Todesursache Vernichtung durch Arbeit - Hahmann Ernst-Ulrich - E-Book

Todesursache Vernichtung durch Arbeit E-Book

Hahmann Ernst-Ulrich

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Erinnerung darf nicht sterben. Kali-Werra-Revier und Südharzstädchen Ellrich. Die zahlreichen Mahnmale, Gedenkstätten, Grab- und Gedenksteine erinnern nicht nur an den Kampf und Leidensweg Tausender Häftlinge in den Konzentrationslagern und ihren Außenkommandos, sondern auch an den Leidensweg der Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen in Deutschland. An konkreten Bezugspunkten der regionalen Geschichte werden Verbindungen zur NS-Vergangenheit aufgezeigt. Wo, wenn nicht hier, ist eine anschauliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unseres Landes möglich und das ganz im Sinne des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, der sagte: Erinnerung darf nicht enden, sie muss auch künftigen Generationen zur Wachsamkeit mahnen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 126

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Aktionen gegen Faschismus und Krieg

Zeichen der Solidarität und des Widerstandes in den SS-Lagern in Ellrich

Die Opfer des Faschismus mahnen

Die Erinnerung darf nicht sterben.

Auf Spurensuche

„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

Ergänzende Dokumentation

Aktionen gegen Faschismus und Krieg

„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

Abkürzungen

Quellenverzeichnis der Bilder

Benutzte und weiterführende Literatur

Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur einmal gegeben, und er muss es so nutzen, dass ihn später sinnlos vertane Jahre nicht qualvoll gereuen, die Schande einer unwürdigen nichtigen Vergangenheit ihn nicht bedrückt und das er sterbend sagen kann, mein ganzes Leben, meine ganze Kraft habe ich dem Herrlichsten auf der Welt - dem Kampf für die Befreiung der Menschheit - gegeben.

(Nikolai Ostrowski)

Vorwort

Die Erinnerungen an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus sind ein lebendiger Prozess. Sie müssen es auch bleiben, denn sie sind ein Merkmal für das öffentliche Bewusstsein, für den Ernst und die Wahrhaftigkeit des Erinnerns und Gedenkens.

Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus war schwierig, aber möglich. Er endete für die handelnden Personen oftmals mit Verhaftungen, Folter, Verurteilung und Tod. Trotzdem wagten es Menschen, dem Unrechtsregime zu widersprechen und sind mutig diesen Weg gegangen. Es gab aber auch welche, wenn es auch nur wenige waren, die versuchten den Nationalsozialismus zu beseitigen.

Nach der Machtergreifung Hitlers bildete sich in Deutschland eine organisatorisch und politisch äußerst uneinheitliche Widerstandsbewegung heraus. Die Kommunisten versuchten sich als Untergrundbewegung zu organisieren, scheiterten jedoch. Vielfach wurde der Kampf vom Exil aus fortgesetzt.

Ansätze zu gemeinsamem Widerstand zeigte sich auch früh in Kontakten zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaften aller Richtungen.

Vergessen wir dabei nicht die zahlreichen aktiven und passiven Kämpfer gegen die Nazis, die von dem Grundmotiv beseelt waren „Der braune Spuk muss verschwinden!“ Sie gehören zu jenen Bürgern, die sich durch das faschistische System nicht unterkriegen ließen. Viele von ihnen standen nicht im Licht der Öffentlichkeit, obwohl ihr Handeln ein großes Risiko darstellte und viel Mut verlangte. Für sie war es selbstverständlich zu helfen.

Die leiseste, selbst im privaten Umfeld geäußerte Kritik an Hitler, seiner Ideologie, seinem Handeln oder seinen Plänen war lebensgefährlich. Die Gestapo versuchte die Gedanken der Bürger bis in die Familie hinein zu kontrollieren.

Wer von der Illusion frei ist, dass die Politik eines Staates sich von den Interessen zu lösen vermöge, denen zu dienen seine Aufgabe ist, den überrascht es nicht, dass die Vergangenheitsbewältigung in der einstigen sowjetischen Besatzungszone, der ehemaligen DDR anders erfolgte als in der BRD.

Dies sah wie folgt aus:

in der sowjetischen Besatzungszone

1945 bis 1948 die Entfernung von 520.000 Mitglieder der NSDAP aus allen Bereichen der Verwaltung und der Industrie.Von rund 40.000 Lehrern allgemeiner Schulen wurden 20.000 entlassen.Etwa 2.000 der Richter und Staatsanwälte mussten ihr Amt niederlegen.Bei den Rechtsanwälten wurde nicht in gleicher Weise verfahren. Noch Ende 1949 befanden sich unter den 999 zugelassenen Rechtsanwälte 224 ehemalige Mitglieder der NSDP oder ihrer Gliederungen.

in der BRD

Bis Mitte/Ende der sechziger Jahre sollen in der BRD noch zahlreiche Alt-Nazis tätig gewesen sein.
21 Minister und Staatssekretäre.100 Generale und Admirale der Bundeswehr.828 hohe Justizbeamte, Staatsanwälte und Richter.245 leitende Beamte des Auswärtigen Amtes, der Botschaften und Konsulate297 hohe Beamte der Polizei und des Verfassungsschutzes.

in der DDR

Durchführung der Bodenreform.Enteignung und Verstaatlichung der Großindustrie.Es gab aber nicht nur die eine Linie der Politik, die andere Linie bestand in der Integration ehemaliger „kleiner Nazis“ in den neuen Staat.Es gab zwei Seiten von Alt-Nazis die einen beträchtlichen Anteil am Aufbau der DDR besaßen und führende Positionen bekleideten. Alle Bürger sollten in die neue Republik einbezogen werden. Dies zeigte sich unter anderem in der Gründung der sogenannten Blockparteien, wie der CDU, LDPD und NDPD.
Eine ganze Reihe bereuten schon während des 2. Weltkrieges ihre Teilnahme am faschistischen Verbrechen, was sich in ihren Handlungen widerspiegelte.Ein anderer Teil war die Ideologie scheinbar zweitrangig. Sie arrangierten sich ziemlich schnell mit der neuen politischen Situation.Die Führungspositionen in der Politik blieben weiterhin beinahe ausschließlich von Personen besetzt, die dazu durch ihre unleugbare antifaschistische Vergangenheit legimitiert waren.
Der „Antifaschismus“ gehörte zur Staatsideologie, mit dem man politische Partner ausmanövrierte und politische Gegner verfolgte.Im Verlaufe der Jahre verschob sich die Politik, von vielen kaum wahrgenommen, von der Täterinnen- auf die Opfer- und gar schließlich auf die Siegerinnenseite.

Trotz der unterschiedlichen Entwicklung des Bewältigungsprozesses mit der Nazi-Vergangenheit in den bis 1990 getrennten beiden Teilen Deutschlands darf die Tatsache, dass vor gar nicht so langer Zeit in der Mitte Europas eine große Zahl von Menschen sich zu nahezu unglaublich barbarischen Handlunge bewegen ließ, in Vergessenheit geraten.

Dabei dürfen die Heldentaten der Kämpfer gegen Faschismus und jener Kameraden in den Konzentrationslagern und Zuchthäusern des Hitlerregimes, in der Illegalität und in der Emigration die einen opferreichen Weg gegangen sind nicht Verloren gehen.

Es ist verständlich, dass junge Menschen dem grauenvollen Unbegreiflichen ausweichen möchten, weil es unbequem und aus unserem Alltagsleben heraus nicht vorstellbar ist.

Und doch geschieht bis heute immer wieder Ähnliches in der Welt.

Im Januar 1996 richtete sich der damalige Bundespräsident Roman Herzog mit einem klaren Appell an die Deutschen:

„Die Erinnerung darf nicht enden, sie muss auch künftigen Generationen zur Wachsamkeit mahnen.“

Mit diesen Worten erklärte Roman Herzog den 27. Januar zum zentralen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.

2005 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, den Tag auch international zum Holocaust-Gedenktag zu machen.

Es geht darum das Vergessen zu verhindern und uns stetig zu mahnen, dass wir jeden Tag aufs Neue unsere Demokratie und Menschenrechte verteidigen müssen, damit sich die Geschichte nie wiederholt.

Wir leben heute an einer Zeitenwende, an der die Erinnerung zu verblassen droht, und mit ihr das Wissen darum, wie zerbrechlich die Demokratie, wie dünn die Decke der Menschenrechte sein kann.

Denn Werte wie Humanität, Toleranz, Freiheit und Demokratie sind auch heute nichts Selbstverständliches.

Deswegen ist es wichtig, aus der Erinnerung immer wieder lebendige Zukunft werden zu lassen. Es geht nicht nur darum das Entsetzen zu dokumentieren, sondern Lehren daraus zu ziehen, die auch für künftigen Generationen Richtungsweisend sind.

Aktionen gegen Faschismus und Krieg

Auf dem Weg zur Gleichschaltung der öffentlichen Meinung gingen die neuen Machthaber rigoros gegen unbequeme Zeitgenossen und politisch andersdenkende vor.

Trotz Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Internierungen nahm die Widerstandsbewegung gegen das Hitlerregime von Jahr zu Jahr zu und mit dem Ausbruch des Krieges immer organisierte Formen an. Flugblätter wurden gedruckt und verteilt. Regelmäßig hörte man Radio Moskau, London und ab Juli 1943 den Sender des Nationalkomitees „Freies Deutschland“.

Kommunisten, Sozialdemokraten und antifaschistisch gesinnte Kräfte waren bestrebt, in den Betrieben Kontakte zu Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen zu knüpfen. Es gehörte schon Mut dazu, denn ein Deutscher, der einen ausländischen Arbeiter zur Hilfe eilte, musste mit Strafen und auch seiner gesellschaftlichen Isolierung rechnen.

Nächtelang wurde über ein Deutschland nach Hitler, über eine neue, gerechtere Gesellschaft diskutiert. „Langsam arbeiten!“ oder „Maschinen kaputtmachen!“ lauteten die Parolen.

Aber waren das nicht nur alles sinnlose Nadelstiche, die das persönliche Risiko im Grunde nicht lohnten?

Hatte man nicht Angst, nackte Angst?

Keiner von den passiven und aktiven Kämpfern gegen die Nazis hatte sich je diese Fragen gestellt. Sie waren beseelt davon, dass der braune Spuk verschwinden musste; da gab es kein Innehalten, kein Zweifel.

So druckte der parteilose Heinrich Schneider, „Moke Hein“ genannt, gemeinsam mit dem Kommunisten Hans Rödl illegale Flugblätter und verteilten sie im Kali-Werra-Revier.

Im Juni 1941 begannen antifaschistische Kräfte mit der Störung der Wirtschaft und dem Unbrauchbarmachen der Maschinen. In der Produktion der Betriebe und Schächte des Kali-Werra-Reviers wurde immer öfter Ausschuss produziert, an denen sich regelmäßig Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter beteiligten.

Mit welchen Mitteln und Methoden die Kommunisten unter der faschistischen Diktatur arbeiten mussten, berichtete Martin Luther. Er schrieb darüber in einem Zeitungsartikel Folgendes:

„Eines Tages kam Genosse Magnus Poser mit einem Holzpferd unterm Arm. Dieses war auseinanderzunehmend. Zum Vorschein kamen die von Theodor Neubauer verfassten Flugblätter - ein Brief an die Kriegsgefangenen, Rotarmisten, an die Ostarbeiter und Ostarbeiterinnen.“

Quelle: Zeitungsartikel von Martin Luther - Erfüllt das Vermächtnis Theo Neubauers, Archiv der ehemaligen SED-Kreisleitung Bad Salzungen

Für die Mehrheit der SPD-Mitglieder ging es darum, durch gesellige und freundschaftliche Verbundenheit im vertrauten sozialdemokratischen Milieu politisch zu „überwintern“. Ein Gestapo-Bericht von 1937 beschrieb diese Handlung zutreffend:

„Abwarten, der Umschwung kommt von außen. Aber man muss sich für diesen kommenden Fall vorbereiten, um dann in gegebener Form die frühere Tätigkeit wieder aufnehmen zu können. Entsprechend dieser inneren Einstellung und dem Wunsch der Parteileitung, keine festen Organisationen aufzustellen, ist auch das Verhalten der Illegalen im Land. Man sitzt abends nach Betriebsschluss zusammen und trinkt ein Glas Bier, man trifft sich mit seinen früheren Gesinnungsgenossen in den Wohngebieten, man hält den Zusammenschluss durch Familienbesuch aufrecht, man vermeidet irgendwelche Organisationsform und sucht in der geschilderten Weise nur, die Freunde bei ihrer Gesinnung zu halten. Bei diesen Zusammenschluss wird über die politische Lage gesprochen, es werden die erhaltenen Nachrichten ausgetauscht, man betreibt die sogenannte Flüsterpropaganda im Großen, die zur Zeit die wirksamste illegale Arbeit gegen den Staat, seine Einrichtungen und Maßnahmen der Partei darstellt … Dadurch, dass viele ehemaligen Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre heute als Vertreter und Reisende tätig sind, werden solche Parolen und so weiter verhältnismäßig rasch auch in die entferntesten Teile des Reiches getragen. Trotz des Umfangs dieser subversiven Tätigkeit ist es leider selten gelungen, einen dieser Leute auf frischer Tat zu erfassen, ihn zu überführen und dem Gericht zur Aburteilung zu überstellen.“

Quelle: G. Weissenborn: Der lautlose Aufstand - Bericht über die Widerstandsbewegung des deutschen Volkes 1933 - 1935, Hamburg 1953, Seite 153

Illegale Schriften und Flugblätter gelangten organisiert und kontrolliert in die Hände deutscher Bürger, Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen. Die Nachrichten der abgehörten Sender Radio Moskau, London und anderer illegaler Sender dienten zur Mundpropaganda, um breite Kreise der Bevölkerung über Hitlers und Göbbels Lügenpropaganda aufzuklären.

Weitere Verbindungen wurden zwischen den einzelnen Lagern der Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen hergestellt. Im Mittelpunkt der Arbeit standen die Übermittlung von Nachrichten, die Vorbereitung und Hilfe bei der Flucht kriegsgefangener Soldaten, die Verringerung der Arbeitsleistungen und die Sabotage. Dabei ging es um die Herstellung der Einheitsfront zwischen Kommunisten, Sozialdemokraten und allen antifaschistisch gesinnten Kräften.

Deutsche Antifaschisten versuchten vor allem, den Hunger der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter zu lindern. Aber auch in ideologischen Bereich kam es zur Verständigung und gemeinsamen Aktionen gegen Faschismus und Krieg.

So stand der Kalikumpel Herrmann Storch dem Schicksal der Zwangsarbeiter, die in Merkers unter unmenschlichen Bedingungen arbeiteten nicht gleichgültig gegenüber. Er begann diese mit Lebensmitteln zu versorgen und sie ständig über das Frontgeschehen zu informieren.

Unter den mutigen Deutschen gab es viele Menschen, ohne jede politische Bindung, die versuchten die Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen zu verbessern.

Zu diesen mutigen Deutschen zählte Else Fieler aus Frauensee. Täglich nutzte sie den Weg, der von Frauensee nach Springen, durch das lang gezogene Tal führte. Hinter einem hohen Drahtzaun, auf dessen Krone sich mehrere Stacheldrahtreihen entlang zogen, waren hier hölzerne und steinerne Baracken errichtet. Mitleidig beobachtete sie jedes Mal die müden ausgehungerten Menschen, viele mit dem erniedrigenden Abzeichen „Ost“ auf der Brust, die hier in einem Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager untergebracht waren. An den Längsseiten der Baracken rupften Gestalten, die nichts Menschliches mehr an sich hatten, die wenigen Grasspitzen aus dem Boden, um sie zu essen. Else Fieler fasste den Entschluss, den erbarmungswürdigen Menschen muss geholfen werden. Ab sofort nahm sie jeden Tag gekochte Kartoffeln mit, die ihre Kinder vom Waldrand her den Hang runter kullern ließen. Die Kartoffeln rollten unter den Drahtzaun hindurch.

Die Blicke der Elendsgestalten, unter ihnen Juden, Halbjuden und sowjetische Kriegsgefangene mit dem „SU“ auf dem Rücken ruhten begehrlich auf den kleinen Erdäpfeln. Doch die Furcht vor den SS-Männern hielt sie im Bann. Wenn die SS-Leute sich entfernten, siegte der Hunger über den Verstand. Im Nu hatten sie die Kartoffeln aufgesammelt.

Eine von jenseits des Zaunes herübergeworfene Kartoffel war eines Tages, als kein Wachposten in der Nähe war, die Ursache eines wilden Kampfes, um sie in Besitz zu bekommen.

Nicht nur mit Kartoffeln versorgte Else Fieler die Gefangenen. Sie kaufte Holzschuhe von ihrem letzten Geld und schmuggelte sie über einen polnischen Zwangsarbeiter ins Lager. Der Schuster des Ortes Frauensee, der dies nicht mit ansehen konnte, wie die Frau ihr letztes Hemd hergab, schenkte ihr zum Dank für die Solidarität mit den Gefangenen zwei Paar neue Schuhe.

Viele Einwohner von Frauensee warnten Else Fieler vor den Repressalien der Nazis.

Aber Else machte weiter.

Die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter konnten sehr bald Freund und Feind unterscheiden.

Der Sozialdemokrat Paul Berges nahm polnische Frauen, die bei der Reichsbahn arbeiteten mit nach Hause. Er gab ihnen zu essen, sodass sie den schlimmsten Hunger stillen konnten.

Mit dem „versehentlich“ Liegenlassen einer brennenden Zigarette, der illegalen medizinischen Versorgung der Kriegsgefangenen und der Überschreibung eigner Leistungen auf das Konto der Zwangsarbeiter wurde bewusst gegen die „peinliche Abgrenzung“ der Nationalsozialisten verstoßen. Die Nazis wollten die Entstehung einer einheitlichen Widerstandsbewegung verhindern und die unterdrückten Menschen gegeneinander ausspielen.

Um mit den Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter noch besser in Verbindung treten zu können, vervollkommnete der Kommunist Hugo Simon seine Kenntnisse in der russischen und englischen Sprache.

Im Kalischacht Merkers galt es die Produktion zu drosseln. Gemeinsam mit einer Gruppe polnischer Zwangsarbeiter wurden die unterschiedlichsten Arbeitsausfälle organisiert.

Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, Wintershall AG, Werk Kaiseroda, Nr. 2h

Enge Kontakte fand eine aktive Gruppe Kommunisten zu den sowjetischen Kriegsgefangenen Andree und Nikolei. Diese erhielten Zivilkleidungsstücke, um im Ostarbeiterlager Merkers unauffällige Agitationsarbeit leisten zu können.

Die französischen Kriegsgefangenen von Merkers stellten mithilfe des deutschen Antifaschisten Jacob Wohlfarth Verbindungen zu den anderen Gemeinschaftslagern im Kali-Werra-Revier her. Bei dieser Gelegenheit organisierte er die Versorgung mit zusätzlichen Lebensmitteln.

Hugo Simon nahm im Untertagebetrieb von Merkers Kontakt zu den sowjetischen und englischen Kriegsgefangenen auf. Er informierte sie über die neusten Nachrichten des Senders Moskau, den er ständig in der Nacht abhörte.

Enge freundschaftliche Beziehung stellte Heinrich Niebergall zu polnischen und französischen Zwangsarbeitern her und erwarb sich das Vertrauen der ausländischen Arbeiter. Mit seiner Hilfe glückte zwei Franzosen die Flucht aus Merkers.

Diese Arbeit verfehlte nicht seine Wirkung.

In den Kalischächten Merkers und Kaiseroda mehrten sich die Sabotagehandlungen. Nach Beendigung der Schichten wurden immer öfter die Stößel der Seilbahn gelockert. Das hatte zur Folge, dass sie überstanden und der Spurkranz des vollen Wagens auflief und das Seil aus dem Mitnehmer schleuderte. Bei starkem Gefälle der Seilbahn fuhr ein Wagen nach dem anderen auf. Dutzende liefen aufeinander und stürzten um. Dabei wurde im Laufe der Zeit, die an sich schon alten Schwellen beschädigt und die Produktion erheblich gestört.

Kurzschlüsse in Elektromotoren wurden herbeigeführt. Sie brannten aus.

Andere füllten Kieserit in die Schmierbuchsen der Güterwagen. Bei ihrer weiteren Nutzung blockierten nach einiger Zeit die Achsen und der Abtransport der Kaliprodukte verzögerte sich.

Luftschläuche von Güterwagen wurden angeschnitten, sodass bei Betätigung der Bremsvorrichtung diese rissen und die Wagen aus dem Umlauf gezogen werden mussten. Durch eine derartige Sabotagehandlung fuhr ein von der Saline Leimbach kommender Güterzug mit Munition auf dem Bahnhof Leimbach über den Prellbock und zerstörte die gesamte Anlage.

Bei Schmöle & CO. in Immelborn produzierte man bewusst Ausschuss. Hergestellte Handgranaten und Zünder für kleinere Bomben wurden durch Ausglühen und „Fehlproduktion“