Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 726 - Yvonne Uhl - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 726 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Nach fünf Jahren kehrt die mittlerweile fünfundzwanzigjährige Komtess Jolande von Geyer aus Amerika in ihre Heimat zurück. Es brach ihr damals das Herz, dass der Mann, den sie noch immer über alles liebt, sich für ihre Stiefschwester Simone und nicht für sie entschied.
Für Ivo von Lorenz war ihre Verbindung wohl nur eine flüchtige Liebelei, Jolande hingegen hat ihn niemals vergessen. Nun glaubt sie, auf dem gräflichen Schloss ein glückliches Ehepaar anzutreffen, doch die Ehe der beiden steckt in einer tiefen Krise. Während Ivo ernsthaft mit dem Gedanken an eine Scheidung spielt, die es nie zuvor im Geschlecht der Grafen von Lorenz gab, schmiedet Simone mit ihrem Liebhaber heimlich Pläne, sich des verhassten Gatten auf andere Weise zu entledigen ...

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Inhalt

Cover

Wenn die Eifersucht erwacht

Vorschau

Impressum

Wenn die Eifersucht erwacht

Meisterwerk um die Bewährungsprobe einer Liebe

Nach fünf Jahren kehrt die mittlerweile fünfundzwanzigjährige Komtess Jolande von Geyer aus Amerika in ihre Heimat zurück. Es brach ihr damals das Herz, dass der Mann, den sie über alles liebte, sich für ihre Stiefschwester Simone und nicht für sie entschied.

Für Ivo von Lorenz war ihre Verbindung wohl nur eine flüchtige Liebelei, Jolande hingegen hat ihn niemals vergessen. Nun glaubt sie, auf dem gräflichen Schloss ein glückliches Ehepaar anzutreffen, doch die Ehe der beiden steckt in einer tiefen Krise. Während Ivo ernsthaft mit dem Gedanken an eine Scheidung spielt, die es nie zuvor im Geschlecht der Grafen von Lorenz gab, schmiedet Simone mit ihrem Liebhaber heimlich Pläne, sich des verhassten Gatten auf andere Weise zu entledigen ...

»Du musst das verstehen, Jo!« Ivo Graf von Lorenz' Augen leuchteten. »Ich weiß, es ist gemein, wenn ich mit dir darüber spreche, aber du musst es erfahren.«

Jolande Komtess von Geyer wandte den Kopf, um ihm nicht mehr in die Augen sehen zu müssen.

Er packte ihre schmalen Schultern.

»Was uns verbunden hatte, Jo, war anders.«

Jos Kopf ruckte zurück.

»War?«, fragte sie tonlos.

Ivo ließ ihre Schultern los.

»Mach es mir doch nicht so schwer, Jo. Wir können doch Freunde bleiben.«

Jolande schwieg.

»Du stehst mir noch immer sehr nahe, Jo«, fuhr Ivo Graf von Lorenz fort. »Ehe ich sie kennenlernte, glaubte ich auch ganz fest daran, dich zu lieben. Aber dann ...«

»Dann kam Simone, und du verlorst dein Herz an sie. So war es doch, nicht wahr?«

Ihre Stimme klang ganz ruhig. Sie sah Ivo an und wusste, dass sie ihn immer und bis in alle Ewigkeit lieben würde. Doch das durfte er nicht wissen. Sie musste so tun, als wäre es für sie nur ein Flirt gewesen.

»Warum«, sagte sie, »glaubst du, dass ich dafür kein Verständnis habe?« Sie brachte sogar ein Lächeln zustande. »Weißt du, im Grunde war unser Verhältnis mir doch ein Klotz am Bein.«

»Ein Klotz?«, wiederholte er verblüfft.

»Ja, genau. Du weißt doch, was mir alles im Kopf herumspukt. Ich will meinen Job weiter ausbauen und von der Welt etwas sehen. Eine dauernde Bindung zwischen dir und mir wäre ohnehin nicht möglich gewesen.«

Er starrte sie ungläubig an. Seine verletzte Eitelkeit regte sich. Oder empfand er in diesem Augenblick auch ein wenig Trauer darüber, dass sie so schnell bereit war, ihn aufzugeben?

»Ich bin dafür, mit offenen Karten zu spielen, Jo«, sagte er dann. »Simone und ich sind uns schon einig. Wir werden heiraten.«

Jolande hatte es geahnt. Wie oft hatte er sich in den letzten Tagen heimlich mit Simone vom Schloss entfernt? Ihre Stiefschwester und er waren ja geradezu unzertrennlich gewesen in der vergangenen Woche.

Bis zuletzt hatte Jolande gehofft, dass Ivos Liebe zu ihr größer sein würde als sein Interesse an Simone.

»Ich werde morgen abreisen, Ivo«, sagte Jolande. »Das war sowieso mein Plan. Ich hoffe, du verstehst, dass ich nicht beleidigt oder verletzt bin.«

»Bis zu unserer Verlobung könntest du wenigstens bleiben.«

Was dachte er sich eigentlich?, fragte Jolande sich. Glaubte Ivo wirklich, sie könnte als fröhlicher Gast an der Verlobung teilnehmen?

»Ihr werdet es überleben«, scherzte sie. »Meine Freunde aus der Fotoschule haben sich in Philadelphia zusammengefunden und eine Clique gebildet. Und sie schreiben dauernd, ich soll zu ihnen kommen. In den Staaten gibt es tolle Möglichkeiten für Fotografen, vor allem in der Werbung.«

»Deshalb hast du also dauernd Post aus Philadelphia bekommen«, murmelte Ivo. Er entsann sich, dass er noch vor ganz kurzer Zeit rasend eifersüchtig gewesen war auf diese Leute, die Jo dauernd Briefe schrieben.

Jetzt aber war er ganz erfüllt von der großartigen, strahlenden Simone von Geyer.

Sekundenlang zog Ivo Jolande an sich. Er spürte die Wärme ihres jungen Körpers.

»Wir werden durch Simone immer miteinander verbunden sein«, sagte er. »Ich will dich nie aus den Augen verlieren, Jo, denn du stehst meinem Herzen immer noch sehr nahe.«

Jolande schob ihn sanft von sich.

»Du tust gerade so, als ob wir eine große Liebe zu Grabe tragen müssten.« Sie lachte. »Ich werde meine Koffer packen. Außerdem hat Simone mich zu einer Partie Schach gebeten. Wolltest du dich nicht an deine Steuererklärungen machen?«

»Ja, das muss ich. Wer wird mich daran erinnern, wenn du nicht mehr da bist? Ich glaube, Simone hat für solche Dinge keinen Sinn. Jo, du bist fabelhaft!«

»Danke, Ivo. Darf ich das Kompliment zurückgeben?« Wenn er nur nicht merkt, wie es in mir aussieht, dachte Jolande. »Unsere Zeit war zauberhaft, Ivo. Ich werde sie niemals vergessen. Wir sind eine Strecke gemeinsam gegangen, du, mein entfernter Cousin, der reiche Gestütsbesitzer und Schlossherr, und ich, die arme Verwandte aus der Großstadt. Ich habe deinen Besitz, deine Pferde, dein Schloss lieben gelernt wie eine Heimat.«

»Das Kiefernschloss und wir alle wollen dein Zuhause sein«, erwiderte Ivo Graf von Lorenz ernsthaft. »Simone ist deine Schwester, und du liebst sie doch?«

»Ich liebe sie sehr«, bestätigte Jolande.

»Gut. Und ich will dir immer ein brüderlicher Freund sein. Komm zu uns, wenn du in Not bist, wenn du dich ausruhen willst, wenn du uns brauchst. Wir werden immer für dich da sein.«

»Wir sind reichlich theatralisch, was?«, meinte Jolande und lachte.

Er legte den Arm um ihre Schultern und ging mit ihr aufs Schloss zu. Jo ist mir sehr ans Herz gewachsen, dachte er, aber Simone lockt mit ihrer Schönheit, mit ihrem reizvollen Wesen, ihrer Heiterkeit und ihren typisch weiblichen Attributen.

Auf der Schlosstreppe tauchte Simone Komtess von Geyer auf. Sie sah zauberhaft aus in ihrem roten Kleid. Im Gegensatz zu Jos braunen Augen hatte sie tiefgrüne Augen, die wie Smaragde strahlten.

Sie hat mir Ivo weggenommen, dachte Jolande und ging lächelnd auf ihre Stiefschwester zu.

Simone ist meine Zukunft, mein Glück, die Erfüllung meiner geheimsten Träume, dachte Ivo und nahm die Hand von Jolandes Schultern.

♥♥♥

Fünf Jahre waren vergangen.

Percy Jeremy Miller stand am Fenster von Jolandes Atelier und sah hinab auf die belebte Trenton Street von Boston.

Ihm war oft in letzter Zeit schwindelig, und er wusste nicht, woher es kam.

Er hob den Kopf und lauschte. Aus der Dunkelkammer kam kein Geräusch.

»Jo? Bist du bald fertig?«, rief er.

»Gleich, Percy«, gab ihre frische Stimme zur Antwort. Percy lächelte. Wie besessen sie war! Es gab ihr keine Ruhe. Sie musste die Filme, die sie in den Slums von New Orleans geknipst hatte, sofort entwickeln. Er hörte ihren Aufschrei.

»Percy! O Percy!«, rief Jolande. »Mir ist der Wurf des Jahrhunderts gelungen!«

Die Lichter der Autos, die unten auf der Trenton Street entlangfuhren, irritierten Percy Jeremy Miller. Ich brauche einen Drink, dachte er. Ich müsste einmal Urlaub machen.

Er drehte sich um, ging zu Jolandes Hausbar und genehmigte sich einen Whisky. Vielleicht fahre ich mit Jo im Sommer nach Old Germany, dachte er, zu ihren Verwandten, die auf einem richtigen Schloss wohnen.

Seltsam! Jo schien nicht den Wunsch zu haben, ihre alte Heimat wiederzusehen.

Mit dem noch feuchten Abzug kam sie aus der Dunkelkammer. Ihr weißer Kittel war zerdrückt. Sie hielt das Foto mit spitzen Fingern an einer Ecke und trug es zu Percy.

»Nun schau dir das an, Percy. Sag bloß, dass es kein packendes Foto ist.«

Unwillkürlich legte Percy seinen Arm um ihre Schultern. Er versuchte das Motiv auf dem frisch entwickelten Bild zu erkennen, doch alles verschwamm vor seinen Augen.

»Mir ist so schwindelig«, stöhnte er.

Jolande warf ihm einen Blick zu und erschrak. Sein Gesicht war leichenblass, und seine Lippen schimmerten blau.

»Percy, bist du krank?«

»Ich weiß nicht!«

Jolande führte ihn zu einem Sessel.

»Setz dich schnell hin«, befahl sie besorgt. Vorsichtig legte sie das Foto auf den niedrigen Lampentisch und beugte sich zu Percy hinunter. »Was ist los mit dir, alter Junge?«

»Vor meinem Tod wäre ich so gern mit dir noch vor den Traualtar getreten, Jo«, stöhnte er.

»Hör mit dem Quatsch auf.« Jolande griff neben sich nach dem Telefon und wählte die Nummer des Arztes. Der Doc wohnte im selben Haus wie sie, nur fünfzehn Stockwerke tiefer.

Doc Tracy meldete sich sofort.

»Hier ist Jolande von Geyer«, sagte sie. »Doc, können Sie bitte gleich raufkommen? Ich glaube, mein Bekannter hat einen Herzanfall erlitten.«

»Ich habe zwar das ganze Wartezimmer voll, aber für Sie tue ich alles, das wissen Sie doch«, erwiderte der Arzt. »Bin in vier Minuten oben.«

Jolande legte den Hörer auf und schaute besorgt auf ihren Freund.

Percy Jeremy Miller schien es Probleme zu bereiten, Luft zu holen. Jolande sprang hoch und öffnete die Fenster.

Es klingelte an der Wohnungstür. Sie lief hin und öffnete.

Doc Tracy war ein attraktiver Fünfziger, stets optimistisch und gut gelaunt.

»Na, wo brennt's denn, Jo?«, fragte er und zwinkerte ihr zu.

»Kommen Sie bitte«, murmelte Jo und ging ihm voran.

Doc Tracy sah den Mann im Sessel und wusste mit einem Blick, dass er einen schweren Herzinfarkt vor sich hatte.

Ein kurzer Testblick in die Pupille, ein Griff nach dem Puls, dann öffnete er seine Tasche. Er holte eine Injektionsspritze aus dem bakterienfreien Behälter, suchte in der Tasche nach der Ampulle, dann hörte er Jolandes Aufschrei.

Der Arzt fuhr herum zu dem Kranken.

Percy war zusammengesackt. Sein Atem war erloschen. Der Arzt legte die Injektionsspritze zurück, fühlte erneut den Puls, fand ihn aber nicht mehr.

Hastig riss er den Kranken aus dem Sessel, legte ihn flach auf den Teppich und begann mit der Herzmassage.

»Sie müssen helfen, Jo«, keuchte er, »nehmen Sie seine Arme, führen Sie sie über den Kopf und wieder herunter, immer gleichmäßig.«

Jo nickte. Sie kniete sich oberhalb des Kopfes von Percy auf den Boden und bewegte seine Arme, wie der Arzt es ihr erklärt hatte.

Fünf Minuten arbeiteten die beiden schweigend. Schweiß bildete sich auf Doc Tracys Stirn. Jolandes Gesicht war wie versteinert.

»Geben wir's auf, Jo«, sagte der Arzt schließlich und nahm seine Hand von der Brust des Mannes. »Er ist tot.«

Mit leerem Blick starrte Jolande durch Doc Tracy hindurch. Sie konnte es einfach nicht fassen.

Der Arzt sprang auf, eilte zur Hausbar und goss ein Glas halb voll Whisky. Damit trat er zu Jolande und zwang sie, es auszutrinken.

»Sie kommen mit mir in die Praxis«, bestimmte er dann. »Schwester Mabel wird Ihnen eine Beruhigungsspritze geben. Und heute Nacht schlafen Sie wohl besser in einem Hotel.«

»Hotel?«, wiederholte Jolande.

»Ja. Heute ist es schon spät. Wir kriegen keinen Leichenwagen mehr, der ihn abholt.«

Doc Tracy versperrte die Wohnung und fuhr mit Jolande mit dem Lift nach unten.

»Wann hatten Sie zuletzt Urlaub, Jo?«, fragte er sie.

»Warum?«

»Sie brauchen einen Tapetenwechsel. Sie wollten heiraten, nicht wahr?«

»Ja. Vielleicht.«

Er betrachtete sie wortlos. Sie war so ungefähr das hübscheste Girl, das er je zu seinen Patientinnen gezählt hatte. Jolande von Geyer strahlte eine anmutige Natürlichkeit aus.

Der Mann, der sie mal bekommt, kann sich glücklich schätzen, dachte der Arzt.

Er führte Jolande auf seine Praxistür zu und übergab sie dann seiner Krankenschwester.

»Geben Sie gut auf sie acht. Und rufen Sie ein Beerdigungsinstitut an, Schwester Mabel.«

»Wer ist gestorben?«, erkundigte sich die Krankenschwester.

»Wie heißt er, Jo?«, fragte der Arzt.

»Percy Jeremy Miller!«, erwiderte Jolande tonlos. »Ja, er wollte mich heiraten. Aber ich habe ihn immer hingehalten. Erst heute wieder hat er vom Heiraten gesprochen.«

Vielleicht wäre es eine gute Ehe geworden, dachte Jolande. Adieu, Percy. Du warst immer so feinfühlend, so taktvoll. Jetzt erst weiß ich, was ich an dir verloren habe.

♥♥♥

Als Ivo Graf von Lorenz von seinem Gestüt zum Schloss hinüberritt, sah er gerade noch die Rückleuchten des roten Autos.

Er starrte die Straße entlang. Seine Lippen wurden schmal.

»Warum nur, Simone?«, fragte er sich leise. Er fühlte sich elend und wusste nicht, wie es weitergehen sollte.

Warum war Simone so ruhelos? Warum suchte sie immer die Gesellschaft dieser zweifelhaften Menschen? Wie weit ging Simone in ihrer Freundschaft zu diesen Leuten?

Seit einigen Wochen waren Ivo Zweifel gekommen. Konnte er sich auf Simones Treue verlassen?

Ja, er war misstrauisch geworden, und das Misstrauen ließ ihn nicht mehr los.

Er sah Simone in den Armen eines anderen Mannes. In Gedanken sah er, wie sie sich ihm zuwandte und ihm ihre Lippen bot. Er spürte fast körperlich ihre Hingabe.

Vor der Schlosstreppe sprang Ivo aus dem Sattel und führte seine Fuchsstute am Halfter weiter bis zum Hof. Ein Pferdebursche nahm ihm das Reitpferd ab.

»Hat meine Frau gesagt, wann sie wiederkommt?«

»Nein, Herr Graf! Nichts hat sie gesagt. Ich musste nur ihren Wagen voll auftanken.«

Ivo nickte. Mit langen Schritten ging er aufs Haus zu. In der Halle kam ihm die ältliche Schlosssekretärin Tilly Beckmann entgegen.

»Herr Graf«, wisperte sie. »Das Fernamt hat gerade angerufen. Eine Voranmeldung aus Amerika. Gräfin oder Graf von Lorenz werden verlangt. Soll ich zurückrufen und sagen, dass Sie sprechbereit sind?«

Jo!, dachte Ivo Graf von Lorenz erstaunt. Es kann nur Jo sein, die uns sprechen will.

»Ja. Stellen Sie das Gespräch ins Jagdzimmer um, Tilly«, erwiderte Ivo. Mein Gott, fünf Jahre war es her, seitdem Jolande fortgegangen war.

Der Graf begab sich ins Jagdzimmer und drückte die Tür hinter sich ins Schloss. In einem breiten Gewehrschrank standen dort sechs wertvolle Jagdflinten in Reih und Glied. Ivo öffnete den geschnitzten Eichensekretär und entnahm ihm eine Flasche Gin. Er goss sich ein Glas halb voll und trank in kleinen Zügen.

Damals war Jolande ein blutjunges, zartes Mädchen mit großen braunen Augen gewesen. Sehr burschikos, sehr sportlich. Wie er mit ihr immer um die Wette geritten war! Und er dachte auch an die Nächte, die er mit ihr, diesem zauberhaften Mädchen, verbracht hatte.

Eine zärtliche Regung erfasste ihn. Erst jetzt begriff Ivo, was er damals mit Jolande verloren hatte.

Seine Lippen wurden schmal. Das heiße Strohfeuer, das ihn zu Simone hingezogen hatte, war schnell erloschen. Nachdem sie seine Frau geworden war, hatte sie die Maske fallen lassen. Eine habgierige, oberflächliche Frau war unter der Larve hervorgekommen.

Ich bin bis zu meinem Lebensende an sie gefesselt, dachte Ivo bitter. In unseren Kreisen lässt man sich nicht scheiden. Simone wird immer meine Frau bleiben, auch wenn sie die Grenzen des guten Geschmacks verletzt und meinen guten Namen ruiniert.

Die dezente Telefonklingel auf dem Eichenschreibtisch riss ihn aus seinen Gedanken. Er eilte zu dem Apparat und nahm den Hörer ab.

»Lorenz«, meldete er sich.

»Graf von Lorenz, einen Augenblick bitte. Ein Ferngespräch aus Boston. Ich habe den Gesprächsteilnehmer schon in der Leitung.«

Ivo lauschte. Er spürte, wie sein Herz hart in der Brust pochte.

»Wer spricht dort?«, hörte er Jolande nun sagen. »Hier ist Jolande.«

»Ich bin's, Ivo!«, rief er. »Was ist passiert, Jolande?«

»Ich bin urlaubsreif, Ivo! Darf ich zu euch kommen?«, fragte sie.

»Sofort, zu jeder Zeit«, erwiderte Ivo erfreut. »Wann können wir dich erwarten? Jo, ich freue mich irrsinnig, dich wiederzusehen!«

»Wird es Simone recht sein?«, hörte er Jolande fragen.

»Natürlich, Mädchen. Wann kommst du?«

»Ich nehme die Maschine morgen früh. Ich muss in New York umsteigen. Übermorgen bin ich bei euch auf dem Kiefernschloss.«

»Ich hole dich ab. Ich werde mich erkundigen, mit welcher Maschine du kommst. Jo, ich freue mich!«

»Bis bald, Ivo!«

Gedankenverloren legte er den Hörer auf.

Wie mag es Jo in diesen fünf Jahren ergangen sein?, fragte er sich. Ob sie glücklich geworden ist? Nur zu Weihnachten und zu Ostern schrieb sie immer ein paar Zeilen.