3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €
Seit Thessa Michaels Verlobungsring am Finger trägt und der Hochzeitstermin feststeht, könnte ihr Leben total perfekt sein – wäre da nicht ihre Schwiegermutter in spe, ihr pubertierender Sohn und diese kleine Eifersucht auf ihre Lieblingsfeindin Judith. Aber auch mit ihrem Exmann und dessen Freundin hat sie es nicht immer leicht, halten die beiden sich doch für Experten in Sachen Erziehung. Da Thessa gerne kocht, sind die einzelnen Kapitel nach Speisen benannt, die für die Regionen, in denen die Geschichte spielt (Wien, Hamburg und Salzburg) typisch sind. Hobbyköche finden im Anhang die dazu gehörigen Rezepte.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Brigitte Teufl-Heimhilcher
VON HOCHZEITEN, SCHWIEGERMÜTTERN UND EIFERSÜCHTIGEN MÄUSEN
Roman
Titel
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Die Autorin
1. Wiener Schnitzel
2. Lammsteak mit Zimt
3. Hummersalat
4. Schweinsbraten mit Knödel
5. Salzburger Nockerl
6. Aalsuppe
7. Scholle Finkenwerder Art
8. Seeteufel auf Champagnersauce
9. Mexikanischer Bohnentopf
10. Die Weihnachtsgans
11. Gulasch
12. Rübenmalheur
13. Pannfisch
14. Osterschinken im Brotteig
15. Müsli
16. Beef-Tartar
17. Hochzeitskuchen
18. Heiße Liebe
19. Fischbrötchen
20. Epilog
21. Die Rezepte
Danke
Humor und Hausverstand
Familie 2.0
Sonst noch erschienen
II. Auflage Copyright: ©2023 Brigitte Teufl-Heimhilcher, 1220 Wien
Von Hochzeiten, Schwiegermüttern und eifersüchtigen Mäusen Brigitte Teufl-Heimhilcher
https://www.teufl-heimhilcher.at
Konvertierung: Autorenservice-Farohi https://www.farohi.com
Covergestaltung: Xenia Gesthüsen
I. Auflage © 2015 Brigitte Teufl-Heimhilcher
Publishing Rights © 2015 Brigitte Teufl-Heimhilcher
Buchsatz & Covergestaltung: mach-mir-ein-ebook.de
Herstellung & Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt
Alle Rechte vorbehalten
Von Hochzeiten, Schwiegermüttern und eifersüchtigen Mäusen
Seit Thessa Michaels Verlobungsring am Finger trägt und der Hochzeitstermin feststeht, könnte ihr Leben total perfekt sein – wären da nicht ihre Schwiegermutter in spe, ihr pubertierender Sohn und diese kleine Eifersucht auf ihre Lieblingsfeindin Judith.
Auch mit ihrem Ex-Mann und dessen Freundin hat sie es nicht immer leicht, halten die beiden sich doch für Experten in Sachen Erziehung.
Da Thessa gerne kocht, sind die einzelnen Kapitel nach Speisen benannt, die für die Regionen Wien, Hamburg und Salzburg typisch sind. Hobbyköche finden im Anhang die dazugehörigen Rezepte.
.
Brigitte Teufl-Heimhilcher lebt in Wien, ist verheiratet und bezeichnet sich selbst als realistische Frohnatur.
In ihren heiteren Gesellschaftsromanen setzt sie sich mit gesellschaftspolitisch relevanten Fragen auseinander. Sie verwebt dabei Fiktion und Wirklichkeit zu amüsanten Geschichten über das Leben - wie es ist, und wie es sein könnte.
Schwarzer Freitag, dachte Thessa, während sie nervös nach ihrem Autoschlüssel kramte. Erst hatte ein Klient sie stundenlang mit Steuerfragen genervt, dann hat sie sich ein Strafmandat eingehandelt, und nun war sie auf dem Weg ins Spital – vorausgesetzt der Autoschlüssel fand sich bei Gelegenheit – weil ihr Liebster, Michael, sich beim Badminton die Achilles-Sehne gerissen hatte.
Ihr armer Held. Dabei war er doch nur für den Freund ihres Sohnes eingesprungen, der wieder einmal abgesagt hatte. Aber vermutlich hatte ihn dann doch der Ehrgeiz gepackt, so wie neulich, auf dem Tennisplatz, da hatten die beiden sich auch nichts geschenkt. Männer sind schon eigenartige Wesen. Durchaus liebenswert, aber irgendwie unverständlich.
Als sie endlich in der Tiefgarage des kleinen Privatspitals nach einem Parkplatz Ausschau hielt, fiel ihr ein dunkler Mercedes mit dem Kennzeichen „NERV 1“, auf. Ihr zukünftiger Schwiegervater war also auch schon da, hoffentlich allein.
Doch schon als sie, nach der Zimmernummer suchend, den Gang entlangeilte, hörte sie die Stimme von Michaels Mutter. Auch das noch. Der schrille Ton war stets ein Hinweis darauf, dass Vera sich ärgerte.
Die Tür zum Krankenzimmer stand offen und Vera war gerade dabei, ihrem Sohn die Kissen aufzuschütteln, während eine junge Krankenschwester etwas hilflos daneben stand. Ihr Schwiegervater saß etwas abseits und beobachtete die Szene aus sicherer Entfernung.
„Hallo Mäuselchen!“, rief Michael, als er Thessa sah. „Endlich ein Lichtblick.“
Nun hatte auch Vera sie bemerkt, allerdings schien sie deutlich weniger begeistert. Dafür lächelte ihr Schwiegervater Thessa freundlich entgegen und erhob sich, um ihr Platz anzubieten.
„Es wird in diesem Haus doch wohl noch ein paar Sesseln geben“, keifte Vera in Richtung Krankenschwester, die sich augenblicklich auf die Suche machte.
„Mutter, bitte, das ist ein Spital, kein Hotel, und die Dame ist Krankenschwester, kein Zimmermädchen“, erläuterte Michael genervt.
„Ein Privatspital“, ergänzte seine Mutter. „Und für die Hotelkomponente zahlst du monatlich gerade genug.“
„Seit wann kümmerst du dich um Versicherungsprämien?“
Das Eintreten eines Krankenpflegers, der zwei Sesseln brachte, beendete den kleinen Disput.
„Wo ist Nicky?“, wollte Thessa wissen.
„In der Zwischenzeit daheim, vermute ich. Er hat mir zwar heroisch angeboten mit dem Krankenwagen mitzufahren, war aber sichtlich erleichtert, als ich gesagt habe, dass ich schon zurechtkäme.“
Das konnte sie sich gut vorstellen, seit seiner Mandeloperation hasste Nicky Krankenhäuser.
Während sie Michaels Toilette-Sachen auspackte, keifte Vera: „Warum musstest du auch Badminton spielen?“
Es war ihr anzuhören, dass sie das für äußerst verwerflich hielt. Thessa erwog schon eine gepfefferte Antwort, doch Michaels Vater rettete die Situation, indem er fragte, wann die OP denn nun stattfände.
„Morgen Vormittag, sobald der Professor im Haus ist.“
„Dann lassen wir euch jetzt allein und kommen morgen Abend wieder.“
Damit war die Sache entschieden – und Thessa endlich mit Michael allein.
***
Die Operation verlief ohne Komplikationen und schon am Montag konnte Thessa Michael aus dem Spital holen. Er trug eine bis zum Knie reichende Schiene, mit der er sich zwar auf zwei Krücken fortbewegen konnte, doch man hatte ihm geraten, sich in den nächsten Tagen zu schonen.
„Unter diesen Umständen wirst du mich morgen bei Doktor Nestelbach vertreten müssen“, sagte er auf dem Heimweg.
„Nestelbach? Das ist doch dieser arrogante Blaublütler, der Judith seit Wochen das Leben schwer macht. Könnt ihr den Termin nicht verschieben?“
Nestelbach war ein Kunde aus Judith Steins Kanzlei, mit der sie sich zu Jahresbeginn fusioniert hatten. Thessa hatte zwar in den letzten Monaten gelernt, dass man Judiths Aussagen nur bedingt Glauben schenken konnte, aber die Erzählungen über diesen Nestelbach schienen ihr ziemlich real. Mochte ja sein, dass Judith etwas übertrieben hatte, übermäßige Detailtreue war ohnehin nicht ihre Art, aber wenn nur die Hälfte stimmte …
„Verschieben? Auf keinen Fall“, unterbrach Michael ihre Überlegungen. „Bei unserem letzten Telefonat war er wild entschlossen, den Verwaltungsvertrag aufzukündigen. Wir müssen ihm unbedingt beweisen, dass wir die Sache im Griff haben.“
Thessa, die seit fast zwei Jahren in Michaels Hausverwaltungskanzlei arbeitete, gab sich geschlagen. Schließlich wusste sie, dass Nestelbach einige ziemlich ertragreiche Zinshäuser besaß.
„Also gut“, seufzte sie.
„Du findest die Unterlagen auf meinem Schreibtisch, links oben, hübsch geordnet in einer Mappe.“
„Ja, sicher. Deine Unterlagen sind schließlich immer hübsch geordnet – ganz im Gegensatz zu meinen.“
„Richtig, ich habe eben System.“
Das musste ja kommen. „Ich etwa nicht?“
„Zumindest sieht man’s deinem Schreibtisch nicht an.“
Das mochte ja sein, aber sie fand sich in ihrem Chaos doch gut zurecht, also konnte er sich solche Hinweise sparen. Doch gerade, als sie zu einer heftigen Erwiderung ansetzen wollte, sagte er schmeichelnd: „Wie dem auch sei, ich bin sicher, Nestelbach wird deinem Charme ebenso wenig widerstehen können wie ich.“
„Schleimer“, war alles, was sie dazu sagte.
***
Thessa lag die Besprechung mit Doktor Nestelbach dennoch im Magen. Auch ihre Intimfeindin Judith schien von der Idee, den Termin ohne Michael wahrzunehmen, nicht sonderlich begeistert.
„Also ich weiß nicht, Graf Nestelbach ist ein sehr konservativer Mann. Wie ich ihn kenne, hätte er viel lieber mit Michael gesprochen. Er hat auch früher ausschließlich mit meinem Ex-Mann verhandelt.“
Daraus kann man ihm kaum einen Vorwurf machen, dachte Thessa grimmig. Judiths Ex-Mann mochte ein Schürzenjäger sein, aber er war in der Branche als exzellenter Fachmann bekannt. Ganz im Gegensatz zu Judith, die seit Beginn ihrer Zusammenarbeit mehr als ein Beispiel ihrer reichlich dürftigen Kenntnisse geliefert hatte. Anderseits war gerade ihr fehlendes Fachwissen der Grund für die Fusion gewesen – also konnte man es ihr kaum vorwerfen. Vorzuwerfen war ihr allerdings, dass sie sich den Kunden gegenüber neuerdings als Hausverwalterin aufspielte – und davon war sie so weit entfernt wie die Erde vom Mond oder Thessa von einer Modelkarriere – obwohl es ja zunehmend auch Molly-Models gab.
Laut sagte Thessa: „Michael meint, alles wäre besser, als den Termin abzusagen. Wer fährt?“
Judith zuckte elegant die Schultern. Dennoch war ihr anzusehen, dass sie von diesem Arrangement nur wenig begeistert war.
***
Selbstverständlich hätte ich den Termin lieber mit Michael wahrgenommen, dachte Judith, viel lieber, das lag doch auf der Hand. Welche Frau würde nicht lieber mit einem attraktiven Mann unterwegs sein, als mit seiner pummeligen Freundin. Außerdem war Thessa ihr gegenüber sowas von sauertöpfisch. Ja gut, Judith hatte versucht, ihr Michael auszuspannen und war in der Wahl der Mittel nicht zimperlich gewesen. Na und? Das war noch lange kein Grund, sie lebenslang wie eine Sünderin zu behandeln. Das Leben ist eben hart im wilden Westen – hat Großvater schon gesagt.
Außerdem konnte ihr keiner vorwerfen, sie wüsste nicht, wann sie verloren hätte. Seit Michael Thessa diesen unheimlich funkelnden Verlobungsring geschenkt hat, hatte Judith sich ohnehin zurückgehalten, schließlich hat man seinen Stolz.
Aber bitte, wenn es denn unbedingt sein musste, würde sie ihren Charme eben an Nestelbach versprühen, auch ein interessanter Mann, leider verheiratet – und derzeit nicht besonders gut auf sie zu sprechen. Vielleicht sollte sie sich besser noch einmal umziehen. Das fade, graue Kostüm wäre für Nestelbach sicher passender, als das schicke rote, das sie jetzt trug.
Schon ein komischer Kauz, dieser Graf Nestelbach. Solange ihr Exmann die Firma geleitet hatte, war er immer sehr höflich zu ihr gewesen, doch seit sie ihn selbst betreute, hatte der Mann einen Ton am Leibe – also das gehörte sich nun wirklich nicht. Hatte man ihm nicht beigebracht, wie man sich einer Dame gegenüber verhielt?
***
Nestelbachs Büro lag im ersten Stock eines sanierten Althauses und war zwar teuer, aber für Judiths Geschmack etwas bieder eingerichtet.
Seine Sekretärin brachte sie in einen Besprechungsraum und servierte Kaffee, wenige Augenblicke später erschien Theo Nestelbach. Groß, breitschultrig, das wellige, brünette Haar hatte stirnseitig bereits die Flucht angetreten und an den Schläfen war es leicht angegraut. Keine unangenehme Erscheinung, wäre da nicht dieser arrogante Blick, mit dem er sie maß. Aber damit konnte er sie nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil. Sie lächelte ihn verführerisch an und ergriff sogleich das Wort, denn sie hatte nicht vor, sich das Heft aus der Hand nehmen zu lassen, schon gar nicht von Thessa – die konnte ja später den fachlichen Teil übernehmen. Anschaulich erzählte Judith, wie unglücklich Michael gestürzt sei und wie sehr er es bedaure, nicht selbst kommen zu können.
„Glückliche Stürze sind in der Tat selten“, antwortete Nestelbach.
Trottel. „Aber doch möglich“, konterte sie lächelnd und schilderte detailreich, wie schwer sie erst neulich über einen Schemel gestürzt sei, und wie glücklich sie doch sein musste, nichts als ein paar blaue Flecken davongetragen zu haben.
Nestelbach nahm es mit einem Kopfnicken zur Kenntnis. Übermäßig gesprächig schien er heute nicht zu sein, aber noch gab sie sich nicht geschlagen. Sie versuchte es mit dem Wetter, schließlich würde er nicht ewig Zeit haben und alles war besser, als über diese verdammte Sanierung zu reden, bei der ihr scheinbar ein paar Fehlerchen unterlaufen waren. Wie peinlich, dass sie das ausgerechnet vor Thessa abhandeln musste.
Nestelbach ordnete wortlos seine Unterlagen.
Erst als sie eine kurze Pause einlegte, sah er auf und sagte: „Nachdem nun die Verständigungsebene hergestellt sein dürfte, könnten wir vielleicht in medias res gehen.“
***
Zumindest hat er nicht gekündigt, dachte Thessa, als sie zwei Stunden später Nestelbachs Büro verließen. Sie war heilfroh, dass es ihr offensichtlich gelungen war, Nestelbach davon zu überzeugen, dass die Kanzlei Hausner-Stein durchaus in der Lage war, auch kompliziertere Sachverhalte abzuhandeln.
„Was für ein überheblicher Idiot!“, schimpfte Judith.
Thessa stimmte zu, wenn sie auch insgeheim zugeben musste, dass Judith ihn – mehr als einmal – falsch beraten hatte. Auch Judiths sonst so verlässliche Wirkung auf Männer schien bei Nestelbach gänzlich zu versagen. Dabei hatte Judith sich heute extra solide zurechtgemacht. Das musste der Neid ihr lassen, sie sah nicht nur immer gut aus, sie wählte auch mit sicherem Griff die passenden Kleidungsstücke. Selbst das graue Business-Kostüm, das Judith heute trug und dessen Rock nur knapp über dem Knie endete, dazu die weiße Bluse, eine sehr schlichte Perlenkette und passende Ohrstecker sahen an ihr toll aus. Thessa hätte damit vermutlich wie ein ältliches Fräulein ausgesehen. Früher wäre ihr so etwas auch nicht aufgefallen, doch an Michaels Seite hatte sie schon einiges dazugelernt.
Allerdings schien Nestelbach Judiths Erscheinung nicht hinreichend zu würdigen. Thessa konnte nicht umhin, ein wenig Schadenfreude darüber zu empfinden, dennoch reihte sie ihn unter schwieriger Kunde ein und hoffte inständig, dass Michael dessen Betreuung bald wieder selbst übernehmen würde.
Es war nicht so sehr das, was Nestelbach gesagt hatte, es war diese herablassende Art, mit der er sein Gegenüber musterte, die Thessa, wie sie zugeben musste, verunsicherte. Hoffentlich war seine Frau nicht aus dem gleichen Holz, denn er bestand darauf, dass man deren Anwaltskanzlei ab sofort in allen rechtlichen Belangen hinzuzog.
„Und du bist sicher, dass man die Kosten der Fenster nicht nach deren Anzahl, sondern im Verhältnis der Nutzflächen aufteilen muss“, unterbrach Judith ihre Überlegungen.
„Ganz sicher.“
„Das ist doch total unlogisch.“
„Mag sein, aber so steht’s nun mal im Gesetz.“
„Erstaunlich. Aber wenn er es ohnehin wusste, hätte er mich doch nicht fragen müssen.“
Da ist was dran, dachte Thessa. Während sie den Wagen durch den dichten Nachmittagsverkehr lenkte, sinnierte Judith: „Ich glaube nicht, dass er mich besonders mag.“
„Da dürftest du allerdings Recht haben.“
Daraufhin verfiel Judith erstmal in dumpfes Brüten, doch als sie in die Garage fuhren, überraschte sie Thessa mit der Ankündigung: „Ich werde Nestelbach in meinem Roman verewigen. Stell ihn dir ein paar Jahre älter vor. Genauso könnte der alte Fürst aussehen, der seine Frau vergiften will.“
***
Als Thessa gegen halb acht die Wohnungstür aufsperrte, schnupperte sie. Es roch nach gebratenem Fisch.
Verdammt, Michael sollte sich doch schonen. Mit wenigen Schritten war sie in der Küche – und staunte nicht schlecht. Michael saß am Küchentisch, das geschiente Bein hochgelagert, und panierte Fischfilets, die Nicky im heißen Fett briet. Rundherum sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Auf dem Küchentisch vermischten sich überschüssige Brösel mit reichlich Mehl, einige Kartoffelschalen zierten den Fußboden und etwas Gurkenschale klebte an der Tür zum Kühlschrank. Den Dunstabzug hatten sie auch nicht eingeschaltet.
„Was ist denn hier los?“, fragte sie in barschem Ton, obwohl sie sich riesig freute, dass Nicky und Michael so einträchtig zusammen werkten, das war in den letzten Wochen selten vorgekommen.
„Schau auf die Uhr, wir haben Hunger“, antwortete Nicky pampig und Michael setzte hinzu: „Außerdem wollten wir dir helfen.“
Thessa schaltete den Dunstabzug ein, wischte im Vorübergehen über die Kühlschranktür und bedeutete Nicky, er möge ihr Platz machen.
„Deck schon mal den Tisch“, rief sie ihm nach.
Wenige Minuten später konnte sie feststellen, dass das Ergebnis recht erfreulich war und aß mit gutem Appetit.
„Wie seid ihr ohne mich zurechtgekommen?“, wollte Michael wissen, kaum dass sie den ersten Bissen in den Mund gesteckt hatte. Da sie Gespräche übers Geschäft während des Essens nicht leiden konnte, antwortete sie zuckersüß: „Danke gut, gar kein Problem.“
„Falsche Antwort“, grummelte Michael.
„Ich weiß“, antwortete sie mit einem Grinsen.
Nach dem Essen gab sie ihm dann doch einen detailgetreuen Bericht. „Als der liebe Gott den erschaffen hat, hatte er aber ziemlich schlechte Laune“, meine sie zusammenfassend. „Natürlich ist Judith als Hausverwalterin eine Fehlbesetzung, aber das war kein Grund, sie derart vorzuführen. Außerdem besteht er darauf, dass wir die Anwaltskanzlei seiner Frau mit allen Rechtsfragen befassen.“
„Irgendwie verständlich.“
„Mhm“, brummte sie widerwillig Zustimmung.
„Wie heißt sie denn?“
„Nestelbach?“
„Möglich, aber bekanntlich nicht zwingend.“
„Ich wette, sie heißt Nestelbach. Du glaubst doch nicht, dass er etwas anderes akzeptiert hätte.“
***
Am nächsten Tag musste Thessa allerdings zugeben, dass sie Nestelbach zumindest diesbezüglich unterschätzt hatte. Seine Frau hieß Dr. Irene Mahler.
„Siehst du, so kann man sich irren“, neckte Michael und setzte hinzu: „Apropos, hast du schon entschieden, wie du heißen möchtest? Dann könnten wir endlich das Aufgebot bestellen. Oder willst du mich nicht mehr heiraten?“
„Natürlich will ich dich heiraten, das weißt du doch. Aber jetzt muss ich zu einer Bauverhandlung, wir reden heute Abend darüber.“
Während sie sich im Eilschritt auf den Weg zum Magistratischen Bezirksamt machte, überlegte sie zum hundertsten Mal, wie sie Nickys Widerstand gegen Michael am besten begegnen sollte.
Zu Weihnachten, als Michael ihr den Antrag gemacht hatte, war doch alles gut gewesen, aber als Michael dann mehr oder weniger bei ihnen eingezogen war, war die weihnachtliche Harmonie rasch vergessen, und seit Michael vorgeschlagen hatte, Thessa solle einfach seinen Namen annehmen, weil das geschäftlich einfacher wäre und Bachmann ohnehin Geschichte war, herrschte Hochspannung.
Zugegeben, das war ein Fauxpas, weil Nicky schließlich weiterhin Bachmann heißen würde. Michael hatte es auch sofort zurückgenommen, als ihm sein Fehler bewusst geworden war. Aber Nicky war unversöhnlich geblieben, zumindest bis Michael als Badmintonpartner eingesprungen war.
Seither herrschte eine Art Waffenstillstand und gestern Abend hatten sie doch ganz einträchtig miteinander gekocht. Vielleicht wäre nun der ideale Zeitpunkt, das Thema neu anzusprechen.
In der Zwischenzeit hatte sie nicht nur das Bezirksamt, sondern auch den Verhandlungssaal erreicht. Die spannende Verhandlung über die Anbringung eines Steckschildes konnte beginnen. Hatte jemand behauptet, dass es in ihrem Job keine langweiligen Aufgaben gab?
***
Freitag war Michael erstmals für einige Stunden ins Büro gekommen. Da sein Zimmer im ersten Stock lag, hatte er kurzerhand Thessas Besprechungstisch im Erdgeschoss in Beschlag genommen.
„Thessa hat dich wunderbar vertreten“, säuselte Judith soeben. „Nestelbach mag ja ein unangenehmer Patron sein, aber Thessa, mit ihrer sachlichen Art, hat ihn ganz eindeutig für sich eingenommen.“
Als Judith gegangen war, murmelte Thessa: „Wenn sie mir schmeichelt, traue ich ihr am allerwenigsten.“
„Ich habe gedacht, die Causa Nestelbach hätte euch zu Freundinnen gemacht. Immerhin seid ihr erstmals einer Meinung.“
„Aus Gegnern werden keine Freunde, bestenfalls Komplizen. Kannst du mir eigentlich erklären, warum sie am Freitag immer aussieht, als käme sie gerade aus dem Obdachlosenheim? Die ganze Woche ist sie durchgestylt wie eine Prinzessin, und freitags erscheint sie in zerlumpten Jeans.“
„Vielleicht will sie uns beweisen, dass sie auch in zerlumpten Jeans gut aussieht“, mutmaßte Michael und wandte sich der Postmappe zu.
Thessa warf ihm einen giftigen Blick zu. „Gib’s zu, du findest sie immer noch toll.“
Als er darauf nicht reagierte, wollte sie schon nachlegen, zum Glück kam ein Telefonat dazwischen. Danach hatte sie ihre dumme Eifersucht zumindest soweit im Griff, dass sie sich jede weitere Bemerkung verkniff. Sie wusste selbst, dass Judith toll aussah, das musste er ihr doch nicht immer unter die Nase reiben. Thessa war kein neidischer Mensch – nur Judiths Figur hätte sie gerne gehabt.
***
Judith hin oder her, alles in allem fand Thessa ihr Leben im Moment super. Sie hatte einen abwechslungsreichen Beruf, würde in wenigen Monaten ihren Chef heiraten, der ihr ein ebenso liebevoller, wie kluger Gefährte war, und wenn ihr Sohn auch in der Schule keine Leuchte war, so war er doch gesund.
Nur auf die sonntäglichen Besuche bei ihren Schwiegereltern in spe hätte sie gerne verzichtet. Für Michael war das business as usual. Er hatte seine Eltern immer Sonntagmittag besucht und konnte nicht verstehen, was sie daran so anstrengend fand. Sie konnte es auch nicht erklären. Vielleicht war es das Gefühl, nicht wirklich erwünscht zu sein. Dennoch war absagen undenkbar und nur in gut begründeten Ausnahmefällen gestattet.
Dieser Sonntag stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Einerseits weil sie sich verspätet hatten, anderseits weil Nicky nicht mitgekommen war. Dabei gab es für beides einen guten Grund. Sie waren zu spät gekommen, weil sie zuvor ein Haus besichtigt hatten, und der Makler sie hatte warten lassen. Nicky war bei einem Fußballturnier.
„Das hättet ihr mir doch sagen können, ich habe extra Wiener Schnitzel gemacht“, sagte Vera. Es war ihr anzuhören, dass sie sein Fernbleiben als persönliche Beleidigung empfand.
„Die essen wir doch auch gerne“, antwortete Michael leichthin und Thessa setzte pflichtschuldigst hinzu: „Verzeih, das war mein Fehler.“
„Natürlich war es dein Fehler“, versetzte Vera und rauschte in die Küche. Thessa wollte ihr schon folgen, doch Michaels Vater drückte ihr ein Glas Sherry in die Hand und sagte: „Lasst uns schon mal anstoßen.“
Dann fragte er nach dem Haus, das sie eben besichtigt hatten. Michaels Antwort war die Begeisterung für den Rohbau anzuhören. Ausführlich erzählte er von den Möglichkeiten eines Wellnessbereiches im Keller, einer großen Terrasse und eines Pools. In der Zwischenzeit hatte Vera sich wieder zu ihnen gesellt. Sie schien ihren Ärger fürs Erste überwunden zu haben und fragte: „Wo steht denn das Prachtstück?“
„In Essling.“
„Das ist ohnehin viel zu weit weg“, antwortete sie entschieden und bat zu Tisch.
Thessa warf einen kurzen Blick auf Michael, der offenbar beschlossen hatte, die Bemerkung seiner Mutter zu überhören. Eine Taktik, die er des Öfteren erfolgreich anwendete.
Vera tischte erst eine hervorragende Fleischstrudelsuppe auf, danach gab es Wiener Schnitzel, die echten, aus Kalbfleisch, die nicht nur aussahen wie aus dem Kochbuch, sondern auch fantastisch schmeckten. Dazu einen Endivien-Kartoffelsalat, den Vera keiner so leicht nachmachte.
Man mochte über Vera denken was man wollte, aber nicht einmal Thessa hätte behaupten können, dass sie eine schlechte Köchin war.
Erst beim Kaffee kamen sie auf das Thema Hauskauf zurück.
„Warum wollt ihr denn so weit weg ziehen?“, fragte Vera, während sie die Bananenrolle in Stücke schnitt. „Hier ist es doch auch schön.“
„Sehr schön sogar. Aber du hast scheinbar keine Ahnung, wie teuer die Grundstücke in Salmannsdorf sind“, antwortete Michael.
„Dafür können wir uns in Essling mehr Quadratmeter leisten. Das Haus hat sieben Zimmer, zwei Bäder und drei Toiletten“, setzte Thessa eifrig hinzu.
„Wozu braucht ihr denn sieben Zimmer? Nicky zieht doch über kurz oder lang sowieso zu seinem Vater.“
Bei Thessa läuteten sämtliche Alarmglocken, aber wann hatte sie sich schon je um Alarmglocken gekümmert?
„Sicher nicht!“, zischte sie.
Sie spürte Michaels Hand auf ihrem Knie. Ist ja gut. Sie atmete durch.
Doch als Vera sagte: „Wenn du mit ihm aber nicht zurechtkommst, wird es für alle die beste Lösung sein“, war es um Thessa geschehen.
„Wer sagt denn, dass ich nicht mit ihm zurechtkomme? Nicky ist ja nicht schwer erziehbar!“
„Aber er will doch zu seinem Vater!“
„Das hat er doch nur gesagt, um uns zu ärgern. Außerdem würde ich dazu niemals meine Einwilligung geben.“
„Dann solltest du ihm zumindest nicht alles durchgehen lassen.“
„Das tu’ ich doch nicht!“ Bei den letzten Worten war Thessa aufgesprungen und bereit davonzulaufen, doch ihr Schwiegervater drückte sie wortlos in den Fauteuil zurück.
„Kognak?“
Sie nickte.
„Ich verstehe gar nicht, warum du dich so aufregst“, tat Vera erstaunt.
„Und ich verstehe nicht, warum du schon wieder auf diesem Thema herumreitest“, antwortete Michael und wandte sich demonstrativ seinem Vater zu. Wenig später verabschiedeten sie sich – die Stimmung blieb gespannt.
***
Tatsächlich hatte Nickys Idee, das kommende Schuljahr bei seinem Vater zu verbringen, bei Thessa schon mehrfach für Kopfschmerzen gesorgt. Sie war ja froh, dass das Verhältnis zu Wolfgang so gut war, aber deswegen musste er doch nicht gleich zu ihm ziehen.
Angefangen hatte alles an dem Tag, an dem sie Nicky verklickert hatte, dass Michael bei ihnen einziehen würde. Das war vielleicht ein Theater gewesen.
Dabei hatte er doch damit rechnen müssen, schließlich wusste er, dass sie heiraten wollten. Michael hatte schon vor Weihnachten mit ihm darüber gesprochen, noch bevor er ihr einen Antrag gemacht hatte – fast so, als hätte er bei ihrem Sohn um ihre Hand angehalten. Spinner.
Nicky hatte sich damals auch ziemlich geschmeichelt gefühlt. Was hatte er also erwartet? Michaels Zwei-Zimmer-Wohnung, noch dazu im Haus seiner Eltern, war vollkommen ungeeignet. Sie und Nicky hatten immerhin vier Zimmer zur Verfügung, da war es doch wohl zumutbar, dass sie zu dritt darin wohnten.
Außerdem hatte Michael sofort klargestellt, dass sie ohnehin auf der Suche nach einer größeren Bleibe waren.
Zwei Tage später, diesmal hatte es Knatsch wegen der Schule gegeben, hatte Nicky zum ersten Mal davon gesprochen, zu seinem Vater zu übersiedeln.
„Tu das“, hatte sie lässig geantwortet. Zu lässig vielleicht, aber sie hatte doch nicht im Traum daran gedacht, dass er das wirklich durchziehen wollte.
Dann kam der verregnete Sonntag bei Michaels Eltern. Um Nicky bei Laune zu halten, hatte sie ihm erlaubt, sein Tablet mitzunehmen. Natürlich war nicht daran gedacht, dass er bei Tisch damit spielte. Aber hatte Vera ihn deshalb so abkanzeln müssen? Jedenfalls hatte Nicky geantwortet, wenn er erst bei seinem Vater wohnte, wäre das sowieso alles kein Thema mehr, weil Beate und Wolfgang nämlich echt cool seien.
Wann er denn zu seinem coolen Vater ziehen werde, hatte Vera wissen wollen, und er darauf: „As soon as possible“.
Seither hatten sie das Thema mehrmals die Woche.
So ein Unsinn. Beate, die Freundin seines Vaters, mochte vielleicht cool sein, aber sie war im siebten Monat schwanger und würde sich bedanken, auch noch einen pubertierenden Stiefsohn versorgen zu müssen.
Wenn Thessa auch nichts davon hören mochte, dass Nicky das kommende Schuljahr bei seinem Vater verbringen würde, war sie doch heilfroh, als sie ihn am ersten Tag der Osterferien in den Zug Richtung Salzburg setzten.
Sollten Wolfgang und Beate sich ruhig eine Woche lang mit ihm herumstreiten. Die beiden hatten in den Energieferien ohnehin viele gute Tipps für sie parat gehabt, wie man einem pubertierenden Dreizehnjährigen am besten begegnet. Jetzt konnten sie ihre Theorien gleich in der Praxis ausprobieren. Thessa würde einstweilen die Woche mit Michael genießen.
Da auch ihre Schwiegereltern verreist waren, stand einem entspannenden Wochenende nichts mehr im Wege.
Gleich anschließend wollten sie noch einmal ihr Traumhaus besichtigen, sich danach etwas Gutes kochen und dabei Umbaupläne wälzen. Für morgen waren sie mit Doro und Fritz zu einer Golfrunde verabredet.
Kaum saßen sie im Auto rief Wolfgang an: „Wo ist Nicky?“
„Schon im Zug.“
„Scheibenkleister.“
„Wie bitte? Du wolltest doch …“
„Ja, ja, aber das Kind kommt!“
„Aber … das ist doch noch viel zu früh!“
„Ich weiß, aber ich kann’s scheinbar nicht aufhalten.“
Thessa atmete tief durch: „Natürlich nicht, entschuldige. Was können wir jetzt tun? Wie geht’s Beate?“
„Nicht so prickelnd, aber wie es einer werdenden Mutter geht, müsstest du doch besser wissen.“
„Soll Nicky zurückkommen?“
„Natürlich nicht, ich werd’ das schon irgendwie auf die Reihe kriegen. Macht euch keine Sorgen – und genießt eure freien Tage.“
„Du bist gut. Erst machst du auf Panik, und jetzt sollen wir uns entspannt zurücklehnen?“
Wolfgang lachte. „Irgendwie hast du mir schon geholfen, seit ich mit dir telefoniere, krieg ich mich langsam wieder ein. Ich werde jetzt einen meiner Waldarbeiter anrufen und ihn bitten, Nicky von der Bahn abzuholen.“
„Gut, und halt uns bitte …“, aufgelegt. „Auf dem Laufenden, wollte ich sagen. Ist wohl doch ein bisserl durch den Wind, unser Daddy Cool.“
„Wundert’s dich?“, fragte Michael, der am Steuer saß.
Thessa war immer wieder erstaunt, wie objektiv Michael sein konnte. Er und Wolfgang würden wohl keine Freunde werden, dazu waren sie zu verschieden, aber sie respektierten einander und sie wünschte von ganzem Herzen, dass diese Haltung auch auf Nicky abfärben könnte. Denn obwohl Michael sich wirklich Mühe gab, schien Nicky ihn immer mehr als Feind und Eindringling zu betrachten. Erst gestern waren die beiden wieder aneinandergeraten, weil Nicky seine Klamotten in der ganzen Wohnung verstreut hatte – und dann auch noch rotzfrech war.
Aber egal. Im Moment konnte sie ohnehin nichts tun, also würden sie die freien Tage einfach genießen. Behaglich lehnte sie sich zurück, doch die Unbeschwertheit wollte sich nicht wieder einstellen.
Am Sonntagmorgen kam endlich eine SMS von Nicky:
franzi ist da! nicht anrufen, wir gehen jetzt schlafen.
„Die beiden scheinen eine anstrengende Nacht gehabt zu haben“, meinte Michael.
„Was glaubst du, wie anstrengend die Nacht erst für Beate war“, konterte Thessa und gab ihm im Vorbeigehen einen Kuss.
***
Zu Wolfgangs großer Erleichterung war das Kind zwar klein, aber gesund, und Beate ging es auch bald wieder besser. Dennoch mussten Mutter und Kind vorerst im Spital bleiben. Tage, die er und Nicky, wie früher, in trauter Zweisamkeit im Forsthaus verbrachten – und die beide genossen. Natürlich fuhr Wolfgang täglich ins Spital, aber da die Ärzte immer nur beruhigende Nachrichten für ihn hatten, war diese Karwoche eine Art Verschnaufpause, sozusagen die Ruhe vor dem Sturm.
Er konnte sich kaum noch erinnern, wie das damals war, als Nicky so klein gewesen war. Jedenfalls hatte er sich fest vorgenommen – und Beate versprochen – sich diesmal mehr zu kümmern.
Diesmal war auch alles ganz anders. Als Nicky geboren wurde, hatte Thessa noch studiert. Sie hatte ein paar Monate pausiert, dann in aller Ruhe ihr Studium beendet und später halbtags gearbeitet, während ihre Mutter sich liebevoll um Nicky gekümmert hatte. Beate hingegen wollte so bald als möglich wieder in den Beruf einsteigen, ihre Mutter war Köchin mit Leib und Seele und stand den ganzen Tag in der Hotelküche – das waren völlig andere Bedingungen.
Sie würden es schon schaffen, schließlich liebte er Beate, wenn ihm auch ihr morgendliches Müsli in diesen Tagen kaum fehlte. Eier mit Speck konnten schließlich auch nicht verkehrt sein.
Außerdem hatte er endlich Zeit für längst fällige Vater-Sohn-Gespräche. Dass Nicky mit Michael nicht besonders gut auskam, wusste er schon lange. Anfangs war er geneigt gewesen, die Schuld allein bei Michael zu suchen. Doch wenn er auch immer noch nicht ganz verstand, was Thessa an diesem geschniegelten Immobilien-Heini fand, so musste er doch zugeben, dass Michael im Grunde wenig vorzuwerfen war – außer eben, dass er Thessa heiraten wollte.
Auf ihren langen Kontrollgängen durchs Revier näherten sie sich dem Thema von verschiedenen Seiten, aber es kam immer auf dasselbe heraus. Nicky wollte nicht in Wien bleiben, sondern zu ihnen kommen – zumindest für ein Jahr. Dabei argumentierte er nicht schlecht. Bis dahin hätten sie in Wien ein größeres Haus, mehr Platz, würden nicht mehr so aufeinander kleben, und so weiter. Auch würde er gerne mehr über die Arbeit im Revier erfahren, schließlich überlege er doch, ebenfalls Förster zu werden.
„Du weißt aber schon, dass Beate und ich dafür studiert haben.“
„Ich bin ja nicht doof. Aber wenn ich mich dafür entscheide, wüsste ich wenigstens, wozu ich mir den ganzen Stress mit der blöden Schule antue.“
Gute Antwort.
„Außerdem gibt es auch eine Ausbildungsschiene über eine Fachschule“, setzte Nicky noch hinzu.
Sehr gute Antwort. Wenn er diesen Weg gehen wollte, wäre es günstig, sich schon im kommenden Schuljahr anzumelden, denn die Plätze an der Fachschule waren knapp.
„Und du meinst, es ist so einfach, von einer Schule in eine andere zu wechseln?“
„Doofer als bei uns können die Lehrer hier auch nicht sein“, war zwar nicht ganz die Antwort, die Wolfgang erwartet hatte, aber er lächelte. Sein Bub, auf den Mund gefallen war er jedenfalls nicht.
„Was sagen deine Freunde dazu?“
„Ach die.