Stolpersteine der Ökumene - Alexander Basnar - E-Book

Stolpersteine der Ökumene E-Book

Alexander Basnar

0,0

Beschreibung

Die Ökumene - wer darf schon dagegen reden? Wer darf sich gegen das Gebet Christi aussprechen, das Er am Vorabend seiner Kreuzigung zum Vater schickte? Dieses Büchlein mag für manche stellenweise wie ein Kübel kaltes Wasser über sie kommen, wie eine Ice Bucket Challenge. Es mag da und dort religiöse Gefühle verletzen, weil viele kirchliche Lehren und Traditionen, zeitgeistige Fehlentwicklungen und andere heilige Kühe zur Schlachtbank geführt werden - um der Wahrheit willen, ohne die jene via Ökumene angestrebte Einheit der Christen in letzter Konsequenz ein tragikomisches Schauspiel bleibt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 129

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

Die Wahrheit und die Liebe

Einleitung

Ansprechpartner

Dieses Evangelium vom Reich

Dein Wort ist Wahrheit

Welches Wort ist die Wahrheit?

Wie man (nicht) Christ wird

Die Eucharistie als unverhandelbare Hürde

Der stehe ab von der Ungerechtigkeit

Nicht von dieser Welt

Nebenschauplätze der ökumenischen Diskussionen

Versöhnte Vielfalt, die ökumenische Mogelpackung

Wahres Christsein sieht anders aus

Was bedeutet das für uns?

Index

DIE WAHRHEIT UND DIE LIEBE

Dieses Büchlein mag für manche stellenweise wie ein Kübel kaltes Wasser über sie kommen, wie eine Icebucket-Challenge. Es mag da und dort religiöse Gefühle verletzen, weil viele kirchliche Lehren und Traditionen, zeitgeistige Fehlentwicklungen und andere heilige Kühe zur Schlachtbank geführt werden – um der Wahrheit willen, ohne die jene via Ökumene angestrebte Einheit der Christen in letzter Konsequenz ein tragikomisches Schauspiel bleibt. Schlachten muss der Leser diese die heilige Rinderherde jedoch für sich selbst, indem er die richtigen Konsequenzen daraus zieht. Ich darf und will hier niemanden bevormunden, denn auch Christus hat nie jemanden zu Seiner Nachfolge gezwungen – eher im Gegenteil viele abgeschreckt. Warum, werden wir in diesem Buch ansatzweise zu verstehen beginnen. Offenbar ist Er ganz anders als die meisten Christen Ihn sich vorstellen, und zwar gerade weil es Ihm um die Wahrheit geht und Er diese in wahrer Liebe gelehrt und repräsentiert hat.

Wahrheit und Liebe gehören untrennbar zusammen, weshalb ich – gewissermaßen als Anleitung zum Lesen – dem Buch ein paar grundlegende Gedanken vorausschicken möchte:

„[Gott gab die apostolische Lehre – Eph 4,11] … damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern, wahrhaftig in der Liebe, heranwachsen in allen Stücken zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus.“ (Eph 4,14-15).

Eigentlich suchte ich „die Wahrheit in Liebe sagen“, doch das steht nur indirekt da. Es geht um das Wort aletheuo, welches „wahr sein“ bedeutet, und erst in der Folge die Wahrheit reden, festhalten oder etwas wahr machen. Vielfach wird Wahrheit zurückgewiesen, weil sie nicht liebevoll präsentiert wird. Anhand des Tons, der die Musik macht, wird dem Gegenüber unterstellt, ohne Liebe geredet zu haben, was wiederum zu einer Ausrede gemacht wird, die Wahrheit nicht annehmen zu müssen. Macht erst die empfundene Liebe die Wahrheit wahr? Oder macht die unterstellte Lieblosigkeit die Wahrheit unwahr? Unterstellte Lieblosigkeit? Durchaus, denn nur einer kennt wirklich die Herzen. Liebe fühlt sich manchmal auch nicht wie Liebe an: „Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt. … Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind.“ (Heb 12,6+11).

Ich kann nur grundsätzlich vorausschicken, dass mich die Liebe zum Herrn und den Seinen drängt, dieses Buch zu schreiben, da es mich tief betrübt, wie uneinig Gottes Volk einerseits ist, aber auch wie diese Uneinigkeit zustande kam. Wieviel falsche Lehre, menschliche Tradition und ehrlich gemeinte Irrtümer die einzelnen Kirchen geformt haben, sodass nicht nur tiefe Gräben untereinander entstanden sind. Das Evangelium selbst ist häufig so verkürzt, entstellt und entkräftet worden, dass häufig zu fragen ist, ob man durch diese Botschaft überhaupt errettet werden kann, oder ob sich viele nur einreden errettet zu sein. Das ist todernst und tragisch, und darum schreibe ich aus tiefbesorgter Liebe zu den Seelen. Doch so wie einst Kassandra Troja liebte, aber deren warnende Rufe nicht ernstgenommen wurden bis sie sich erfüllt hatten und Troja zerstört worden war, ergeht es auch denen, die Gottes Wort predigen, wie es geschrieben steht: „Herr, wer glaubte unserer Botschaft?“, fragte sich etwa der Prophet Jesaja (Jes 53,1 LXX). Woran liegt es? Nicht nur der Prediger soll in Liebe predigen – auch die Zuhörer brauchen Liebe, um das Wort annehmen zu können:

„Die Liebe freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit.“ (1.Kor 13,6)

Die Liebe freut sich an der Wahrheit. Wer also von der Liebe zu Christus und Seiner Gemeinde erfüllt ist, wird sich über das Wahre in dem Buch freuen, auch wenn diese auf den ersten Blick unerfreulich wirkt, denn noch schlimmer für die Liebe sind Ungerechtigkeit, Lüge und Heuchelei zu ertragen. Die Wahrheit aber macht frei (Joh 8,32)! Die Wahrheit engt auch nicht ein, wie viele befürchten. Paulus ermuntert uns: „Unser Mund hat sich euch gegenüber geöffnet, ihr Korinther; unser Herz ist weit geworden! Ihr habt nicht engen Raum in uns [a.ü.: ihr seid nicht eingeengt durch uns]; aber eng ist es in euren Herzen! Vergeltet uns nun Gleiches – ich rede zu euch als zu meinen Kindern – und lasst es auch in euch weit werden!“ (2.Kor 6,11-13). Die Enge entsteht also nicht durch das Wort Gottes, welches uns die Apostel übermitteln, sondern durch die innere Abwehr desselben. Wir spüren es förmlich, wie es uns zusammenkrampft – und das zeigt, dass uns, den Hörern und Lesern der apostolischen Lehre, die wahre Liebe fehlt.

Mit großer Bestürzung lesen wir, wie Paulus jene beschreibt, die die Wahrheit nicht annehmen, weil ihnen diese Liebe fehlt:

„[Die Verführung Satans erfolgt] unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder und aller Verführung der Ungerechtigkeit bei denen, die verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können. Darum wird ihnen Gott eine wirksame Kraft der Verführung senden, so dass sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit.“ (2.Thess 2,9-12).

Wer an der Ungerechtigkeit Gefallen findet, hat keine Liebe zur Wahrheit – nur wer die Wahrheit in Liebe annimmt, wird vor aller Verführung bewahrt. Verführung ist sehr ernst. Was würden wir einem Bergführer antun, der die Touristen über einen Gletscher führte, wo diese in die Spalten fielen und starben? Wir würden ihn wohl zumindest wegen fahrlässiger Tötung anklagen – selbst wenn dem Recht so genüge getan würde, macht das die Toten jedoch nicht mehr lebendig. Verführung kann tödlich sein – in geistlichen Dingen kann sie ewiglich verdammen. Darum gilt es, die Liebe zur Wahrheit anzunehmen und zu pflegen. Wer das nicht tut, wird den folgenden Seiten nichts Positives abgewinnen können.

Möge Gott, der allmächtige Herr, die Augen unseres Verstandes erleuchten, damit wir Seine überschwängliche Liebe und Barmherzigkeit in aller Zurechtweisung erkennen mögen.

EINLEITUNG

Die Ökumene – wer darf schon dagegen reden? Wer darf sich gegen das Gebet Christi aussprechen, das Er am Vorabend seiner Kreuzigung zum Vater schickte? „Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.“ (Joh 17,20-21).

Natürlich müssen wir daher für die Einheit der Christen sein und mit aller Kraft dafür eintreten. Dem steht jedoch einiges entgegen, vor allem der menschliche Eigenwille und Egoismus. Wir sind, besonders in der westlichen Hemisphäre, der Gemeinschaft entwöhnt. Ebenso wurde es uns durch die Philosophie des Neomarxismus (68er Generation) gründlich abtrainiert, uns irgendwo verbindlich einzufügen, unterzuordnen und zu gehorchen. Der christliche Glaube ist hierarchisch, und wer von der Ökumene schwärmt, muss bedenken, dass er eigene liebgewonnene Meinungen und Traditionen aufgeben, sich einfügen, unterordnen und gehorchen muss. Allen voran Christus selbst. Die Einheit, die Er meint, ist nämlich keine pluralistische Einheit. Im selben Gebet sagt Er auch, was dieser Einheit zugrunde liegt. Zwei Aspekte will ich besonders hervorheben: Wir sind nicht länger von dieser Welt, und wir müssen durch Sein Wort der Wahrheit geheiligt werden. Es geht also um eine sehr eng umrissene und abgegrenzte Einheit, in der Widersprüche nicht nebeneinander bestehen können.

„Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin.“ (Joh 17,16).

Christen werden eins, indem sie sich aus der Welt in Sein Reich sammeln lassen. Wer sich noch der Welt verbunden fühlt, hat diesen Aspekt des Evangeliums nicht verstanden. Es ist erstaunlich, wie wir sehen werden, welch breiten Raum dieses Thema im Neuen Testament einnimmt, und wie wenig darüber gepredigt wird.

„Heilige sie in deiner Wahrheit! Dein Wort ist Wahrheit.“ (Joh 17,17).

Die Einheit gründet auf Heiligung, d.h. Besserung und Veränderung des Lebens in das Bild Christi gemäß dem Wort Gottes. Es geht nicht bloß um Mitgliedschaft, sondern um einen Lebensstil. Christen haben ein Bewusstsein der Wahrheit, das unverhandelbar ist. Die absolute Wahrheit schließt aber jeden Pluralismus aus. Alles, was wir sagen, denken und meinen, muss daher im Einklang mit Gottes Wort sein. Darum ermahnt Paulus:

„Ich ermahne euch aber, ihr Brüder, kraft des Namens unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig seid in eurem Reden und keine Spaltungen unter euch zulasst, sondern vollkommen zusammengefügt seid in derselben Gesinnung und in derselben Überzeugung.“ (1.Kor 1,10).

Es entspricht also nicht dem biblischen Verständnis der Einheit, verschiedene Meinungen zu Glaubensfragen gleichrangig nebeneinander stehen zu lassen. Das sollte uns stutzig machen: Wenn Katholiken, Evangelische oder Freikirchler zusammenfinden wollen, wer muss dann in Lehrfragen nachgeben?

Wahrscheinlich alle, doch sind manche Dogmen so hart und unflexibel formuliert, dass die Aufgabe des Dogmas einer Selbstaufgabe der Kirche gleichkommt. Das trifft besonders auf die katholische Kirche zu, die dogmatisch glaubt, dass das Lehramt der Kirche unfehlbar sei. Alle anderen sind per definitionem falsch. Unmissverständlich drückt es der Katechismus der Katholischen Kirche aus:

„2034Der Papst und die Bischöfe sind „authentische, das heißt mit der Autorität Christi versehene Lehrer, die dem ihnen anvertrauten Volk den Glauben verkündigen, der geglaubt und auf die Sitten angewandt werden soll" (LG 25). Das universale ordentliche Lehramt des Papstes und der in Gemeinschaft mit ihm stehenden Bischöfe lehrt die Gläubigen die zu glaubende Wahrheit, die zu lebende Liebe und die zu erhoffende Seligkeit.2035Die höchste Stufe in der Teilhabe an der Autorität Christi wird durch das Charisma der Unfehlbarkeit gewährleistet. Diese reicht so weit wie das Vermächtnis der göttlichen Offenbarung [Vgl. LG 25.]. Sie erstreckt sich auf alle Elemente der Lehre einschließlich der Sittenlehre, ohne welche die Heilswahrheiten des Glaubens nicht bewahrt, dargelegt und beobachtet werden können [Vgl. CDF, Erkl. „Mysterium Ecclesiæ"].“ 1

Solch ein Denken ist der evangelischen Kirche völlig fremd, sie lebt den aufgeklärten Pluralismus der Postmoderne. Einer ihrer Vertreter empfindet sogar das Glaubensbekenntnis als einen unzumutbaren Ballast:

„Der Superintendent im Ruhestand Herbert Koch (Garbsen) sagte, das Glaubensbekenntnis sei für ihn eine „fundamentalistische Zumutung“ und ein wesentlicher Grund für die rückläufige Teilnahme an Gottesdiensten. Höchstens zehn Prozent der evangelischen Mitglieder glaubten an die Jungfrauengeburt und weniger als jeder dritte Protestant, dass Jesus Gottes Sohn sei. Hauptschwierigkeit sei für ihn die „übernatürliche Biographie Jesu“, so Koch. Die Jungfrauengeburt sei „eine fromme spätere Legende“, zudem sei Jesus Analphabet gewesen. Auch rechne er nicht mit der Wiederkunft Christi zum jüngsten Gericht. Koch: „Die Kirche rechnet sicher mit allerlei aber auf keinen Fall mit der Wiederkunft Christi.“ Was kirchliche Leiter wirklich verbinde, sei nicht das Glaubensbekenntnis, sondern das Interesse, die Kirche zu erhalten.“2

Freikirchler sprechen, nicht zuletzt aufgrund des durchaus häufig dermaßen zur Schau gestellten Unglaubens der evangelischen und (seltener) der katholischen Kirche diesen in der Regel den Status Kirche zu sein ab. Für sie geht es bei der Einheit um die Einheit der wirklichen Gotteskinder, nicht bloß derer, die dem Namen nach Christen sind (Namenschristentum). Waren für sie ökumenische Treffen anfangs noch Gelegenheit zur Mission, so trat ein geistlicher Waffenstillstand an die Stelle des verpönten Abwerbens (Proselytenmachen), und die gemischten Gefühle zur Ökumene flauen zusehends ab. Eine gute Zusammenfassung bietet dazu der Freikirchenatlas:

„Die Haltung evangelikaler Freikirchen zur Ökumene ist nicht einheitlich und hängt sehr davon ab, wie genau man den Begriff definiert, und wer dabei den Ton angibt. So stehen manche Freikirchen dem Ökumenischen Rat der Kirchen eher misstrauisch gegenüber, und zwar sowohl dem Weltrat (World Council of Churches, WCC), als auch den jeweiligen nationalen Organisationen (wie dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ)), sind aber sehr wohl offen für Kontakte und auch Zusammenarbeit mit evangelikalen und konservativen Christen in der Evangelischen Kirche (die Evangelische Allianz umfasst Mitglieder sowohl aus der Evangelischen Kirche und den Freikirchen). Auch mit katholischen Erneuerungsbewegungen gibt es vielfältige Kontakte und gemeinsame Projekte. Vor allem auf Gebieten wie Lebensschutz, sowie Gesellschafts- und Schöpfungsverantwortung, wird die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Kirchen durchaus gesehen und wahrgenommen.“3

Wie soll das nun zusammengehen? Ist die Ökumene so betrachtet nicht eine reine Illusion? Für welche Art der Einheit betete der Herr Jesus? Für eine institutionellformale, eine auf Einheit in allen Lehrfragen oder auf Basis des gemeinsamen Glaubens in der Kraft des Heiligen Geistes?

Ich will in der Folge einige Stolpersteine der Ökumene aufzeigen, die in den Gesprächen meist unter den Teppich gekehrt werden oder auch gar nicht bewusst, aber ganz wesentlich sind. Am Ende werde ich zusammenfassen, was die einzige Möglichkeit ist, dass die Christen wirklich eins werden. Es ist nicht unmöglich, aber … aber wer sind die Ansprechpersonen und Verhandlungspartner?

1http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P7A.HTM(31.5.2019)

2http://www.kath.net/news/31704 (31.5.2019)

3https://freikirchenatlas.at/freikirchen-und-die-oekumene/(31.5.2019)

ANSPRECHPARTNER

Die Frage mag banal klingen, aber wer ist eigentlich der Ansprechpartner in ökumenischen Gesprächen? Wenn man im Rahmen der großen Kirchen denkt, so gibt es dort hierarchische Strukturen, aber die Vollmacht, die den diversen Kirchenleitern (Papst, Kardinäle, Bischöfe, Landessuperintendenten) verliehen wird, ist sehr verschieden. Während die katholische Kirche sehr straff organisiert ist, was es Bischöfen nicht erlaubt, von der offiziellen Lehre abzuweichen, gibt es in der evangelischen Kirche de facto einen Lehrpluralismus, der eine konsequente Leitung und eine verbindliche ökumenische Gesprächsbasis unmöglich macht. Ganz im Ernst: Sollte ein katholischer Bischof eine evangelische Bischöfin als gleichrangige Amtskollegin wahrnehmen? Was würde er außerdem zu dieser Aussage der (mittlerweile pensionierten) Bischöfin Margot Käßmann sagen:

„Da bin ich ganz Theologin des 21. Jahrhunderts. Ich glaube, dass Maria eine junge Frau war, die Gott vollkommen vertraut hat. Aber dass sie im medizinischen Sinne Jungfrau war, das glaube ich nicht… Ich denke, dass Josef im biologischen Sinne der Vater Jesu war.“ 4

Das ist in der evangelischen Kirche übrigens gar nicht unüblich, dass zentrale Inhalte des apostolischen Glaubensbekenntnisses in diplomatischer Sprache dermaßen verbogen interpretiert werden, dass man erst beim zweiten Mal zuhören merkt, dass es auf eine glatte Leugnung hinausläuft. Ich finde es seltsam, dass man sich bei solch allgemein bekannten Diskrepanzen überhaupt zu ökumenischen Gesprächen zusammensetzt.5

In der evangelischen Kirche ist es so, dass es niemanden gibt, der verbindlich für alle sprechen und entscheiden kann. Der Papst hat kein wirkliches Gegenüber. Bei den Freikirchen gibt es zahllose kleinere Bünde und Verbände und eine unüberschaubare Menge unabhängiger Gemeinden. Plattformen wie die Evangelische Allianz sind eher informell und haben auch keine Vollmacht für die Freikirchen, Bünde und Verbände verbindlich zu sprechen.

So gesehen scheitert Ökumene schon an dieser einfachen Voraussetzung: Es gibt keine allgemein anerkannten Verhandlungspartner. Damit scheitert aber der Weg zur institutionellen Einheit, also einer Ökumene, die alle Kirchen strukturell vereinen würde.

4https://charismatismus.wordpress.com/2014/03/31/evangelische-kritik-margot-kasmann-leugnet-die-jungfrauliche-empfangnis-christi/ (31.5.2019)

5 pikantes Detail am Rande: in diesem Punkt wäre eine Ökumene zwischen Katholiken und Muslimen technisch naheliegender, denn gläubige Muslime wagen es nicht ihre Heilige Schrift den Koran zu leugnen, der auch die Jungfrauengeburt Marias bestätigt (Sure 21:91)

DIESES EVANGELIUM VOM REICH