Lore-Roman 196 - Yvonne Uhl - E-Book

Lore-Roman 196 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Regine von Levetzow verlässt Kanada nach dem Tod ihrer Eltern und freut sie sich auf ein neues Leben bei ihrer Tante Alice und Cousine Viktoria auf St. Benedikt. Fremd fühlt sie sich, doch schnell verliert sie ihre Befangenheit, als sie auf Philipp Graf Urbach trifft, der fast täglich auf dem Schloss ein- und ausgeht. Philipps Herz entbrennt lichterloh für die hübsche und so anmutige Regine, und auch sie hegt Gefühle für ihn. Doch sie hat Angst, ihren Sehnsüchten nachzugeben, weiß sie doch, dass Victoria ihn liebt und hofft, eines Tages seine Frau zu werden. Aber so soll es nicht kommen, denn Philipp macht Regine schließlich einen Antrag. Während die junge Gräfin nun versucht, ihren Platz in der neuen Familie zu finden, kämpft Viktoria im Stillen mit verletztem Stolz und dem Wunsch nach Rache ...

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Inhalt

Cover

Dann kam die Fremde ins Schloss

Vorschau

Impressum

Dann kam die Fremde ins Schloss

Der Roman einer großen Liebe

Von Yvonne Uhl

Regine von Levetzow verlässt Kanada nach dem Tod ihrer Eltern und freut sich auf ein neues Leben bei ihrer Tante Alice und Cousine Viktoria auf St. Benedikt. Fremd fühlt sie sich, doch schnell verliert sie ihre Befangenheit, als sie auf Philipp Graf Urbach trifft, der fast täglich auf dem Schloss ein- und ausgeht. Philipps Herz entbrennt lichterloh für die hübsche und so anmutige Regine, und auch sie hegt Gefühle für ihn. Doch sie hat Angst, ihren Sehnsüchten nachzugeben, weiß sie doch, dass Victoria ihn liebt und hofft, eines Tages seine Frau zu werden. Aber so soll es nicht kommen, denn Philipp macht Regine schließlich einen Antrag. Während die junge Gräfin nun versucht, ihren Platz in der neuen Familie zu finden, kämpft Viktoria im Stillen mit verletztem Stolz und dem Wunsch nach Rache ...

Als der Zug stampfend und pfeifend in dem Bahnhof der Kreisstadt St. Benedikt hielt, traten zwei Damen an die Waggons heran. Sie trugen maßgeschneiderte Kostüme und große Hüte.

»In welchem Waggon sie wohl sein mag?«, fragte die ältere der beiden Damen. Sie hatte ein ruhiges, schönes Gesicht und kluge graue Augen.

Aus einer Wagentür zweiter Klasse stieg jetzt ein junges Mädchen mit schulterlangem goldblondem Haar. Es wuchtete einen großen Koffer aus dem Waggon.

»Könnte sie das sein, Mama?«, raunte die jüngere der beiden Damen, eine hochgewachsene elegante Blondine, der Älteren zu.

»Ja, mein Gott, das ist Regine!«, stammelte Alice Baronin von Windisch mit vor Freude bebender Stimme. Sie eilte auf das goldblonde Mädchen zu. »Regine? Bist du Regine?«

Das junge Mädchen errötete. Es schlug ein Paar dunkelblauer Augen zu den beiden Damen auf.

»Tante Alice? Viktoria?«

»Gottlob, wir haben dich gefunden!« Die Baronin nahm ihre Nichte bei den Schultern und küsste sie herzlich auf die Wange. »Willkommen bei uns in St. Benedikt, Regine.« Sie ließ einen Blick über die dunkelblaue schmucklose Kleidung ihrer Nichte gleiten. Regine trug noch Trauer? Nach einem Jahr?

»Komm, unser Wagen steht draußen«, sagte Baroness Viktoria. Sie winkte einem Gepäckträger.

»Wie du meiner Schwester Jutta ähnlich siehst«, murmelte die Baronin. »Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, Regine.«

»Im nächsten Monat jährt sich ihr Todestag!«, sprach Regine leise.

Sie schritten dem Ausgang zu.

»St. Benedikt soll eine neue Heimat für dich werden«, sprach die Baronin freudig bewegt. »Viktoria wird dich in die Gesellschaft einführen. Wart nur ab, es wird dir bei uns gefallen.«

»Danke«, stammelte Regine von Levetzow verlegen. »Ihr seid so gut zu mir.«

***

Alice Baronin von Windisch ließ sich von dem Dienstmädchen aus dem Mantel helfen und strich ihr Kleid glatt. Sie folgte ihrer Tochter in den Wohnsalon.

»Viktoria, du bleibst doch hoffentlich zum Kaffee, schließlich ist sie deine Cousine. Du kannst jetzt nicht einfach verschwinden!«

Viktoria Baroness von Windisch hob die Schultern.

»Mama, sei nicht albern! Regine wohnt jetzt für immer bei uns. Da kommt es auf ein paar Stunden mehr oder weniger wirklich nicht an. Du weißt doch, dass Philipp mich abholen wird.«

»Ich bin sicher, Graf Urbach hat vollstes Verständnis dafür, wenn du dich heute entschuldigen wirst.« Die Baronin blickte ihre schöne Tochter aufmerksam an. »Du machst einen Fehler«, fuhr sie fort. »Jeden Tag sollte man seinen Verehrer nicht sehen. Warum machst du dich nicht ein bisschen rar? Wenn er dich liebt, wird er dich schmerzlich vermissen. Vielleicht beschleunigt das die Angelegenheit.«

Die Baroness warf das lange aschblonde Haar über die Schultern.

»Du zweifelst daran, dass er mich liebt?«, fragte sie. »Mama, das kann nicht dein Ernst sein. Seit über einem halben Jahr sieht er außer mir keine Frau mehr an, und ich bin die beste Reiterin im Klub.« Sie lächelte. »Mit mir nimmt es keine auf. Und da er ein großes Gestüt hat, braucht er eine Ehefrau, die auch etwas von Pferden versteht.«

»Was du für Gedanken hast!«, seufzte die Baronin. »Die Liebe vor allem ist entscheidend, Kind. Willst du ihn nur seines Reichtums wegen heiraten? Dann verzichte lieber sofort auf ihn.«

»Mama, was ist heute mir dir los?«

»Das will ich dir sagen!« Die Baronin blieb am Fenster stehen und sah hinaus. Auf ihrer hohen Stirn hatten sich Falten gebildet. »Als wir vorhin Regine vom Bahnhof abholten, habe ich euch zwei miteinander verglichen. Regine ist zwanzig Jahre alt und wirkt noch sehr süß und mädchenhaft. Du bist so selbstsicher, so gelassen. Ich bin nicht ganz genau informiert, welches Frauenideal die jungen Männer von heute haben, könnte mir aber vorstellen, dass sie sich mehr zu den anschmiegsamen, mädchenhaften hingezogen fühlen. Du willst die kühle blonde Schönheit sein, sehr klug und tüchtig, sportlich und kameradschaftlich, aber wünscht sich Philipp Graf Urbach wirklich so eine Frau?«

Sprachlos blickte die Baroness ihre Mutter an.

»Ich meine es doch nur gut mit dir, Viktoria«, fuhr die Baronin fort. »Ich merke doch, wie sehr du dir wünschst, dass Graf Urbach sich dir endlich erklärt.«

»Er ist eben ein Mann, der sich seine Entschlüsse gut überlegt«, stieß die Baroness hervor. »Und du glaubst, dass Regine mir gefährlich werden kann?«

»Aber nein, du hast mich völlig missverstanden. Doch mir fiel auf, dass du schon fünfundzwanzig Jahre alt bist und wirklich bald heiraten solltest.«

»Deiner Ansicht nach sollen sich die Dinge überstürzen?«

»Du solltest versuchen, die Dinge zu beschleunigen. Du siehst fabelhaft aus. Wer sagt dir, dass Graf Urbach nicht nur eine schöne, attraktive Begleiterin will und überhaupt keine Pläne für die Zukunft gefasst hat?«

»Das kannst du gar nicht beurteilen, Mama!«

»Gewiss, ich wollte dich auch nicht ärgern, Viktoria, aber als Mutter macht man sich so seine Gedanken.«

»Das ist völlig überflüssig, Mama. Wenn du glaubst, dass so ein kleines, dummes Gänschen wie Regine mir den Mann, den ich liebe, vor der Nase wegschnappen könnte, dann irrst du dich sehr.«

»Das meinte ich ja gar nicht.« Die Baronin unterdrückte einen Seufzer. Warum war Viktoria immer so aggressiv? Warum hatte sie dann so einen harten Zug um den Mund? Das würde doch sicher auch Graf Urbach auffallen.

Im Stillen betete die Baronin, dass der Graf und Viktoria sich sehr bald verloben würden. Viktoria hatte sich so auf den Grafen eingestellt, dass sie eine Enttäuschung bestimmt nicht leicht verwinden würde.

Der Wagenmotor vor dem Haus alarmierte Viktoria.

»Mama, da ist er schon!«, stieß sie hervor.

Sie eilte zum Fenster und stieß es auf.

»Viktoria! Hallo!«, rief Graf Urbachs sonore Stimme. »Bist du so weit?«

»Einen Augenblick noch, Philipp. Oder möchtest du einen Augenblick hereinkommen?«

»Gern!«

Viktoria eilte zur Haustür und öffnete sie.

Philipp Graf Urbach eilte die Treppe hinauf und streckte Viktoria die Hand hin.

»Wie hübsch du bist, Viktoria«, entfuhr es ihm. Dann lachte er. »Aber du bist viel zu elegant für das, was wir vorhaben. Erinnerst du dich nicht? Wir wollten Golf spielen.«

»Richtig!« Viktoria erschrak. »Ich ziehe mich rasch um, Philipp. Ein Hosenanzug wird das Richtige sein.«

Als die Baronin sich näherte, verneigte sich der Graf galant.

»Wenn ich Ihnen inzwischen Gesellschaft leisten darf, gnädige Frau?«

»Aber gern, mein lieber Philipp, herzlich willkommen. Immer holen Sie Viktoria nur ab, auf diese Weise bekomme ich Sie gar nicht zu Gesicht.« Sie legte ihre Hand auf Philipps Arm. »Heute ist alles ein bisschen durcheinander bei uns. Wir haben gerade Regine, meine Nichte, vom Bahnhof abgeholt. Hat Viktoria Ihnen erzählt, dass sie jetzt bei uns wohnen wird?«

»Die Cousine aus Kanada? Gewiss!« Philipp blieb stehen. »Wo ist sie?«

»Sie packt gerade mit Hilfe unseres Dienstmädchens ihren Koffer aus und zieht sich um. Sie war ja sehr lange unterwegs. Aber unser Kaffeetisch ist gedeckt. Wenn Sie mit uns eine Tasse trinken wollen? Wir würden uns freuen.«

»Aber gern, gnädige Frau!«, stimmte der Graf freudig zu.

Viktorias Stimme rief ihn zurück.

»Das können wir immer noch tun, Philipp. Wir sind ohnehin schon spät dran. Lass uns so schnell wie möglich zum Golfplatz fahren!«

»Aber wenn deine Mama mich doch einlädt«, protestierte Philipp peinlich berührt.

»Ich beeile mich!« Viktorias Stimme klang schärfer als sonst. Sie eilte die Treppe hinauf.

Der Graf blickte ihr nach.

»Sie dürfen ihr nicht böse sein. Sie hat heute ein wenig Kopfschmerzen«, log die Baronin.

»Es scheint so«, bemerkte er kühl. »Ich fand bisher, dass Viktoria überhaupt nicht launisch ist.«

»O nein, das ist sie nicht«, bestätigte die Baronin hastig. »Sie ist so ausgeglichen und beherrscht. Launen sind ihr wirklich fremd.«

Auf der Treppe wurde es laut. Gerade wollte die Baronin ihren Gast in den Salon führen, da kam leichtfüßig Regine von Levetzow die Treppe heruntergelaufen.

»Habe ich dich lange warten lassen, Tante Alice?«

»Aber nein, mein Kind!« Die Baronin lächelte. »Komm, ich möchte dich mit Graf Urbach bekannt machen, Regine!«

Philipp Graf Urbach starrte in die blauen Augen des Mädchens und war verzaubert.

Die Baronin stellte ihn ihrer Nichte vor. Wie ernst und rührend sie ist, dachte Philipp. Es gibt keinen größeren Gegensatz als dieses Mädchen und Viktoria.

»Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen, gnädiges Fräulein. Ich erfuhr von Viktoria, welch schweres Schicksal Sie drüben in Kanada erleiden mussten.«

Regine nickte. Sie senkte den Kopf.

»Ja, meine Mutter starb vor einem knappen Jahr, und ich war bis jetzt beschäftigt, unsere Farm und alles Vieh zu verkaufen. Nun habe ich alles hinter mir gelassen. Ich hoffe, dass es für mich hier in Deutschland einen neuen Beginn gibt.«

Philipp Graf Urbach lauschte ihrer warmen Stimme.

»Ich hörte mit Vergnügen, dass Sie hier in St. Benedikt bleiben wollen?«

Sie nahmen um einen Marmortisch in hochlehnigen Sesseln Platz.

»Ja, ich will irgendetwas Selbstständiges anfangen. Ich weiß noch nicht, was. Ich muss erst die hiesigen Verhältnisse kennenlernen.«

»Ich ahnte ja nicht, Regine, dass du mit so großen Plänen zu uns gekommen bist. Du willst dich selbstständig machen?«, staunte die Baronin.

»Mit dem Geld, das ich für die Farm erlöst habe. Ich hoffe, der Wechselkurs ist günstig für mich. Es handelt sich um einen Betrag von über fünfzigtausend kanadische Dollar. Wie viel mag das in deutschem Geld wohl sein?«

»Das kann ich Ihnen ziemlich genau sagen: das sind gut zweihunderttausend Mark.« Graf Urbach lächelte.

»Oh, wirklich?«, staunte Regine. »Kann man damit etwas anfangen?«

»Aber natürlich, Regine!«, versicherte die Baronin. »Woran dachtest du denn?«

»Ich weiß noch nicht. Gibt es einen Zoo in der Nähe?«

»Nein. Du willst einen Zoo eröffnen?«

»Vielleicht – oder eine Reitschule.«

»Sie mögen Pferde?«, fragte der Graf schnell.

»O ja!« Regines Augen begannen zu leuchten. »Daheim in Kanada hatten wir sehr viele Pferde.«

»Welche, gnädiges Fräulein?«

»Oh, die verschiedensten Rassen. Auch ein arabisches Vollblut war dabei. Dafür habe ich das meiste Geld bekommen. Dann waren noch drei Schimmel darunter, einige schwere deutsche Oldenburger, und dann natürlich die einheimischen Rassen: kräftige Arbeitstiere, die man Shire Stallions nennt, aber auch einige Hackneys und drei Morgan-Horses.«

»Sie kennen sich mit Pferden aus«, murmelte der Graf anerkennend. »Alle Achtung, gnädiges Fräulein!«

Die Baronin hatte das Gefühl, als ob der Graf und Regine ihre Anwesenheit völlig vergessen hätten.

Leichte Schritte auf der Treppe waren zu hören.

In einem weißen Wollhosenanzug stand Viktoria plötzlich im Raum.

»Ich bin so weit, Philipp!«, rief Viktoria. »Komm, ehe es dunkel wird, wir sind schon spät dran!«

Philipp Graf Urbach schlug die Beine übereinander.

»Ich glaube, wir sollten unser heutiges Golfspiel verschieben, Viktoria«, erklärte er ruhig. »Ich nehme die Kaffee-Einladung deiner hochverehrten Frau Mama dankend an.«

Viktorias Blicke wanderten zu Regine.

Auf Viktorias Gesicht spiegelte sich Eifersucht. Wegen Regine also wollte Philipp nicht mit zum Golfspiel.

Die Worte ihrer Mutter von vorhin fielen ihr ein: »Du solltest die Dinge beschleunigen, immerhin bist du ja schon fünfundzwanzig Jahre alt.«

Warum sieht Philipp Regine so an?, dachte Viktoria. Wütend wollte sie aufbrausen, doch ein Blick ihrer Mutter warnte sie.

Sekunden später hatte sie ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen.

»Also, gut«, sagte Viktoria, »bleiben wir hier und werden wir familiär. Wenn ich's mir so richtig überlege, dann habe ich auch Appetit auf Kaffee.«

»Der Anzug steht dir hinreißend«, rief Regine und sah die Cousine bewundernd an. »Bei uns in Kanada kleidet man sich mehr salopp, nicht so elegant.«

Diese kleine Katze, dachte Viktoria. Sie kritisiert mich mit süßem Lächeln und holdem Augenaufschlag.

»Bei uns ist eben manches anders«, erwiderte Viktoria eine Spur zu bissig, »aber ich habe euer Gespräch unterbrochen, Verzeihung.«

Graf Urbach wandte sich an Viktoria.

»Ich habe gerade festgestellt, Viktoria, dass deine Cousine sich fabelhaft mit Pferden auskennt. Denk dir nur, sie will eine Reitschule eröffnen.«

»Was?« Viktoria stutzte.

Regine biss sich verlegen auf die Unterlippe.

»Oder einen Zoo. Ich weiß noch nicht. Gibt es hier alte Bauernhöfe zu kaufen?«

»Halt, halt«, rief die Baronin lachend, »nicht so stürmisch, Regine. Du musst dich doch hier erst einmal einleben.«

Regine schüttelte den Kopf.

»Nein, Tante Alice, die Reihenfolge ist umgekehrt. Zuerst muss ich feststellen, ob sich mir hier Möglichkeiten bieten, um mich selbstständig zu machen. Dann werde ich mich schon einleben.«

»Soll das heißen, dass du vielleicht wieder fortgehst?«

Regine machte ein bekümmertes Gesicht.

»Nicht traurig sein, Tante Alice. Aber ich muss doch an meine Zukunft denken. Wenn sich eine andere Stadt für meine Pläne besser eignet, muss ich dorthin ziehen.«

»Und so etwas ist nun zwanzig Jahre alt«, staunte Viktoria. »Kommt über den Ozean mit einem Paket großer Ideen. Und wir dachten immer, du kämest mit einem Sack voll Probleme, Regine.«

»Ich musste mich ja leider zurechtfinden, Viktoria!«, seufzte Regine. »Nach dem furchtbaren Unfall meiner Mutter hatte ich plötzlich alle wichtigen Entscheidungen zu treffen. Es fiel mir bestimmt nicht leicht.«

Wäre sie nur drüben in Kanada geblieben, dachte Viktoria. Warum hat sie drüben nicht irgendeine Möglichkeit gefunden, Geld zu verdienen und sich als Unternehmerin zu fühlen? Jetzt haben wir sie hier auf dem Hals. Und wie Philipp sie ansieht. Mich hat er noch nie so angesehen. Muss ich also um Philipp mit Regine kämpfen?

Ich warne dich, du kleine Katze!, dachte Viktoria. Ich kann gefährlich werden, wenn du mir in die Quere kommst.

Aber sie machte gute Miene zum bösen Spiel. Niemand erriet ihre Gedanken. Die Baronin wunderte sich sogar, wie charmant und freundlich Viktoria auf einmal war.

***

Es war drei Wochen später, als Regine von Levetzow und Graf Urbach im gestreckten Galopp den Reitweg des Waldes entlangritten, der noch zum Schlossgebiet gehörte. Immer wieder musste Philipp seine Begleiterin von der Seite ansehen.

Das Herz wurde ihm weit vor Glück, wenn er in ihrer Nähe war. Nein, bei Viktoria Baroness von Windisch hatte er niemals so empfunden. Er liebte Viktoria nicht. Es hatte ihm nur geschmeichelt, an ihrer Seite gesehen zu werden. Viktoria war schön wie ein Bild, aber auch kühl und abweisend.

»Halt!« Er riss den Zügel an seiner Schimmelstute.

Regine sah ihn von der Seite an und hob unwillkürlich auch den Zügel ihres Pferdes.

Schnell drängte der Graf seine Stute an Regine heran.

»Ich muss mit Ihnen sprechen, Regine!«

»Warum? Was ist passiert?«

Er legte seine feste gebräunte Hand auf ihren Arm.

»Sehr viel, Regine. Ich brenne lichterloh. Und Sie sollten etwas dagegen tun. Zumindest müsste man das Feuer unter Kontrolle bekommen.«

Regine errötete. »Bitte, Philipp, so dürfen Sie nicht sprechen! Ich schäme mich. Nicht mir gebührt es, mit Ihnen einen Ausritt zu machen, sondern Viktoria. Sie wissen es. Ich fühle mich als Eindringling.«

»Unsinn!« Er beugte sich noch näher heran. Dann glitt er aus dem Sattel und half Regine vom Pferd. »Regine, zwischen Viktoria und mir war nur Freundschaft. Wir sind beide im selben Reitklub. Wir haben viel unternommen. Aber Liebe ist es nicht.«

»Philipp, bei Viktoria ist es Liebe. Sie erwartet, dass Sie sich mit ihr verloben.«

Philipps Gesicht zuckte schmerzlich.

»Wie gut, dass ich mich ihr noch nicht erklärt habe. Das Schicksal hat mich vor einer Riesendummheit bewahrt. Ich liebe Viktoria nicht. Aber ich will heiraten. Ein Mädchen wie Sie, Regine. Ein warmherziges, süßes Mädchen wie Sie.«

»Nein, Philipp, schweigen Sie, bitte!«

»Regine, sei doch ehrlich«, flüsterte Philipp. »Hast du dein Herz schon geprüft? Liebst du mich?«

Tränen rannen über Regines Wangen.

»Bitte, schweigen Sie, Philipp! Ich darf doch Viktoria nicht in den Rücken fallen.«

»Sie wird bestimmt bald jemand finden, der besser zu ihr passt«, sagte Philipp zornig. Er packte Regine bei den Schultern. »Sag mir jetzt die Wahrheit, Regine, es geht um unsere Zukunft! Eine Lüge kann ich jetzt nicht gebrauchen. Also, wie steht es um dein Herz?«

»Ich ...«

Sie sah ihn an. Die tränennassen Augen rührten ihn. Er zog sie an sich und presste seinen Mund auf ihre Lippen.

Regine widerstand ihm nicht. Sie klammerte sich an ihn, weil sie glaubte, ohnmächtig zu werden. Ich bin so glücklich. Oh, niemals ahnte ich, dass es so ein überwältigendes Gefühl gibt.

»Willst du meine Frau werden?«, drängte Philipp, als er sie endlich freigab.

Regine schwieg.

»Antworte, Regine, willst du meine Gräfin Urbach sein?«

Mit einem Aufschrei warf sie die Arme um seinen Hals.

»Ja, Philipp. O ja, ich will!«

***

»Du brauchst mir nichts zu sagen, Philipp«, winkte Viktoria kühl ab. »Ich bin euch nachgeritten und staunte nicht schlecht, als ich euch in enger Umarmung sah. Ich bin dann zurückgeritten. Ihr habt gar nicht gemerkt, dass ich euch beobachtet habe.«

»Wirklich nicht«, sagte Philipp. Es war merkwürdig: Er konnte ihr nicht richtig in die Augen blicken.

Aber musste er ein schlechtes Gewissen haben? Warum eigentlich? Er hatte Viktoria doch nicht betrogen. Er war doch gar nicht mit ihr verlobt. Mehr als ein paar Küsse waren zwischen ihnen nicht gewesen. Und das war gut so, dachte Philipp. Ich ließ mir bei Viktoria Zeit. Ich muss im geheimen gespürt haben, dass sie nicht die Richtige ist.

»Ich hoffe, du bist fair, Viktoria, und trägst es Regine nicht nach.«

Natürlich tue ich das, dachte Viktoria, aber das wirst du, Philipp, niemals erfahren. Einmal wird meine Stunde kommen. Einmal wird sich mir die Gelegenheit bieten, es dir und Regine zu vergelten. Ihr habt mir meine Zukunftspläne gehörig durcheinandergebracht. Ich wollte die Frau des reichen Grafen Urbach werden. Mir allein gebührt der Platz an seiner Seite.

Aber dann reiste Regine über den Ozean und nahm ihn mir weg. Aber sie wird eines Tages wünschen, dich nicht geheiratet zu haben. Sie wird eines Tages begreifen, was sie mir angetan hat.