Nun weiß ich auch, warum Tiernan sich nicht mehr bei mir blicken lässt. Er hat Schiss und den soll er auch haben, denn ich würde ihn erwürgen, würde er nun vor mir stehen.

Wie kann man seine eigene Schwester beklauen?

Ich verstehe es nicht. Seit Moms Tod ist er abgestürzt, ich habe mich einigermaßen gefangen, aber ich habe zu dem Zeitpunkt gerade das Studium angefangen und wurde abgelenkt. Tiernan saß allein zu Hause und hatte niemanden zum Reden. Ich war immer unterkühlt, er emotional und ich glaube, daran wird es liegen, dass er irgendwann zu den Drogen gegriffen hat. So oft versuchte ich ihn zu einem Entzug überreden, doch er hat sich dagegen gesperrt.

---ENDE DER LESEPROBE---