Pipaponien - Detlef Schumacher - kostenlos E-Book

Pipaponien E-Book

Detlef Schumacher

0,0
0,00 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Märchen, das an einigen Stellen schamlos wird. Ansonsten eins, das wie alle Märchen märchenhaft ist. Schon deshalb, weil in ihm ein Drachen existiert. Kurzum: Weder Handlung noch Handelnde entsprechen der Wahrheit. Alles reine Phantasie.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2016

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Detlef Schumacher

Pipaponien

Ein schamloses Märchen

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prinz Pipapo und andere bei Hofe

Schon als Kind peinigten ihn große Ängste. Er war ein richtiger Angsthase. Vor allem und vor jedem fürchtete er sich. Selbst ein selbstgelassener Pups erschreckte ihn heftig. Man fragt sich, wie ein solcher Waschlappen Prinz sein konnte. Die Antwort ist einfach. Er war der einzige Sohn des Königs Pipapo I. und musste als solcher, dem Grundgesetz des Königreichs folgend, sein Nachfolger werden. Viel lieber wäre er Eremit geworden, doch das verbot die Erbfolge und der von einem Untier bewohnte Wald. In ihm hauste, man mag es kaum glauben, ein Drache. Eigentlich war er kein Drache, sondern ein aus der Urzeit stammender Dinosaurier, der es verpasst hatte, mit seinen Artgenossen vom Erdboden zu verschwinden. Er diente der Hexe Abrakadabra als Haustier. Die war keine richtige Hexe, sondern eine verzauberte Prinzessin. Als solche hatte sie es abgelehnt, die Gemahlin des Zauberers Hokuspokus zu werden. Enttäuscht verformte er sie deshalb in eine unansehnliche Hexe. Hokuspokus war anfangs kein Zauberer, sondern ein mittelloser Landstreicher, der zufällig das verschollen geglaubte Zauberbuch 'Wie räche ich mich erfolgreich?' gefunden hatte. Das sagte er aber niemandem. Hätte er's getan, wäre er vermutlich kein Zauberer geworden, weil man ihm das Buch gestohlen hätte. Prinzessin Tausendschön wäre dann vermutlich von einem anderen verhext worden, so er sich in sie verliebt hätte, sie aber nicht in ihn. Eigentlich war das Buch kein richtiges Zauberbuch, sondern ein Ratgeber für enttäuschte Herzen. In ihm fanden sich konkrete Hinweise zur Behebung seelischer Nöte. Unter anderem auch der Trick, wie man eine hübsche Jungfer zu einer von allen geschmähten schrulligen Schachtel macht. Auch der Rückverwandlung zur Ausgangsgestalt war eine Formel beigegeben, von der Hokuspokus aber keinen Gebrauch machte. Keinen Gebrauch machen konnte, wie gleich zu lesen sein wird.

Weil er – und hier beginnt der spannende Teil der Geschichte – kein geborener Zauberer war, sondern ein Mensch wie jeder andere, mit schlichten Gefühlen und ähnlichem seelischen Schnickschnack, trieb es ihn eines Tages in ein Wirtshaus. Hier wollte er dem Volk aufs Maul schauen und hören, was im Königreich Pipapo so vor sich geht. Er hatte dem Land nämlich für einige Zeit den Rücken gekehrt, um in einem anderen mit einer anderen den Liebesschmerz zu lindern, den ihm Prinzessin Tausendschön zugefügt hatte. Ihre Verwandlung in eine grundhässliche Hexe hätte ihn eigentlich beruhigen müssen, doch war er, wie schon erwähnt, ein Mensch mit seelischer Belastung. Hierzu gehörte die nicht verblasste Liebe zu Tausendschön. Es wäre ihm zwar möglich gewesen, sie in eine Prinzessin zurück zu zaubern, doch machte das notwendig, ihr einen Verwandlungskuss zu geben. Wie eklig! Einer von Gesichtswarzen bedeckten Hexe mit scheußlichem Mundgeruch einen Kuss auf die schleimigen Lippen zu drücken. Wer wäre dazu imstande? Auch wenn er wüsste, dass Abrakadabra im Grunde genommen ein hübsches Fräulein ist bzw. war.

Ein noch größeres Hindernis als der Verwandlungskuss war der Drachen Beißdichtot. Schon sein Name machte schaudern. Ganz zu schweigen von dessen messerscharfen Zähnen. Dieses Horror-Gemälde hatte ein Künstler geschaffen, der mit dem Namen Namenlos unterzeichnet hatte. Aus gutem Grund. Hätte Abrakadabra erfahren, wer ihr Lieblingstier so scheußlich dargestellt hatte, hätte sie ihn ihm zum Fraß vorgeworfen. Das gruselige Gemälde hing neben dem Porträt des regierenden Königs in jedem öffentlichen Gebäude. Es sollte abschrecken, wachsam machen, auch wütend auf diesen unerwünschten Waldbewohner und seine Besitzerin.

Stellt sich als weitere Frage, ob es Hokuspokus nicht möglich war, Beißdichtot mittels Zaubertrick in ein harmloses Schmusekätzchen zu verwandeln. Antwort: Ging nicht, denn dem Urvieh einen Verwandlungskuss zu geben war noch beschwerlicher als der für die Hexe. Der Verwandlungskuss war unabdingbare Voraussetzung für eine wirkungsvolle Entzauberung.

Als dritte recht wesentliche Frage tut sich auf, ob Abrakadabra nicht von sich aus in der Lage war, sich ihre vorherige Gestalt zurückzugeben. Von Hexen weiß man, dass sie über beachtliche Zauberkräfte verfügen. Doch nur im Märchen. Diese Geschichte ist aber kein Märchen, sondern bittere Realität.

Hätte Abrakadabra den Ratgeber 'Wie räche ich mich erfolgreich?' zur Hand gehabt, wäre ihr die Rückverwandlung eventuell geglückt. Doch nur unter der Bedingung, dem verflixten Hokuspokus einen Verwandlungskuss zu geben. Mit dem Ergebnis vielleicht, dass sie am Kusse solchen Gefallen gefunden hätte, dass der mit einer Eheschließung beschlossen worden wäre. Abrakadabra wusste von dieser Möglichkeit jedoch nicht. Wie auch?

Deshalb sann sie, wie sie dem Zauberer das Leben nehmen könnte. Beißdichtot sollte ihr dabei behilflich sein. Sie glaubte, Hokuspokus' Tod werde ihr die ursprüngliche Gestalt wiedergeben. - Trugschluss!

Wie sie es tun wollte, war also nicht machbar. Der ihr zugedachte Lebensraum war der Wald des Königreichs. Wagte sie sich aus ihm, setzte sie sich der Gefahr aus, als Hexe ergriffen, gefoltert und verbrannt zu werden. Denn: Niemand wusste von ihr als vormalige Prinzessin. Auch wenn sie beteuert hätte, die verzauberte Cousine des regierenden Königs zu sein, würde man ihr nicht geglaubt haben. Man wusste nur, dass sie entführt worden war. Wer das getan hatte, entzog sich der Kenntnis. Den Entführer und sie zu finden war eine hohe Belohnung ausgesetzt. Auch mit dem Anreiz versehen, der Finder dürfe sie ehelichen. So er das wolle.

Die Prinzessin war zwar schön, doch nicht gänzlich makellos. Sie hatte einen kleinen Schönheitsfehler. Ihr fehlte ein oberer Schneidezahn. Den hatte sie beim Nüsse knacken eingebüßt. Sie war leidenschaftliche Nussesserin.

Der Weihnachtsmann hatte ihr als Knackhilfe einen hölzernen Nussknacker geschenkt. In den verliebte sie sich, weil er wie ein Prinz aussah. Mit ihm schlief sie auch.

Als ihr ein Schneidezahn aus Elfenbein - aus dem Bein einer Elfe gefertigt -, eingesetzt werden sollte, wehrte sie sich mit der Behauptung, ihr geliebter Holzprinz, der Nussknacker, werde sie dann nicht mehr wollen. Schwuppdiwupp war der Nussknacker eines Tages verschwunden. Wer das getan hatte, wusste man nicht. Prinzessin Tausendschön weinte daraufhin mehrere Kopfkissen nass und äußerte, als ihre Tränendrüsen leer waren, sie wolle sich das Leben nehmen. Tags darauf lag der Nussknacker wieder in ihrem Bett.

Bei Hofe tuschelte man, sie habe neben der Zahnlücke auch eine Lücke im Gehirn. Laut lobte man die Zahnlücke als Zeichen vollendeter Schönheit. Eingefleischte Fans bei Hofe und im Volk ließen sich einen oberen Schneidezahn aus dem Gebiss entfernen, um ihrem Idol ähnlich zu sein.

Hokuspokus hatte die Zahnlücke nicht als Liebeshemmnis empfunden. Er war aber auch nicht so töricht, sich ebenfalls schneidezahnlos zu machen.

Auch Drache Beißdichtot war nicht gewillt, den Wald zu verlassen. Sein Platz war der an der Seite seiner Herrin. Ihr Wille war ihm Befehl.

Manchmal spazierte sie mit ihm an den Rand des Waldes. Dabei jammerte sie ständig, wie sehr es sie zurück ins Königsschloss verlange. Beißdichtot verstand zwar nur Bahnhof, doch sah er, wie bekümmert die Herrin war. Wenn sie zu weinen begann, entwurzelte er einige Bäume. So tat er sein Mitempfinden kund

Hokuspokus in der Spelunke

Hokuspokus betrat das bereits erwähnte Wirtshaus, das eigentlich eine Spelunke war. In ihr traf sich des Königreichs Unterschicht zum Saufen und Raufen. Der einstige mittellose Landstreicher und jetzige Zauberer Hokuspokus hatte ganz bewusst dieses verkommene Lokal gewählt. Er wollte Bereitwillige finden, die geneigt wären, dem Drachen Beißdichtot an die Kehle zu gehen. Einfach war diese Werbung nicht, das wusste Hokuspokus. Doch würde er die Zurückhaltung der Zauderer mit Zaster, der gültigen Währung des Königreichs, beseitigen wollen. Um bei den Säufern nicht den Eindruck zu erwecken, er sei ein reicher Adliger, musste er geschickt vorgehen. Tat er das nicht, würde man ihn vielleicht erpressen und dann ermorden.

Deshalb betrat er als heruntergekommener, verwahrloster, zerlumpter, unrasierter, ungewaschener und stinkender Strauchdieb die Spelunke. Sein Erscheinen löste bei den Anwesenden kein Aufsehen aus. Man nahm ihn nicht wahr, da die Aufmerksamkeit einer Gruppe verwegen aussehender Gestalten galt, die an einem Tisch saß und auf einen Batzen Zaster starrte, der auf diesem lag.

„Der Haufen gehört jetzt mir!“ dröhnte ein widerlicher Kerl mit einer schwarzen Augenbinde vorm linken Auge. Seine behaarte, schmutzige Rechte legte sich auf den Geldhaufen, um ihn einzustreichen. Das gefiel den anderen bei Tisch nicht, weshalb sie lautstark Protest erhoben. Einer zückte einen Dolch, den er dicht neben den Geldhaufen und die ihn bedeckende Hand in den Tisch stieß.