Schwarz.Nacht.Schwarz - Eike M. Falk - E-Book

Schwarz.Nacht.Schwarz E-Book

Eike M. Falk

3,9

Beschreibung

Ein Mystery-Thriller. Oder? Ein Friedhofsroman? Ohne Zweifel. Die Geschichte von vier Jugendlichen, Außenseitern, die sich zu einer Clique zusammengefunden haben. Deren Refugium: der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Der nicht irgendein Friedhof ist. Flächenmäßig der Viertgrößte der Welt, doch bei weitem der Schönste. Dort spielt die Geschichte. Es fallen sieben Ninjas aus der Nacht. Und in deren Gefolge erscheinen ein Dämon und ein Drache.

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Magie, sagte Nikk, und seine Augen leuchteten. Alles was wir brauchen ist Magie.

Nikk war ein Irrer. Aber wenn man ihn, Kevin, danach fragte, wer sein bester Freund sei, dann deutete er auf Nikk, der garantiert irgendwo in der Nähe stand und irre grinste. Und sagte: der da, der ists, der ist mein bester Freund. Und selbst wenn Nikk mal nicht in der Nähe stand, jeder, der um den Ohlsdorfer Friedhof herum wohnte, kannte Nikk. Nikk, der Irre, brauchte er da nur zu sagen, und alle nickten mit den Köpfen.

In der Grundschule wurden sie die besten Freunde, auf dem Gymnasium, jetzt, waren sie die besten Freunde, die besten Freunde würden sie bleiben bis einer von ihnen hops ging.

Wie er jetzt auf das Hopsgehen gekommen war, wusste er auch nicht so genau. Es war so ein Gefühl. Etwas Unbestimmtes. Als ob da was im Anzug wäre. Etwas Schwarzes. Ja. Genau. Etwas Schwarzes. Mehr war nicht zu erkennen.

Auch Nikk hatte nicht mehr sehen können. Nichts als das: Schwarz. Schwarz und Schwärzer.

Nur Magie konnte helfen. Magie. Der Irre. Sein bester Freund. Wenn man aus Steilshoop kam. Wenn man Kevin hieß.

Seine Eltern hießen Nicole und Henry. Herausgekommen war ein Kevin. Konnte nicht anders sein. Schicksal. Kismet. Scheiße.

Henry kam aus der Zone und Nicole war Bauchschmerzen. So viel Pillen konnte man gar nicht schlucken um das zu ertragen. Aber ein Pillenschlucker war er nicht oder nicht mehr. Das brachte nichts. So kam man nicht raus aus der Scheiße. Steilshoop. Henry hatte es nach Steilshoop verschlagen. Einen Zoni zog es immer zu den Plattenbauten. Und Nicole war schon da gewesen. Hatte dort auf ihn gewartet. Bauchschmerzen. Kevin. Und Steilshoop war ein Teil der Scheiße. Obwohl er Steilshoop gegenüber jedem anderen verteidigt hätte. Obwohl Steilshoop auch irgendwie geil war. In Steilshoop gab es die geilsten Graffiti von ganz Hamburg. Ein Teil davon stammte von ihm. Es war noch nicht das Beste, doch das würde es werden. Seine Graffiti würden die Besten von Steilshoop werden, seine Graffiti würden die Besten von ganz Hamburg sein, und dann … Weiter mochte er nicht denken. Er war kein Narr.

Wobei er gleich wieder an Nikk denken musste. Nein. Der war auch kein Narr. Ein Irrer, aber kein Narr. Das machte einen Unterschied.

Wo?

Wo sind wir?

Wo …

Nicht lange nachdenken …

Schnell …

Die Treppe … dort hinauf!

Schnell!

Es war Nacht. Kein Mond leuchtete. Stockfinster. Ich stand da. Dann fielen sie vom Himmel. Aus der Finsternis. Sieben waren es. Ganz leicht rollten sie ab, als ob nichts wäre. Sie alle trugen schwarze Gewänder, ein schwarzes Band um den Kopf, mit roten japanischen Schriftzeichen darauf. Um die Hüften hatten sie ein schwarzes Tuch geschlungen, darin steckten ihre Schwerter, Katanas. Es ging alles ganz schnell. Sie riefen sich etwas zu. Japanisch. Das wusste ich. Aber ich konnte es nicht verstehen. Dann stürmten sie eine Treppe hinauf. Oben stand eine gotische Kathedrale. Man konnte sie kaum erkennen. Ein schwarzer Klotz in der Dunkelheit. Und ein Portal. Sie stürzten da rein. Und dann, wie ich noch am Überlegen war, was ich tun sollte, kam Saskia angerannt. So schnell, dass ihr Haar wehte. Ihr blondes Haar: ein totenbleicher Streifen in der Schwärze der Nacht. Auch sie stürmte die Treppe hoch.

Durch das Portal. Ich dachte nicht länger nach. Stürzte hinterher. Die Treppe hoch. Durch das Portal.

Alles wurde anders. Immer noch Nacht. Aber anders. Ein Park. Zikaden. Ein Garten. Ein japanischer Garten. Ein Wasserfall. Ein Teich. Ein steinerner Drache. Der Kies knirschte unter meinen Füßen. Ich musste niesen. Die Zikaden. Der knirschende Kies. Und es gab einen Mond. Der leuchtete. Dann der Aufprall von Stahl auf Stahl. Schreie. Durchdringende Schreie. Ein Kampf. Ich musste da hin. Sicherlich waren es die von vorhin. Die, und irgendwelche Anderen. Katana prallte auf Katana. Schreie. Chi! Chi! Das verstand ich: Blut! Blut!

Dann stand Saskia neben mir. Sie nahm meine Hand. Alles wurde rot. Sie zerhieben sich. Blut. Überall Blut. Blut spritzte. Finger, Hände, Arme flogen durch die Luft. Blut. Überall Blut. Sie zerhieben sich. Keiner blieb übrig.

Hachiro!!!

Ja, Meister!

Wo sind sie hin?

Ich … ich weiß es nicht …

Die Falle war perfekt geplant.

Ich … ich weiß, Meister

Und …!?

Sie … sie waren plötzlich weg …

Und …?

Was – und?

Warum ich? fragte Saskia scharf, während sie mit beiden Händen ihr Blondhaar hinter die Ohren strich. Willste mit mir Händchen halten?

Nikk schauderte. Um nichts in der Welt. Der letzte Typ, von dem er wusste, dass er mit ihr Händchen gehalten hatte, war in der Alster gelandet. Hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten und in der Ohlsdorfer Schleuse versenkt.

Karpfenfutter. Nie im Leben …

Keine Ahnung …

Ist doch krank …

Seitdem er mit dieser Manga-App rummacht dreht er völlig ab, schlug Kevin halbherzig vor. Er erntete zwei gelangweilte und einen wütenden Blick.

Und du willst wirklich mit mir Händchen halten? gurrte Saskia. Und SuZa kicherte, gluckste.

Nikk wurde wütend.

Ihr versteht nichts! Nichts! Das sind Ninjas, Straßensamurai. Und die Anderen – Jakuza. Was weiß ich … Und sie kommen, vielleicht sind sie schon da. Die Ninjas, da bin ich mir sicher, sind schon da. Die Anderen – weiß ich nicht …

Aber sie haben sich doch alle selbst zerlegt, hast es eben noch gesagt, wandte Kevin ein.

Das war im Traum. Das war doch nur im Traum. Das war noch nicht. Und wir müssen verhindern, dass es dazu kommt. Das wird unsere Aufgabe sein. Sie sind da. Sie sind da draußen irgendwo. Und wir müssen ihnen helfen.

Diese Ninjas, fragte SuZa, während sie mit einer Rasierklinge, die sie in der linken Hand hielt, zärtlich über ihren rechten Unterarm strich, was weißt du denn noch von denen?

Nicht mehr als mir der Traum zeigte. Es waren Sieben, und sie waren jung, so in unserem Alter, und es waren Mädchen und Jungs, ich weiß aber nicht wie viele Mädchen und wie viele Jungs, es ging einfach alles viel zu schnell …

Wenn das Realität werden könnte, was du da geträumt hast, meinte Kevin, dann sind das ganz schön schlimme Finger, mit denen wir es da zu tun kriegen, ich meine diese Anderen, die da hinter deinen Ninjas her sind …

Na und, murmelte SuZa schläfrig, und schabte an ihrem Unterarm weiter.

Na und, betonte Saskis scharf, und streifte ihr Blondhaar zum x-ten Male hinter die Ohren.

Schon gut … Kevin gab klein bei.

Aber: Scheiße! sagte er. Scheiße! Scheiße! Scheiße!

… verschwunden.

Wohin?

Ich … ich weiß es nicht …

Finde es heraus!

Aber … Meister …

Finde es heraus!!!

… Meister …

Du hast 24 Stunden Zeit!

Ein echter Vampir fürchtet das Tageslicht. Wer sagt denn das?

Eine allgemein bekannte Tatsache.

Ach ja?

Ja!

Das übliche Gezeter. Kevin war in der Sonne eingedöst. Jetzt blinzelte er. Sein Kopf ruhte an der Wand des Mausoleums der Familie Brunnstein. Es war immer gut zu wissen, bei wem man zu Besuch war.

Das waren alles Spinner. Und er war der Oberspinner. Weil er sich mit diesen Spinnern einließ. Die auch noch irre waren, nicht nur Nikk, alle vier waren sie irre, er schloss sich da nicht aus, jeder für sich war irre, jeder auf seine Weise. Und sie waren Außenseiter, alle vier, daher war es wie von selbst gekommen, dass sie eine Clique gebildet hatten. Ein Wunder nur, dass es hielt, all die Jahre gehalten hatte. Ein Haufen irrer Spinner.

Saskia zum Beispiel. Die war nicht nur irre, die machte auch alle irre. Die schönste Frau diesseits und jenseits der Alster. So viel stand fest. Aber daran lag es nicht.

Sie hatte den Charakter einer Amöbe. Also Null. So sah er das. Und sie war kalt wie eine Amöbe. Immer vorausgesetzt, dass er den Amöben damit nicht böse Unrecht tat. So sah er das.

Zwei Jungs hatten sich ihretwegen umgebracht. Zwei, soviel er wusste. Der Erste hatte sich mit der Pistole seines Vaters erschossen, der Zweite hatte sich die Pulsadern aufgeschlitzt und war dann in die Alster gesprungen.

Kein schlechter Schnitt für eine 17-jährige.

Sich vorzustellen, was da noch alles kommen würde …

Es hatte jemand gewagt sie darauf anzusprechen. Es sei ihr egal, hatte sie geantwortet. Jeder sei für sich selbst verantwortlich.

Eiskalt.

Eigentlich – gab er ihr Recht. Auch ihm war es egal. Solange er selbst sich davor hütete sich in sie zu verlieben. Das würde seinen Untergang bedeuten. Er wusste das.

Einmal war er kurz davor gewesen. Einmal oder immer. Er musste höllisch aufpassen.

Sie machte sich sowieso nichts aus ihm. Sie waren gleichalt. Für sie war er ein Baby. Ohne Interesse. Was ihn natürlich nicht daran hindern würde sich in sie zu verlieben. Wenn er nicht aufpasste. Wenn er nicht höllenmäßig aufpasste.

Auch aus seinem Sprayen machte sie sich nichts. Das war Nichts für sie. Und er musste zugeben, dass ihn das kränkte.

Ziemlich sehr. Das tat sie absichtlich so. Oder?

Er musste höllisch aufpassen.

Außerdem gab es genug andere Mädchen, die auf Sprayer standen. Trotzdem …

Sieben sind es. Diese Sieben:

Ayaka – Farbenfrohe Blume

Majikku – Die Magische

Mizuki – Schöner Mond

Natsuko – Sommerkind

Akito – Kleiner Teufel

Daichi – Erde, Große Weisheit

Kenchin – Herz des Schwertes

Die Kuschelvampire von Hollywood meinst du wohl. Die umfallen, wenn sie nur einen Tropfen Blut sehen.

Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.

Das ist typisch. Typisch ist das mal wieder. Du interessierst dich für gar nichts.

Weils Quatsch ist.

Oh nein, das ist es nicht.

Es geht uns alle an.

Es wird uns alle angehen, wie ich das sehe. Die richtig Heftigen natürlich, die, denen das egal ist ob der Mond oder die Sonne scheint.

Ach, und wo steht das?

Das muss nicht stehen. Das ist einfach so, du musst es einfach nur wissen. Und ich weiß es.

Das Gezeter setzte sich fort. Kevin blinzelte.

Dieses Portal …

Ich weiß.

Es sollte nicht da sein.

Ich weiß.

Und doch …

Wir müssen hindurch.

Hinein.

Die Augen waren es. Ihre Augen waren

es, die ihn erschütterten.

Oder waren es gar keine Augen?

Weiße Höhlen waren es.

Wie konnten Höhlen weiß sein?

Und doch so weiß.

Weiß, dass es blendete.

Es fraß seine Augen auf. Dieses Weiß

ihrer Augen fraß seine Augen auf.

Er spürte den Schmerz.

Der sich in seine Augen fraß.

Er sah nichts :: mehr :: nichts.

Sie stammen aus dem kleinen Ort

Präfektur

Ein Ort, der – von je her –

Ninjas ausbrütet wie Dunst

der von der See die Berge hinaufkriecht