Neuanfang - Angelika Friedemann - E-Book

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Angelika Friedemann

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Beschreibung

Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück auf Erden. Selbst zum Genuss des Glücks bedarf man Mut. Carl Spitteler Nach vielen Jahren im Ausland kehrte Frauke auf die Insel Sylt zurück. Mit ihrer Strickmode will sie hier Geld verdienen, bei dem Opa leben. Sie frischt die alten Freundschaften auf. Dann läuft ihr der reiche Denis Tönsmann über den Weg. Er zeigt Interesse an ihr und sie wittert schnell das grosse Geld.

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Angelika Friedemann

Neuanfang

Impressum

Copyright: © 2021 Alle Rechte am Werk liegen beim Autor:

Angelika Friedemann, Herrengasse 20, Meinisberg/ch. [email protected]

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mithilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.

Bildnachweis: Quelle: piqs.de Fotograf: Kevin Friedemann

ISBN: 9783751984560

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Denis saß in der späten Sylter Sonne, trank einen Kaffee, musterte die Urlauber. Er wartete auf seinen Freund Sören, der mit der Fähre von Rømø kommen wollte. Er blickte auf die Uhr, aber immer noch zehn Minuten, dabei hatte er Hunger. Er musterte, nun hellwach, interessiert die Frau, die Eis leckend mit High Heels über den Platz spazierte: schöne lange Beine, guter Hüftschwung, schmale Taille und besonders feminin die langen, lockigen, braunen Haare. Zudem war sie sehr teuer und geschmackvoll gekleidet. Superb! Dreh dich mal, dachte er. Den Gefallen tat sie ihm nicht, schlenderte zu der Anlegestelle, setzte eine Sonnenbrille auf, wartete, aß dabei genüsslich ihr Eis. Das sah mehr als sinnlich aus. Er bezahlte, schob die Sonnenbrille auf die Nase, schlenderte in ihre Richtung. Er war neugierig, wollte ihr Gesicht sehen. Irgendwie zog sie ihn fast magisch an.

„Denis. Moin!“, hörte er hinter sich jemand sagen und seufzte, da er sofort die Stimme eines peinlichen Ausrutschers erkannte.

„Moin! Was machst du hier, Antje?“

„Urlauber von der Fähre abholen. Mutti hat keine Zeit. Wie geht es dir?“

„Gut, nur viel Arbeit.“

„Wartest du auf jemand?“, klang die Frage bereits lauernd, wie er fand.

„Antje, lass es. Tschüss“, wollte er weitergehen, aber sie blieb an seiner Seite, quasselte von den Urlaubern. Er sah die Fähre, fluchte innerlich. Diese Klette nervte.

Er blieb an der Seite stehen. „Antje, gehe. Mich interes-sieren eure Urlauber nicht, will meine Ruhe haben.“

„Warum bist du so gemein?“

„Nicht gemein, ehrlich. Ständig tauchst du irgendwo auf, belästigst mich, nur weil wir einmal miesen, schnellen Sex im Stehen hatten. Das ist Perfektum und bedeutet auch nicht, dass du dich nun wie eine Klette an mich hängst, dir einbildest, du könntest mich ausfragen. Sei ein liebes Mädchen und verschwinde.“

Beleidigt ging sie zwei Schritte zur Seite. Denis seufzte verstohlen, blickte zu der Unbekannten, die jedoch nicht mehr dort saß. Er fluchte nochmals, schaute sich um, sah sie weiter vorn an der Anlegestelle stehen, mit einen der Hafenarbeiten snaken, lachen. Sie schienen sich zu kennen. Immer noch stand sie seitlich zu ihm und er konnte ihr …

„Wusstest du, dass Frauke zurück ist?“, fragte Antje Kremp.

Er stöhnte. „Wer?“, fragte er schon gereizt.

„Frauke Berensen.“

„Wie kommst du auf sie? Wusste ich nicht und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Lass mich endlich in Ruhe. “

„Sie wohnt bei ihrem Opa, lässt das Haus ein wenig umbauen.“

„Muss wohl er bezahlen, da sie gewiss dafür kein Geld hat. In der Schule war sie nun nicht eine große Leuchte, dazu ein wenig dusselig und am Aussehen haperte es dito. Vermutlich heute eine breesige, wenig ansehnliche Frau. Da wird sie der Opa wohl finanzieren müssen. Einen Mann kriegt sie bestimmt nicht, deswegen muss sie bei ihm unterkriechen. So ist er wenigstens nicht allein. Sie hing immer schon schrecklich an ihren Großeltern, wird ihn daher richtig betütteln, verwöhnen. Ist doch ein netter Zug von ihr. Eigentlich hatte ich wenig mit ihr zu tun. Ich war mit dem Bruder in einer Klasse. Ein feiner Kerl, dazu intelligent, gut aussehend, eben ganz anders als sie.“

„Jetzt legt sie an. Tschüss Denis.“

„Tschüss!“

Sie schlenderte Richtung Fähre, wartete. Die Unbe-kannte drehte sich ein Stück, aber durch die große Sonnenbrille, sah er immer noch zu wenig, nur den vollen, schönen, ungeschminkten Mund, ein nicht zu kleiner Busen, wie er es mochte, ein flacher Bauch. Jetzt war es generell egal, da gleich Sören kam und er etwas zu Essen bekam. Die Touristinnen sah man eh nie wieder. Trotzdem schade! Sehr schade!

Er erlebte jedoch eine Überraschung. Er sah Antje mit dem Ehepaar weggehen und endlich erschien sein Freund. Aber anstatt zu ihm zu kommen, blieb er bei der Unbekannten stehen, umarmte diese, hob sie hoch, drehte sich mit ihr im Kreis, gab ihr rechts und links Küsschen, redete lächelnd mit ihr. Denis setzte sich langsam in Bewegung, sah zu den zwei Personen. Sören winkte ihm jetzt zu und in Begleitung der Unbekannten kam er näher. Was Denis von der Frau sah, gefiel ihm bisher, sehr sogar.

„Moin!“, grüßte er.

„Moin!“, sagten beide wie aus einem Mund. Die Frau schob die Sonnenbrille hoch, begutachtete ihn ungeniert. Er war gut gebaut, schlank, größer als sie, was sie etwas erstaunte, da sie mit ihren High Heels über 1,85 Meter maß. Denis dachte nur, ist sie eine Schönheit. Faszinierend! Sie brachte ihn völlig aus seiner gewohnten Ruhe.

„Du siehst gut aus, Denis“, äußerte sie mit einer warmen melodischen Stimme.

Er guckte sie nicht verstehend an. „Kennen wir uns?“

Sören und sie lachten. „Er erkennt dich nicht. Darf ich vorstellen, Frauke Berensen.“

„Sören, lass es. Für einen feinen, arroganten Denis Tönsmann war ich nie existent, außer wenn er mich mit seinen zwei, drei Kumpels verhöhnen, auslachen konnte.“

Verblüfft blickte er sie an. „Du bist …. Du hast dich sehr verändert.“

„Haben wir alle, da man erwachsen geworden ist. Sören, gebe ich dir die Pläne. Rufe mich bitte wegen eines Termins an. Tschüss!“ Sie gab Sören rechts und links Küsschen, nickte ihm kühl zu, setzte die Sonnenbrille richtig auf und ging Richtung Parkplatz.

„Gehen wir essen“, sprach ihn Sören an und er nickte, blickte immer noch Frauke nach. Die jedoch war gedanklich mit dem Umbau beschäftigt, hatte den Jungen aus der Schule bereits vergessen. Ihr Handy klingelte und ihr Opa sagte ihr, dass sie in Rantum ein Spinnrad abholen könnte. Sie jubelte, bedankte sich und nun hatte sie es plötzlich eilig.

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Vier Wochen waren seitdem vergangen. Wochen voller Stress für Frauke. Heute nun die Eröffnung ihres neuen Ladens auf Sylt. Seit fünf Jahren besaß sie in Hamburg einen Laden, welche ihre exklusive Strickmode vertrieb. Nun also Sylt. Nahe Kampen, direkt an der Inselbahnstrasse stand der Neubau, welcher heute besonders dekoriert war. Das Schaufenster war eher schlicht gehalten. Der Blickpunkt bildete dabei das Spinnrad und ein alter, nicht zu großer Webstuhl. Ihre Eltern und ihr Bruder, ihre Schwägerin waren aus Hamburg angereist, wollten dabei sein, wenn die berühmte Tochter, Schwester auf Sylt geschäftlich Fuß fasste. In den Staaten waren sie jedes Jahr einmal gewesen und da nur in Miami, von wo Frauke ihren Siegeszug mit Strickmode startete. Nun zurück wollte sie ihr Leben ohne den ständigen Zeitdruck neu beginnen. Sie war 31 Jahre alt, hatte mehr erreicht, als sie es sich je erträumte. Ihr Privatleben war dabei auf der Strecke geblieben. Das wollte sie in den nächsten Jahren ändern. Alte Freundschaften wollte sie auffrischen, neue schließen und vielleicht endlich mal die große Liebe finden. Sie träumte von einer kleinen Familie, einem Mann, der sie liebte, zwei Kindern, die so glücklich aufwuchsen, wie Torben und sie. Was ihren Entschluss, in Amerika alle Brücken abzubrechen, zudem hatte, war der plötzliche Tod der Großmutter gewesen. Bei deren Beerdigung hatte ihr Opa gefragt, wann sie wieder zurückkomme, da sie nach Sylt gehöre und nicht nach Amerika. Sie hatte drei Wochen nur mit ihm verbracht, dabei viel über Oma geredet, aber auch über ihr Leben. Er sagte ihr das, was sie oftmals selber dachte: Du hast alles erreicht, verdienst viel, bist weltweit erfolgreich, aber im Grunde bist du allein. Viele Bekannten wollen sich mit dir schmücken, schmeicheln dir deswegen. Wahre Freunde, auf die du immer bauen, denen du bedingungslos vertrauen kannst, hast du nur wenige, und sie leben hier. Ein Mann, mit dem du alt werden willst, fehlt dir. Min Deern, komm zurück. Hier ist deine Heimat und hier wirst du dein Glück finden. Es folgten sechs Monate, in denen sie völlig neue Wege einschlug, viel hin- und herflog. Schlaf bekam sie wenig. Sie benötigte eine neue Produktionsstätte in Hamburg, welche ihre hohen Ansprüche genügte. Ein mühsamer Weg, der jedoch nach vielen Fehlschlägen erfolgreich endete. Es gab neue Verträge zu schließen, alte zu kündigen, auf Sylt ein geeignet Objekt zu finden, einen passenden Anwalt. Gerade Sören, der Verlobte ihrer besten Freundin Sölve und Sölve selbst, waren dabei große Hilfen gewesen. Sie hatte in Los Angeles, New York, Salt Lake City, Miami die Läden, ihr Haus und alles andere verkauft, obwohl die dortigen Bekannten davon abrieten. Nur sie wollte den radikalen Schlussstrich ziehen, nicht permanent zwischen den USA und Sylt pendeln. Ihre Modelle würde sie weiterhin in ihren ehemaligen Läden verkaufen, da das vertraglich festgelegt war. Alle Verträge weltweit blieben bestehen, da sich nur die Produktionsfirma ab nächstes Jahr änderte, da bis dahin zwei Firmen parallel für sie fertigten. Erst dann war das Thema Amerika für sie abgeschlossen. Die extravaganten Wünsche von einigen Stars und Stammkunden konnte man heute von überall auf der Welt erfüllen, außerdem war es kein großer Akt, nach Los Angeles oder New York zu fliegen. All das konnte sie sich inzwischen leisten. Nur ihr Leben sollte nicht in der Welt der Schönen und Reichen stattfinden, sondern eher auf dem Level, auf welchem ihr Opa, die Eltern und der Bruder lebten, obwohl sie allen hier und da geheime Wünsche erfüllt hatte. Dahinter steckte auch Dankbarkeit ihrerseits gegenüber den Eltern, die sie zu der Frau erzogen hatten, die sie heute war. Dankbarkeit für die schöne Kindheit, für all die Liebe, ihr Verständnis, ihre viele Zeit, die sie den Kindern widmeten, die immer an erster Stelle in ihrem Leben standen. Sie hatte dabei auf vieles verzichtet, es aber gern getan. Wenn ihr euch freut, selbst wenn es nur Kleinigkeiten waren, war das auch für uns ein Grund zur Freude. Heute sind wir auf beide Kinder sehr stolz, da ihr beide euren Weg immer gradlinig gegangen seid, sagte ihr Vater zu Torbens 30. Geburtstag, den man damals auf Sylt noch im Beisein der Oma feierte. Sylt war die Heimat ihrer Eltern, wenn die auch vor dreizehn Jahren nach Hamburg gezogen waren, da sich das Leben auf der Insel stark verändert hatte. Die Kinder hatten die Schule mit einem guten Abitur beendet und beide gingen eigene Wege. Torben begann sein Studium; sie eine Lehre als Schneiderin, ihrem Traumberuf. Da war auch für sie der Zeitpunkt gekommen, neu und woanders zu beginnen. Dankbarkeit gegenüber dem Bruder, da Torben sie immer unterstützte, ihr zuhörte, sie mit Ratschlägen vor Katastrophen bewahrte. Er hatte seine Semesterferien geopfert, um ihr in Amerika beim Aufbau zu helfen und auch danach war er stets hilfreich, wenn auch meistens nur telefonisch für sie mit Rat und Tat da gewesen. Dankbarkeit für die Großeltern, da sie stets Zeit für die Enkel hatten, deren kleinen Geheimnisse und Dummheiten, die sie anstellten, für sich behielten, zuweilen sogar ausbügelten.

Frauke betrachtete sich noch einmal kurz im Spiegel, strich an dem Strickkleid aus ihrer Kollektion entlang, betrat dann den Laden. An der Seite hatte ein Serviceunternehmen Getränke und kleine Häppchen aufgebaut. Zwei Damen standen als Bedienung bereit. Leise Musik ertönte aus versteckten Lautsprechern. Sie schritt zu ihrer Familie, setzte sich zu ihnen.

„Aufgeregt, mit Deern?“, fragte ihr Opa, tätschelte dabei ihre schmucklosen Hände.

„Eigentlich nicht! Entweder kommen Leute oder sie bleiben weg. Nur die Neugier treibt sie her. Viele werden meine Mode nicht einmal kennen, vermute ich. Heute, das ist reine Show und eigentlich unwichtig. Wie sagst du immer, Opa, nur dumm Tügs“, gab sie ihm einen Kuss auf die Wange, flüsterte, „ich hab dich lieb. Danke für alles.“ Für alle hörbar: „Trinken wir auf hoffentlich einen Erfolg, bevor der Trubel beginnt. Ich möchte euch allen für eure Hilfe, den Zuspruch, die nützlichen Tipps danken. Ohne euch wäre das alles nicht so fix fertig geworden. Danke! Danke! Danke!“ Sie stießen an, tranken, dann umarmte sie jeden aus ihrer Familie, dann reichte jedem ein hübsch verpacktes Päckchen, als kleines Dankeschön. Es waren Pullis aus ihrer Kollektion. Das erste Mal, dass sie auch Herrenpullover im Angebot hatte.

Sölve, Marion, Sören und Sven erschienen. Nun geht es also los, erhob sie sich, begrüßte die Freunde, den Anwalt und seine Frau. Sölve zog sie mit nach hinten, reichte ihr ein Päckchen. Sie riss das Papier sofort weg, jubelte, als sie das Strickkleid sah, welches Ähnlichkeit mit Fraukes hatte.

„Danke! Das ziehe ich gleich an“, umarmte sie die Freundin.

Frauke ging nach vorn. Die nächsten Gäste waren Thies Thieme und seine Frau Elke. So ging es die nächste Stunde Schlag auf Schlag. Es wurde umarmt, Küsschen verteilt und immer wieder hörte sie: Fein das du man weeder hier bist. Sie betrachtete Sölve, die einfach wunderschön in dem Sommerkleid aus Seidengarnen aussah. Es passte gut zu deren langen blonden Haaren, dem hellen Teint.

„Sölve und du ihr müsst aufpassen, dass euch Ekke Nekkepenn nicht holt“, lästerte Sören in einer ruhigen Minute. „Die eine blond, die andere dunkelhaarig. Beide jedoch wunderschön, obwohl Sölve ein wenig besser aussieht. So ein Kleid hat sie sich zum Geburtstag von uns allen gewünscht. Ich sollte sammeln gehen. Danke!“

„Gut das du das noch hinzugefügt hast“, lachte Frauke. „Weißt du, endlich habe ich den Namen für meine neue Sylt-Kollektion - Nekkepenn. Du bist ein Schatz, Sören.“

„Sag das Sölve. Sie glaubt mir das nie.“ Die drei lachten. Gemeinsam gingen sie zu dem Tisch, an dem ihre Familie saß. Man grüßte, da man sich gut kannte, Sören früher so oft bei ihnen war, wie Torben bei den Westerkamps. Die zwei Männer umarmten sich. Die Freundschaft war geblieben, auch wenn man sich jetzt nur noch einige Male im Jahr sah.

Sie begutachtete das Paar, welches gerade auf den Laden zusteuerte. Er dicklich mit Glatze, sie noch korpulenter mit Schmuck behangen. Gut, dass ich in ihrer Größe nichts führe, dachte sie dabei, obwohl sie geschmackvoll, passend zu ihrer Körperfülle gekleidet war. Eine gruselige Vorstellung, sie in einen Pulli von ihr gekleidet zu sehen.

Sie begrüßte das Paar. Er lachte sie an. „Erkennst du mich nicht mehr, du spillerige Deern?“

Mit großen Augen blickte sie den Mann an, hörte Sören sagen. „Hauke, dich habe ich lange nicht gesehen.“

„Entschuldige Hauke, dass ich dich nicht gleich erkannt habe.“

„Ja, wir haben uns alle verändert. Meine Frau Helene“, stellte er vor. Sie nickte der drallen Blondine zu, dachte dabei, das war mal mein Schwarm? Sie musste sich ein Lachen verkneifen. Neue Gäste erschienen und sie entschuldigte sich rasch. Für seine Frau würde Hauke Frieser hier nichts finden. Antje Kemp und ihre Mutter Hilde kamen, schauten sich interessiert alles an. Für sie gibt es hier auch nichts, dachte sie dabei, während sie lächelte. Antje war wie ihre Mutter dicklich geworden. Ihre strohblonden, gefärbten langen Haare sahen krank aus. Sie sollte die abschneiden und nicht mehr färben. Ihr Vater stellte sich neben sie, flüsterte, ein paar müssen aber erst abspecken. Sie verkniff sich mühsam ein lautes Lachen. So setzte sich der Nachmittag fort. Ehemalige Schulkameraden erschienen, waren neugierig, daneben sogenannte Prominente aus Film, Fernsehen und Klatschblättern. Es wurde viel verkauft und das war für sie das Positive.

Abends wurde noch lange mit der Familie, Freunden im Hinterzimmer des Deichgrafen gefeiert.

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Drei Wochen später dekorierte Frauke das Schaufenster neu. Gestern hatte die Hamburger Firma die ersten Herbst-Modelle ausgeliefert. Mia, ihre Verkäuferin, hängte die Modelle gerade auf. Ein paar bunte Blätter fehlen, begutachtete sie ihr Werk. Bisher war der Laden ein voller Erfolg. Es wurde reichlich gekauft. Auch ansonsten hatte sie die alten Freundschaften teilweise aufgefrischt, traf gelegentlich alte Bekannte, snakte mit ihnen. Ja sie war innerhalb von drei Monaten auf Sylt angekommen.

Ein alter, schmutziger Ferrari fuhr vor, parkte auf dem Gehweg. Eine Frau stieg aus und Frauke erkannte sie sofort. Sie war alt, faltig, dick geworden, sah weder gepflegt noch elegant gekleidet aus. Keine Kundschaft für sie. „Hier dürfen Sie nicht Parken, Frau Tönsmann. Fahren Sie den Wagen bitte weg.“

Die alte Frau lachte. „Hat mir so eine Person schon was zu sagen? Ich wollte mir nur mal deinen Laden ansehen. Dauert nicht lange, da dort nur Ramsch verkauft wird, wie ich hörte.“

„Rufe ich die Polizei und für Sie heiße ich Frau Berensen. Haben Sie kein Benehmen? Stimmt, hatten Sie noch nie. In meinem Laden gibt es nichts für Sie, da ich hiermit ein Ladenverbot ausspreche.“ Sie zückte ihr Handy, wählte.

„Was fällt dir dummen Ding ein, so mit mir zu reden?“, keifte sie.

Frauke meldete das unerlaubte Parken, die Beleidigung.

Henrik Westerkamp kam näher, gab ihr einen Kuss. „Zeige diese Furie an, min Deern“, sagte er laut, was die Frau, welche kurz vor der Tür stehen blieb, sichtbar nach Luft schnappen ließ. „Seit ihr der Mann weggelaufen ist, er sich eine neue Frau nahm, sie wenigstens ein paar Dinge behalten durfte, dreht sie durch. Bei dir kaufen kann sie generell nicht, da sie kein Geld hat.“

„Ich habe das Gekeife aufgenommen, Frauke.“

„Danke, Mia. Ein Zirkus, aber so war sie schon immer, kennt man sie. Weiß man, woher der Sohn diese Arroganz hat.“

„Denis hat sich verändert. Er ist öfter bei uns und benimmt sich heute wie ein Mensch“, lachte Henrik.

Die Polizei erschien und Frauke ging hinaus. Die Frau eilte zu ihrem Wagen, aber zu spät.

Der Polizist hielt sie fest. Der jüngere Polizist nahm ihre Anzeige und Aussage auf, sah sich das Filmchen von Mia an, welche er überspielt haben wollte, da man das benötigte. Der ältere Kollege rief ihm zu, der Wagen müsse abgeschleppt werden, da er seit Monaten keinen TÜV mehr hatte. Er solle daher anrufen.

Frauke schüttelte nur den Kopf.

„Frau Tönsmann, nun wird es eng für Sie, da es dieses Mal eventuell keine Bewährungsstrafe mehr gibt“, äußerte der ältere Polizist laut.

„Ich will sofort mit meinem Mann sprechen, damit der diese … eh Person verklagt.“

„Hatten wir alles schon. Ihr geschiedener Mann seit dreizehn Jahren will nur nicht mit Ihnen reden. Sie können gehen. Die Bushaltestelle ist ja nicht weit entfernt.“

Die Frau ging zeternd und meckernd von dannen.

„Sie kann einem leidtun. Erst reich, Nase hoch; nun arm in einer 2-Zimmer-Wohnung mit nur 500 Euro im Monat für sich und den Haushalt. Alles andere zahlt Denis, sonst müsste sie zum Amt. Du hast neue Modelle bekommen. Ist es nicht ein wenig früh, für Wintersachen?“

„Herbstmode nennt sich das“, schmunzelte sie. „Die Damenwelt wartet im Sommer auf die Sachen. Es ist meine erste Kollektion, welche komplett aus umweltfreundlichen Materialien, die aus Biohöfen von Bioschafen stammt.“

„Lohnt sich das wirklich?“

„Auch Modeunternehmen sollten sich mehr Gedanken über Nachhaltigkeit machen. Als ich das in den Staaten versuchte, erklärten mich alle für dusselig. Nur auch Mode sollte eben nachhaltiger gestaltet werden. Das Problem fängt allerdings schon bei der Wolle an, dann kommt das Waschen, die Farbe, selbst das Nähen, Weben mit Problemen verbunden. Die Angestellten des Betriebes werden nicht nur mit Mindestlöhnen bezahlt. Angekommen beim Verbraucher geht es weiter, es wird zu schnell weggeworfen, anderen ist solche Mode egal oder zu teuer. Bei mir wurden bereits vor drei Jahren konventionelle Materialien Stück für Stück mit recycelten Alternativen ersetzen, aber noch nie so strikt wie jetzt, da ich nur noch auf reine Naturgarne setze, die auch umweltfreundlich behandelt, gefärbt wurden, daneben auf faire Bezahlung der Leute vor Ort. Das habe ich vor zwei Jahren überall sporadisch selber überprüft. Die Betriebe bekamen aber auch das Siegel. Die Bangladesch-Ausbeute muss weltweit aufhören und solche Mini-Unternehmen wie ich gehen mit bestem Beispiel voran. Gerade bei teurer Mode muss angefangen werden.“

„Wird gut ankommen. Das grüne Kleid hast du passend für Linda?“

„Ja! Wird gut zu ihren rötlichen Haaren passen. Soll ich es weglegen?“

„Nehme ich gleich mit. Kann der Winter ... Herbst kommen“, lächelte er verschmitzt.

Am Nachmittag hielt Denis Tönsmann. Sie war ein wenig überrascht, dass er einen Tesla fuhr. Irgendwie hätte sie ihm eher einen Porsche, Ferrari oder so zugetraut. Sie ahnte, was er wollte, schmunzelte.

„Ein wirklich schönes Auto steht draußen.“

„Ich weiß! Du entschuldigst mich, da ich weg muss. Mia berät dich gern. Tschüss!“

Er fasste sie am Arm an, worauf sie sich rasch befreite. „Hände weg!“

„Entschuldige! Frauke, ich möchte mit dir reden. Lass uns einen Kaffee trinken gehen.“

Sie lachte. „Spare dir die fünf Euro. Meine Antwort ist Nein. Solche bornierten Leute konnten ein Kind, eine Jugendliche anmeckern, schlecht machen, aber mich heute nicht mehr. Du bist genauso selbstgefällig wie deine Mutter. Ihr eingebildeten Menschen denkt real, ihr dürft euch alles erlauben, da für euch keine Gesetze gelten. Tschüss!“, ging sie zum Auto, fuhr weg und er folgte, auch wütend, dass er sich von seiner Mutter deswegen überhaupt belatschern ließ.

Er fuhr Richtung Klinik, grübelte über seine Mutter nach. Da musste etwas passieren. Die gehörte in eine Psychiatrie, damit sie behandelt wurde, sonst ging das nochmals ganz böse aus. Seit der Scheidung hatte sie einen großen Knacks weg und die Anfälle von Größenwahn werden immer häufiger. Er hatte keine Lust mehr, ständig ihren Mist auszubügeln, ihre Schulden, Rechnungen zu bezahlen, auf sie aufzupassen, ihren Hasstiraden auf jeden Menschen zuzuhören.

~~~~~~~~

Keitum! Es war für sie früher der schönste, grünste Ort der Welt gewesen. Hier schien die Sonne heller und wärmer als anderswo auf der Insel. Die alten Friesenhäuser lagen versteckt in einem Meer von Grün aus Bäumen, Büschen, Sträuchern, Blumen. Der raue Wind wehte hier nicht so stark wie an der westlichen Küste. Nur der kalte Ostwind vom Watt blies streckenweise harsch durch die dichten Baumkronen. Der blanke Hans ist wüterich, nannten es ihr Vater und Opa. Bleib heute man drinnen, Deern, sonst pustet er dich weg. Sie wollte mal weggepustet werden, fand die Vorstellung zu fliegen toll. Nur da passten die Eltern und Großeltern schon auf. Es fehlte der Trubel von Westerland oder vom Strand, von der Westseite der Insel. Nur wenige Besucher kamen, um den kleinen verträumten Ort anzusehen. Für die Fremden glichen die Straßen einem Labyrinth und nicht selten kam es vor, dass diese im Kreis liefen, dann nach dem Weg fragten. Früher hatten sie sich oft einen Spaß daraus gemacht, sie in die falsche Richtung zu schicken. Fast zwischen jedem Haus verlief ein Pfad, begegnete wenig später den Nächsten, bog um Kurven, kreuzte wieder einen anderen. Wie oft waren sie als Kinder über die Steinwälle gestiegen, nur um den Weg abzukürzen. Sie kannte jeden Baum, jeden Strauch, die Menschen. Ja, es war ihre Heimat, ihr Zuhause, auch wenn es heute nicht mehr so schön ruhig, beschaulich war. Selbst jetzt, am frühen Morgen liefen die ersten Urlauber durch das Dorf. Dass man dabei nicht auf der Straße spazierte, war einigen anscheinend unbekannt. Sie fuhr an dem großen Haus ihres Opas vorbei, da sie direkt vom Friedhof kam, schaute das weiß getünchte, lang gestreckte Elternhaus mit dem überstehenden Reetdach, den blau gestrichenen Fensterläden kurz an. Die Häuser stehen nahezu alle in Ost-West-Richtung, um dem vorherrschenden Westwind eine möglichst geringe Angriffsfläche zu bieten, hatte ihr Vater ihnen früher erzählt. In dem Wetter zugewandten Westteil der Häuser befanden sich früher die Ställe, sodass der Wohnbereich auf der geschützteren Ostseite lag. Die Dachgeschosse der alten Häuser wurden in der Regel nicht zum Wohnen genutzt, sondern dienten als Heu- und Vorratslager. Ein weiteres Merkmal dieser utlandfriesischen Häuser war die Klöntür. Diese Tür ist horizontal zweigeteilt, sodass auch nur die obere Hälfte geöffnet werden konnte. Die geschlossene untere Hälfte verhinderte, dass Kleintiere, die oft rund ums Haus gehalten wurden, in die Stube gelangten. Durch die somit halb geöffnete Tür ließ sich vortrefflich mit den Nachbarn klönen. Daher kam auch der Name dieser Türart. Das Haus ihrer Großeltern war schon seit vielen Jahrzehnten nur noch ein reines Wohnhaus, aber das alte, äußere Bild war Erhalten geblieben. Das große Grundstück wurde an drei Seiten von einer Steinmauer umschlossen. Vom Garten aus verdeckten Sträucher und Büsche die Steine. Als Kind war sie zu gern auf dem Steinwall herumgelaufen. Man hatte von der Mauer einen herrlichen Blick über das östliche Meer, das an schönen Tagen silbrig schimmerte und leuchtete. Das Wasser war ruhiger, ohne Brandung, wie glattgebügelt, hatte sich Papa ausgedrückt. Bei schönem Wetter konnte man vom grünen Kliff aus bis nach List schauen. Das Wattenmeer lag dann vor ihren Füßen, mit seinem einzigartigen Ökosystem, mit extremen Bedingungen für Pflanzen und Tiere. Dazu zählten der pendelnde Wasserstand, der hohe und wechselnde Salzgehalt oder die großen Temperaturschwankungen, wie sie wusste. Früher waren sie bei Ebbe darin herumgerannt, auf der Suche nach Muscheln, Würmern, Schnecken und Krebsen. Alles hatte sie begeistert zu ihrer Mutter geschleppt, der ihre kleinen Schätze aufmerksam begutachtete. „Na, Deern, das hast du ja man wieder fein gemacht, nöch.“

Sie rollte gemächlich die alte Dorfstraße entlang, vorbei an den Stallungen, bog dahinter ab, blieb auf dem Hof seitlich stehen, sieg aus. „Moin, Grete. Einkaufen tue ich nach dem Ritt.“

„Wie geht es Pieter?“

„Ich habe ihn vorhin zum Arzt gefahren, aber den Gips wird er wohl noch zwei Wochen behalten. Er ist derzeit knurrig“, lächelte sie, schritt nun zu dem Stall. Kai, der 26-jährige Sohn der Bauernfamilie, machte gerade sauber. „Moin, Frauke. Ausreiten?“

„Moin, ja. Ich muss mal abschalten. Ich sattle Wind allein.“

Sie ging zu der Box, holte den braunen Hengst heraus, sprach mit ihm. Wenige Minuten später machte sie sich auf den Weg Richtung Wasser. Als sie allein war, ließ sie ihn laufen, genoss den Wind in ihren Haaren, das Gefühl von Freiheit. Alles fiel von ihr ab.

Sie zügelte den Hengst, als sie noch etwas entfernt ein Pärchen sah, welches sich küsste. Langsamer ritt sie nun auf sie zu, erkannte Denis Tönsmann und dieses Mal eine Blondine. Sie nickte ihnen zu, ritt an ihnen vorbei, bevor sie dem Pferd die Sporen gab. Sofort preschte er los. Sie hatte die Begegnung bereits vergessen.

Anders Denis, der still fluchte. Dass Frauke ausgerechnet hier ritt, hatte er nicht vermutet, war deswegen mit Silke hergefahren. Er musste wach werden, da er in knapp drei Stunden in den OP musste. Die Nacht war zwar schön, aber zu kurz gewesen. Etwas, was eigentlich in der Woche fast nie vorkam. Nur Silke war ihm am Wochenende über den Weg gelaufen und sie war sehr rege, wollte ihren Urlaub auf jegliche Art genießen. Genau, was er immer suchte, nur eben nicht in der Woche. Dass er Frauke dabei traf – ärgerlich, zumal sie ihn erst vorige Woche mit Jutta gesehen hatte. Dabei wollte er sie. Es war nicht sein Tag.

Nachdem sie das Pferd gestriegelt, auf die Weide geführt hatte, hieß es einkaufen.

„Am Wochenende ist ja man Ringreiten“, erzählte Grete, während sie die Kartoffeln in den Stoffbeutel legte. „Kommst du hin?“

„Es ist lange her, dass ich es das letzte Mal gesehen habe. Sören reitet mit, da gehe ich mit Sölve hin. Torben und Nina kommen am Freitagabend. Hoffentlich hält das Wetter. Es soll ja Regen kommen.“

„Wird schon! Brauchst du auch Eier?“

„Eine Packung. Die Leere bringe ich dir das nächste Mal mit. Dann noch zwei Flaschen Milch und so ein Bund Möhren. Die esse ich immer gleich so. Opa lästerte neulich, ich würde noch Hasenohren kriegen.“

Grete lachte. „Mir schmecken sie roh auch besser als gekocht. So ist es mit Kohlrabi oder selbst Rosenkohl. Hannes schüttelt immer nur mit dem Kopf, aber er isst Kartoffeln roh.“

„Nun noch Äpfel für das Blech.“

„Pieter wird wieder richtig verwöhnt und bekocht, seit du da bist. Ist schön auf seine alten Tage.“

„Ich bin froh, dass ich ihn um mich habe, abends mit ihm snaken kann, jemand zum Betütteln habe. Esse ich auch gleich gesünder.“

„Du solltest dir einen netten Mann suchen und Kinder kriegen. Pieter würde sich sicher über ein paar Lütte im Haus freuen.“

„Kommt Zeit, kommt Mann.“

„Unser Kai ist seit seiner Heirat ruhiger geworden, geht abends kaum noch weg oder sie gehen zusammen. Nun soll ja Nachwuchs kommen. Wir freuen uns schon auf unsere Enkel.“

„Die ihr richtig verwöhnen werdet“, amüsierte sich Frauke.

„Wat mut, dat mut.“

Nachmittags schneite Antje bei ihr in den Laden. „Moin und Tschüss. Antje, ich führe keine Kleidung in deiner Größe. Also verlasse meinen Laden.“

„Du hattest neulich Ärger mit Frau Tönsmann?“

„Gehe, da ich keine Zeit habe.“

„Weißt du eigentlich, was alle so über dich denken? Denis meinte, in der Schule war sie nun nicht eine große Leuchte, dazu ein wenig dusselig und am Aussehen haperte es dito. Heute vermutlich eher eine dusselige, wenig ansehnliche Frau. Da wird sie der Opa wohl finanzieren müssen. Nen Mann kriegt sie bestimmt nicht, deswegen muss sie bei ihm unterkriechen.“

„Er wird es wissen. Und? Meinst du, mich stört euer Getratsche. Raus! Ich rufe sonst die Polizei, da du nervst. Gehe in andere Läden und erzähl deine Geschichten.“

„Nur weil dich alle für eine alte Jungfer halten, die nun zum Opa musste, weil sie arm dran ist, du hier den Laden mietetest, den auch dein Opa bezahlt, brauchst du nicht pampig werden.“

Frauke griff nur zum Telefon, wählte.

„Ich gehe ja schon. So warst du immer, Nase hoch, dabei dusselig.“

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Mit Sölve spazierte sie über den Platz, grüßten hier und da. Sie blieben am Zaun stehen. Nun hieß es warten. Weiter vorn sah sie Torben bei den Reitern stehen, wie sie snakten. Nina erblickte sie nirgends. Ihre Gedanken schweiften zurück.

Sie sah seinen Schimmel vor sich, Farin hieß er. Sölve und sie spazierten auf dem Platz herum, warteten, dass es anfing. „Hast du gesehen, die dusselige Dagmar ist auch hier“, rümpfte Sölve die Nase.

„Na klar, alle sind da. Hoffentlich kommt die blöde Kuh nicht zu uns. Komm, wir gehen zu den Pferden, da wird dein Sören sein.“

„Was meinst du, wer von den vier Jungs gewinnt heute?“