Mit Fantasiereisen durch das Jahr - Volker Friebel - E-Book

Mit Fantasiereisen durch das Jahr E-Book

Volker Friebel

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Beschreibung

Fantasiereisen, auch Traumreisen genannt, sind eine besondere Art von Geschichten. In ruhig gehaltener Sprache schildern sie Dinge und Situationen aus der Natur, etwa einen Waldweg, einen Bach, eine Burgruine, einen Bauernhof, einen See. Erreicht wird ein Umschalten von der Aktivität zur inneren Wahrnehmung und damit zu Achtsamkeit, Entspannung, Regeneration. Gefördert wird auch das Wohlbefinden. Die Betonung liegt bei unseren Fantasiereisen auf der Wahrnehmung geeigneter innerer Bilder. Bei den von uns gewählten inneren Bildern wird besonderes Augenmerk auf die Förderung von Achtsamkeit gelegt. Denn aus Achtsamkeit folgen Entspannung, Kreativität und Wohlbefinden. Auch die Konzentrationsfähigkeit kann verbessert werden. Und die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen. Das Buch enthält 60 Fantasiereisen für Kinder, nach Jahreszeiten geordnet. Die Fantasiereisen sind für das Kindergarten- und Grundschulalter gedacht. Am besten werden sie vorgelesen.

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Volker Friebel

 

 

Mit Fantasiereisen 

durch das Jahr

 

Achtsamkeit, Entspannung 

und Kreativität 

für Kinder 

 

 

Edition Blaue Felder

 

Dr. Volker Friebel (*1956) ist Psychologe und Autor von Veröffentlichungen zu Entspannung, Gesundheit, Sprache und Musik sowie Texten literarischer Art. Er ist selbstständig tätig und lebt in Tübingen. 

 

Die Plattform des Autors mit Informationen und Materialien zu Entspannung und Inneren Bildern:

www.Entspannung-plus.de 

Dort finden sich auch aktuelle Seminare des Autors (Präsenz und Online), unter anderem zur Entspannung mit Kindern. 

 

Zahlreiche Bücher zu den Themen des Autors finden sich auf:

www.Volker-Friebel.de 

 

Volker Friebel, Edition Blaue Felder, 

Denzenbergstraße 29, 72074 Tübingen (Deutschland)

www.Volker-Friebel.de   

 

Texte, Bilder und Gestaltung: Volker Friebel 

Veröffentlichung: September2021

216.000 Zeichen, 140 Seiten (gedrucktes Buch)

 

Eine frühere Ausgabe erschien unter dem Titel „Mit Traumreisen durch das Jahr“ 2015

Alle Rechte vorbehalten

 

Inhalt

Einführung 

Frühling 

Schneeglöckchen bimmeln 

Durch die Terrassentür ... 

Prinzessin geht mit ... 

Sonnenlauf über dem Frühlingsland 

Prinzessin an den Seerosen 

Ritter Blech auf der Schaukel 

Unter dem Blütenbaum 

Leon und die Windmühle 

Der Drachen und die Lerche 

Eierschalen im Gras 

Der Wind des Frühlings 

Der alte Bahnhof im Frühling 

Sommer 

Seifenblasen 

Regentag 

Linde und Wanderer 

An den Gleisen 

Die Sonnenuhr 

Am Waldsee im Sommer 

Auf dem Bauernhof 

Die große Pfütze auf dem Gehweg 

Gänseblümchen im Freibad 

Am Schafstall 

Das kleine Nilpferd 

Der Springbrunnen 

Herbst 

Herbstblätter tanzen 

Der Herbst im Wald 

Das verlassene Haus 

Der Weg und der Hügel 

Die Taube 

Auf leeren Feldern 

Die alte Mühle 

Turm über dem Herbstland 

Der Segelflieger 

Die leere Flasche 

Laterne, Laterne ... 

Nebel am Bach 

Winter 

Am Hügel im Winter 

Das Herz in den Eisblumen 

Der Hase im Winterland 

Flug der Taube 

Der Fichtenzweig aus dem Wald 

Der Bär in der Höhle 

Das Glitzern im Schnee 

Sonnenlauf über dem Winterland 

Im Winter daheim 

Burgruine im Schnee 

Der Schlitten im Schneeland 

Eiszapfen tropfen 

Silas, der Bär 

Eine neue Heimat 

Bienenberg 

Silas und die Burg 

Schmetterlingsfarben 

Silas und der Adler 

Silas am Bergsee 

Ein kleines bisschen leichter 

Silas und der Regenbogen 

Silas am Bergbach 

Silas, der Schmetterling 

Silas über dem Dorf 

Silas an der alten Föhre 

Zu Buch und Autor 

 

 

 

Einführung

 

Fantasiereisen, auch Traumreisen genannt, sind eine besondere Art von Geschichten. In ruhig gehaltener Sprache schildern sie Dinge und Situationen aus der Natur, etwa einen Waldweg, einen Bach, eine Burgruine, einen Bauernhof, einen See. Erreicht wird ein Umschalten von der Aktivität zur inneren Wahrnehmung und damit zuAchtsamkeit, Entspannung, Regeneration. Gefördert wird auch das Wohlbefinden. 

Die Betonung liegt bei unseren Fantasiereisen auf der Wahrnehmung geeigneter innerer Bilder. Bei den von uns gewählten inneren Bildern wird besonderes Augenmerk auf die Förderung von Achtsamkeit gelegt. Denn aus Achtsamkeit folgen Entspannung, Kreativität und Wohlbefinden. Auch die Konzentrationsfähigkeit kann verbessert werden. Und die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen. 

In Fantasiereisen können zusätzlich Entspannungsformeln enthalten sein. Meist stammen diese aus dem Autogenen Training (Betonung von Ruhe, Schwere und Wärme) und aus der Atementspannung (Achten auf den Atem). 

Eine ausgefeilte Geschichte wird selten erzählt, und wenn doch, dann ohne Spannungsbogen. Einfach einander folgende Bilder aus ruhiger Natur – das kommt Achtsamkeit, Entspannung und Wohlbefinden am meisten entgegen. 

Fantasiereisen werden deutlich langsamer als „normale“ Geschichten vorgetragen, um Zeit für die Vorstellungen des Lauschenden zu lassen. Im Text wird immer wieder durch drei Pünktchen oder durch Absätze daran erinnert:

 

Bitte Zeit lassen!

 

Fantasiereisen können mit einem einzelnen Kind oder mit einer Kindergruppe durchgeführt werden. Am besten, die Lauschenden liegen. Die Augen sollten möglichst geschlossen sein, so gelingt das eigene Vorstellen am leichtesten. 

Diese Art der Entspannung eignet sich für jedes Alter. Auch schon ganz junge Kinder können so in die Entspannung kommen, sobald sie Sprache verstehen. Die in der Fantasiereise verwendete Sprache sollte allerdings dem Alter der Kinder angemessen sein. Die Fantasiereisen dieses Buchs sind für Kindergarten- bis Grundschulalter formuliert. 

Für das Vortragen einer Fantasiereise ist eine entspannte Atmosphäre günstig. Vielleicht kann dazu eine besondere Kerze entzündet werden, unsere Traumkerze. Wenn die brennt, weiß das Kind: Es ist Traumzeit. Oder das Kind kann selbst seine Traumkerze, ein Teelicht, an einer großen Kerze entzünden und neben sich stellen. 

Wenn Kerzen nicht verwendet werden dürfen, können etwa Stillesteine ihre Rolle übernehmen. Am Anfang erhält das Kind einen Stillestein, nimmt ihn in die Hand, spürt mit geschlossenen Augen in ihn hinein nach der Stille und legt ihn dann an seinen Platz.

Der Raum, in dem die Fantasiereise stattfindet, sollte ruhig sein und Ruhe ausstrahlen, das Kind sollte sich in ihm sicher und geborgen fühlen. Das Licht sollte nicht zu hell sein. Einfach eine ruhige, gemütliche Atmosphäre, das ist gut für die Entspannung und fördert die Wirkung der Fantasiereise.

Nach der Fantasiereise kann über sie geredet oder ein Bild nach Motiven aus ihr gemalt werden.

 

Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber doch hilfreich, wenn die vorgetragene Fantasiereise in der gerade wirklich vorhandenen Jahreszeit spielt. Die Fantasiereisen dieses Buchs sind deshalb nach Jahreszeiten geordnet. Im Kapitel jeder Jahreszeit stehen zwölf Fantasiereisen. So lässt sich die Jahreszeit nachschlagen und in ihrem Kapitel dann eine ansprechende Geschichte aussuchen. 

Eine Besonderheit bildet nach Frühling, Sommer, Herbst und Winter das fünfte Kapitel. Hier erleben wir den Frühling und Sommer zusammen mit Silas, dem Bären, und begleiten ihn noch in den Herbst hinein bis zu den ersten Schneeflocken. An jede Geschichte sind in diesem Kapitel Entspannungsformeln nach dem Autogenen Training angehängt.

Bei jeder der vorgestellten Fantasiereisen sind eine kurze Einstimmung auf die Entspannung und deren Rücknahme dabei. Diese können nach den eigenen Vorstellungen verändert werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Wenn eine Fantasiereise zum Einschlafen im Bett vorgetragen wird, lässt man die Rücknahme, das Recken und Strecken, weg. Stattdessen gibt es dann noch einige Worte zur Guten Nacht.

Hier sind Beispiele für je eine längere Version von Einstimmung und Rücknahme der Entspannung. Sie können so oder ähnlich alternativ zu den bei jeder Fantasiereise gesetzten kurzen Versionen eingesetzt werden:

 

Die längere Einführung:Mach es dir ganz bequem ... Während du dich noch räkelst, kannst du schon beginnen, angenehm ruhiger zu werden ... Deine Augen können noch offen bleiben und auch zu ruhen beginnen – oder sie können sich schließen und die angenehme Ruhe spüren ... Du hörst vielleicht noch Geräusche um dich, im Raum ... oder von draußen ... Und irgendwann können die Geräusche und jede Bewegung ganz gleichgültig werden ... Und du spürst vielleicht schon, wie gut es sich anfühlt, einfach so da zu sein und eine Fantasiereise zu erleben ... 

 

Die längere Rücknahme: Und nun kommt die Fantasiereise langsam zum Ende, und du kehrst zurück in den Raum ... Du spürst wieder den Raum um dich und hörst seine Geräusche ... Die Ruhe ist weiter in dir. Und die Kraft ... Die Augen können sich wieder öffnen ... Atme tief durch ... Reck dich und streck dich! ... 

 

Verändert werden können auch die Fantasiereisen selbst. Es geht nur darum, sich Naturbilder gut vorzustellen, mit Betonung auf das Ruhige, Achtsame dabei. Was genau vorgestellt wird, ist gar nicht so wichtig. Deshalb lassen sich Fantasiereisen ohne weiteres verkürzen oder verlängern. Das kann ganz individuell geschehen, angelernt an gemeinsame Erlebnisse mit dem Kind und an seine Kenntnisse. 

Wenn ein Kind noch keine Erfahrungen mit Fantasiereisen hat, kann es günstig sein, die ersten Male vorweg noch etwas zu sagen. Etwa:

 

„Du hörst jetzt eine Fantasiereise. Das ist eine ganz besondere Art von Geschichte. Am besten, du schließt dazu die Augen, denn dann lässt sich die Fantasiereise am besten erleben, so wie du ja auch bei den Träumen im Schlaf die Augen geschlossen hast. Bei Fantasiereisen geht es darum, sich alles möglichst gut vorzustellen, es selbst zu erleben. Wenn also gesagt wird, dass du über eine Wiese gehst, dann hör nicht bloß zu, sondern stell dir genau vor, wie du über die Wiese gehst.“

 

Regelmäßige Durchführung von Fantasiereisen, das ist die Erfahrung aus vielen Schulen und Kindergärten, führt nach und nach zu einer Beruhigung der Kinder und zu einer Steigerung ihrer Achtsamkeit, Konzentration und Kreativität. Auch Kinder, die anfangs mit Fantasiereisen Probleme haben, können sich meisten bald auf sie einlassen. So sind Fantasiereisen ein ausgezeichnetes Mittel zur Entspannung des Kindes und zur Förderung einiger seiner Grundkompetenzen, der Achtsamkeit, der Fähigkeit zu Entspannung, Konzentration und Kreativität. 

Und Freude machen sie auch.

 

 

Eine gute Zeit mit den Fantasiereisen wünscht

 

Dr. Volker Friebel

 

Frühling

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schneeglöckchen bimmeln

 

Mach es dir bequem und schließ deine Augen ...

 

Du kannst dir bestimmt einen Garten vorstellen, einen Garten hinter einem schönen Haus ...

Im Garten wächst ein Busch. Seine Zweige sind noch kahl. Aber die Knospen an den Zweigen schwellen schon ... Bald werden sie sich öffnen. Und bald wachsen Blätter aus ihnen hinein in die Welt ... 

Unter dem Busch liegt ein kleiner Rest Schnee. Daneben sind Schneeglöckchen aus der Erde gewachsen. Ihre weißen Blüten strahlen im Sonnenlicht ...

Wenn jemand ganz genau lauschen würde, vielleicht könnte der die Schneeglöckchen sogar bimmeln hören.

Dieser Vogel im Baum, wenn er es versucht, vielleicht kann er das Bimmeln der Schneeglöckchen hören ...

Diese allererste Fliege, die über den Gräsern summt, wenn sie es versucht, vielleicht kann sie das Bimmeln der Schneeglöckchen hören ...

Diese Grashalme, die in der ersten Wärme wieder zu wachsen beginnen, wenn sie es versuchen, vielleicht können sie das Bimmeln der Schneeglöckchen hören ...

Über das Mäuerchen am Rande des Gartens hängen Zweige mit gelben Blüten. Sie leuchten wie Sterne ... Eine Katze schleicht an ihnen vorbei, streift sie fast ...

Die leise Bewegung der Katze ... Fast lautlos schleicht sie über den Gartenweg ...

Am Busch bleibt sie stehen ... Ihr Schwanz hebt sich leicht – und senkt sich wieder ... Ihre Ohren sind weit geöffnet ...

Die Katze beugt ihren Kopf und schnuppert an den Schneeglöckchen ... und sie schnuppert an der feuchten Erde ... und sie schnuppert am schmelzenden Schneerest ... Dann geht sie weiter, über die Wiese ...

Die Katze schaut zum Vogel hinauf, der im Baum noch immer sein Lied singt ... Dann verschwindet sie durch die Hecken in den Garten des Nachbarn ...

Die Schneeglöckchen sind immer noch da ... Und das Lied des Vogels im Baum ... Die Schneeglöckchen scheinen ganz leicht zu zittern ...

Vielleicht bewegen sich die Schneeglöckchen zu den Tönen des Vogellieds ... Oder in einem ganz leichten Wind, den sonst niemand spürt ... Oder ist etwas in den Schneeglöckchen selbst, das sie zittern macht ... Es ist wie ein Tanz, ein kaum merklicher Tanz ...

Die Kieselsteine am Haus bewegen sich gar nicht. Jedenfalls sieht es so aus ... Sie liegen hier schon seit sie vor vielen Jahren an die Hauswand geschüttet wurden, einer dicht am anderen ... Aber das Lied des Vogels, vielleicht dringt es ein Stück in die Steine ein ... eine Haaresbreite vielleicht – oder eine halbe Haaresbreite ... Noch weiter drinnen im Kieselstein ist dann die Stille ...

Vielleicht können die Schneeglöckchen etwas von dieser Stille wahrnehmen ... Vielleicht ist die Stille im Weiß ihrer Röckchen ... Vielleicht kannst du selbst etwas von der Stille wahrnehmen, noch hinter dem Vogellied, viel tiefer ... tief in den Steinen ... und tief auch in dir ...

Vielleicht ist da eine Stille, die immer da ist ... und die ruhig macht, wenn du auf sie achtest ... die ruhig macht, wenn du sie groß werden lässt ... und die stark macht, wenn du auf sie achtest und wenn du sie groß werden lässt ...

Du spürst dann die Ruhe in dir ... Du spürst dann die Schwere in dir ... und die Wärme – und eine Leichtigkeit, die dich trägt ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ...

Du fühlst die Ruhe und die Kraft tief in dir wachsen ...

 

Und nun kommt die Fantasiereise langsam zum Ende ... Öffne die Augen ... Atme tief durch ... Reck dich und streck dich ...

 

Durch die Terrassentür ...

 

Mach es dir bequem und schließ deine Augen ...

 

Jemand hat vergessen, die Terrassentür zu schließen. So steht sie nun einen Spalt weit offen. Frische Luft strömt herein – und Amselgesang ...

Auf dem Sofa sitzt Ritter Blech. Er öffnet ein Auge ... Er ist ganz still. Nichts regt sich. Außer dass eine neue, noch schöneren Strophe des Amselliedes beginnt ... Außer dass ein weiterer frischer Windstoß hereinströmt ... Da bewegt Ritter Blech einen Arm – und öffnet das andere Auge. Er blinzelt einmal ... Dann bewegt er auch den anderen Arm ... Er schiebt sich nach vorn, an den Sofarand – und springt auf den Boden ...

Wieder blinzelt er und schaut sich um ... Niemand zu sehen ... Ritter Blech geht mit langsamen, schweren Schritten zur Terrassentür ... Er schaut in den Garten hinaus ... Auf dem blühenden Apfelbaum sitzt die pfeifende Amsel ... Spatzen tschilpen aus der Hecke zum Nachbargarten ...

Ritter Blech öffnet die Türe noch weiter und zwängt sich hindurch ... Die Empfindung der Steinplatten unter seinen Füßen ... Und nun das Gras der Wiese ...

Eine Biene schwirrt durch die Luft, direkt an dieser Nase aus Blech vorbei ... Ritter Blech ist stehen geblieben und schüttelt sich ... Die Biene ist schon wieder im Himmel verschwunden ...

Dann geht Ritter Blech weiter, zum Baum mit der Amsel. Er mag den Amselgesang so sehr ... Aber als er ankommt, fliegt die Amsel fort ...

„So, so“, brummt Ritter Blech. „Die kleine Biene hat keine Angst vor mir, die Amsel aber hat Angst – obwohl sie doch viel größer ist!“

Ritter Blech wedelt ein paarmal mit den Armen, ob auch er fliegen kann. Aber der Himmel trägt ihn nicht ... Brummend geht er weiter ...

„Wie kommt es, dass die dumme kleine Amsel fliegen kann, ich aber nicht?“, fragt er sich. „Vielleicht, weil sie Angst hat. Vielleicht kann alles fliegen, das Angst hat!“

Doch dann erinnert er sich an Sarah, die neulich geschrien hat, als sie eine Spinne in ihrem Zimmer sah. Geflogen ist sie aber nicht.

„Vielleicht kann alles fliegen, das Federn hat“, überlegt Ritter Blech nun. Das ist schon besser, denn er und Sarah haben keine Federn und können beide nicht fliegen. Und die Spatzen haben Federn und fliegen vielleicht sogar noch besser als die Amsel!

Ritter Blech berührt den Stamm des Apfelbaums. Er fühlt sich angenehm rau an. Ritter Blech schließt die Augen und gibt sich ganz dieser Empfindung hin ...

Als er die Augen wieder öffnet, schaut er direkt in die Augen von Mika, dem Kater. Was für ein Schreck! Aber Mika steht einfach nur da und schaut ihn an. Und Ritter Blech sagt gar nichts und schaut Mika an ...

Nach einer Weile hat Mika das Interesse verloren und schleicht weiter. Unter dem Zaun zwängt er sich in Nachbars Garten. Dort verschwindet er zwischen den Büschen ...

Die Amsel hat wieder zu singen begonnen. Sie sitzt nun auf dem Dach des Nachbarhauses. Ritter Blech aber ist müde geworden. Langsam geht er zurück. Das weiche Gras der Wiese ... die Steinplatten der Terrasse ... die Terrassentür ... Über ein Kissen und den Stapel aus Zeitschriften klettert Ritter Blech auf sein Sofa.

„Wie schön ist es hier!“, seufzt er, als er sich zurücklehnt und die Augen schließt ... Schon ist er eingeschlafen – und hört die Menschenstimmen nicht mehr.

„Weißt du, wo Ritter Blech ist?“, ruft Sarah.

„Aber da sitzt er doch, auf dem Sofa“, sagt die Mutter.

„Komisch, vorhin war er nicht da“, behauptet Sarah.

„Du wirst nicht richtig geschaut haben“, meint die Mutter. Sie gehen zusammen hinaus. Ritter Blech aber streckt sich noch einmal und überlässt sich dann ganz seinem Traum ...

 

Und nun kommt die Fantasiereise langsam zum Ende ... Öffne die Augen ... Atme tief durch ... Reck dich und streck dich …

 

Prinzessin geht mit ...

 

Mach es dir bequem und schließ deine Augen ...

 

Die Terrassentür steht einen Spalt weit offen. Frische Luft strömt herein – und Amselgesang ... Ritter Blech öffnet ein Auge ... Als er sieht, dass die Luft rein ist, öffnet er auch das andere Auge und richtet sich auf.

„Spürst du das?“, brummt er ...

Neben Ritter Blech sitzt Prinzessin auf dem Sofa. Jetzt geht ein Zittern durch ihren Körper. Dann öffnet sie beide Augen auf einmal. „Ich spüre es“, flüstert sie. „Was ist das?“

„Das ist frische Luft“, brummt Ritter Blech. „Sie kommt durch den Türspalt aus dem Garten.“

„Ah“, flüstert Prinzessin und reckt sich.

Zusammen mit Ritter Blech klettert sie das Sofa hinab. Sie gehen durch den Türspalt auf die Terrasse hinaus.

„Was ist das für ein Gefühl an den Füßen?“, fragt Prinzessin.

„Spürst du das auch?“, fragt Ritter Blech zurück. „Das sind die Steinplatten auf der Terrasse.“ Zusammen treten sie hinein in die Wiese.

„Das Gefühl an den Füßen hat sich nun verändert“, sagt Prinzessin.

„Das ist das weiche Gras der Wiese“, sagt Ritter Blech.

Prinzessin ist stehengeblieben und atmet tief durch. Ihre Augen hat sie geschlossen. „Riechst du den Duft?“, fragt sie.

Auch Ritter Blech schließt nun die Augen und schnuppert.

---ENDE DER LESEPROBE---