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Flensburg 1984
Mein Name ist Hauke Graaf, Polizeioberkommissar in der SOKO Friesland. Meine Kollegen lernte ich bei einem der SEK-Lehrgänge kennen. Als Uwe Petersen den Auftrag erhielt, eine SOKO für besondere Fälle in Norddeutschland zu bilden, wurde ich in das Team aufgenommen. Wir arbeiten von Bremen, Hamburg oder Flensburg auf, wo wir zur Tarnung Detektivbüros unterhalten. Die Erfahrung zeigte uns, dass viele Menschen, die in ein Verbrechen verwickelt werden, sich lieber an einen Privatdetektiv wenden als an die Polizei.
So auch in diesem Fall, in dem es um einen Frauenmörder ging, dem sich die Schwester einer Ermordeten als Opfer anbot. Die verzweifelten Eltern hatten sich an unser Flensburger Büro mit der Bitte um Hilfe gewandt…
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Tomos Forrest & Wolf G. Rahn
SOKO FRIESLAND
Der Frauenmörder
von Flensburg
Küsten-Krimi
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, 2023
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
SOKO Friesland – Der Frauenmörder von Flensburg
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Folgende Titel der SOKO FRIESLAND sind in Vorbereitung oder bereits lieferbar:
Aus der Feder von Tomos Forrest sind weiterhin erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung:
Eine kleine Auswahl der von Wolf G. Rahn veröffentlichten unheimlichen Romane und Grusel-Krimis
Flensburg 1984
Mein Name ist Hauke Graaf, Polizeioberkommissar in der SOKO Friesland. Meine Kollegen lernte ich bei einem der SEK-Lehrgänge kennen. Als Uwe Petersen den Auftrag erhielt, eine SOKO für besondere Fälle in Norddeutschland zu bilden, wurde ich in das Team aufgenommen. Wir arbeiten von Bremen, Hamburg oder Flensburg auf, wo wir zur Tarnung Detektivbüros unterhalten. Die Erfahrung zeigte uns, dass viele Menschen, die in ein Verbrechen verwickelt werden, sich lieber an einen Privatdetektiv wenden als an die Polizei.
So auch in diesem Fall, in dem es um einen Frauenmörder ging, dem sich die Schwester einer Ermordeten als Opfer anbot. Die verzweifelten Eltern hatten sich an unser Flensburger Büro mit der Bitte um Hilfe gewandt …
***
Flensburg 1984.
Hauke Graaf schlug den Kragen seiner Jacke hoch und blickte mürrisch in den dunklen Himmel. Er hatte im Palast-Theater am Adelbyer Kirchenweg den neuen Streifen aus den USA angesehen und sich amüsiert. Ghostbusters – Die Geisterjäger lautete der Titel, und Hauke konnte nur grinsend den Kopf schütteln, wenn er an die drei erfolglosen Parapsychologen dachte, die nach ihrem Uni-Rauswurf eine eigene Geisterjäger-Agentur gründen und den Kampf gegen einen gewissen Gozer, den Vernichter, aufnehmen.
»Wenn doch unsere Jagd nach Verbrechern auch mit Hilfe einer geeigneten Apparatur so einfach wäre! Dann hätten wir diesen wahnsinnigen Frauenmörder schon längst geschnappt!«
Seine Laune kippte, als er in den Regen hinaustrat. Er ärgerte sich darüber, dass er keinen Regenschirm mitgenommen hatte, weil er das viel zu spießig fand. Nun musste er sehen, dass er die kleine Dienstwohnung halbwegs trocken erreichte. Sie war von der SOKO Friesland für die Kollegen angemietet, die im hiesigen Ableger der Hamburger Tarnadresse vorübergehend arbeiteten. Hauke Graaf, der breitschultrige, 1,90 Meter große Polizeioberkommissar, hatte gut fünf Tage in Flensburg zu tun gehabt, weil hier ein aktueller Fall aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität seinen Einsatz erfordert hatte. Der Fall war abgeschlossen, und Hauke würde nach einer für den nächsten Tag angesetzten Abschlussbesprechung mit den hiesigen Kriminalbeamten wieder nach Hamburg zurückkehren.
Er bemerkte den Zeitungsverkäufer auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der trotz des schlechten Wetters die Gelegenheit nutzte, um mit einer neuen Hiobsbotschaft, die in großen Lettern von der Titelseite den nächsten Frauenmord verkündete.
Widerlich!, dachte Hauke Graaf. Aber kein Fall für die SOKO, sondern für die hiesigen Kollegen. Ich bin froh, wenn ich morgen wieder nach Hamburg zurückkomme.
Damit war er auch schon in der Bismarckstraße und bog gleich darauf in die Parsevalstraße ab, wo sich die Dienstwohnung befand. Der Regen nahm zu, und Hauke schüttelte sich an der Haustür wie ein nasser Hund. Dann schloss er auf und eilte die Treppen hinauf.
Von der nahen St. Jürgen-Kirche wehten elf Glockenschläge herüber. Es klang geisterhaft in der jetzt stillen Straße. Doris Jenzen zog den dünnen Mantel fester um ihre Schultern. Der Regen wurde kräftiger. Sie hätte doch besser ein Taxi nehmen sollen. Aber es war ja nicht mehr weit. Notfalls konnte sie sich irgendwo unterstellen.
Die blonde, junge Frau hastete weiter. Ihre Pfennigabsätze verursachten das einzige Geräusch, wenn man von dem entfernten Brausen des Verkehrs in der Innenstadt absah.
Eine schwarze Katze huschte heran und schlängelte sich an Doris Beinen vorbei.
Die Frau erschrak. Zum Glück war sie nicht abergläubisch. Wenn sie da an ihre Freundin Jessica dachte.
»Heute geschieht noch ein Unglück«, hatte sie steif und fest behauptet, als Doris das Salzfass versehentlich umgestoßen hatte.
So ein Unsinn! Viel konnte wirklich nicht mehr passieren. Der Tag war ja gleich zu Ende. An der Ecke, gegenüber vom Kino, stand ein Bursche und pries mit greller Stimme seine Zeitungen an, die er aus einer dicken Ledertasche, deren Riemen ihm von der Schulter hing und schief stehen ließ, verkaufte.
»Der Flensburger Frauenmörder schlägt wieder zu!«, grölte er mit sichtlicher Begeisterung. Reißerische Schlagzeilen verkauften sich gut. Die Leute liebten den Nervenkitzel. Das Unglück, von dem andere betroffen wurden, bot prickelnde Unterhaltung. »Blondes Mädchen tot aufgefunden! Leiche noch nicht identifiziert!«
Doris fröstelte. Der Regen rann ihr in den Kragen und von dort in den Nacken hinunter.
Beim Vorbeihasten warf sie einen Blick auf die Zeitungen.
Entsetzlich! Seit Wochen hielt dieser Mörder nun schon Flensburg in Atem. Die Polizei konnte ihn einfach nicht fassen. Was musste eine Frau fühlen, die plötzlich dieser Bestie gegenüberstand? Das Blatt, das ihr der Zeitungsjunge unter die Nase hielt, schlug sie aus. Nein danke! Sie konnte sich angenehmere Bettlektüre vorstellen.
Ein Mann kaufte eine Zeitung, offensichtlich aber nur, um sie als Regenschutz zu benutzen. Er hielt sie sich Wie ein Dach über den Kopf und grinste Doris an.
»Sauwetter!«, stellte er fest. »Haben Sie’s noch weit?«
Doris schüttelte den Kopf. »Noch drei Straßen, dann bin ich zu Hause.«
»Na, immerhin! Bis dahin sind Sie klatschnass. Da, nehmen Sie!«
Der Mann reichte ihr einen Teil seiner Zeitung. Der Regen wurde immer stärker.
Doris wollte erst ablehnen, griff dann aber doch zu. Warum sollte sie ihre Dauerwelle ruinieren? Nass war die Zeitung ohnehin schon.
Der Mann blieb neben ihr. Er war in der gleichen Richtung unterwegs.
»Haben Sie gelesen?«, sagte der Mann schaudernd. »Er war wieder am Werk.«
»Wer?«
»Der Frauenmörder. Er hält die Polizei zum Narren.«
»Ich glaube, dass er selbst ein Narr ist«, meinte Doris Jenzen und beschleunigte ihre Schritte. »Nur ein Wahnsinniger kann so etwas tun. Anscheinend hat er eine Vorliebe für blonde Frauen.«
Der Mann blickte sie ernst an. »Haben Sie da keine Angst?«
»Weil ich blond bin?« Doris lachte gezwungen. »Er kann schließlich nicht alle blonden Frauen umbringen. Außerdem gehe ich normalerweise abends nie allein auf die Straße.«
»Heute aber schon. Wenn ich nun zum Beispiel der Mörder wäre!«
»Sie?« Das Mädchen sah den Mann, der einen Kopf kleiner war als sie, fast mitleidig an. »Sie könnten doch keiner Fliege etwas zuleide tun. Im Übrigen würde ich furchtbar schreien. Sie haben mich noch nie schreien hören. Da läuft ganz Flensburg zusammen.«
Nun lachte auch der Mann. »Ängstlich sind Sie jedenfalls nicht. Dafür aber unvorsichtig. Meiner Frau schärfe ich immer wieder ein, keinem zu trauen. Meine Frau ist sehr klug.«
»Das glaube ich Ihnen gerne. O verdammt!«
»Was ist passiert?«
»Mein Absatz. Ich fürchte, er ist abgebrochen.«
»Na, so ein Pech!«
»Pech?« Doris lachte laut.
»Was ist daran so spaßig?«, wunderte sich der Mann.
»Meine Freundin hat mir heute noch großes Pech prophezeit. Nun ist es tatsächlich eingetreten. Das wird sie freuen.«
»Ja, Ihre Freundin hat recht. Kommen Sie dort hinein! Vielleicht lässt sich noch etwas reparieren.«
Doris folgte dem Mann willig in den Hauseingang. Vor allem deshalb, weil es nun in Strömen goss. Sie wollte den ärgsten Schwung im Trockenen abwarten. Es hörte bestimmt bald wieder auf.
Sie bückte sich und zog den linken Schuh aus. Da war nichts mehr zu retten.
Als sie sich wieder aufrichtete, stand der Mann dicht vor ihr und starrte sie an. Seine Hände zerknüllten den Teil der Zeitung, den er behalten hatte.
»Was haben Sie?«, erkundigte sich Doris besorgt. »Ist Ihnen nicht gut?«
»Nichts!«, stieß der Mann hervor. »Ich habe gar nichts. Und ich bin auch nicht verrückt, verstehst du?« Sein Gesicht verzerrte sich in grenzenlosem Hass. Seine Hände ließen die Zeitung fallen und schossen nach oben. Brutal legten sie sich um Doris’ Hals, deren Augen sich in entsetztem Verstehen weiteten.
»Schrei doch, du Dreckstück! Hast du keine Angst vor mir? Du wolltest doch, dass ich dich schreien höre.«
Seine Finger drückten zu.
Doris Jenzen riss den Mund auf, aber es drang nur ein leises Krächzen heraus.
Ihre Gedanken überschlugen sich und wurden zu einem zähen Brei. In den Ohren rauschte ihr Blut.
Irgendwann hörte auch dieses Rauschen auf.
Die Hände des Frauenmörders öffneten sich. Er keuchte und starrte sein Opfer an, das vor ihm auf den schmutzigen Boden rutschte.
Sorgfältig strich er seinen Anzug glatt und trat in den Regen hinaus.
Doris’ Leichnam blieb zurück. Neben ihr lag ein Schuh mit einem abgebrochenen Absatz. Ein Windstoß zerrte an der Zeitung in Doris’ verkrampfter Hand. Eine fette Schlagzeile wurde sichtbar:
»Der Flensburger Frauenmörder schlägt wieder zu …!«
Als Hauke Graaf überrascht am anderen Morgen einen Besucher vor der noch verschlossenen Tür der Detektei entdeckte und dann den Namen Jenzen hörte und das totenbleiche Gesicht seines Gegenübers sah, wusste er sofort Bescheid. Es hatte auch in den Morgennachrichten bereits einen Bericht gegeben. Doris Jenzen, ein blondes Mädchen von zweiundzwanzig Jahren, war am späten Dienstagabend ein weiteres Opfer des Flensburger Frauenmörders geworden. Der Mann, den er vor sich hatte, war zweifellos der Vater der Ermordeten.
Hauke sprach ihm sein Beileid aus, das Friedrich Jenzen stumm entgegennahm.
»Sie können sich denken, warum ich zu Ihnen komme, Herr Graaf«, sagte der Mann, nachdem er sich gesetzt hatte. »Doris ist tot. Nichts bringt sie uns mehr zurück. Aber ihr Mörder läuft nach wie vor frei herum. Die Polizei tut nichts oder zumindest zu wenig. Ich möchte, dass Sie diese Bestie zur Strecke bringen. Ich habe mich bei Freunden nach der besten Detektei erkundigt. Am häufigsten wurde der Name Ihrer Agentur, Petersen & Partner, genannt.
Hauke bot seinem Besucher eine Zigarette an. Jenzen nahm sie dankbar entgegen und ließ sich Feuer geben. Auch Hauke entzündete sich eine Zigarette. Er lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück und blies den würzigen Rauch zur Decke.
»Bevor ich akzeptiere«, sagte er ruhig, »muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass der Flensburger Frauenmörder von einem Heer bestens ausgebildeter Polizisten gejagt wird. Früher oder später werden sie ihn schnappen.«
»Ja, früher oder später. Vielleicht noch später, Herr Graaf. Ich will aber, dass es früher geschieht. Am besten noch heute.«
»Das wäre uns allen am liebsten. Auf jeden Fall werden Sie mich für etwas bezahlen, wovon Sie keinen Nutzen mehr haben.«
»Bekommen Sie mit der Polizei Schwierigkeiten, wenn Sie sich in diesen Fall einmischen?«
Hauke verneinte. »Im Gegenteil. Die Jungs von der Mordkommission sind froh, wenn wir ihnen ein wenig Arbeit abnehmen. Sie haben genug davon.«
»Dann fangen Sie also an! Ich denke nicht an Nutzen oder Vorteil. Ich denke daran, dass meine Tochter noch leben würde, wenn man diesen Unhold schon vorher zur Strecke gebracht hätte.«
»Ich begreife Ihren Schmerz und Ihren Zorn, Herr Jenzen. War Doris Ihr einziges Kind?«, fragte Hauke.
»Silvia ist zwei Jahre jünger. Sie kann den Tod ihrer Schwester gar nicht begreifen. Stundenlang schließt sie sich in ihrem Zimmer ein. Ich fürchte, dass sie einen seelischen Schaden davongetragen hat.«
»Herr Jenzen, ich werde Ihnen und Ihren Angehörigen eine Menge Fragen stellen müssen. Ich bitte dafür schon jetzt um Verständnis. Natürlich habe ich den Fall am Rande verfolgt. Ich weiß also einiges über den Frauenmörder. Das reicht aber nicht aus, um ihn zu fassen. Seine Person liegt noch völlig im Dunkeln. Es ist kein vernünftiges Motiv erkennbar. Keines der bisherigen Opfer wurde beraubt, an keinem wurde ein Sittlichkeitsdelikt verübt. Die Frauen stammen aus unterschiedlichen Gegenden und verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen. Nichts verbindet sie außer der Tatsache, dass sie alle blond waren. Das kann aber Zufall sein.«
»Zufall? Bei acht Ermordeten ist das kein Zufall mehr. Der Mörder hat etwas gegen blonde Frauen.«
Hauke Graaf nickte. Der Meinung war er auch. Ähnliche Fälle hatte es schon früher gegeben. Meistens wandte sich der übersteigerte Hass der kriminellen Psychopathen gegen rothaarige, schwarze oder blonde Prostituierte, wenn der Täter ein schmähliches Erlebnis nicht auf normale Weise verarbeiten konnte.
»Wollen Sie damit andeuten, dass meine Tochter eine Hure war?« Friedrich Jenzen sprang erregt auf. Seine Hände klammerten sich an die Schreibtischkante. Die Knöchel wurden weiß.
Hauke musste den Mann beruhigen. »Ich sprach von der Mehrzahl früherer Fälle«, betonte er. »Genauso gut ist es möglich, dass dem Mann die blonde Freundin weggelaufen ist und er sich nun auf diese schreckliche Art an allen blonden Frauen rächt. Auf jeden Fall brauche ich als erstes eine vollständige Liste aller ehemaligen Bekannten Ihrer Tochter. Hierzu gehört ihr Chef ebenso wie ihr Friseur oder der Discjockey.« Friedrich Jenzen, ein Mann mit grauen Haaren, die in den letzten Stunden zweifellos heller geworden waren, biss sich auf die Lippen.
»Sie müssen entschuldigen, Herr Graaf. Ich weiß manchmal nicht mehr, was ich sage. Ich schlage vor, dass Sie mit mir mitkommen. Am besten weiß Silvia über Doris Bekanntenkreis Bescheid. Schonen Sie nach Möglichkeit meine Frau. Sie befindet sich in keiner guten Verfassung. Sie musste schon ein paar Beruhigungsspritzen bekommen.«
Hauke erklärte sich einverstanden. »Ich muss nur noch ein Telefongespräch mit unserer Zentrale führen, Herr Jenzen, dann suche ich Sie zu Hause auf. Sagen wir – in zwanzig Minuten?«
»Natürlich. Sie kennen sich sicher in Flensburg aus und benötigen keine Karte?«
»Wie in meiner Westentasche, seien Sie unbesorgt, Herr Jenzen.