Unter dem Milchschaumherz: Haiku-Jahrbuch 2014 - Volker Friebel - E-Book

Unter dem Milchschaumherz: Haiku-Jahrbuch 2014 E-Book

Volker Friebel

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Beschreibung

Das Haiku-Jahrbuch 2014. Eine Auswahl deutschsprachiger Haiku, für das Projekt Haiku heute herausgegeben von Volker Friebel. Aus tausenden Texten ausgewählt 591 Haiku von 109 Autoren sowie 6 Tan-Renga. Haiku heute ist ein Projekt zur Förderung des deutschsprachigen Haiku. Die Präsenz Haiku heute erstellt aus eingereichten Texten Auswahlen. Die Jahrbücher, von denen hier das zwölfte vorliegt, wollen eine Auswahl der besten Haiku jedes Jahres versammeln und so einen Überblick zum Stand der deutschsprachigen Haiku-Dichtung geben. Dazu werden jedes Jahr auch Haiku außerhalb der Monatsauswahlen aufgenommen.

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Haiku heute

 

Unter dem Milchschaumherz

Haiku-Jahrbuch 2014

 

Herausgegeben von Volker Friebel

 

 

Edition Blaue Felder, Tübingen

 

Haiku heute ist ein Projekt zur Förderung des deutschsprachigen Haiku. Die Präsenz www.Haiku-heute.deerstellt aus eingereichten Texten Auswahlen. Die Jahrbücher, von denen hier das zwölfte vorliegt, wollen eine Auswahl der besten Haiku jedes Jahres versammeln und so einen Überblick zum Stand der deutschsprachigen Haiku-Dichtung geben. Dazu werden jedes Jahr auch Haiku außerhalb der Monatsauswahlen aufgenommen. 

 

Alle Rechte bei den Autoren.

 

Edition Blaue Felder,

Volker Friebel, Denzenbergstraße 29, 72074 Tübingen (Deutschland).

www.Volker-Friebel.de

 

www.Haiku-heute.de 

 

Redaktion, Foto und Gestaltung: Volker Friebel.

Veröffentlichung: April 2015.

 

Inhalt

Haiku 

Tan-Renga 

Autoren 

Herkunft der Texte 

 

 

 

 

Haiku

 

Klemens Antusch

 

Moosbeeren pflücken

niemand

sagt ein Wort

 

leichter Eisgang –

auf dem Tisch noch das Glas mit

ihrem Lippenstift

 

weißes Gleißen –

eine Krähe durchschreitet

die klirrende Kälte

 

Sylvia Bacher

 

lavendelblüten

in den kleidern der duft

der provence

 

am straßenrand – ein

zuckend bündel – das letzte

leben der katze

 

in den blättern

der sensen schwingt

die morgensonne

Marita Bagdahn

 

Am Himmel Fallschirmspringer –

die Pusteblume

wartet auf Wind

 

Alte Liebe

er lässt sie

an seinem Eis schlecken

 

Trüber Wintertag

beim Floristen einen Strauß

Sonne kaufen

 

Kniender Bettler

sie schenkt ihm einen

freundlichen Blick

 

Foyer im Pflegeheim

die alte Uhr

stehen geblieben

 

Cappuccino

unter dem Milchschaumherz

die Bitterstoffe

 

Bergwanderung

vor mir wächst

der Himmel

 

Valeria Barouch

 

Es werde Licht –

am Weg sauber gestapelt

der Wald

 

Seilbahnrundblick –

der Kondukteur gefesselt

von seinem E-Buch

 

Genfer Blumenuhr –

der Gärtner bettet die Stunden

in Chrysanthemen

 

Christa Beau

 

Nordic Walking

meine Beine älter

als ich

 

Nach dem Gartenfest

Mondlicht füllt

die leeren Gläser

 

Halloween

die Geister poltern

in Kinderschuhen

 

Radiomusik

beim Wiener Walzer schwärmt

Oma von Opa

 

Gerüchteküche

ich lasse die Spatzen

pfeifen

 

Wolfgang Beutke

 

Eisiger Wind –

Kirschblüten wirbeln durchs

entkernte Gebäude

 

Tiefe Stille ...

zwischen den Händen

wächst der Ton

 

Schwarze Limousinen.

Schemenhaft die Gesten

hinter Panzerglas.

 

Rauschender Regen

das Schweigen der Väter

nach dem Krieg

 

Klarer Morgen

der Fährmann slippt

die rostige Kette

 

Abendflaggenparade –

das eisige Schweigen

der Veteranen

 

Im Traum die Chiffren ...

schwarz glänzt das Treibgut

des Blauen Klaviers

 

Verschollen ...

aus lichtloser Tiefe

Walgesang

 

Gerald Böhnel

 

„... ruhe in frieden ...“

über dem grab

pocht ein specht

 

„damals“ – mit dem finger

fährt er den schrunden

im tisch nach

 

vor dem supermarkt

ein roma geigt

yesterday

 

jeder ist schwierig

mailt sie

und sagt ab

 

telefonterror

sie ruft nicht an

 

Gerd Börner

 

wilde Oliven

am Tage ihrer Rückkehr

weiße Blüten

 

zum Ende der Nacht

die erste Straßenbahn –

kleine blaue Blitze

 

Großvater

starrt den Schatten an

nebenan Klezmer

 

einen Blitz lang

dachte ich:

nimm auch einen Stein

 

aus heiterem Himmel

das Echo eines Seufzers

 

fern

das Summen der Insekten –

des Lauschens müde

 

Reiner Bonack

 

Hundstage

Im Schatten der Mühle döst

die alte Katze

 

Die weiße Wolke

im Gezweig des Baumes –

ein Frosch schaut hervor

 

Ein Stück Himmel

löst sich vom Himmel im Teich –

libellenblau

 

Der alte Kutter

weit auf das Land gezogen –

blätternde Bläue

 

Claudia Brefeld

 

mit jeder Welle

landet der Mond an

The Thrill is Gone

 

Perseidenschauer ...

die Mondschale gerät

ins Wanken

 

Abfahrtsglocke ...

ein Zug nimmt die Farben

des Tages mit

 

eine Tänzerin

lauscht dem Rieseln nach ...

Hanami

 

Brigitte ten Brink

 

Sonntagsfrühstück

das Flüstern des Hauses

in die Stille

 

Regentag

das letzte Puzzleteil

bleibt verschwunden

 

Im fremden Bett

das Nachtrauschen auf einer

anderen Frequenz

 

Wartezimmer

aus der Wanduhr tropft die Zeit

 

mitten im Winter

auf ihrer nackten Schulter

ein Blütentatoo

 

„sounds of silence“

weit offen die Tür zur

Karaokebar

 

Ralf Bröker

 

Bahnhofskino

er schmeißt seine Liebe

in die Tasten

 

meinegedankenimkreiseimkreisetavor

 

jemand lallt

aus dem Hintergrund müsste

jemand schießen

 

du verlässt mich zwischen unendlich vielen zivilisationen

 

breaking news irgendwas mit menschen

 

arbeitssuchend

b

f

a

l

l

 

Simone K. Busch

 

längste Nacht

seine Worte balancieren

im Pinselstrich

 

Kimonoanprobe

die Schichten des Seins

einfach ablegen

 

voller Herbstmond

hineingezogen ins Nichts

des Japanpapiers

 

Taifun ...

über den Trümmern der Duft

grüner Orangen

 

alter Tempel

die Regenkette spielt

Schönberg

 

Sommernacht

ein Bagger gräbt

den Traum um

 

rote Ume im Schnee –

die Märchen

die Mutter verschwieg

 

Regenzeit

die rostige Stimme

des Therapeuten

 

voll von Worten

vergangener Nächte

Sakura Mond

 

plötzlicher Wind

ein Kind trägt Kirschblüten

in die Zukunft

 

nachtflug

das weitdadraußen

in mir

 

beschwingt

vor dem Premium Outlet

Bettelglöckchenklang

 

heiliger Berg

im Dämmer der Reispapierwand

Nachbars Furz

 

erster Frost

der Zirkus räumt

die Träume ein

 

die Gesichter

im Industriegebiet

rosa Kirschblüten

 

Abrißhaus

aus dem Dunkel der Duft

von Winteräpfeln

 

rote Blätter jagen

die Stille des Fuji

 

Blauregen

am Ende des Pinsels

sein Duft

 

Sternenlicht

im Reisfeld eine Illusion

von Frieden

 

alles was war

vor dem Vergessen

sternklare Nacht

 

leere Zikade

im nächsten Leben

bin ich frei

 

Ingo Cesaro

 

Im Schlossinnenhof.

Jazzkonzert. Amselpärchen –

improvisiert mit.

 

Cezar-Florin Ciobîcă

 

neue Federn für

die alten Steinengel –

erster Schnee

 

Sommerende ...

der Schatten des Reihers

immer kleiner

 

Magnolienduft –

plötzlich wacht meine Mutter

aus dem Koma auf

 

Tauwetter –

in alten Räumen

neue Klänge

 

Jahreswechsel –

Schneeflocken befeuchten

die Lebenslinie

 

Heilige Nacht –

das Licht des Neuschnees über

der alten Krippe

 

magnolienblüten ...

ab morgen höre ich auf

zu rauchen

 

fallende Blätter –

wir hoffen noch

auf ein Wunder

 

Rückkehr aus dem Krieg ...

das Lied der Grillen kann

nicht mich befreien

 

Beate Conrad

 

Familientherapie.

Der Ventilator verteilt

Chrysanthemenduft.

 

Maidan – die ganze Nacht lang

der Wind im Papierengel.

 

Junge Liebe

in der Kampfzone ein Hotel

ohne Türen

 

Kirschblütenknospen – der Fährmann legt langsam ab.

---ENDE DER LESEPROBE---