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Dawn Learys Leben könnte nicht chaotischer sein. Denn als wäre der bevorstehende Prozess noch nicht genug, schleicht sich auch Tristan wieder in ihr Leben. Aus Angst vor erneuten Verletzungen wehrt sie seine Annäherungsversuche zunächst ab. Doch wie lange kann sie seiner Anziehungskraft widerstehen?
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Copyright © 2018 Drucie Anne Taylor
Korrektorat/Lektorat: Lea Müller
Umschlaggestaltung © D-Design Cover Art
Aufage: 1 / 2023
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beab- sichtigt.
Dieses Buch erschien bereits 2015 unter dem gleichen Titel und dem Pseudonym River McLean
Dawn Learys Leben könnte nicht chaotischer sein. Denn als wäre der bevorstehende Prozess noch nicht genug, schleicht sich auch Tristan wieder in ihr Leben. Aus Angst vor erneuten Verletzungen wehrt sie seine Annäherungsversuche zunächst ab. Doch wie lange kann sie seiner Anziehungskraft widerstehen?
Was ist passiert?
Neuer Job, altes Leid
Der Prozess
Carsyns Geheimnis
Deal mit Folgen
Will
Tristans Freunde
Hochzeitstorten und Ringe
Quitt
Hochzeitsglocken
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Rechtliches und Uninteressantes
Als ich zu mir komme, höre ich ein aufdringliches Piepen.
»Sie wacht auf«, vernehme ich Wills Stimme.
Ich fasse an meinen Kopf, bevor ich die Augen aufschlage. »Was ist denn … passiert?«
Will sitzt neben mir auf einem Stuhl. »Du bist im Gerichtssaal umgekippt. Warum hast du keinem von uns gesagt, dass es dir nicht gut geht?«
»Mir ging es gut, bis ich ihn gesehen habe«, antworte ich leise. »Warum bin ich im Krankenhaus?«
»Weil ich einen Krankenwagen gerufen habe, Ms. Leary«, antwortet Mr. Conelly. »Wir wussten nicht, was mit Ihnen los ist, deshalb war es das Beste, was getan werden konnte.«
»Ist mit mir denn alles in Ordnung?«, frage ich leise.
Will nickt. »Ja. War wohl nur die ganze Aufregung, die sich bei dir gezeigt hat.« Er seufzt. »Tristan wartet vor der Tür, soll ich ihm etwas sagen?«
»Dass er nach Hause gehen soll.« Ich schaue zu meinem Anwalt. »Es tut mir leid, dass der Prozess meinetwegen nicht stattfinden konnte.«
»Er wurde vertagt. Ich soll dem Richter Bescheid geben, wenn es Ihnen besser geht, dann wird ein neuer Termin angesetzt.«
Ich atme tief durch. »Das heißt also, dass es sich weiter hinzieht.«
Er nickt. »Leider ja, aber Ihre Gesundheit geht vor, Ms. Leary.«
Daraufhin seufze ich schwer. Ich muss noch länger damit zurechtkommen, dass ein Damoklesschwert über mir schwebt und jeden Moment auf mich herabstürzen kann.
»Ich werde mich nun verabschieden. Ich wünsche Ihnen gute Besserung, Ms. Leary«, lächelt Mr. Conelly.
»Danke.«
»Melden Sie sich bitte, wenn es Ihnen besser geht.«
Ich richte mich auf. »Es geht mir gut. Ich habe bloß Kopfweh. Sicher war es nur die Aufregung.«
»Das sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen. Auf Wiedersehen.«
»Wiedersehen«, erwidere ich, als mein Anwalt bereits zur Tür geht.
Mit einem Räuspern macht Will mich auf sich aufmerksam. »Soll ich Tristan wirklich sagen, dass er gehen soll?«
»Ich … Ja, weil ich absolut keine Ahnung habe, was er überhaupt von mir will«, antworte ich verlegen.
»Er macht sich Sorgen um dich, Dawn«, mischt Micah sich ein. »Wie wir alle.«
»Jeder Mensch kippt mal um.«
»Aber nicht, wenn es ihm sonst immer gut geht.«
Ich seufze schwer. »Leute, ich war aufgeregt. Es geht wirklich.«
»Sprich wenigstens mit dem Arzt, bevor du dich auf eigene Faust entlässt«, bittet Will.
»Na gut.«
»Ich werde nach dem Arzt suchen.«
Will sieht zu Micah, der seine Hände in den Hosentaschen vergraben hat und sich wahrscheinlich unnütz vorkommt. Ganz gewiss ist es so. Das war früher schon so. »Ich komme mit und schaue nach einem Kaffeeautomaten.«
»Und auf dem Weg könnt ihr Tristan nach Hause schicken … Bitte«, mische ich mich ein.
Will schenkt mir sein schalkhaftes Lächeln. »Machen wir.«
»Danke.« Ich greife nach der Fernbedienung fürs Bett und stelle das Kopfteil auf, als die beiden gehen. Ich hoffe, dass ich heute wieder entlassen werde. Ich fühle mich gut und abgesehen von den Kopfschmerzen mir fehlt nichts, es war bloß die Aufregung über all diesen Ärger.
Nach einer Weile klopft es an der Tür. »Dawn?«
Der raue Klang dieser vertrauten Stimme, die mir schon so süße Worte zugeflüstert hat, lässt mich erstarren. »Ich bat Will darum, dich nach Hause zu schicken.«
»Darf ich trotzdem reinkommen?«
»Warum? Damit du dich darin suhlen kannst, dass es mir schlecht geht?«
»Unsinn.«
Ich hole tief Luft. »Na dann.«
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er hereinkommt und die Tür hinter sich schließt. In seinem maßgeschneiderten Anzug, über dem er einen langen Wollmantel trägt, sieht er einfach göttlich aus. Das ist so unfair! »Wie fühlst du dich?«, erkundigt er sich, als er näherkommt.
»Verklagt.« Ich ziehe die Decke höher, weil ich mich in diesem Krankenhaushemdchen nicht zeigen will.
Er schnaubt amüsiert. »Ich hab’ dein heißes Nachthemd schon gesehen.«
Ich schaue zu ihm hoch. »Was willst du, Tristan?«
Er öffnet sein Jackett und nimmt auf Wills Stuhl Platz. »Sehen, wie es dir geht.«
»Das hast du jetzt.«
»Dawn, ich wollte nicht so weit gehen, aber die Beweise sprechen gegen dich.«
»Hm, im Zweifel für den Angeklagten. Ich hatte nichts mit Hudsons Geschäften zu tun, aber es ist ja entzückend, dass du deinem Bruder mehr glaubst als der Frau, die du lie–, die du geliebt hast«, entgegne ich und kann mir einen bissigen Unterton nicht verkneifen. Warum musste Hudson alles zerstören, was ich mühsam wiederaufgebaut hatte?
»Ich musste handeln.«
»Du hättest mir glauben müssen.«
»Wie hätte ich das tun sollen, wenn unter neunzig Prozent der betroffenen Verträge deine Unterschrift steht? Wie hätte es auf dich gewirkt, wärst du in meiner Situation gewesen?«, möchte er wissen und einmal mehr nimmt seine Stimme den Ton an, der mich unglaublich erregt.
Ich atme schwer. Nicht, weil ich wütend bin, mehr bin ich aufgeregt. »Ich hätte dir eine Chance gegeben, es mir zu erklären, und nicht gedroht, dein Leben zu zerstören. Du hast mir gesagt, dass ich in dieser Stadt keinen Fuß mehr auf den Boden setzen könne, wenn du erst mit mir fertig wärst. Glaubst du, so was von dem Mann zu hören, den man mit jeder verfickten Faser seines Herzens liebt, ist ermutigend?«
Er erblasst. »Dawn, ich war wütend über den Vertrauensbruch.«
»Du hast mich nicht einmal ausreden lassen, sondern gekündigt und weggeschickt!«
»Ich weiß und den Fehler will ich wiedergutmachen!«, herrscht er mich an.
»Dann zieh die Anzeige gegen mich zurück, das würde mir ungemein helfen.«
»Ich kann die Klage nicht zurückziehen.«
Ich nicke knapp. »War das dann alles?«
»Würdest du dich mit mir zum Essen treffen, wenn du entlassen wirst?«
»Nein.«
»Dawn, bitte.«
Ich schüttele den Kopf. Seine leuchtenden Augen werden mich nicht mehr um den kleinen Finger wickeln. »Ich möchte dich nicht mehr sehen, Tristan. Du hast mir wehgetan, sehr sogar, und du vertraust mir nicht. Das bringt nichts.«
»Es tut mir leid, dass ich dich gestört habe.« Er erhebt sich und knöpft sein Jackett zu, anschließend den Mantel. »Allerdings wollte ich dir die Gelegenheit geben, dich zu erklären.«
»Ich werde sie im Gerichtssaal haben.«
»Gute Besserung.« Tristan wendet sich ab und geht an die Tür.
Ich schließe die Augen. »Warte.«
Er bleibt stehen. »Warum?«
»Ich habe wirklich nichts mit der Sache zu tun und ich hoffe, du wirst es mir irgendwann glauben. Jetzt möchte ich dich um etwas bitten.«
Daraufhin dreht er sich zu mir um und sieht mich mit einer gehobenen Augenbraue an. »Um was?«
»Wenn ich mit dir essen gehe, wirst du mich bitte nicht zerstören. Ich möchte in Seattle bleiben und arbeiten können, ohne je wieder an diesen Prozess erinnert zu werden. Versprich es mir und ich gehe mit dir essen«, antworte ich vorsichtig. Es ist eine große Sache, die ich von ihm fordere, immerhin muss er eine Menge Kontakte spielen lassen, damit ich nicht für jeden Arbeitgeber völlig verbrannt bin. Aber mit dem jetzigen Stand kann ich nicht viel machen, außer in einer Starbucks Filiale arbeiten, und selbst das wird schwer, wenn ich wegen Betrug verurteilt werden sollte.
»Sag mir Bescheid, wann du Zeit hast, ich werde mir den Abend freinehmen.«
»Mache ich.«
Er nickt. »Bis bald, Dawn.«
»Bye.«
Als er den Raum verlassen hat, würde ich am liebsten ins Kissen beißen. Es kann doch nicht wahr sein, dass ich das wirklich getan habe. Schlimmer noch, dass er sich darauf eingelassen hat. Tristan ist so reich, dass er mich wie eine Ameise unter seinem Schuh zerdrücken könnte, aber er tut es nicht. Er gibt mir noch eine Chance, ihm zu erklären, dass ich nicht in Hudsons üble Machenschaften verwickelt war. Ich frage mich, wie viele Beweise ich noch liefern muss, immerhin hat sein Anwalt die Unterlagen von Mr. Conelly gesehen, als dieser versuchte, die Angelegenheit außergerichtlich zu lösen. Doch der Termin war vergeben, die Anklage geschrieben und mein Leben vorerst am Arsch. Ich weiß nicht, wie ich meine Miete bezahlen soll, denn meine Ersparnisse sind aufgebraucht, wenn ich meinen Anwalt bezahlt habe. Meine letzte Möglichkeit ist es, mit Micah zurück nach Kansas zu gehen und dort zum Cowgirl zu avancieren.
Back to the roots.
* * *
»Los! Zieh dich um, nimm deinen Krempel und komm, damit ich dich und Micah nach Hause bringen kann. Du bist entlassen!«
»Ja, Daddy«, erwidere ich grinsend und stehe auf. Meine Unterwäsche trage ich noch unter dem sexy Nachthemd der Klinik, zum Glück, sonst wäre ich nun wohl mit dem nackten Hintern vor meinen beiden engsten Vertrauten herumstolziert. Schlimm wäre es nicht, aber peinlich.
Nachdem ich mich umgezogen und meine Entlassungspapiere erhalten habe, machen wir uns auf den Weg zu mir nach Hause. Die Rechnung vom Krankenhaus möchte ich gar nicht erst öffnen, denn die wird mir definitiv das Genick brechen, auch wenn ich nur einen Kreislaufzusammenbruch hatte. Allein die Kosten für den Krankenwagen werden enorm sein. Danach werde ich mir nichts mehr leisten können, nicht einmal Fertignudeln.
Ich bin absolut pleite!
* * *
Sobald ich allein bin, werde ich mich bemühen, den Betrag in Raten begleichen zu können. Und einen Job brauche ich auch.
»Alles okay, Dawny?«, möchte Will wissen, als er zu mir ins Schlafzimmer kommt.
Ich schiebe die Schublade, in der ich die Krankenhausrechnung abgelegt habe, zu, dann sehe ich ihn an. »Ja, ich bin bloß etwas unruhig. Ich hätte es jetzt schon hinter mir haben können, aber es sollte nicht sein.«
Er kommt näher und zieht mich in eine sanfte Umarmung. »Das wird schon wieder.«
»Hoffentlich hast du recht.«
Will löst sich von mir und lächelt mich an. »Wo ist denn die zuversichtliche Dawn, die ich kennengelernt habe, hin?«
»Ich glaube, ich habe sie in Kansas gelassen.«
»Dann hol sie ganz schnell ab, denn sie wird hier gebraucht.«
Ich schüttele den Kopf, anschließend nehme ich auf meinem Bett Platz. »Ich habe Angst, Will, dieser Prozess und das ganze Drumherum werden mich finanziell zerstören. Und zu allem Überfluss will Tristan jetzt mit mir essen gehen, damit ich ihm die Erklärung geben kann, die er mir damals nicht ermöglichte.«
Er hebt eine Augenbraue. »Ernsthaft?«
Ich nicke hektisch. »Ja. Ich habe unter der Bedingung zugestimmt, dass er mich nicht vollkommen ruiniert. Ich meine, ich muss von irgendwas leben und einen Job finden, der mir das auch problemlos ermöglicht.«
»Hast du schon Bewerbungen geschrieben?«
»Nein.«
»Dann sollten wir das als allererstes tun«, sagt er lächelnd. »Wo ist dein Laptop?«
»Im Wohnzimmer.«
»Okay, setzen wir uns an den Esstisch?«
Ich nicke, dann folge ich ihm ins Wohnzimmer.
Will öffnet den Browser und gleich mehrere Jobbörsen. Er hackt auf die Tastatur ein, wie immer, wenn er schnell tippt, und schließlich grinst er. »Schon die erste Stellenanzeige dürfte etwas für dich sein.«
»Wie lautet die?«
»Assistent oder Assistentin der Projektleitung wird gesucht. Hammerson Inc. und der Ansprechpartner ist ein Gabriel Roth.«
Ich atme tief durch. »Der Name kommt mir bekannt vor.« Sehr bekannt sogar, ich kann ihn nur gerade nicht zuordnen. Mit Hammerson Inc. hat Tristans Firma häufig zusammengearbeitet. »Das sind Geschäftspartner von Tristan. Ich bezweifle, dass ich einen Job bei denen bekomme.«
»Einen Versuch ist es allemal wert. Am besten schreiben wir erst mal deine Bewerbung und den Briefkopf kannst du ja immer wieder austauschen«, schlägt Will vor und öffnet Word.
* * *
Zwei Stunden später hat er mir eine mehr als aussagekräftige Bewerbung geschrieben. Mitsamt meines Arbeitszeugnisses von Tristan, das glücklicherweise ganz gut ausgefallen ist, drucken wir sie aus. »So, das hätten wir und jetzt schicken wir sie einfach an ein paar Firmen. Vielleicht hast du Glück. Initiativbewerbungen sind immer gern gesehen.«
»Woher willst du das wissen?«, hake ich irritiert nach und mustere meinen besten Freund.
»Ich weiß es einfach. Ich habe mich nie auf meinen Job beworben, sondern auf eine ganz andere Stelle in Tristans Firma. Jetzt bin ich Abteilungsleiter, hat doch gut geklappt, findest du nicht?« Er zwinkert mir zu.
»Es hat super geklappt, aber ich bin nicht du.«
»Stimmt, du bist Dawn und du bist eine super Teamleiterin, Assistentin oder eben Leiterin von sonst was. Du kannst jeden Job haben, selbst mit dem Arbeitszeugnis von Tristan, schon allein weil du in seiner Firma gearbeitet hast«, entgegnet er überzeugt.
Ich hole tief Luft. »Auf deine Verantwortung.«
»Die übernehme ich gerne.«
* * *
Will hatte recht. Etwas mehr als eine Woche später habe ich ein Vorstellungsgespräch bei Hammerson Inc. Ich habe Angst, mir ist schlecht. So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr. Sicher wurde ich nur eingeladen, damit man mich mal in Augenschein nehmen kann. Seht her, hier ist die Betrügerin, die Tristan Maxwell entlarvt und entlassen hat. Mit weichen Knien stehe ich nun vor Gabriel Roths Büro, meine schweißnassen Hände umklammern meine Handtasche, die sicher schon die Spuren meiner Nervosität aufweist.
»Ms. Leary?«, fragt jemand und auch die Stimme kommt mir bekannt vor.
Ich gehe auf ihn zu. Groß, braune Haare, rehbraune Augen, nicht besonders muskulös, aber ein breites Kreuz. Je näher ich diesen Mann betrachte, desto bekannter kommt er mir vor. »Guten Tag, Mr. Roth?« Ich strecke meine Hand aus.
Lächelnd ergreift er sie und nickt. »Ich hatte gehofft, Sie in einer anderen Umgebung wiederzutreffen.«
»Es tut mir leid, aber in letzter Zeit ist so viel vorgefallen, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, woher wir uns kennen«, gebe ich zu und bemühe mich um einen beschämten Unterton.
Er lacht. »Wir haben uns in einer Bar kennengelernt. Sie haben mich abblitzen lassen, weil Sie einen schlechten Tag hatten, und als ein Geschäftspartner dazustieß, waren Sie verschwunden.«
Jetzt dämmert es. »O Gott, es tut mir leid, ich erinnere mich wieder.«
Er nickt erneut und deutet in sein Büro. »Kommen Sie bitte rein.«
Ich gehe an ihm vorbei und bleibe mitten in dem großen Büro stehen.
»Nehmen Sie doch bitte auf der Couch Platz.«
»Danke, Mr. Roth.«
»Wir waren bereits beim Du angekommen, Ms. Leary, aber ich kann verstehen, wenn Sie professionell bleiben möchten«, sagt er leise, dennoch amüsiert.
Als ich Platz nehme, sehe ich ihn an. »Ich dachte, ich würde von jemand anderem erwartet werden, aber wenn Ihnen das Du lieber ist, können wir uns auch duzen.«
»Sehr gerne, Dawn.«
»Ich sehe, du hast für Tristan Maxwell gearbeitet.« Er setzt sich mir gegenüber auf den Zweisitzer. »Warum hast du dort aufgehört?«
Ich räuspere mich. Lieber spiele ich mit offenen Karten. »Ich wurde entlassen.«
Er hebt seinen Blick von meiner Bewerbungsmappe. »Warum?«
»Ich möchte ehrlich sein. Ich hatte eine Affäre mit Hudson Maxwell, die ich beendete, als ich eine Beziehung zu Tristan Maxwell einging. Sein Bruder schien damit nicht umgehen zu können.« Ich hole tief Luft. »Jedenfalls unterschlug Hudson Gelder und schob es mir mit in die Schuhe, weil ich verschiedene Abschlüsse unterzeichnete, die betroffen waren. Du musst wissen, dass ich mit der Sache niemals etwas zu tun hatte.«
Gabriel sieht mich skeptisch an. »Du wurdest wegen Unterschlagung entlassen?«
»Ja. Momentan warten wir auf den Prozess. Ich weiß, es klingt sehr unglaubwürdig. Ich würde es selbst nicht glauben, wenn ich es nicht erlebt hätte. Ich brauche dringend einen Job, sonst bin ich finanziell am Ende, deshalb habe ich mich als Assistentin beworben«, erkläre ich kleinlaut.
Er wirft einen weiteren Blick in meine Bewerbungsunterlagen. »Deine Referenzen sind herausragend und dein Arbeitszeugnis ist gut. Als meine Assistentin wirst du sowieso nicht mit irgendwelchen Abschlüssen zu tun haben, sondern meine Termine, die Infrastruktur des Projekts und viele andere Dinge organisieren.« Er räuspert sich. »Du wirst die erste Ansprechpartnerin sein, wenn Teammitglieder Fragen haben. Nur das, was für mich bestimmt ist, wird an mich weitergeleitet und du wirst ziemlich viel mit den administrativen Dingen zu tun haben. Würdest du dir das zutrauen?«
Ich nicke. »Bei Maxwell Inc. habe ich auch sehr viele administrative Aufgaben gehabt. Ich war die Vertriebsteamleiterin, daher kenne ich mich mit all den Abläufen aus.«
»Perfekt.« Er legt meine Unterlagen auf den Tisch. »Wann kannst du anfangen?«
Ich hebe eine Augenbraue. »Du lässt dich von meiner Vorgeschichte nicht abschrecken?«
Gabriel schüttelt den Kopf. »Nein, ich bin froh, wenn ich eine kompetente Kraft finde, die ich nicht lange einarbeiten muss.« Er beugt sich vor und stützt seine Arme auf seinen Knien ab. »Was sagst du?«
»Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit?«, frage ich überfordert und so sehe ich ihn auch an.
Sein Lächeln wird breiter. »Ich lasse die Verträge fertigmachen, unterschreiben kannst du sie an deinem ersten Tag. Wann kannst du denn anfangen?«
Ich atme tief durch. »Ich muss noch ein paar Dinge regeln, deshalb würde mir Montag gut passen.«
Er sieht auf sein Handy. »Also in fünf Tagen.«
»Wenn das keine Umstände macht.«
»Nein, das ist gut, dann sind die Verträge auf jeden Fall fertig.«
»Danke, Gabriel, ich freue mich wirklich über diese Chance.«
Er erhebt sich. »Darf ich dich heute Abend zum Essen einladen, um deine Anstellung zu feiern?«
Ich lasse meinen neuen Chef lieber nicht gleich abblitzen. Mehr, als diesen Job machen zu dürfen, erhoffe ich mir sowieso nicht. »Sicher.« Ich stehe ebenfalls auf.
»Ich hole dich gegen halb acht ab, wäre das in Ordnung?«
Ich nicke knapp und ergreife die mir angebotene Hand. »Absolut. Ich werde fertig sein.« Ich schüttle seine Hand kurz und lächle ihn an. »Bis heute Abend.«
»Bis heute Abend, Dawn.«
Immer noch lächelnd gehe ich zur Tür.
Gabriel begleitet mich zum Aufzug. »Heute Abend werde ich dir dann sagen, wann du am Montag hier sein sollst.«
»Alles klar.«
Er betätigt den Knopf für mich. »Wir sehen uns später, Dawn.«
»Bis dann, Gabriel«, erwidere ich und betrete den Fahrstuhl, der seine Türen für mich geöffnet hat. Ich bin froh, dass er mir trotz allem diese Chance gibt. Wenigstens läuft einmal etwas gut. Ich schenke ihm ein weiteres Lächeln, bevor sich die Türen schließen. Diese Kabinen bereiten mir immer noch ein ungutes Gefühl seit dem Vorfall in Tristans Firma. Besonders, wenn ich mich wie jetzt im 48. Stockwerk befinde. Wenn der Fahrstuhl abstürzt, bin ich Matsch, sobald er unten aufschlägt. Ich hole tief Luft, um die düsteren Gedanken zu vertreiben.
* * *
Als ich das Bürogebäude verlasse, klingelt mein Handy. »Leary?«, melde ich mich.
»Hallo, Dawn«, vernehme ich Tristans vertraute Stimme.
»Oh … Hallo, Tristan«, entgegne ich und bemühe mich um wenig Emotion.
»Wie geht’s dir?«
»Wieder gut, danke der Nachfrage.«
»Das führt mich schon zu meiner nächsten Frage. Wann hättest du Zeit für unser Essen?«, erkundigt er sich und ich kann sein Lächeln hören.
»Ich weiß es nicht. Diese Woche wird es schwer und am Montag fange ich meine neue Stelle an. Ich kann dir nicht sagen, wann es mir am besten passt.«
»Eine neue Stelle? Wer hat dich eingestellt?«
»Darüber möchte ich mit dir sicher nicht sprechen.« Ich sehe auf meine Uhr. »Du, ich muss aufhören. Ich habe jetzt gleich noch einen Termin bei meinem Anwalt, ich melde mich.«
»In Ordnung. Bis dann, Dawn, und lass mich nicht zu lange warten.«
»Bis dann.« Ich lege auf, ohne etwas auf seine Bitte – oder war es doch eine Anweisung? – zu antworten.
* * *
Mr. Conelly hebt eine Augenbraue, nachdem ich ihm erzählt habe, dass Tristan sich mit mir zum Essen treffen möchte. »Ms. Leary, bei aller Liebe, die Sie für diesen Mann empfinden oder empfunden haben, er hat Sie angezeigt und Sie sollten keinesfalls mit ihm ausgehen. Das könnte vor Gericht zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden. Man könnte Ihnen Beeinflussung vorwerfen, auch wenn das nicht Ihre Absicht ist.«
»Ich möchte mich nicht wirklich mit ihm treffen. Zwar machte ich ihm den Vorschlag, dass er mich im Gegenzug nicht vollkommen ruiniert, aber da ich seit heute einen neuen Job habe, möchte ich mich von diesem Treffen distanzieren«, erkläre ich. »Ich meine, Mr. Maxwell hat mich entlassen und verklagt, wieso sollte ich mich noch einmal mit ihm treffen?«
»Sie hätten die Möglichkeit, ihm alles zu erklären, aber das würde ich nicht wagen. Sie haben im Verhör Gelegenheit dazu und das beeinflusst die Verhandlung nicht.« Er stützt sich auf seinem massiven Holzschreibtisch ab und sieht mich eindringlich an. »Sie verstehen meine Einwände hoffentlich?«
»Natürlich verstehe ich Ihre Einwände. Ich sagte doch, dass ich dieses Vorhaben bereits verworfen habe.« Ich atme tief durch. »Können Sie Mr. Maxwells Anwalt vielleicht darum bitten, dass sein Mandant mich nicht mehr kontaktieren soll, solange dieser Prozess läuft? Ich möchte mich wirklich nur auf mich und meinen neuen Job konzentrieren.«
Mr. Conelly schüttelt den Kopf. »Ich werde es in der Verhandlung zur Sprache bringen, dass Mr. Maxwell sich nicht von Ihnen fernhält.«
Ich nicke langsam. »In Ordnung. Wann findet die Verhandlung statt?«
Er sieht mich verwirrt an. »Haben Sie noch keine Ladung erhalten?«
»Nein.«
»Der nächste Verhandlungstag ist nächste Woche Mittwoch. Ich habe um eine Beschleunigung des Verfahrens gebeten, damit die Sache endlich vom Tisch ist und Sie nicht mehr auf heißen Kohlen sitzen, um es salopp zu sagen.