1,99 €
"Leben, wo andere Urlaub machen. Kann es etwas Schöneres geben?"
Daniel Woodburne, von allen nur Danny genannt, seufzte und legte einen Arm um die Schultern seiner Frau. "Ich glaube es nicht. Es kommt mir immer noch vor wie ein Traum. Als wäre es zu schön, um wahr zu sein."
Emma lachte und küsste ihn auf die Wange. "Es ist ein Traum", erwiderte sie. "Einer, aus dem wir nie erwachen werden."
Etwas melancholisch blickte ihr Mann zu dem nicht weit von den Klippen entfernt aufragenden Haus, das seit über hundert Jahren Wind und Wetter trotzte. "Ich hoffe so sehr, dass du recht hast", sagte er und drückte sie noch enger an sich ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 135
Cover
Gefangen im Geistersee
Briefe aus der Gruft
Vorschau
Impressum
Gefangen im Geistersee
von Rafael Marques
»Leben, wo andere Urlaub machen. Kann es etwas Schöneres geben?«
Daniel Woodburne, von allen nur Danny genannt, seufzte und legte einen Arm um die Schultern seiner Frau. »Ich glaube es nicht. Es kommt mir immer noch vor wie ein Traum. Fast zu schön, um wahr zu sein.«
Emma lachte und küsste ihn auf die Wange. »Es ist ein Traum«, erwiderte sie. »Einer, aus dem wir nie erwachen werden.«
Etwas melancholisch blickte ihr Mann zu dem nicht weit von den Klippen entfernt aufragenden Haus, das seit über hundert Jahren Wind und Wetter trotzte. »Ich hoffe so sehr, dass du recht hast«, sagte er und drückte sie noch enger an sich ...
Es lag erst zwei Tage zurück, dass sie die Zelte in ihrer alten Heimat Cardiff abgebrochen hatten und mit all ihrem Hab und Gut in die Provinz gezogen waren. Nach New Quay, einem wunderschönen und besonders im Sommer bei zahlreichen Touristen beliebten Küstenort, der durch seine faszinierende und gegensätzliche Landschaft bestach. Einmal waren da die rauen Klippen, dann der ruhige Sandstrand, die romantische Altstadt und schließlich das weite, offene, hügelreiche Land, das nur von wenigen Wäldern und einigen tiefen, dunklen Tälern durchschnitten wurde.
Als Kind war es für Emma stets das Highlight des Jahres gewesen, hierher zu fahren, um ihre Großtante Rita zu besuchen. Im Meer schwimmen, wandern, mit den hier viel offeneren Kindern spielen – von all dem hatte sie nie genug bekommen können. Aber auch sie war irgendwann erwachsen geworden, und mit den Jahren, in denen sie sich um Schule, Studium und Karriere kümmern musste, waren ihre Besuche in New Quay immer seltener geworden. Trotzdem – oder gerade deshalb –, war ihr Verhältnis zu ihrer Großtante doch immer sehr eng geblieben.
Umso mehr hatte sie die Nachricht von Ritas Schlaganfall schockiert. Mit fast achtzig Jahren konnte so etwas schon mal passieren, doch Rita war ihr immer so rüstig, stark und aktiv vorgekommen, dass es ihr jedes Mal wehtat, sie in ihrem manchmal sogar apathischen Zustand zu sehen. Hin und wieder, in Ritas lichten Momenten, blitzte noch etwas von ihrer alten Persönlichkeit auf, ansonsten aber war sie auf Hilfe angewiesen, um zu überleben.
Ohne Emmas Eingreifen wäre ihre Großtante unweigerlich in einem Pflegeheim gelandet. Das wollte Emma auf keinen Fall zulassen, und so hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann beschlossen, ihren lange gehegten Traum von einem Heim im Grünen zu verwirklichen und zu Rita zu ziehen. Emma sollte Rita rund um die Uhr pflegen und sich gleichzeitig um Ellie, die 13-jährige Tochter des Ehepaares, und um ihren geliebten Schäferhund-Rüden Bob kümmern, während Danny immer wieder zu Geschäftsreisen aufbrechen würde. Und eines Tages würden sie das Haus dann erben. So hatten es Rita und Emma schon lange vor dem Schlaganfall vereinbart, waren Emma und ihre Familie doch die einzigen noch lebenden Verwandten.
Nicht zum ersten Mal starrte Emma traurig auf die grauhaarige Frau mit den eingefallenen Wangen, die stets ihren Blick gesenkt hielt und unentwegt ein altes, vergilbtes Buch mit zerschlissenem Einband an ihre Brust drückte. Es war unheimlich schwer, Rita zu irgendetwas zu bewegen, selbst wenn es nur darum ging, sie mit ihrem Frühstücksbrei zu füttern.
»Ach Rita«, flüsterte Emma traurig. »Ich wünschte, ich könnte etwas tun, damit du noch einmal die alte wirst.«
Eine warme Hand legte sich auf ihre linke Schulter. Es war Danny, der mit Anzug und Krawatte in die Küche getreten war. Gleich würde er zu einer vierwöchigen Geschäftsreise nach Fernost aufbrechen, und obwohl Emma klar war, dass er das für Ellie und sie tat, wünschte sie sich, er würde nicht gehen.
»Quäl dich nicht«, sagte er. »Du tust schon alles, was in deiner Macht steht.«
»Trotzdem – es kommt mir immer so vor, als wüsste sie überhaupt nicht mehr, wer ich bin.«
»Wenn du nicht für sie da wärst, wer weiß, wie es ihr dann ginge.«
»Du hast ja recht ...«
Emma stand auf, drehte sich um und drückte Danny fest an sich. Es würde das letzte Mal für eine lange Zeit sein, dass sie ihn so nah spürte. Zwar konnten sie sich immer wieder per Videochat unterhalten, doch das war eben einfach nicht dasselbe.
»Melde dich, so oft du kannst«, sagte sie, während sie sich an ihn lehnte. »Ich schaffe das, schon, das weißt du ja. Zumindest körperlich – seelisch hätte ich nie gedacht, dass es so hart werden würde.«
»Ich auch nicht. Weißt du eigentlich, was für ein Buch sie da die ganze Zeit über festhält?«
Emma löste sich aus der Umarmung, sah erst Danny und dann ihre Großtante an. »Ich glaube, es ist ihr Tagebuch. Gesagt hat sie es nicht, aber wenn ich mich nicht ganz irre, habe ich es als Kind schon einige Male in einem Schrank liegen sehen. Es war ihr immer sehr wichtig, dass ich es nicht in die Hand nehme und darin lese. Ich wüsste ja zu gerne, was sie mit diesem Ding will.«
»Ist ja nicht so wichtig. Wie wirst du die ganze Zeit verbringen?«
»Ach, Ellie, Bob und Rita werden mich schon auf Trab halten, ansonsten will ich in den nächsten Tagen noch damit anfangen, das Haus etwas zu entrümpeln, besonders den Keller. Vielleicht kann ich da sogar mein handwerkliches Talent ausspielen.«
»Da bin ich ja mal gespannt.« Danny sah auf seine Armbanduhr. »Ich muss jetzt wirklich los, sonst verpasse ich den Flieger. Pass gut auf dich auf, und gib Ellie noch einen dicken Kuss von mir.«
»Mach ich. Melde dich bei mir.«
»Jeden Tag.«
Sie küssten sich noch einmal zum Abschied, und schließlich blieb ihr nichts anderes mehr, als ihm hinterherzuwinken, während er seinen Mazda in Richtung New Quay lenkte. Selbst Bob, der bisher vor dem Haus im Gras gedöst hatte, schien Danny jetzt schon zu vermissen, so wie er ihm unentwegt hinterherbellte.
Jetzt war Danny weg, was bedeutete, dass alle Verantwortung auf ihren Schultern lasten würde. Ein Umstand, mit dem sie durchaus zurechtkam, immerhin kannte sie das schon, seit Ellie auf die Welt gekommen war und ihr Mann die gutbezahlte Stelle bei einer weltweit tätigen Investmentfirma gefunden hatte. Trotzdem würde es hart werden, besonders mit Rita.
Sie war schon etwas überrascht, als sie zurück in die Küche trat und ihre Großtante sie mit ungewöhnlich wachem Blick ansah. »Rita«, rief sie und lächelte.
Die Miene ihrer Tante blieb ernst. »Du willst den Keller entrümpeln, habe ich gehört.«
»Ja, genau.«
»Pass auf, dass du ... dass du ...«
»Rita?«, fragte sie und war den Tränen nahe, als sie sich zu ihrer Großtante hinunterbeugte und ihr eine Hand auf den Kopf legte. »Was willst du mir sagen?«
»Meine Schwester ...«
Mit diesen Worten verfiel sie wieder in ihren alten Zustand. Apathisch starrte sie zu Boden, hielt ihr Tagebuch eisern umklammert und atmete leise ein und aus.
Es war offensichtlich, dass Emma in nächster Zeit kein weiteres Wort von ihr zu hören bekommen würde. Dennoch blieb sie noch eine Weile neben ihr hocken, strich immer wieder über ihre Stirn und träumte davon, dass dieser Ausbruch ein Schritt in die richtige Richtung und nicht nur ein zufälliges, kurzes Erwachen ihres wahren Geistes war.
Am nächsten Tag machte Emma ihre Ankündigung wahr und begann, den Keller genauer in Augenschein zu nehmen. Vorher war sie schlichtweg nicht dazu gekommen, die tägliche Hausarbeit und die formellen Seiten ihres Umzugs hatten sie zu sehr in Anspruch genommen. Anträge, Bescheinigungen, Besuche bei Ämtern – so romantisch ihr der Umzug in die Provinz auch erschien, an diesen Dingen kam sie auch hier nicht vorbei.
Sie freute sich schon auf Dannys Gesicht, wenn sie ihm erzählte, dass er sich seinen Traum von einem Trainingsraum erfüllen konnte. Jeden Abend wollten sie sich per Videoanruf unterhalten, und so würde es nach den Worten ihres Mannes auch heute kommen.
Ellie war gerade von der Schule zurückgeradelt und lernte – wohl gemeinsam mit Bob –, in ihrem Zimmer, während Rita hoffentlich Mittagsschlaf hielt. So konnte sie sich in aller Ruhe ein Bild vom Zustand des einzigen Bereichs des Hauses machen, in dem sie sich schon als Kind nicht gern aufgehalten hatte.
Jetzt war das Gefühl natürlich nicht mehr so schlimm, früher jedoch war ihr die düstere Umgebung mit den steinernen Mauern, den Spinnweben und den Gittern vor den kleinen, knapp unter der Decke liegenden Fenstern ziemlich unheimlich vorgekommen. So war sie in all den Jahren nur sehr selten hier hinuntergekommen.
Der Keller bestand im Prinzip aus drei Räumen. Da war die Waschküche mit einigen deutlich in die Jahre genommenen Geräten, dann ein zweiter Bereich mit mehreren Eisschränken, in denen unzählige undefinierbare Lebensmittel lagerten, und schließlich noch eine Abstellkammer voll alter Möbel und aussortierter Elektrogeräte.
Was Emma gleich auffiel, war der kalte Luftzug, der unentwegt zwischen den alten Mauern wehte. Und dass, obwohl im Haus alle Fenster und Türen geschlossen waren, ebenso wie die kleinen Fensterklappen hier unten. Zudem fiel ihr auf, dass etwa ein Viertel der Kellerfläche von einer rissigen Betonmauer versperrt wurde, die von ihrem Baustil überhaupt nicht zu der Umgebung passen wollte. Als wäre dieser Bereich zugemauert worden ...
Emma seufzte, krempelte die Ärmel hoch und machte sich an die Arbeit. Zunächst befreite sie die Waschküche von den dichten, sich über große Teile der Decke ziehenden Spinnweben und testete die Maschinen auf ihre Funktionsfähigkeit. Zumindest sprangen sowohl Waschmaschine als auch Trockner an, was schon mal ein gutes Zeichen war. Irgendwie hatte Rita ja auch selbst waschen müssen.
Einige leere Waschmittelflaschen und kaputte Körbe fanden schnell einen Platz vor dem Haus, und es dauerte nicht lange, bis der Haufen deutlich anwuchs. Zunächst fiel ein altes, morsches Bettgestell Emmas Aufräumwut zum Opfer, später ein Holzschrank, der ihr quasi zwischen den Fingern zerfallen war.
Zurück in der Abstellkammer fasste sie ein verrostetes Metallrohr ins Auge, das weitere Möbelstücke blockierte. So malerisch das Haus auch gelegen war, Rita hatte wohl nicht viel davon gehalten, ihren Müll loszuwerden. Stattdessen war alles im Keller gelandet.
»Verdammt nochmal«, fluchte sie, weil sich das Rohr kaum bewegen ließ, was jedoch nicht an seinem Gewicht lag. Es klemmte irgendwo fest, allerdings wollte sie auch nicht den halben Keller umräumen, nur um an dieses eine Rohr zu kommen. Deshalb zog sie es mit aller Kraft zu sich heran.
Völlig überraschend löste sich plötzlich das Rohr, sodass sie einige Meter nach hinten taumelte und mit ihm in der Hand gegen die Betonmauer prallte. Ein lautes Knirschen erklang, woraufhin mehrere kleine Betonbröckchen über ihre Schultern rieselten.
Sie fürchtete schon, dass die ganze Mauer einbrach, was glücklicherweise aber nicht geschah. Lediglich an einer Stelle war ein etwa faustgroßes Loch entstanden, ansonsten hatten sich nur unzähligen Risse nur deutlich vergrößert.
Erst auf den zweiten Blick fiel ihr auf, dass durch das Loch ein fahler Lichtschein sickerte. Wie war das möglich? Dieser Bereich war komplett eingemauert gewesen. Gab es irgendwo ein weiteres, verstecktes Fenster oder eine Lücke im Mauerwerk, durch das der Sonnenschein in den Raum dringen konnte?
Der erste Schock war einer stärker werdenden Neugier gewichen, weshalb sie sich wieder aufrichtete und langsam in Richtung der Öffnung ging. Sie lag etwa in Hüfthöhe, sodass sie kurz vor der Wand auf die Knie sank, um einen Blick in das Loch zu werfen.
Woher genau das Licht in den eingemauerten Raum drang, war für sie nicht zu erkennen. Es war nur ein schwacher Schein, doch der reichte aus, um die mattgraue Umgebung aus der Finsternis zu reißen. Emma hätte beinahe aufgeschrien, als sie sah, was sich hinter der Mauer befand: Ein mit Eisenketten an einen Stuhl gefesseltes Skelett!
»Gott, nein!«, stieß sie hervor.
Ihr kam es so vor, als hätte nicht sie die Worte ausgesprochen, sondern eine andere Person, die mit ihr im Raum stand. Doch da war nur sie, wenngleich sie sich wünschte, ganz weit weg und niemals auf die Idee gekommen zu sein, den Keller auszumisten. Sie hatte sich schon immer vor diesem Ort gefürchtet, und nun ahnte sie, dass ihr Instinkt richtig gewesen war.
Das Skelett trug sogar noch ein Kleid, das von Staub und Spinnweben überzogen war. Es war, nur noch von den Ketten gehalten, in sich etwas zusammengesunken, und nun stellte sie sich die Frage, ob diese Person womöglich sogar bei lebendigem Leib eingemauert worden war.
Emma presste die rechte Hand vor ihren Mund. Erst jetzt, nachdem sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, stellte sie fest, dass die Knochenfratze nicht zu erkennen war. Sie lag unter einer Art Holzmaske verborgen, die – obwohl das Fleisch vollständig von den Gebeinen verschwunden war –, an dem Schädel zu kleben schien.
Was sollte sie tun? Die Polizei rufen? Würde sie damit nicht ihre Großtante ans Messer liefern? Was auch immer hier unten geschehen war, es handelte sich um Mord. Die ihr unbekannte Person, wahrscheinlich eine Frau, war gefesselt und eingemauert worden, sodass sie wohl jämmerlich verhungert war. Ein grausamer Tod, den sich Emma kaum vorstellen konnte.
Wieso tat jemand einem anderen nur so etwas an? Mittlerweile hielt sie es nicht einmal mehr für unmöglich, dass Rita mit dieser schrecklichen Tat in Verbindung stand. Dabei war es auch durchaus möglich, dass dieses Skelett schon viel länger in dem Raum eingeschlossen gewesen war, unter Umständen schon über hundert Jahre. Vor einigen Monaten hätte ihre Großtante ihr wohl eine Antwort auf diese und all die anderen Fragen geben können, doch damit war es längst vorbei.
Sie fürchtete sich davor, die Polizei zu alarmieren. Nein, bevor sie nicht genau wusste, was hier unten geschehen war, sollte niemand anderes davon erfahren. Danny und sie waren ihrem Traum so nahe, und den wollte sie nicht so einfach zerstören – ebenso wenig wie ihre Familie.
Der Beton bröckelte unter dem Druck ihrer Finger nur so dahin. Geistesabwesend hob sie ein herumliegendes Brecheisen an, rammte es in die Wand und sorgte so dafür, dass sich das Loch nach und nach vergrößerte. Immer wieder schlug sie zu, bis die Öffnung groß genug war, um einen erwachsenen Menschen hindurchzulassen.
Ihr Herz pochte bis zum Anschlag, als sie in die düstere Kammer trat. Jetzt sah sie, dass der größte Teil des Fensters von Erde verdeckt wurde, ein kleines Stück jedoch nicht. Womöglich hatte sie selbst es freigelegt, als sie am vergangenen Tag den Garten umgegraben hatte.
Die Luft roch furchtbar modrig und abgestanden. Die Vorstellung, dass sie gerade die zu Staub zerfallenen Überreste der Toten einatmete, ließ sie erschaudern. Trotz ihrer Angst funktionierte ihr Verstand noch, weshalb sie sich fragte, warum sie überhaupt ein Skelett vor sich sah und nicht eine mumifizierte, ausgetrocknete Leiche. Dann erinnerte sie sich wieder an den schwachen, kühlen Luftzug, der auch durch diesen Raum wehte und wohl irgendwo im Bereich des Fensters seinen Ursprung hatte.
»Gott, mein Gott, das darf nicht wahr sein«, murmelte sie leise vor sich hin und krampfte dabei immer wieder die Finger um das Brecheisen. Vor was sie sich so sehr fürchtete, wusste sie selbst nicht. Das Skelett würde sich wohl kaum erheben und sie angreifen. Oder ...?
Immer näher trat sie an die Tote heran, und damit auch an die seltsame Maske. Sie war tatsächlich aus Holz geschnitzt worden, das über die Jahre wohl eingedunkelt war. Die Oberfläche war nicht glatt, sondern von Einkerbungen, Unebenheiten und sogar den Ausbuchtungen der Wangenknochen gezeichnet. Ein wenig erinnerte sie die Form sogar an Ritas Gesicht, was natürlich völlig unmöglich war.
Emma wusste nicht, was es war, aber etwas an der Maske faszinierte sie. Die Anziehungskraft war so stark, dass sie der Umstand, einen skelettierten Körper vor sich zu haben, bald kaum noch störte. Ihre Finger zitterten, als sie eine Hand nach der Maske ausstreckte, und insgeheim fürchtete sie nun wirklich, die Tote würde plötzlich in die Höhe zucken und nach ihr greifen.
Endlich erreichten ihre Finger die Maske. Sie fühlte sich seltsam warm an, und noch in derselben Sekunde, als ihr das klar wurde, erlosch ihr Bewusstsein.
Danny Woodburnes Finger krampften sich immer stärker um das Lenkrad, je näher er dem Haus über den Klippen kam. Noch fuhr er durch die leeren Straßen von New Quay, rumpelte über das Kopfsteinpflaster hinweg und hörte das Rauschen der Brandung, das nur von dem unaufhörlichen Prasseln des Regens übertönt wurde.