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30 Tage, um die Griechen zu verstehen Scherzer ist ganz anteilnehmender Beobachter, wenn er nach Griechenland reist -- einmal als Pauschaltourist und einmal ins „schlechteste Hotel von Thessaloniki“. Zwei Fragen treiben ihn um: Wo liegen wirklich die Ursachen für die Krise, und wie schaffen es die kleinen Leute, unter den Bedingungen des Spardiktats zu überleben? In unzähligen Begegnungen wird von Sorgen, Hoffnungen und solidarischen Überlebensstrategien erzählt. Die Urteile über die „faulen Griechen“ waren schnell zur Hand, als die Schuldenkrise Griechenlands in ihrem ganzen Ausmaß deutlich wurde. Wo aber liegen wirklich die Ursachen, und wie gestaltet sich der Alltag, wenn man durch verordnete Sparpakete die Arbeit verliert, nicht krankenversichert ist und keine Zukunftsaussichten hat? Landolf Scherzer schlüpfte zunächst in die Rolle des deutschen Pauschaltouristen und buchte einen „All-inclusive-plus“-Urlaub am Meer. Auf einer zweiten Reise quartierte er sich im „schlechtesten Hotel von Thessaloniki“ ein, das zufällig „Europa“ heißt. Aus beiden Erfahrungswelten ist eine lebendige, beeindruckende Nahaufnahme der Situation Griechenlands entstanden, die durch historische und Wirtschaftsexkurse ergänzt wird und uns mit den Sorgen und Hoffnungen der Griechen vertraut werden lässt. „Der Spezialist für Recherchen vor Ort.“ DER SPIEGEL
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Seitenzahl: 318
LANDOLF SCHERZER
Stürzt die Götter vom Olymp
DAS ANDERE GRIECHENLAND
Mit Beiträgen von Konstantin Wecker, Asteris Kutulas und Stephan Kaufmann sowie 50 Fotos des Autors
ISBN 978-3-8412-0774-6
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, März 2014
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Die Originalausgabe erschien 2014 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
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Einbandgestaltung hißmann, heilmann, hamburg
unter Verwendung eines Motivs von © NOHH/VISUM
E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig, www.le-tex.de
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Inhaltsübersicht
Cover
Impressum
DIE ERSTE REISE:ALL-INCLUSIVE-PLUS IM PARADIES
DIE ZWEITE REISE:ABENDDÄMMERUNG IM HOTEL »EUROPA«
6 MONATE SPÄTER
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne …
Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass Griechen gegen 14 Uhr Mittag essen. Doch in den Touristenhochburgen gilt diese griechische Zeitrechnung wahrscheinlich nicht mehr, denn als ich um 13 Uhr im großen Speisesaal des 5-Sterne-Hotels »Oceania Club« in Nea Moudania einen freien Tisch suche, schleppen die weiß und blau gekleideten Kellnerinnen und Kellner schon schwere Tabletts mit oft noch halbvollen Tellern und Gläsern im Slalom durch die eng gestellten Tische und schütten Fleisch und Fisch, Salat und Spaghetti in die Abfalltonnen, gießen Wein und Bier in den Ausguss, wischen die Tische ab, legen neue Deckchen, Teller und Bestecke wie in einem Nobelrestaurant millimetergenau nebeneinander und bringen im Laufschritt neues Bier, neuen Wein und neues Wasser für die neuen Gäste.
Küchenjungen füllen ständig die in der Mitte des Restaurants stehenden Desserttische mit fettigen Torten und Törtchen, buntverzierten dickbäuchigen Marzipanschweinen, honignassem Kuchen, sahnigem Eis und Schokosoße auf.
Regelmäßig schreitet der Küchenchef die 25 Meter lange Front der aufgebauten Speisen ab. Dabei würdigt er die Gäste keines Blickes, schaut nur mit Argusaugen auf das Büfett und bewegt sich so gerade und bedächtig, dass seine sehr hohe weiße Mütze nicht einen Zentimeter ins Wanken gerät. Im Laufen zwirbelt er die linke Seite seines schwarzen Bartes, rückt drei Salatschüsseln gerade, zupft das andere Ende seines Bartes, legt zwei Löffel neben die Pfanne mit gebratenen Rosmarinkartoffeln, glättet die linke Seite des Bartes, ordnet die Kuchenstücke symmetrisch und streicht über das rechte Bartende.
Der stolze Grieche scheint zufrieden mit sich und dem Büfett, auf dem wahrscheinlich alles zu finden ist, was ausländische Touristen in Griechenland essen möchten: pürierte Tomatensuppe oder cremige Champignonsuppe. In Scheiben geschnittene Gurken, Tomaten, Möhren, Rote Bete, Zwiebeln und Rettiche. Blätter von Rucola, Endivien, Minze und Kopfsalat. Schalotten von Zwiebeln und Stängel von Dill. Gebratene Zucchini und gefüllte Paprika. Spaghetti mit Sauce Bolognese. Putenfilets gegrillt mit Pilzen und Zwiebeln, Putenfilets gebraten mit Kartoffeln und Tomaten, Putenfilets gedünstet in Möhren und Erbsen. Rindfleischwürfel und Leber mit grünen Bohnen. Hackfleischklößchen, gebratene Auberginen und verschieden belegte Pizzen. Gebratene Würstchen, gegrillte Fische und Hähnchenschenkel in Sahnesoße …
Nur Gyros fehlt. Und der Knoblauch im Tsatsiki!
Ich grüße den Küchenchef leise: »Kalimera – Guten Tag.« Er beugt Kopf und Mütze zu mir hinunter und lächelt. Als ich wie ein kleines Kind den großen Mann an seinem weißen weiten Kochärmel bis zur Tsatsiki-Schüssel ziehe und ihm, indem ich tief Luft hole und kräftig durch die Nase atme, klarmachen will, dass Knoblauch fehlt, versteht er mich nicht. Er geht in die Küche, schüttet Joghurt nach. Ich imitiere Essbewegungen und hauche ihn an. »Knoblauch fehlt!« Er gießt Olivenöl dazu. Und wartet, bis ich mein Wörterbuch vom Tisch geholt habe. »Skordo – Knoblauch.« Er schüttelt den Kopf. Hier würden keine Griechen essen. Nur Angli, Jermani und Europai. Deshalb macht er Tsatsiki ohne Knoblauch.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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