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Band 1: *** Helena Johnson hat alles, was sie zum Leben braucht, und finanzielle Probleme, die ihr fast den Boden unter den Füßen wegreißen. Unfreiwillig wird sie zur persönlichen Assistentin von Adrian Whiteman, dem begehrtesten Junggesellen der Stadt, und muss sich fortan tagtäglich mit dem arroganten CEO herumschlagen. Helena schwört sich, ihm das Leben zur Hölle zu machen, doch hat sie nicht damit gerechnet, dass der charismatische Adrian jedes Spiel, das sie beginnt, perfekt beherrscht. Und als der Einsatz um ihr Herz erhöht wird, setzt er alles daran, das Spiel für sich zu entscheiden. *** Band 2: *** Helenas Welt liegt in Scherben. Die illegalen Geschäfte ihres Vaters wurden aufgedeckt und haben das FBI auf den Plan gerufen, das nun gegen ihre ganze Familie ermittelt. Sogar sie steht im Fadenkreuz der Ermittlungen und der Presse, die kaum ein gutes Haar an Helena und ihren Verwandten lässt. Als Adrian eine zweite Chance will, weiß sie nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Nach einem kurzen Kampf gegen ihr Herz lässt sich Helena erneut auf ihren charismatischen Chef ein. Doch kann es gut gehen, wenn Adrian ihr von vornherein seine Treue verwehrt und sich ihnen einige Widerstände in den Weg stellen? *** Band 3: *** Fast fünf Jahre sind vergangen, seit sich Adrian von Helena getrennt hat. Inzwischen lebt die junge Frau mit dem gemeinsamen Sohn, von dem Adrian nichts weiß, in Palm Beach und führt eine Beziehung, die sie weder glücklich macht noch ihr Herz erwärmt. Eines Tages steht Adrian Whiteman wieder vor Helena und sie weiß nicht, wie sie reagieren soll. Doch muss sie feststellen, dass ihr Herz immer nur für diesen Mann geschlagen hat. Können die beiden den Schatten der Vergangenheit trotzen oder werden sie Adrian und Helena erneut einholen? Wird ihre Liebe diesmal eine Chance haben?
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Copyright © 2019 Drucie Anne Taylor
Korrektorat: S.B. Zimmer
Satz & Layout © Modern Fairy Tale Design
Umschlaggestaltung © Modern Fairy Tale Design
Auflage: 01 / 2023
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.
Band 1
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Band 2
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Band 3
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Helena Johnson hat alles, was sie zum Leben braucht, und finanzielle Probleme, die ihr fast den Boden unter den Füßen wegreißen. Unfreiwillig wird sie zur persönlichen Assistentin von Adrian Whiteman, dem begehrtesten Junggesellen der Stadt, und muss sich fortan tagtäglich mit dem arroganten CEO herumschlagen. Helena schwört sich, ihm das Leben zur Hölle zu machen, doch hat sie nicht damit gerechnet, dass der charismatische Adrian jedes Spiel, das sie beginnt, perfekt beherrscht. Und als der Einsatz um ihr Herz erhöht wird, setzt er alles daran, das Spiel für sich zu entscheiden.
Seufzend schließe ich den Tab des Browsers und schüttle den Kopf. Ich hasse, dass die Presse behauptet, dass ich mich mit meinen Eltern überworfen habe, bloß weil ich nicht in ihrer Firma arbeite. Allerdings ist mein Vater ein verdammter Lügner, denn vor der Presse behauptet er, dass alles in bester Ordnung sei, obwohl dem nicht so ist. Wir hatten uns tatsächlich gestritten, nachdem ich mein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hatte. Es hieß immer, dass ich Johnson Trust irgendwann übernehmen soll, doch an jenem Tag offenbarte er mir, dass er die Firma eher verkaufen als unter meiner – wie er es ausdrückte – Herrschaft sehen würde. Seither haben wir kein Wort mehr miteinander gewechselt und ich habe Miami verlassen, um mein Glück in New York zu finden.
Das Telefon klingelt. Das Display verrät mir, dass Leon Whiteman, der Bruder des Chefs, anruft.
»Was will der denn von mir?«, frage ich mich leise.
»Hallo?«, melde ich mich irritiert.
»Versuchen Sie es noch mal, Miss Johnson«, verlangt er streng und ich erwische mich bei der Überlegung, ob er es spielt oder es ihn wirklich nervt, dass ich mich mit »Hallo« gemeldet habe.
Ich räuspere mich. »Buchhaltung, Helena Johnson am Apparat, was kann ich für Sie tun?«
»Wunderbar, es geht doch.« Nun klingt er amüsiert. »Kommen Sie bitte in Mr. Jamesons Büro.«
»Sofort?«
»Ja, ich bin auch auf dem Weg dorthin.«
»Okay, ich bin in fünf Minuten dort.«
»Sofort, nicht erst in fünf Minuten«, sagt er entschieden und legt auf.
Ich atme tief durch, dann knalle ich den Hörer auf die Gabel und erhebe mich. So schnell, wie ich in diesen High Heels laufen kann, mache ich mich auf den Weg zu meinem Vorgesetzten.
Mr. Whiteman ist bereits dort und steht neben dem Abteilungsleiter der Buchhaltung, sein Blick ist auf den Bildschirm gerichtet.
Ich räuspere mich. »Sie erwarten mich?«
Beide schauen zu mir, doch nur Whiteman nickt. »Ja, Ms. Johnson, setzen Sie sich.«
Schüchtern nähere ich mich ihnen und nehme in einem der Lederstühle vor dem Schreibtisch Platz. »Habe ich etwas verbrochen?«
Leon Whiteman schüttelt den Kopf. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der die Firma leitet, sieht man ihn ständig durch die Gänge flanieren. »Nein, keine Sorge.«
Mein Vorgesetzter räuspert sich. »Mr. Whiteman plant eine Spendenaktion und da Sie sich sehr aufopferungsvoll um die letzte gekümmert haben, möchten wir Sie bitten, sich auch diesmal darum zu kümmern.«
Ich hebe eine Augenbraue. Das letzte Mal habe ich bloß der Partyplanerin, die ich aus meiner Schulzeit kenne, ein paar Tipps gegeben, was die High Society besonders schätzt, aber ich habe mich sicher nicht aufopferungsvoll darum gekümmert. »Eine Gala oder eine Aktion auf der Straße, bei der Geld gesammelt werden soll?«
»Es dreht sich um eine Spendenaktion zu Weihnachten für finanziell benachteiligte Kinder. Mein Bruder will keinen Prunk und Pomp, sondern eine Spendensammlung«, erklärt Whiteman geduldig.
Ich habe das Gefühl, dass sich der Kragen meiner Bluse enger um meinen Hals legt, weshalb ich einen Finger hineinschiebe, um ihn zu lockern. »Ich kenne mich mit solchen Spendensammlungen nicht aus.«
»Dann lesen Sie sich ein. Wir verlassen uns auf Sie, Ms. Johnson«, sagt Leon Whiteman.
Meine Miene gefriert. »Mr. Whiteman, ich habe noch die Quartalszahlen zu bearbeiten und werde ausschließlich dafür bezahlt, nicht dafür, irgendwelche Spendenaktionen zu planen. Es tut mir leid, aber bitte suchen Sie jemand anderen für die Organisation.«
»Es würde ein Bonus winken«, meint er und ich werde hellhörig.
»Das heißt?«, möchte ich wissen und sehe ihn aufmerksam an.
»Da das heißt, dass Sie einige freie Abende opfern müssen, sind wir bereit, Ihnen tausend Dollar extra zu bezahlen.«
Ich atme tief durch. Verdammt, ich kann das Geld wirklich gut gebrauchen, da mir mein Vermieter im Nacken sitzt und diese Firma nur den Mindestlohn bezahlt, wenn man nicht zur Führungsebene gehört. »Was wünschen Sie sich?«
»Eine Spendenaktion. Es ist zweitrangig, was Sie planen, wichtig ist, dass überhaupt etwas zustande kommt.«
Skeptisch betrachte ich ihn. »Sie wollen mir sagen, dass es unwichtig ist, dass diese Spendenaktion erfolgreich ist?«
»Richtig. Mein Bruder muss wegen des letzten Skandals um seine Person seine Weste reinwaschen, also bitte kümmern Sie sich darum.«
Ich erhebe mich schnaubend. »Die tausend Dollar klingen verlockend, aber unter diesen Umständen können Sie sich jemand anderen suchen, denn ich bin nicht dafür da, den Namen Ihres Bruders reinzuwaschen.« Mit diesen Worten mache ich auf dem Absatz kehrt und lasse die beiden allein. Das ist ja wohl die Höhe! Mein oberster Chef verspielt es sich mit den Medien, anschließend soll ich seinen Namen aus dem Dreck ziehen. Das sehe ich nicht ein. Der Kerl ist arrogant und so ätzend, dass ich es nicht einsehe, ihm zu helfen.
»Ich bezweifle, dass mein Bruder gern hören wird, dass Ms. Johnson abgesagt hat«, höre ich Leon Whiteman sagen, aber mir ist es egal.
Meine einzige Begegnung mit Adrian Whiteman war nicht besonders erfreulich. Es hatte geregnet, ich lief über den Gehweg und seine Limousine preschte durch eine Pfütze neben mir. Aus dem Grund kam ich wie ein begossener Pudel in die Firma. An jenem Tag fand ein Meeting statt, an dem auch er teilnahm, und nach dem Ganzen wurde ich von ihm angemacht, weil ich seinetwegen so schmuddelig aussah. Seitdem hasse ich diesen Kerl leidenschaftlich. Gern würde ich kündigen, aber heutzutage ist es nicht leicht, einen anderen Job zu finden, obwohl man meinen könnte, dass man mitten in Manhattan ohne Weiteres fündig wird.
Kaum bin ich wieder in meiner kleinen Bürobox, atme ich tief durch.
Neben mir räuspert sich jemand. »Ms. Johnson?«
Am liebsten würde ich die Augen verdrehen, doch beherrsche ich mich und schaue zu Leon Whiteman. »Ja, Mr. Whiteman?«
»Würden Sie es sich bitte noch einmal überlegen?«
Daraufhin schüttle ich den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich spiele dieses Spielchen nicht mit. Ich habe viel zu tun und kann die Zeit, die die Planung erfordert, nicht aufbringen.«
»Wie wäre es, wenn wir Sie dafür in bezahlten Urlaub schicken?«, erkundigt er sich.
»Es wäre nett, dennoch bin ich nicht daran interessiert.«
Leon Whiteman seufzt. »Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
»Was müsste ich Ihnen bezahlen, damit Sie sich darum kümmern?«
Ich verziehe das Gesicht. »Mr. Whiteman, wie wäre es, wenn Sie dafür jemanden aus der PR fragen oder die Partyplanerin vom letzten Mal engagieren? Ich habe beim letzten Event nur zwei oder drei Kleinigkeiten zur Planung beigetragen, weil ich mit der Dame in der Pause war, deshalb bin ich wirklich die falsche Ansprechpartnerin.«
Er nickt. »Sie haben recht, aber besagte Kollegin hat Sie empfohlen, sonst wären wir nicht auf Sie gekommen, Miss Johnson.«
Es kribbelt mir in den Fingern, abzuwinken, aber wieder einmal beherrsche ich mich. »Ich werde es nicht übernehmen, tut mir leid.«
»Ist das Ihr letztes Wort?«
»Ja, denn ich arbeite in der Buchhaltung, weil ich Wirtschaft studiert habe, statt in der PR, dafür fehlt mir die Ausbildung.« Ich atme tief durch. »Es tut mir leid, Mr. Whiteman.«
»Schon in Ordnung, ich werde jemanden aus der PR-Abteilung damit beauftragen.«
»Danke.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Ms. Johnson.«
Ich schenke ihm ein halbherziges Lächeln, dann wende ich mich wieder meinem Computer zu.
Er lässt mich allein, was mich erleichtert aufatmen lässt, dennoch habe ich die Befürchtung, dass meine Absage einen Rattenschwanz hinter sich herziehen wird. Ärger kann ich nicht bekommen, denn ich bin nur für meine Aufgaben innerhalb der Buchhaltung zuständig, nicht aber für die Organisation irgendwelcher arschrettender Spenden- und Sammelaktionen.
Was glaubt Adrian Whiteman eigentlich, wer er ist?
Ach ja, er hält sich für einen Gott, bloß weil er ein Firmenimperium unter seinem arroganten Arsch hat.
* * *
Feierabend – ich bin froh, dass ich diesen Freitag hinter mich gebracht habe. Gerade, als ich meine Sachen zusammenpacke, räuspert sich jemand. Ich drehe mich mit meiner leeren Kaffeetasse in der Hand um. »Oh.« Ich bin wie erstarrt, als ich ihn dort stehen sehe.
Mr. Whiteman, Adrian Whiteman, sieht mich aufmerksam an, dabei lehnt er sich lässig gegen den Türrahmen. »Auf ein Wort, Ms. Johnson.« Sein Ton lässt keinen Widerspruch zu.
Ich sehe mich um. »Hier?«
»In meinem Büro. Sie können Ihre Sachen mitnehmen.« Er deutet auf die Tasse, die ich fest umklammert halte. »Die sollten Sie vielleicht stehen lassen.«
Hektisch nicke ich, stelle sie zurück auf den Schreibtisch und schnappe mir meine Handtasche sowie meinen Blazer, während er mich nicht aus den Augen lässt.
Als er sieht, dass ich alles habe, wendet er sich ab. »Kommen Sie.«
Ich atme tief durch und folge ihm durch die Abteilung. Einige Kollegen, die noch Überstunden machen, sehen mich fragend an, aber ich kann ihre Blicke nicht beantworten.
Wir erreichen den Aufzug, er zückt eine Karte und die Türen seines Privatlifts öffnen sich. »Nach Ihnen, Ms. Johnson.«
Ich schlucke. »Habe ich etwas verbrochen?«, erkundige ich mich und habe ein unfreiwilliges Dèjá-vu, denn dieselbe Frage habe ich seinem Bruder heute Nachmittag auch schon gestellt.
»In den Aufzug«, verlangt er bestimmt.
Um keinen Ärger zu riskieren, betrete ich die Kabine. Mit gesenktem Blick bleibe ich an der Wand stehen.
Er folgt mir, die Türen schließen sich und die Fahrstuhlkabine fährt nach oben.
Mr. Whiteman führt mich in sein Büro. Mein Blick schweift durch den Empfangsbereich und schließlich stehen wir in einer seiner heiligen Hallen, in der sein Schreibtisch steht. Er nimmt im Ohrensessel dahinter Platz.
Ich habe das Gefühl, dass er mir gleich anbietet, ihm meine Seele zu verkaufen, weil er wie der Teufel höchstpersönlich wirkt, so wie er hinter dem antiken Schreibtisch sitzt. Ich schlucke.
»Setzen Sie sich, Ms. Johnson.«
Kein Befehl zur Bewegung dringt durch meinen Körper, obwohl mein Kopf ihn unmissverständlich weitergibt.
Er sieht mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Es lässt ihn unheimlich streng aussehen und mir geht der Arsch auf Grundeis. »Muss ich mich wiederholen?«
Hektisch kopfschüttelnd setze ich einen Fuß vor den anderen und nehme schließlich in einem der Ledersessel vor dem Monstrum von Tisch Platz.
Mr. Whiteman stützt die Ellenbogen auf der Tischplatte ab, legt seine Fingerspitzen aneinander und sieht mich darüber hinweg an.
»Darf ich fragen, warum Sie mich in Ihr Büro zitiert haben?«, frage ich vorsichtig und einen Ticken zu kleinlaut. Ich muss selbstbewusster klingen, damit er sich nicht überlegen fühlt.
Er betrachtet mich stoisch, dann atmet er tief durch. »Ms. Johnson, was glauben Sie, was ich den lieben langen Tag so mache?«
Wieder schlucke ich. »Arbeiten, denke ich.«
»Und?«
Daraufhin zucke ich mit den Schultern.
»Sprechen Sie es aus. Was tue ich, außer zu arbeiten?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Whiteman.«
Er hebt eine Augenbraue. »Sind Sie sicher?«
Ich deute ein Nicken an.
»Ms. Johnson, was sagten Sie meinem Bruder, warum Sie die Spendenaktion nicht organisieren wollen?«
Scheiße! Der Mistkerl hat mich verpetzt. »Ich sagte, dass ich nicht dafür da bin, Ihren Ruf zu retten.«
»Soso, und warum sind Sie das nicht? Sind Sie keine Angestellte des Unternehmens, die darauf hofft, dass die Firma weiterhin erfolgreich ist?«
»Doch schon, aber …«
»Und sind Sie sich darüber bewusst, dass ich eine Arbeitsverweigerung abmahnen kann?«
»Ja, Mr. Whiteman«, antworte ich mit hängenden Schultern.
»Soll ich Sie vielleicht abmahnen oder entlassen, weil Sie die Aufgabe verweigert haben?«
»Wenn Sie es für nötig halten, bitte, aber ich bin nicht dafür da meinen Job in der Buchhaltung, zu vernachlässigen, um eine Spendenaktion zu organisieren, wenn Sie eine ganze PR-Abteilung für so etwas haben.«
»Sie sind gefälligst für all das da, was ich für Sie vorsehe! Haben wir uns verstanden?«
»Mr. Whiteman, wenn Sie ein Mädchen für alles haben wollen, stellen Sie eines ein, aber halten Sie mich nicht von der Arbeit ab. Das wäre außerordentlich nett und aufmerksam von Ihnen.« Mir ist bewusst, dass ich Kopf und Kragen, sogar meinen Job riskiere, aber ich will mir die Behandlung nicht gefallen lassen, die er mir zuteil werden lässt.
Mr. Whiteman funkelt mich aus seinen blauen Augen heraus an. »In Ordnung. Ms. Johnson.« Er räuspert sich und seine schmalen Lippen verziehen sich zu einem überheblichen Grinsen. »Herzlichen Glückwunsch, Sie haben die Stelle als meine persönliche Assistentin erhalten. Sie fangen ab sofort um sieben an und haben um sechs, manchmal auch sieben oder acht Uhr Feierabend.«
Meine Gesichtszüge entgleisen. »Sie wissen schon, dass ich in der Buchhaltung gebraucht werde, oder?«
Mein Boss schüttelt den Kopf. »Ich brauche Sie hier. Entweder Sie nehmen diese Stelle an oder Sie können sich bei einer anderen Firma bewerben.«
Ich beiße die Zähne zusammen. Der Kerl hat es drauf, jemanden eiskalt zu erwischen. Er wird ganz genau wissen, dass der Arbeitsmarkt brach liegt und man nur mit Glück eine Anstellung findet. Na ja, jedenfalls eine, bei der man nicht für einen Hungerlohn arbeiten muss, auch wenn ich hier nicht wesentlich besser bezahlt werde. »Wo ist der Arbeitsvertrag?«
Mr. Whiteman erhebt sich. »Einen Augenblick.« Er verlässt sein Büro und ich koche einsam und allein vor mich hin.
* * *
Als ich nach einer Weile aufstehe, um meinen Kram an mich zu nehmen und abzuhauen, kommt er mit Mr. Miller, dem Leiter der Personalabteilung, zurück. Der Personalleiter hat einen Schriftsatz bei sich. »Guten Abend, Ms. Johnson.«
»Guten Abend, Mr. Miller«, erwidere ich freundlich.
Whiteman setzt sich wieder, ich mich ebenfalls und der Personalchef nimmt in dem Sessel neben mir Platz. »Mr. Miller wird den Vertrag mit Ihnen durchgehen.«
Ich sehe Mr. Miller an, dann fällt mein Blick auf den Arbeitsvertrag in seinen schwieligen Händen. »Wie hoch wird mein Gehalt sein?«
Der Personalchef fängt meinen Blick auf. »Es bleibt gleich.«
Daraufhin schüttle ich den Kopf. »Sorry, aber bei fünfzehn Wochenstunden mehr, möchte ich ein besseres Gehalt bekommen.«
Whiteman räuspert sich. »Wie viel haben Sie sich vorgestellt, Ms. Johnson?«
»Ich werde Ihre persönliche Assistentin, also sollte schon ein ordentlicher Aufstieg auf der Gehaltsleiter drin sein.«
»Nennen Sie mir eine Zahl!«, verlangt er herrisch.
»Ich möchte 2.000 Dollar mehr im Monat haben.«
Er lacht auf, dann wird er schlagartig ernst. »Nein.«
»Dann sagen Sie mir bitte, wie viel Sie zu zahlen bereit sind.«
»Sie bekommen das gleiche Gehalt, wie meine letzte Assistentin.«
»Das wie hoch wäre?«, bohre ich tiefer.
»Sie erhalten 2.637 Dollar.«
»Pro Woche?«, möchte ich wissen. Den Kerl in den Wahnsinn zu treiben, ist unheimlich amüsant.
Er schnaubt. »Natürlich nicht.«
»Sondern?«
Mr. Whiteman reißt die Arme hoch. Ich erkenne, dass er die Schnauze voll hat. »Sie bekommen wöchentlich 500 Dollar mehr.«
Wow, also bekomme ich doch die verlangten 2.000 Dollar mehr pro Monat. Mit dem Gehalt dürfte ich dann auch problemlos mein Apartment bezahlen können, denn leider Gottes kostet es einen dicken Batzen Geld und oftmals musste ich die Miete ein wenig kürzen, um überhaupt zurechtzukommen. Dass mein Vermieter mich noch nicht rausgeworfen hat, ist ein Glücksfall. Ich ging davon aus, dass ich bei Whiteman besser bezahlt werden würde, weshalb ich natürlich die Bleibe an der Upper East Side der in Little Italy vorgezogen habe. Ich schenke meinem Boss ein Lächeln und ernte einen Blick, der mir bittersüße Rache verspricht.
Mr. Miller geht den gesamten Vertrag mit mir durch.
* * *
Nachdem ich unterschrieben habe, hat Mr. Whiteman mich in den Feierabend entlassen. Ich stehe vor dem Aufzug und warte darauf, dass dieser endlich erscheint, denn im Gegensatz zu meinem Boss muss ich auf die Fahrstühle für alle zurückgreifen, statt einen Privataufzug zu haben.
»Schönen Abend, Ms. Johnson«, sagt er, als er an mir vorbeigeht.
»Ebenso, Mr. Whiteman.«
»Denken Sie dran, dass Sie morgen früh um sieben hier sind.«
Ich nicke ihm zu. Vielleicht hat er ja ein wenig Charme und bietet mir an, mit ihm in seinem privaten Lift nach unten zu fahren. Etwas hoffnungsvoll schaue ich zu ihm, doch die Türen schließen sich hinter ihm. Ich seufze schwer, als ich mich wieder auf die Etagenanzeige vor mir konzentriere.
»Ms. Johnson?«
»Ja?« Ich blicke erneut zu ihm, erkenne, dass er zwischen den Schiebetüren steht.
»Kommen Sie.«
Ich laufe zu ihm. »Danke, Mr. Whiteman.«
Da er in der Tür steht, schlüpfe ich an ihm vorbei in die Kabine, dabei steigt mir sein Duft in die Nase. Eine frische Mischung, die meine Sinne umspielt. Dem Kerl werden sicher reihenweise Frauen zu Füßen liegen, weil er nicht nur verdammt gut riecht, sondern auch wahnsinnig gut aussieht. Leider gehört er zu den Männern, die das auch genau wissen und keineswegs bescheiden sind.
Er kommt mit in die Fahrstuhlkabine und gibt einen Code ein, dann betätigt er den Knopf. »Sie werden morgen verschiedene Aufgaben von mir erhalten.«
Ich nicke schweigsam.
»Diese Aktion war übrigens ein Test.«
»Das heißt?«, frage ich vorsichtig. Der Kerl wird sich noch wundern, welches Monster er mit dieser Aussage heraufbeschworen hat. Ich werde ihm das Leben so was von zur Hölle machen!
»Dass Sie Termine koordinieren werden, Meetings beiwohnen, mich zu Terminen begleiten und vieles mehr.«
»Aber ich werde keine Charity-Events planen?«
Er lacht. »Ich bitte Sie, Ms. Johnson, dafür haben wir eine PR-Abteilung und viele Partyplaner, mit denen wir Hand in Hand zusammenarbeiten.«
»Gut zu wissen, falls Sie mich noch mal wegen derlei organisatorischen Dinge ansprechen.« Ich schenke ihm ein aufgesetztes Lächeln. Dieser aalglatte Schmierlappen, der so unverschämt gut aussieht, betörend riecht und charismatisch ist, hat es verdient, zu leiden. Er weiß ja nicht, mit wem er sich anlegt.
»Nach wie vor: Sie tun, was ich sage, wenn ich es sage«, sagt er entschieden.
»Sie wissen schon, dass ich nicht Ihre Leibeigene, sondern eine Angestellte bin, oder?«
Mr. Whiteman baut sich vor mir auf, weshalb ich den Kopf in den Nacken legen muss, um zu ihm aufzuschauen, dabei trage ich schon High Heels. »Sie sind, was auch immer ich sage, was Sie sind. Haben Sie mich verstanden?«
Ich verenge meine Augen zu Schlitzen. »Aber sicher.« Blödes Arschloch! Ich weiß, warum ich immer froh war, nie etwas mit dem Kerl zu tun zu haben, aber jetzt habe ich die goldene Arschkarte gezogen.
»Wunderbar, Ms. Johnson.« Er zieht sich zurück – im nächsten Moment hält der Aufzug an. Ohne ein weiteres Wort verlässt er die Kabine und geht auf den Ausgang zu.
Ich folge ihm mit einigem Sicherheitsabstand. Als ich rausgehe, kann ich sehen, dass er in eine Mercedes Limousine steigt. Es regnet, weshalb ich die Handtasche über meinen Kopf halte. Eilig laufe ich zur U-Bahn. Es bringt nicht viel, ich werde trotzdem nass, aber das ist eine hervorragende Ausrede dafür, später in die Badewanne zu gehen, statt mich mit Alec und Jo zu treffen. Die beiden sind meine besten Freunde. Mit Alec war ich auf dem College und Jo, die eigentlich Joanne heißt, hat mich tätowiert. Sie und ich waren sofort auf einer Wellenlänge. Geplant war, dass wir heute miteinander ins Kino gehen, aber ich musste zwei Stunden länger in der Firma bleiben und bin total erledigt. Ich bin müde, genervt und vor allem koche ich noch immer vor Wut, weil Whiteman so ein aufgeblasener Mistkerl ist.
* * *
Klasse. Es ist mein typisches Glück, dass die U-Bahn seit 20 Minuten im Tunnel steht und sich nicht bewegt. Seit einer Viertelstunde versuche ich, Mr. Whiteman zu erreichen, aber die Leitung ist dauerbesetzt. Seufzend wähle ich die Zentrale an, um mich mit seiner Sekretärin verbinden zu lassen.
»Whiteman Inc., Sie sprechen mit Belinda Burkley«, meldet sie sich nur wenig später freundlich.
Gott, es ist so peinlich, dass ich gleich an meinem ersten Tag in der Position zu spät komme. »Hi, Mrs. Burkley, hier spricht Helena Johnson, es tut mir sehr leid, aber ich werde mich verspäten. Die U-Bahn steht seit 20 Minuten im Tunnel und bewegt sich nicht.«
»Oh, das ist bedauerlich. Ich werde Mr. Whiteman informieren.«
»Vielen Dank.«
»Was glauben Sie, wann Sie hier sein werden?«
»Ich weiß es leider nicht.«
»Dann werde ich es so weitergeben.«
»Danke«, wiederhole ich und trenne die Verbindung. Ich muss mich auf Ärger gefasst machen, denn Mr. Whiteman wird mir sicher den Kopf abreißen. Dieser Mann hat den Ruf, Unpünktlichkeit nicht ausstehen zu können und entsprechend zu handeln, aber vielleicht habe ich Glück und er versetzt mich nur zurück in die Buchhaltung, statt mir die Kündigung auszusprechen. Nein, eher wird er mich mit einem Arschtritt auf die Straße befördern.
Ach Fuck!
Warum muss die U-Bahn ausgerechnet dann eine Panne haben, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann?
Ich glaube, ich sollte mich jetzt schon mal bei der Arbeitsvermittlung melden, damit ich wenigstens genug verdiene, um meinen Lebensunterhalt zu sichern. Ich muss ganz dringend etwas an meinem Lebensstil ändern, um Ersparnisse anhäufen zu können. Was heißt, dass ich wohl oder übel umziehen muss. Am besten sehe ich in der Mittagspause, sofern ich sie überhaupt erlebe, in die Annoncen der Tageszeitung oder durchstöbere mit meinem Smartphone das Internet nach Wohnungsangeboten.
* * *
Eineinhalb Stunden später komme ich in der Chefetage von Whiteman Inc. an.
»Ms. Johnson, Mister Whiteman möchte Sie sehen«, sagt Mrs. Burkley, als sie mich entdeckt.
»Alles klar«, sage ich leise und zeige auf die Tür, auf der in schwarzen Lettern sein Name steht. »Sofort?«
»Er sagte umgehend.«
Nickend gehe ich darauf zu und klopfe.
»Herein!«
Nachdem ich tief durchgeatmet habe, betrete ich das Büro meines Chefs. »Guten Morgen, Mr. …«
Er hebt die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, dann telefoniert er ungerührt weiter.
Ich gehe bis vor seinen Schreibtisch und bleibe meine Hände knetend davor stehen.
Zehn geschlagene Minuten lässt er mich warten, bis er das Telefonat beendet, allerdings fallen die neunzig, die ich ihn warten ließ, schwerer ins Gewicht. Adrian Whiteman sieht mich vernichtend an. »Es ist Ihr erster Tag als meine persönliche Assistentin und Sie kommen zu spät.«
»Es tut mir sehr leid, aber die U-Bahn hat festgesteckt. Ich konnte nicht aussteigen, sonst wäre ich …«
»Ruhe!«, herrscht er mich so laut an, dass ich zusammenzucke. »Sind Sie sich darüber im Klaren, dass Sie eineinhalb Stunden zu spät sind und das an Ihrem ersten Tag?«
»Ja, Mr. Whiteman.«
Er erhebt sich und kommt vor den Schreibtisch. Er lehnt sich dagegen, mustert mich. »Dafür müsste ich Sie entlassen.«
»Aber?«, frage ich kleinlaut.
»Aber Sie haben Glück, dass ich heute nicht allzu schlecht gelaunt bin. Sie bekommen noch eine Chance, Ms. Johnson, nutzen Sie sie.«
Ich nicke hektisch. Scheiße, ich wollte dem Kerl das Leben zur Hölle machen, stattdessen dreht er den Spieß einfach um.
»Ich werde Sie im Auge behalten.« Er greift hinter sich und drückt mir ein Diktiergerät in die Hände. »Tippen Sie diese Briefe ab – fehlerfrei.«
»Ja, Mr. Whiteman.«
»Danach legen Sie sie mir vor.«
»Ja«, wiederhole ich.
»Und, Ms. Johnson?«
Ich sehe fragend in seine blauen Augen.
»Dass mir keine Klagen über Sie kommen.«
»Ich werde mir die größte Mühe geben, Mr. Whiteman.«
Er spricht weiter, gibt mir zahlreiche Aufgaben, die ich bis zur Mittagspause erledigt haben soll, womit ich nur bis zwölf Uhr Zeit habe. Jetzt ist es Viertel vor neun. Der Kerl wird mich umbringen, wenn ich das nicht schaffe. »Und nun gehen Sie in Ihr Büro.«
»Das haben Sie mir gestern nicht gezeigt.«
Whiteman atmet tief durch. »Dann erledige ich das jetzt.« Er stößt sich von seinem Schreibtisch ab, anschließend geht er zu einer Glastür, die in die Wand eingelassen ist. »Kommen Sie.« Schließlich öffnet er jene Tür.
Ich folge ihm in den Raum. Dieser ist viermal so groß wie die Officebox in der Buchhaltung, doch entfalten kann ich mich hier auch nicht. Ein massiver Schreibtisch steht in der Mitte vor einem Fenster, das der großen Glasfront in seinem Büro in nichts nachsteht. Ich habe durchgehend Tageslicht im Rücken. Doch stehen allerhand Kartons im Raum, sowie Regale an den Wänden.
»Ich lasse die Kisten ins Archiv bringen, ignorieren Sie sie einfach«, sagt er. »Ihr Passwort für den Computer können Sie sich in der IT holen und danach kümmern Sie sich bitte als Erstes um die Briefe.«
»Ja, Mr. Whiteman.« Als er nicht hinsieht, verziehe ich das Gesicht. Ich komme mir total unterwürfig vor, dabei gehöre ich eher zur renitenten Sorte Mensch. Das wird ein harter Job, das weiß ich.
»Wenn Sie Fragen haben, kann Mrs. Burkley Ihnen helfen oder Sie wenden sich an mich.«
»Alles klar«, entgegne ich und sehe, dass er durch die Verbindungstür unserer Büros in seines verschwindet.
* * *
Seufzend betrete ich mein kleines Sekretariat und setze mich, da räuspert sich Whiteman hinter mir.
Eins ist klar: Ich hasse die Verbindungstür jetzt schon!
Einerseits kann sie praktisch sein, aber in diesem speziellen Fall ist sie eine Zumutung. Ich werde mir das Spiel, das er spielt, nicht allzu lang ansehen und teilnehmen werde ich schon gar nicht. Ich werde die Spielmacherin sein.
»Ms. Johnson?«
»Ja, Mr. Whiteman?« Ich drehe mich mitsamt des Stuhls um. »Was kann ich für Sie tun?«
»Haben Sie die Briefe abgetippt?«
Ohne dass ich etwas dagegen tun kann, flippt meine Augenbraue in die Höhe. »Noch nicht ... Ich kam gerade erst aus der IT zurück und wollte jetzt loslegen.«
Er schnaubt. »Sie sollten sich ranhalten, ich brauche diese Briefe.«
Mühsam unterdrücke ich den Drang, die Augen zu verdrehen. »Ich werde mich sofort darum kümmern.«
»Danach befassen Sie sich bitte mit den Bilanzen, die aus der Buchhaltung gekommen sind.«
»Und was muss ich dabei beachten?«, erkundige ich mich, auch wenn ich genau weiß, was es damit auf sich hat, da ich ja aus der Buchhaltung komme. Aber es schadet ihm nicht, wenn ich mich ein wenig dumm stelle.
Mr. Whiteman schenkt mir ein Lächeln, das diabolischer nicht sein könnte. »Ob es im Vergleich zum Vorjahr Differenzen gibt.«
»Wo finde ich die Bilanzen vom vergangenen Jahr?«
»Im Archiv natürlich.«
»Und das ist wo?«, hake ich weiter nach, während ich mich innerlich kaputtlache, da mir auch das bewusst ist.
»Im Keller, Ms. Johnson. Mrs. Burkley wird Ihnen mitteilen, in welchem Raum Sie die Ordner finden werden.«
»Vielen Dank, Mr. Whiteman.«
»In einer Stunde habe ich die Briefe auf dem Tisch, um 15 Uhr möchte ich Ihre Rückmeldung wegen der Umsätze.«
»Aber sicher.« Ich lächle ihn an. »Und wann darf ich Ihnen eine Jungfrau opfern?« Am liebsten würde ich mir auf die Zunge beißen, weil mir dieser dumme Spruch rausgerutscht ist.
»Jungfrauen reizen mich nicht, Ms. Johnson.« Er zwinkert mir zu, dann wendet er sich ab und lässt mich allein.
Ich drehe mich zurück zum Schreibtisch und lasse meine Stirn auf die Tischplatte fallen.
Etwas zu fest.
»Autsch.«
Nach einem tiefen Atemzug und einer imaginären Standpauke meines Unterbewusstseins, richte ich mich auf, um die Briefe abzutippen, die Whiteman bis zur Mittagspause haben will.
* * *
Achtzehn verdammte Briefe hat dieser miese Schweinehund auf das Diktiergerät gesprochen und bei acht Empfängern hatte ich keine Ahnung, wie sich ihre Namen schreiben, woraufhin ich erst mal Google befragen musste. Schlauer wurde ich dadurch auch nicht, deshalb habe ich Mrs. Burkleys Hilfe in Anspruch genommen. Sie konnte mir glücklicherweise weiterhelfen. Ich hätte sie am liebsten fest umarmt, weil sie mir damit den Arsch gerettet hat. Ich möchte keinen Rekord im Gekündigtwerden aufstellen, weshalb ich mir Mühe gebe, Whiteman zufriedenzustellen. Dennoch habe ich wirklich Schiss, dass er mich heute Nachmittag in die Wüste schickt.
Dem Kerl ist alles zuzutrauen.
Leider.
Die Gegensprechanlage auf meinem Schreibtisch knistert und knackt. »Ms. Johnson, bringen Sie mir bitte die Briefe, die ich Ihnen zum Abtippen gegeben habe.«
Ich atme erneut – wie so oft heute – tief durch, nehme den Stapel Schreiben aus dem Papierfach des Druckers und gehe in Whitemans Büro. Ohne ein Wort reiche ich ihm die Schreiben.
Er nimmt sie entgegen und überfliegt den ersten Brief. »Ich sagte fehlerfrei.«
»Das weiß ich, Mr. Whiteman.«
»Warum schreiben Sie dann solchen Kauderwelsch?«
Ich hebe eine Augenbraue. »Was meinen Sie?«
»Ich meine, dass sich hier ein Rechtschreibfehler an den anderen reiht.«
»Darf ich sehen, was Sie meinen?«, möchte ich wissen.
»Sie haben diesen Murks doch verzapft, wieso sollte ich es Ihnen noch einmal zeigen?«, hakt er wütend nach. Die Briefe wirft er mir vor die Füße. »Ich sagte Ihnen, dass Sie die letzte Chance nutzen sollen, die ich Ihnen gegeben habe, aber nein, Sie produzieren hier den größten Müll der Firmengeschichte. Packen Sie Ihre Sachen zusammen, Ms. Johnson.«
Mit großen Augen sehe ich ihn an. »W-wie bitte?«
»Ich kann Sie hier oben nicht gebrauchen. Sie gehen zurück in die Buchhaltung, dort haben Sie Ihren Job wenigstens richtig gemacht.«
Ich schnaube. »Wissen Sie, dass Sie ein total mieses Arschloch sind?«, hake ich nach, als ich in die Hocke gehe, um die Schriftstücke aufzuheben.
»Reißen Sie sich zusammen, sonst sind Sie Ihren Job schneller los, als sie das Wort Kündigung buchstabieren können.«
Einmal mehr schnaube ich. Mein Blick fällt auf die Briefe. »Ich sehe hier übrigens keine Rechtschreibfehler. Vielleicht sollten Sie Ihre Kenntnisse aufbessern, statt andere für sich tippen zu lassen.« Ich schleudere den Papierstapel auf seinen Schreibtisch. »Warum habe ich überhaupt diesen Job angenommen, statt bei Maxwell Inc. anzufangen?«, frage ich mich leise, als ich zurück in mein kleines Büro gehe.
»Ms. Johnson, bleiben Sie stehen.«
Mit dem Rücken zu ihm bleibe ich stehen, aber ich werde mich nicht umdrehen. Wenn ich ihn jetzt ansehe, gehe ich ihm an die Gurgel.
»Haben Sie mich allen Ernstes Arschloch genannt?«
»Das habe ich.«
Er nähert sich mir, schließlich spüre ich seine Wärme in meinem Rücken, weshalb ich mich umso gerader halte. »Und was veranlasst Sie dazu, mich so zu betiteln?«
»Es ist meine Meinung über Sie und ich halte mich damit nicht zurück, wie die anderen Angestellten.«
Adrian Whiteman kreist wie ein Geier um mich, bis er vor mir stehen bleibt. Er mustert mich kritisch. »Ich mag es, wenn man ehrlich zu mir ist, aber ich verbitte mir, dass Sie mir solche Dinge an den Kopf werfen. Gehen Sie wieder an die Arbeit.«
»Also soll ich meine Sachen nicht packen?«
»Nein. Sie bleiben mir hier oben erhalten.«
»Na dann«, murmle ich und will an ihm vorbeigehen, als er mich am Oberarm festhält.
Whiteman nähert sich meinem Gesicht und sieht mir in die Augen, wobei mir das erste Mal auffällt, wie tiefblau seine Iriden sind. »Seien Sie nicht noch einmal dermaßen respektlos, sonst werde ich dafür sorgen, dass Sie nie wieder einen Fuß auf den Boden bekommen, weil sich niemand mehr wagen wird, Ihnen einen Job zu geben. Haben Sie mich verstanden?«
»Klar und deutlich«, entgegne ich, jedoch kann ich den Trotz in meiner Stimme nicht vermeiden.
»Wunderbar. Die Briefe haben mir in einer Stunde fehlerfrei vorzuliegen und wehe, Sie erlauben sich auch nur einen Interpunktionsfehler.«
Ich löse mich aus seinem Griff. »Jawohl, Sir.« Ich bin kurz davor, zu salutieren, doch reiße ich mich am Riemen. Dieser Kerl wurde von mir unterschätzt. Es scheint wohl so, als würde er mir das Leben zur Hölle machen, statt andersherum.
Verdammt, warum kann ich nicht einfach die Firma meiner Eltern übernehmen?
Dad könnte sie mir problemlos überschreiben, aber nein, er hält mich für ungeeignet. Firmenchefs scheinen von Natur aus, blöde Ärsche zu sein!
»Zurück an die Arbeit, Ms. Johnson.«
Nickend gehe ich auf die Verbindungstür zu, betrete mein Büro und schließe sie hinter mir.
* * *
»O Gott, Adrian, ja, genau so«, stöhnt eine Frau, als ich die In-Ear-Kopfhörer aus den Ohren ziehe.
Ich durfte wieder einmal Briefe abtippen und frage mich, wozu Mrs. Burkley überhaupt da ist, wenn ich ihre Aufgaben übernehme, während es in Whitemans Büro offenbar heftig zur Sache geht.
»Gott, ja!«, kreischt sie nun sie.
Ihn vernehme ich zum Glück nicht. Ich glaube, würde ich ihn stöhnen hören, könnte ich ihn nicht mehr ernst nehmen.
Aber warum legt er in seinem Büro eine Frau flach?
Hat der Kerl kein Zuhause?
Lieber stecke ich mir die Kopfhörer wieder in die Ohren, um mir das Schauspiel nicht länger anhören zu müssen. Ich gebe zu, dass ich neugierig bin, was er mit seiner Gespielin anstellt, aber ich werde sicher keinen Blick durch die angelehnte Verbindungstür werfen. Außerdem würde Whiteman mich umbringen, wenn ich ihm dabei zusehe, wie er irgendeine Frau fickt. Der Kerl kann mich genauso wenig ausstehen wie ich ihn. Am liebsten würden wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen, auch wenn ich mich wirklich bemühe, es nicht zu tun. Doch er macht mich regelmäßig nieder, nennt mich dumm oder schnauzt mich aus Spaß an der Freude an. Ich war bereits mehrmals kurz davor, mich an den Betriebsrat zu wenden, doch würden die Mitglieder mit Sicherheit auf seiner Seite stehen. Niemand verdirbt es sich mit dem Unternehmenschef, nicht einmal für die persönliche Assistentin, die ebenfalls einen mächtigen Namen hat – allerdings ist er in diesem Staat nicht ganz so mächtig, in Florida hingegen würde man mir metertief in den Arsch kriechen.
Me-ter-tief.
Ich schwör's, in dem Fall lohnt sich auch die Betonung jeder einzelnen Silbe, doch hier bin ich ein Nichts. Adrian Whiteman ist ein unumstrittener Star am CEO Himmel, genauso wie Tristan Maxwell, Nathaniel Hartman oder andere Männer, die in seiner Liga spielen. Diesen Männern gehört die Welt, die sie schon sehr jung übernommen haben. Allerdings würde ich wesentlich lieber für Maxwell oder Hartman arbeiten, denn beide haben einen unheimlich guten Ruf. Auch wenn Nathaniel Hartman seine Firma in San Diego hat. Hier bleiben mir neben Maxwell Inc., das Unternehmen verlegte seinen Sitz aus Seattle hierher, und Whiteman Inc. nicht allzu viele Möglichkeiten.
Ich verwerfe die Gedanken an einen Jobwechsel, weil ich das Gefühl habe, hier in einem High-Society-Puff gelandet zu sein, und konzentriere mich wieder auf die Arbeit.
* * *
Ich schreie auf, als sich eine Hand auf meine Schulter legt. Sofort ziehe ich die Stöpsel aus den Ohren, springe auf und drehe mich schwungvoll um. »Tun Sie das nie wieder!«, herrsche ich meinen Boss an.
Er sieht mich stoisch an. »Wie weit sind Sie mit der Koordination meiner Termine?«
»Damit bin ich bereits fertig und Ihre Briefe habe ich auch abgetippt.« Ich greife zur Papierausgabe des Druckers und reiche sie ihm. »Ich hoffe, die Akten sind noch heil, die ich Ihnen heute Morgen gebracht habe.« Diese Spitze konnte ich mir nicht verkneifen.
Adrian Whiteman hebt eine Augenbraue. »Wie bitte?«
Ich zeige zu den heruntergelassenen Jalousien. »Na, Sie hatten doch eben eine ganze Menge Arbeit auf dem Tisch.«
Er schnaubt amüsiert. »Sind Sie etwa eifersüchtig, Ms. Johnson?«
Meine Augenbraue flippt in die Höhe. »Ganz sicher nicht.«
Triumphierend sieht er mich an, während der Duft von billigem Frauenparfum mein Büro regelrecht verpestet.
Herrgott, ich bin eifersüchtig, aber worauf?
Ich kann den Kerl nicht ausstehen und würde ihn gern aus dem Fenster schubsen – leider lässt es sich hier oben nicht vollständig öffnen.
Whiteman nimmt mir die Briefe aus der Hand, die ich ihm seit einer Minute wie eine Blöde vor die Nase halte. »Da sich Ihre Rechtschreibung deutlich verbessert hat, werde ich mir das Korrekturlesen heute sparen.«
Ich nicke bloß, dann fällt mein Blick auf seine Schuhe. »War’s das?«
»Nein, rufen Sie bitte meinen Bruder an und bestellen Sie ihn her. Ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.«
Meine Augen klettern seine Hosenbeine hoch, verharren einen Moment auf dem offenen Reißverschluss seiner Hose, weshalb ich mir das Kichern verkneife, und schließlich sehe ich geradewegs in seine tiefblauen Iriden. »Ihr Hosenstall ist offen.«
Whitemans Blick fällt nach unten, dann dreht er sich weg. »Pardon.«
»Schon okay, ich habe ja nichts Verbotenes gesehen.«
Als er mich wieder ansieht, kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen. »Ms. Johnson, alles, was in diesen Räumen passiert, bleibt in diesen Räumen. Ich hoffe, dass Ihnen klar ist, dass ich Sie anderenfalls kündigen muss.«
»Mr. Whiteman, ich habe eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet, bevor ich in Ihrem Unternehmen angefangen habe, weshalb Sie sich keine Sorgen machen müssen, dass irgendetwas über diese Firma, oder was auch immer hier getrieben wird, nach außen dringt. Ich halte mich an solche Verträge.«
»Sehr gut«, sagt er nickend. »Das nächste Mal sollten Sie mich etwas dezenter darauf hinweisen, dass meine Hose nicht ordnungsgemäß sitzt.«
»Wie denn?«
Daraufhin zuckt er mit den Schultern. »Lassen Sie sich etwas einfallen.«
»Na schön.«
»Oh, da ich gerade hier bin. Buchen Sie zwei Hotelzimmer in Paris, ich habe dort einen Geschäftstermin und Sie werden mich begleiten.«
Meine Augenbraue flippt erneut in die Höhe. »Warum soll ich Sie begleiten?«
»Weil Sie meine persönliche Assistentin sind, womit es Ihre Pflicht ist, mich auf Geschäftsreisen zu begleiten, und mir – wie Sie es so schön sagen würden – den Arsch nachtragen.« Er zwinkert mir zu.
»Haben Sie einen besonderen Wunsch?«
»Mit Blick auf den Eiffelturm und nicht weniger als Fünf Sterne.«
»Also direkt in die Luxussparte«, stelle ich fest.
»Richtig. Eine Suite und was auch immer Sie brauchen.« Er legt den Kopf schief. »Denken Sie an Abendgarderobe, wir werden dort das eine oder andere Galadinner besuchen, um neue Geschäftskontakte zu knüpfen.«
»Abendgarderobe?«
»Cocktailkleider, keine Abend- oder Ballkleider, das wäre lächerlich.«
Ich räuspere mich. »Ich besitze keinerlei passende Garderobe.«
»Dann sollten Sie für Paris sparen, denn dort finden sich die besten Boutiquen.« Er wirft einen Blick auf die Briefe in seiner Hand.
»Wann werden wir nach Paris reisen?«
»Am Montag.«
»In vier Tagen?«, hake ich perplex nach.
Er geht zur Tür, die unsere Büros miteinander verbindet. »Enttäuschen Sie mich nicht.«
»Ich gebe mein Bestes«, sage ich leise, dann setze ich mich wieder an den Schreibtisch.
* * *
Ich habe Whitemans Bruder nach oben bestellt und das Hotel gebucht, doch wegen der Flüge bin ich unsicher, weshalb ich Mr. Whiteman vor Feierabend noch mal ansprechen werde. Die Tickets für den Flieger kann ich auch von zu Hause aus buchen, sofern er mich gleich gehen lässt. In den letzten Tagen habe ich zahlreiche Überstunden angehäuft, kaum geschlafen und morgens beinahe verschlafen, allerdings habe ich es geschafft, seit meinem zweiten Tag als seine PA, immer pünktlich zu sein. Noch einmal traue ich mich nicht, zu spät zu kommen. Whiteman würde mich sicher umbringen.
Es klopft an der Tür. »Herein!«, sage ich laut und hebe den Blick vom Bildschirm, um zu sehen, wer mich aufsucht.
»Hey, hey«, sagt Alec gut gelaunt. »Bereit, den Central Park unsicher zu machen?«
Ich verziehe das Gesicht. »Wollten wir etwa joggen gehen?«
»Jepp«, erwidert er grinsend, betritt mein Büro und nimmt vor meinem Schreibtisch Platz. »Du hast es vergessen, nicht wahr?«
Schuldbewusst nicke ich. »Ja.«
»Und jetzt kannst du nicht weg, hm?«
Ich hole tief Luft. »Ich bin eigentlich fertig. Alles andere kann ich morgen erledigen, aber ich werde mich bei Whiteman abmelden müssen.«
Alec sieht mich skeptisch an. »Fragst du ihn auch, ob du zur Toilette gehen darfst?«
»In der Regel nicht«, entgegne ich. »Aber ich habe hier sowieso noch ein paar Akten für ihn, also kann ich mich direkt in einem von ihm verabschieden.«
Mein bester Freund lacht leise. »Dann mach das mal.«
Daraufhin stehe ich auf, greife zum Aktenstapel und gehe an die Verbindungstür, an die ich klopfe.
»Kommen Sie rein, Ms. Johnson.«
Ich betrete Whitemans Büro und nähere mich seinem Schreibtisch. »Ich habe hier die Goliath Akten und wollte mich für heute verabschieden.«
Er winkt mich heran und nachdem ich mich genähert habe, nimmt er mir den Aktenstapel aus den Händen. Anschließend fällt sein Blick auf die Uhr. »Sie haben noch eine Stunde.«
»Brauchen Sie mich denn noch?«, erkundige ich mich.
»Haben Sie denn all Ihre Aufgaben erledigt?«, möchte er hingegen wissen.
»Das habe ich und ich habe Ihnen alles Wichtige per E-Mail geschickt, damit Sie es direkt auf Ihrem Computer haben.«
Er nickt. »Wann haben Sie gestern Feierabend gemacht?«
»Gegen neun Uhr.«
»Ach richtig. Dann machen Sie Feierabend.«
»Danke, Mr. Whiteman.«
»Bis morgen, Ms. Johnson.«
Ich wende mich ab, doch dann fällt mir die Sache mit dem Flug nach Paris ein, weshalb ich mich wieder zu ihm umdrehe. »Oh, eine Frage, soll ich auch Flüge nach Frankreich buchen?«
Er lacht auf. »Nein, wir werden den Firmenjet nehmen. Das Hotel haben Sie aber gebucht, nicht wahr?«
»Das habe ich getan. Für Sie die Präsidentensuite, für mich ein Zimmer«, lasse ich ihn wissen.
»Großartig. Dann verschwinden Sie.«
»Alles klar.« Ich mache auf dem Absatz meiner High Heels kehrt und laufe zurück in mein Büro.
»Und hat der Sklaventreiber erlaubt, dass du Feierabend machst?«, erkundigt sich Alec.
»Nenn ihn nicht so«, zische ich.
»Das hat sich vorgestern beim Cocktailtrinken noch ganz anders angehört«, stellt er amüsiert in den Raum.
Ich verdrehe die Augen. »Vielleicht solltest du das hier nicht so laut sagen, denn Whiteman hat seine Ohren überall.«
Alec grinst spitzbübisch. »Ein Chef, über den nicht gelästert wird, macht irgendwas falsch.«
»Ah ja«, stoße ich trocken aus. »Ich muss nach Hause, bevor wir joggen gehen können.«
»Kein Problem, du wohnst ja direkt um die Ecke vom Park.«
Ich nicke ihm zu.
»Ich bin mit dem Auto da, wir dürften es also früher als sonst schaffen.«
»Wir sollten uns angewöhnen, vor der Arbeit joggen zu gehen«, lasse ich ihn wissen.
Alec, dessen Haare ziemlich zerzaust aussehen, sieht mich beinahe panisch an. »Wie bitte?«
»Joggen, vor der Arbeit, besser als abends«, sage ich stichwortartig.
Daraufhin schüttelt mein bester Freund vehement den Kopf. »Hat der Kerl dir eine Gehirnwäsche verpasst?«
»Nein, aber ich würde abends oder nachmittags lieber geradewegs auf meine Couch gehen, statt noch zwei Stunden durch den Central Park zu rennen«, antworte ich aufrichtig.
»Du solltest zusehen, dass du früher Feierabend machst.«
»Geht nicht, ich bin seine persönliche Assistentin und müsste eigentlich bleiben, bis er ebenfalls Büroschluss macht.«
Alec schnaubt. »Whiteman lebt doch in seiner Firma.«
»Keine Ahnung«, ich zucke mit den Schultern, schalte den PC aus und schnappe mir meine Handtasche sowie den Mantel. »Wollen wir?«
»Aber sicher.« Alec bietet mir seinen Arm an. »Darf ich bitten?«
»Aber sicher«, äffe ich ihn hochgestochen nach, hake mich bei ihm ein und gehe mit ihm zu den Aufzügen. Ich beneide Mr. Whiteman immer noch um seinen Privatlift, doch kann ich ihn schlecht um eine Schlüsselkarte dafür bitten. Er würde mich sicher nach der Häufigkeit meiner Pulsschläge fragen, da er zu gut erzogen wurde, um sich nach meiner geistigen Gesundheit zu erkundigen.
»Ist der Kerl eigentlich immer noch so … überheblich und unverschämt?«, möchte mein bester Freund wissen.
Ich zucke mit den Schultern. »Es geht. Heute durfte ich mir anhören, wie er irgendjemanden auf seinem Schreibtisch flachgelegt hat.«
Alecs Augenbraue gleitet in die Höhe. »Wie bitte?«
»Er hat jemanden, ich denke mal, dass es eine Frau war, auf seinem Schreibtisch gevögelt.«
»Wow, also ich dachte, ich würde bei Maxwell Inc. viel erleben, aber in Wahrheit scheint hier der Bär zu toben.« Er lacht leise.
Ich verdrehe die Augen. »Du bist unmöglich.«
»Nein, ich bin bloß realistisch«, sagt er schmunzelnd. »Was denkst du, was er mit ihr angestellt hat.«
Daraufhin verziehe ich das Gesicht. Für mich sind Vorgesetzte asexuell und in keiner Weise aktiv, also will ich mir nicht mal in meinen Albträumen ausmalen, wie Adrian Whiteman im Bett ist. »Alec, bitte, ich will mir meinen Boss nicht beim Sex vorstellen müssen«, wispere ich. »Und jetzt hör auf, ich darf gar nicht über die Dinge reden, die in der Firma geschehen.«
»Alles klar, ich bin still.« Er schenkt mir ein breites Lächeln, das mir jetzt schon sagt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Warum muss mein bester Freund denn auch so abartig neugierig sein?
»Danke.«
* * *
Ich überprüfe noch einmal die Schnürsenkel meiner Laufschuhe, während sich Alec neben mir aufwärmt.
»Wird das heute noch was?«, möchte er wissen.
»Jaha, ich bin so weit.«
»Du musst dich noch aufwärmen.«
»Ist mir bewusst«, entgegne ich genervt, stelle den Fuß auf die Bank und lege die Hände auf meine Oberschenkel. Ich will gar nicht joggen, aber ich konnte heute nicht schon wieder absagen. Mir tut sowieso alles weh, dann muss ich es nicht noch mit einem Muskelkater krönen, allerdings sieht mein bester Freund die Sache anders. Es wird mir also nichts übrig bleiben, als mich eine Stunde oder länger von ihm durch den Central Park scheuchen zu lassen.
Schöne Scheiße!
»Geht das immer noch nicht schneller?«, hakt er ungeduldig nach.
Ich richte mich auf und sehe ihn an. »Also, wenn du willst, dass ich mir einen Muskelfaserriss zuziehe, sag es und ich laufe gern ohne Aufwärmen los, allerdings musst du dann definitiv allein joggen gehen.«
Er schnaubt. »Als ob ich das wollen würde.«
»Scheinbar ja, sonst würdest du mich nicht hetzen.«
»Ich hetze dich nicht, ich bin bloß ungeduldig, weil ich dank des Energydrinks voller Energie bin.«
Meine Augenbraue flippt in die Höhe. »Du spinnst.«
»Und ich bin aufgedreht, weil Tristan Maxwell mich zum stellvertretenden Leiter der Personalabteilung ernannt hat.«
Vor lauter Überraschung klappt meine Kinnlade herunter. »Was?«
»Ich wurde zum stellvertretenden Personalleiter ernannt. Mein Vorgänger wurde gekündigt, weil er irgendwelche krummen Dinger gedreht hat. Glaube, der ist auch schon anderswo rausgeflogen, aber Maxwell hat ihm damals noch eine Chance gegeben, die er auch nicht genutzt hat.«
»Wow, Glückwunsch!« Ich stoße mich von der Bank ab und umarme Alec. »Das ist wirklich cool und ging erstaunlich schnell.« Ich räuspere mich. »Ich meine, mit neunundzwanzig schon eine Abteilung zu leiten, auch wenn es nur stellvertretend ist, ist wirklich großartig.« Die Umarmung wird noch etwas fester, woraufhin er spielerisch keucht. »Ich bin unheimlich stolz auf dich. Ich dachte, du würdest dort in deiner kleinen Office Box versauern, weil du erst so spät mit dem Wirtschaftsstudium angefangen hast.«
»Nein nein, der Mann weiß eben, wer seine besten Angestellten sind«, sagt er großkotzig.
Ich löse mich ruckartig von Alec. »Blöder Spinner.«
Lachend legt er seinen Arm um meine Schultern. »Wenn du beim letzten Abendessen bei Jo dabei gewesen wärst, wüsstest du es schon.«
»Es tut mir leid, dass der Kerl mich die Galeere allein rudern lässt.«
Noch immer schüttelt es ihn, weil er sich so sehr über mich amüsiert. »Du wolltest doch immer hoch hinaus.«
»Ja, aber nicht als persönliche Assistentin des großkotzigsten und arrogantesten Schnösels des Landes.«
»Möglicherweise leitest du irgendwann doch noch die Firma deines Vaters.«
»Ich bezweifle es. Die Worte meines Dads waren sehr deutlich, als er mir offenbart hat, dass ich Johnson Trust nicht bekomme.«
»Ich bezweifle, dass du in einer Firma glücklich geworden wärst, in der es um Investmentfonds geht. Whiteman Inc. ist eher deine Kragenweite.«
»Weil der Kerl Unternehmen zerschlägt und weiter verkauft?«
»Ja, der ist genauso rücksichtslos wie du, wenn es ums Geschäft geht.«
»Wann war ich denn mal rücksichtslos?«, hake ich überrumpelt nach.
Alec grinst, dann läuft er los.
»Alec, jetzt warte!«, rufe ich, anschließend folge ich ihm.
Der Mann ist zu schnell für mich. Ich glaube, ich sollte ihn zukünftig von jedem Kühlschrank fernhalten, in dem sich Red Bull befindet. Das Zeug dreht ihn zu sehr auf und nach dessen Genuss, rennt er mir immer davon.
»Komm schon, du schlappe Nudel!«, feuert Alec mich an, als wir durch den Central Park joggen. Die Blätter an den Bäumen haben sich bereits verfärbt oder sind schon gefallen. Ich mag das Knistern des trockenen Laubs unter meinen Schuhen, schöner finde ich nur das Geräusch von knirschendem Schnee. Mein Winterurlaub sollte unbedingt mal wieder nach Aspen gehen, allerdings gehört die Berghütte meinen Eltern und ich bezweifle, dass ich sie für ein oder zwei Wochen besetzen darf. Abgesehen davon habe ich auch berechtigte Zweifel daran, dass Adrian Whiteman damit zurechtkommt, wenn ich ihn über vierzehn Tage allein lasse. Er würde es sicher nicht genehmigen.
»Ich gebe dir gleich schlaffe Nudel, du Mistkerl!«, entgegne ich ungehalten und beschleunige meine Schritte, doch Alec macht dasselbe und rennt weiterhin zwei bis drei Meter vor mir her. »Wenn ich dich in die Finger kriege, reiße ich dir deine verdammten Beine ab. Wie groß kann ein Mensch eigentlich sein?«
Er lacht. »Ich finde nicht, dass ich zu groß bin.«
»Du bist fast so groß wie mein Boss.«
»Dafür bin ich aber netter als dein Boss.«
»Na ja, ihr könnt beide Arschlöcher sein«, halte ich dagegen.
»Stimmt, aber es gibt nette und blöde Arschlöcher«, kontert Alec amüsiert. Ihm macht es nicht halb so viel aus wie mir, dass er laufen und gleichzeitig reden muss.
Ich hingegen habe das Gefühl, dass ich jeden Moment ein Sauerstoffzelt benötige. Meine Kondition hat in den letzten Wochen beträchtlich nachgelassen, warum auch immer es so ist, wenn man eine Weile nicht joggen geht. Ab heute sollte ich es definitiv nicht mehr schleifen lassen, damit ich nicht mein letztes Bisschen Sportlichkeit einbüße.
»Na los, Johnson, streng dich mal ein wenig an, um mit mir mitzuhalten.«
Genervt schnaube ich, wobei ich mich sowieso schon so anhöre, als wäre ich ein Elch mit Asthma, der Brunftschreie ausstößt. Da ich wie einer hechle, keuche und nach den paar hundert Metern bereits stöhne, als hätte man mir den Gnadenstoß versetzt.
»Ich will heute mindestens vier Meilen schaffen, du weißt, was das heißt.«
»Ja, dass ich am Ende dieser Joggingrunde tot bin«, erwidere ich und bemühe mich, meine Seitenstiche zu ignorieren.
»Sag mir Bescheid, wenn du eine Pause brauchst.«
»Ja ja«, entgegne ich.
»Nein danke.«
»Schade aber auch, ich dachte, ich könnte mir heute das Duschen sparen!«, schnappe ich.
Er lacht auf. »Nicht in diesem Fall, Kleine.«
* * *
Es wurden drei Meilen, länger habe ich einfach nicht durchgehalten. Jetzt ist mir schlecht und ich trinke aus einer Flasche Wasser, die Alec an einem Hot Dog Stand ergattern konnte, bevor der Verkäufer seine Sachen zusammengepackt hat. Ich sitze auf der Bank, an der ich mich vorhin aufgewärmt habe, schaue aufs Manhattan Plaza und atme tief durch. Meine Beine fühlen sich bleischwer an und in meinen Ohren höre ich meinen Pulsschlag, aber ich versuche, beides zu ignorieren.
»Alles okay?«, möchte er wissen.
»Ja, geht schon.«
»Bist du sicher?«
Ich nicke. »Ich glaube, ich sollte langsam wieder anfangen.«
»Du hast in den letzten Wochen ziemlich krass nachgelassen, Hel, du solltest es jetzt nicht schleifen lassen.«
»Oh, dann willst du am Montag mit nach Frankreich fliegen, um mich zu ermutigen, weiter zu joggen?«
Alec sieht mich irritiert an, was im Schein der Straßenlaterne gruselig aussieht. »Wieso fliegst du nach Frankreich?«
»Geschäftsreise. Ich muss Whiteman zu einigen Terminen begleiten.«
»Wie lange wirst du weg sein?«
»Zehn Tage.«
»Krass, aber dann solltest du schön an der Seine entlang- oder den Eiffelturm hochlaufen.«
Daraufhin zeige ich ihm meinen ausgestreckten Mittelfinger. »Nein danke.«
Alec lacht auf und fährt sich durch die dunkelbraunen Haare, die er zu einem Dutt gebunden hat. Es ist unglaublich, dass er mit der Frisur und dem Stil eine leitende Position bekleidet. Andererseits spricht das sehr für Tristan Maxwell, denn es scheint ganz so, dass er wirklich die Leistung seiner Angestellten sieht und nicht das Äußere. Ich hatte ebenfalls ein Vorstellungsgespräch in Maxwells Firma, mich aber letztendlich für Whiteman Inc. entschieden, weil die versprochenen Erfolgschancen höher waren, außerdem bekomme, nein, bekam ich Provision, wenn das Geschäftsjahr erfolgreich war. Jetzt bekomme ich den ganzen Tag Befehle vom Oberaffenarsch schlechthin, darf mich anschreien lassen und muss ihm auch noch den Arsch nachtragen. Das ist wirklich großartig. Nicht!
»Dann sollten wir morgen noch mal joggen gehen«, sagt Alec entschlossen.
»Wie wär's, wenn du joggst und ich setze mich auf diese Bank, um wegen des Muskelkaters, den ich sicher haben werde, herum zu jammern?«
»Das wäre scheiße, also läufst du mit mir.«
»Ich muss gucken, ob ich zeitig Feierabend machen kann. Whiteman lässt mich morgen sicher länger arbeiten, weil ich heute früher gegangen bin«, sinniere ich.
Alec legt den Kopf schief. »Ich wette, das kommt dir gelegen, hm?«
»Aber nicht doch«, stoße ich trocken aus. »Wie kommst du nur darauf?«
Sein Lachen vibriert in meinen Ohren. »Ich kenne dich, Hel.«
»Ich weiß, aber du bist genauso unbarmherzig wie mein Chef und ich will wenigstens nach Feierabend Ruhe vor diesem Drill haben. Lass uns einfach in ein Fitnessstudio wechseln, in das wir unter der Woche gehen, an den Wochenenden joggen wir. Dann müssen wir nicht im Dunkeln durch den Park rennen«, schlage ich vor.
»Welches Fitnessstudio schwebt dir vor?«
Daraufhin zucke ich mit den Schultern. »Weiß nicht. Ich schaue mich morgen online nach einem geeigneten Studio um und sage dir Bescheid, okay?«
»Klingt gut und vielleicht kriegen wir Jo auf die Weise auch mal dazu, ein bisschen Sport zu treiben«, meint er.
»Die Frau braucht keinen Sport, so schlank und trainiert wie sie ist.«
»Ich wette, sie macht heimlich welchen«, grinst Alec.
Ich lache leise, dann trinke ich noch einen Schluck. »Was macht dich so sicher?«
»Keine Ahnung, aber du kannst mir nicht erzählen, dass man so einen Körper bekommt, wenn man den ganzen Tag zeichnet und andere Leute tätowiert.«
»Vielleicht doch, weil die Kunden panisch sind und Jo sich mit ganzer Kraft auf sie stemmen muss, damit sie stillhalten.«
»Das weiß ich nicht.« Ich räuspere mich. »Gehen wir morgen lieber etwas trinken, dann bringe ich dir die Ergebnisse meiner Fitnessstudiorecherche mit, ist das ein Deal?«
»Dann ruf Jo an, um ihr Bescheid zu sagen, damit sie auch kommt.«
Ich hebe eine Augenbraue, als mir sein verträumter Blick auffällt. »Kann es sein, dass du in Jo verliebt bist?«
»Ich?«, hakt er nach und richtet sich schlagartig auf. »Wie kommst du denn darauf?«
»Ich bin eine Frau, ich merke so was. Nenn es weibliche Intuition oder schieb es darauf, dass ich dich seit Jahren kenne und es dir an der Nasenspitze ansehen kann, du Spinner«, antworte ich grinsend.
Alec seufzt. »Merkt man das wirklich so sehr?«
Ich nicke.
»Okay ja, ich stehe auf Jo, aber sie erzählt mir immer von ihrem schwertätowierten Kumpel, der ach so toll ist. Ich bezweifle, dass sie das gleiche für mich empfindet.«
»Hm«, mache ich nachdenklich. »Frag sie doch einfach, ob sie mit dir essen oder ins Kino geht. Ein Nein hast du sicher, aber ein Ja kannst du bekommen.«
»Ich weiß«, sagt Alec. »Aber du kennst mich, ich bin so lange selbstbewusst, bis ich auf jemanden stehe. Ich habe einfach keine Ahnung, worüber ich mit ihr sprechen soll.«
»Mein Gott, Alec«, stoße ich aus. »Du zeichnest gern und wirklich gut, du könntest ihr ein paar deiner Werke zeigen, statt dich hinter Sarkasmus und Humor zu verstecken. Frauen mögen humorvolle Männer, aber bevorzugen es, wenn man mit ihm auch über ihre Interessen sprechen kann. Bisher hast du das nie getan, wenn ich mit euch beiden unterwegs war. Also sprich mit ihr übers Zeichnen, dann findet ihr sicher noch mehr Themen, die euch beide ansprechen«, erkläre ich ihm.
»Wie kann man mit sechsundzwanzig nur so klugscheißerisch veranlagt sein?«, fragt er trocken.
Lachend knuffe ich ihn in die Seite. »Du bist ein Blödmann, Alec Welsh.«
»Ich weiß, aber ich bin ein netter Blödmann, denn ich bringe dich jetzt nach Hause.«
»Jetzt bist du mein Held des Tages«, lasse ich ihn wissen und lege meinen Kopf an seine Schulter. »Aber ich glaube, ich kann keinen weiteren Schritt mehr gehen.«
»Los jetzt, krieg den Arsch hoch, Johnson, sonst jage ich dich durch den Central Park.«
Ich lache und erhebe mich, wobei ich stöhne, weil sich nicht mehr nur meine Beine wie Blei anfühlen. »Warum quälst du mich nur so?«
»Damit dein Arsch knackig und deine Oberschenkel straff bleiben«, antwortet er sarkastisch.
»Arschloch.«
»Ich weiß, aber ich bin immer noch ein nettes Arschloch, genauso wie ich ein netter Blödmann bin.«
»Ich sollte dir nicht mehr so viele Steilvorlagen bieten«, stelle ich fest.
»Stimmt.« Alec legt seinen Arm um meine Schultern, wodurch ich das Gefühl habe, gekrümmt zu gehen, und zieht mich an sich. »Hel, ich bin froh, dass ich mit dir über alles reden kann.«
»Möchtest du vielleicht noch einen Kaffee trinken?«
»Bei dir?«
»Ja, ich meine, der Abend ist noch jung und wir könnten gemeinsam nach einem Fitnessstudio suchen.«
»Klar, wieso nicht?«
Ich schaue zu ihm hoch. »Das war eine rhetorische Frage, oder?«
Alec nickt knapp und grinst mich an.
Als wir wenig später bei mir sind, bin ich froh, aus meinen Laufschuhen rauszukommen. »Hast du etwas dagegen, wenn ich duschen gehe?«, möchte ich wissen, als er sich bereits an den Esstisch gesetzt und meinen Laptop aufgeklappt hat.
»Nein, wenn du mir das Passwort eingibst, damit ich schon mal nach einem Studio suchen kann, kannst du gern duschen gehen«, antwortet er.
Ich gehe zu ihm, schalte den Computer an und gebe schließlich mein Passwort ein.
»Diese Apple Geräte sind wahnsinnig schnell.«
»Ja, aus dem Grund habe ich eins, damit ich nicht ewig warten muss, bis das Ding mal hochgefahren ist.« Ich zwinkere ihm zu.
Daraufhin haut Alec mir auf den Hintern. »Geh duschen, du stinkst.«
Mit offenstehendem Mund sehe ich ihn an. »Wie bitte?«
»Du stinkst, wie ein Iltis, der schon seit ein paar Tagen tot auf der Straße liegt.«
»Mistkerl«, stoße ich aus, wende mich ab und gehe ins Schlafzimmer, um mir ein Shirt und Shorts sowie saubere Unterwäsche zu holen.
* * *
Nachdem ich geduscht und hoffentlich all meine verspannten Muskeln gelockert habe, habe ich mich abgetrocknet und angezogen. Meine nassen rotblonden Haare habe ich in ein Handtuch eingedreht, das nun wie ein Turban auf meinem Kopf sitzt. So gehe ich zu Alec, der schon einige Tabs im Safari Browser geöffnet hat. »Läuft's gut?«
»Ja, ich habe schon Kaffee aufgesetzt, der müsste gleich fertig sein.«
Ich neige den Kopf und betrachte ihn. »Hast du schon ein Studio gefunden?«
»Ich habe ein paar rausgesucht, die nicht in Problemvierteln liegen, aber die sind alle in der Stadt verstreut. Ich weiß nicht, ob du so weit fahren willst, um ein bisschen Sport zu machen«, antwortet er gedankenverloren.
»Sind sie wenigstens in Firmennähe?«
»Ja, in der Nähe von Maxwell Inc., aber keines in der Nähe von Whiteman. Ich weiß nicht, warum um seine Firma herum nur Pubs und Coffeeshops sind.«
»Wahrscheinlich, weil man sich die Arbeit bei ihm schön saufen muss, um sie durchzuziehen, und der Kaffee, um wachzubleiben«, schlage ich amüsiert vor und setze mich neben ihn an den Tisch.
»Also was denkst du? Du müsstest mich zukünftig von der Arbeit abholen, wenn du in Firmennähe trainieren willst«, meint Alec.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es doch besser, weiter im Park joggen zu gehen. Ich meine, es ist zwar gefährlich, dort bei Dunkelheit unterwegs zu sein, aber wir sind ja zu zweit«, entgegne ich nachdenklich.
»Hm. Ich würde auch sagen, dass wir dann beim Joggen im Park bleiben, immerhin sind die Beiträge ziemlich hoch und ich bin froh, dass ich einigermaßen mit meiner Kohle auskomme.«
»Du hast bloß finanzielle Probleme, weil du dir ständig irgendwas kaufst, was du gar nicht brauchst.«
»Die Lederbezüge für die Autositze habe ich gebraucht«, grummelt er.
»Die vielleicht, aber was war mit dem neuen Radio und den Boxen, die du unbedingt haben musstest, damit dein Auto eine Disco auf Rädern ist?«, hake ich nach.
»Dädädä«, äfft er mich nach und schließt den Browser.
Lachend stehe ich wieder auf. Die Dusche hat definitiv nicht ihren Job getan, denn meine Beine, die sich vor wenigen Minuten noch leicht angefühlt haben, fühlen sich nun wieder wie Bleigewichte an.
Scheiße Mann, warum muss so was mir passieren?
Ich weiß, ich habe den Sport für zwei Wochen schleifen lassen, aber kein Körper kann so schnell seine Sportlichkeit verlieren.
Oder etwa doch?
»Ich gehe den Kaffee holen«, verkünde ich.
»Alles klar.«
»Schwarz, wie immer?«
»Richtig.«
»Gut, bekommst du.«
»Am besten einen ganzen Eimer, ich bin total müde«, sagt Alec.
Ich kichere. »Ich nehme mir eine Tasse und du kannst aus der Kanne trinken.«
»Das lässt du mich sowieso nicht machen. Ich kenne dich.«