Wunderbar - Volker Friebel - E-Book

Wunderbar E-Book

Volker Friebel

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Beschreibung

Dieses Buch enthält eine Vielfalt an Texten, von der einfachen Notiz über die Reiseimpression bis zum Essay. Die Sammlung nimmt als Schwerpunkt kleine Schriften und Erstversionen, ergänzt durch ältere Texte, mit denen sich der Autor in dieser Zeit beschäftigt hat– ohne starr auf die Tage zu schauen. Dafür schießt er manchmal ein paar Bilder zu, wenn ein Text, etwa eine Reiseimpression, danach ruft.

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Volker Friebel

 

 

Wunderbar

 

Bunte Steine

 

 

Edition Blaue Felder

 

 

 

Volker Friebel, Edition Blaue Felder, 

Denzenbergstraße 29, 72074 Tübingen (Deutschland)

www.Volker-Friebel.de  

 

Texte, Fotos und Gestaltung: Volker Friebel

Veröffentlicht: November2021

Alle Rechte vorbehalten

 

Titelbild: Eisbär im Tierpark Ranua, Finnland

 

Inhalt

Unzählige Wellen  

Purzelbäume  

Reden und lauschen  

Das rationale Denken  

Am Ursprung des Inn  

Die Natur des Menschen  

Marathon-Trail  

Der Himmel verbindet alles  

Brombeeren kosten  

Wissen  

Im Lebensstrom  

Frei wie der Wind  

Wo wir begannen  

Und jeder lügt  

Wahrheit in der Logiktabelle  

Kriege machen  

Der Weg zum Glück  

Tunesien, Cap Bon  

Unerkennbare Wirklichkeit  

Palast von Amber  

Morgen in Jaipur  

Aus der Nacht  

Woher das Böse kommt  

Der Flieder ist erblüht  

Weil ...  

Momente  

Alles in Zahlen  

Schuld  

Keine Botschaft  

Ergründen  

Zustimmung durch Schweigen  

Gebete der Blumen  

Vertrauen  

Entspannungstage  

Alteisensammler  

Wegen den Amseln  

Der liebe Gott und die Weinbergschnecke  

Der Schatz des Volkes  

Vergessen  

Alles bleibt  

Ort des Friedens  

Hestia-Heiligtum  

Frau*Innen  

Gute Nachbarn  

Eins in der Wahrheit  

Der gemeinsame Raum  

Fontänen  

Lieder jenseits des Menschen  

Überarbeitung  

Abstand zum Modell  

Kamille ...  

Notizen  

Vögel vertreiben in Epidauros  

Videoüberwacht  

Datum des Weltuntergangs  

Zertifikate  

Wiesen im Himmel  

Der Weg nach Hause  

Die Freude der Mücken  

Am Murmeln  

Gespräch über Ethik im Schlossgarten  

Auf dem Lyrikpfad  

Weg des geringsten Widerstands  

Auf der Plose bei Brixen  

Mörder oder Heilige  

Aus dem Brunnen  

Die Zeit der Wahrheit  

Die Sommersonne  

Schmetterlings-Tanz  

Kartoffeln lesen  

Luftballons  

Der Hase  

Ausflug nach Nancy  

Warten auf die Perseiden  

Ein Cent auf der Kiesbank  

Opposition  

Lass das!  

Zeitungsartikel  

Vom Fenstersims ...  

Am Stoppelfeld lachen  

Rapunzel-Turm  

Unter dem Walnussbaum  

Birkensee, Schönbuch  

Der freie Parkplatz Gott  

Christian Wagner  

Wegwartenblau  

Blick vom Hohentwiel  

Essen am Rhein  

Der Junge auf dem Asphalt  

Erfolg  

Das ist der Herbst  

Der Lebensunterhalt  

Besinnen  

Glück oder Unglück  

Schwarzwaldregenwanderung  

Frühlingssuppe  

Gewinn und Verlust im Herbstwald  

Ganz allein  

Ein freier Verstand  

Die Eiche am Roten Meer  

Moral im Rechtsstaat  

Blätterfall – Haiku-Variationen  

Gute Herrschaft  

Liebe und Licht  

Nur für sich  

Der Teppichhändler  

Nicht bewusste Gewalt  

Ein bisschen Kritik  

Ein systemisches Problem  

Verstand der Füße  

Aus dem Abstand  

König Frei  

Die Reichenau  

Gute Ohren  

Vortrag zur Hirnforschung  

Der Zauber  

Geschichte und Gegenwart  

Rückruf-Aktion  

Kleine persönliche Netzgeschichte  

Gefährdung  

Ansteckungsgefahr  

Prinz Vogelfrei lauscht  

Dumm und klug  

Durchschnitt und eigene Natur  

Entzauberte Welt  

WindWind  

„In Wäldern finden …“  

Wunderbar  

Zu Buch und Autor  

 

 

Unzählige Wellen

 

„Was hast du heute getan? Wieder gar nichts“, tadelt der Wanderer. 

„Ich habe unzählige Wellen erschaffen, und jede einzelne von ihnen war vollkommen“, rauscht das Meer.

 

Purzelbäume

 

„Die menschliche Geschichte ist eine Aneinanderreihung von Kriegen“, lese ich.

Stimmt.

Die menschliche Geschichte ist allerdings auch eine Aneinanderreihung von Purzelbäumen. Wer das Fenster der Zeit hinunter schaut, wird Kinder purzeln sehen.

Und die Geschichte des Planeten Erde ist eine Aneinanderreihung ziehender Wolken.

Die Frage ist weniger, was aneinander gereiht wird, sondern welche Bedeutung die Ereignisse für die jeweilige Kette haben.

Gäbe es Bedeutungs-Fenster, wir wären überrascht. Womöglich war der bisher wichtigste Moment der Menschheitsgeschichte, als vor 42.420 Jahren, vier Monaten und zwei Tagen ein Kind im Traum einem Schmetterling zuwinkte.

 

Reden und lauschen

 

„Reden können ist nicht so viel wert wie zuhören können.“ (Sprichwort aus China.)

Wer beides kann, wird der mehr reden oder mehr zuhören?

 

Das rationale Denken

 

„Mit Hilfe des rationalen Denkens die Wirklichkeit entdecken zu wollen ist Illusion. Nichts zu denken und die Wirklichkeit sehen ist Gewahrsam.“ (Bodhidharma zugeschrieben)

Unterschreiben möchte ich das nicht. Das Verhältnis zwischen Denken und Wahrnehmen istallerdings interessant. 

Bei Ernst von Glasersfeld, einem radikalen Konstruktivisten, lese ich: „[...] unsere Sinnesorgane ‚melden‘ uns stets nur mehr oder weniger hartes Anstoßen an ein Hindernis, vermitteln uns aber niemals Merkmale oder Eigenschaften dessen, woran sie stoßen. Diese Eigenschaften stammen ganz und gar aus der Art und Weise, wie wir die Sinnessignale interpretieren.“ Und: „Wir bauen uns unser Weltbild aus Signalen auf, die aus Berührungen mit Hindernissen der Umwelt stammen. Diese Signale werden zu Gegenständen verbunden.“

Wahrnehmung wird danach durch „Denk“-Tätigkeit bestimmt. Der Unterschied zwischen dem rationalen Denken und unserer Wahrnehmung ist nicht so grundsätzlich, wie er zunächst scheint. „Gedacht“ wird bei beidem. 

Dem rationalen Denken fehlt auf sich selbst gestellt womöglich sogar etwas die Bodenhaftung. Erst die Wahrnehmung bringt diese ein, indem sie eben das „Anstoßen“ an Hindernisse in der realen Welt registriert. Die Welt, die Wahrnehmung der Welt, bringt damit Störung in die Arbeit des Denkens hinein. Dessen Bemühen es ist, diese Störung in Erkenntnis zu transformieren und als Wissen zu integrieren. 

Was für eine Art Denken liegt unserer Wahrnehmung zu Grunde? Vielleicht darf man es im Unterschied zum rationalen Denken evolutionäres Denken nennen. Das Denken, das sich mit der Ausgestaltung und dem Erfolg unserer Wahrnehmung entwickelt hat und uns heute noch in allen Belangen des Alltags leitet, auf das unser Bewusstsein zurückgreifen kann, das aber aus nicht bewussten Quellen stammt. „[...] die Klugheit der Zunge z. B. ist viel größer als die Klugheit unseres Bewußtseins“, schreibt Nietzsche dazu.

Das rationale Denken ist noch sehr jung. Und erfolgreich. Und entsprechend von sich eingenommen. Auch wenn es erst in der Pubertät sein sollte, bringt es doch etwas in die Welt hinein, das so noch nicht da war. Ein Hoch also auf das rationale Denken und seinen 13. Geburtstag! Und wer weiß, in ein oder zwei Millionen Jahren wird es vielleicht auch die Bescheidenheit gelernt haben, die allem in dieser vielfältigen Welt gut ansteht, und sich als eines unter Vielem sehen.

Vielfalt bringt mit sich, dass Fertigkeiten auf unterschiedliche Herausforderungen unterschiedlich gut „passen“. Die Stärke des rationalen Denkens scheint mir im Entwurf übergeordneter Handlungsregulationen zu liegen. Ich werfe den Müll nicht auf die Straße, weil die Stadtverwaltung rational denken kann und eine solche Handlung mit Strafe bedroht. Die Entdeckung der Wirklichkeit, ist die mehr dem rationalen Denken oder dem Achten auf unsere evolutionär gefütterte Wahrnehmung zuzutrauen?

Ein Mann steht am Meer. Kommt er eher mit Halbschuhen oder mit Sandalen ans andere Ufer? Die Meinungen darüber könnten auseinandergehen ...

 

Das Zitat am Anfang ist aus: „Über das Aufwachen“. [Bodhidharma zugeschrieben.] Aus: Bodhidharmas Lehre des Zen. Frühe chinesische Zen Texte. Übersetzt aus dem Chinesischen und mit einer Einführung von Red Pine. Theseus, Zürich & München, 1990 (amerikanisches Original 1987), 49-65, Seite 51.

Die Zitate von Ernst von Glasersfeld: Konstruktion der Wirklichkeit und des Begriffs der Objektivität. In: Gumin, H. & A. Mohler (Hg) (1985): Einführung in den Konstruktivismus. Oldenbourg, München, 1-26. Zitate auf Seite 11 und 12. 

Sowie: Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, Band 9, Seite 445 (Notiz aus Frühjahr – Herbst 1881). 

 

Am Ursprung des Inn

 

Gerade hier blieb dieser Stein liegen. Gräser sprießen unter ihm vor. Eine gelbe Blume blüht neben ihm, auf der ein kleines Insekt landet, ein Stück krabbelt, nun wieder fortfliegt, dem Wind vom Berg entgegen. Elisabeth redet mit der jungen Frau, die am Lunghinsee ein Zelt aufgeschlagen hat. 

Sie ist aus Österreich und nun seit neun Tagen unterwegs, in St. Moritz hat sie begonnen, stieg an der Berninagruppe vorbei. 12 Kilogramm Ausrüstung, das Zelt knapp zwei davon. Brennspiritus. Sie trinkt aus den Bächen, empfindet die Tiere hier (etwa die Murmeltiere) als sehr scheu. 

 

Ein Buchfink prüft 

die Weite des Waldes. 

Morgendämmerung. 

 

 

Links unten im Foto der Lunghinsee, im Tal der Silsersee.
 

 

Die Natur des Menschen

 

„Über die Natur“, so nannten altgriechische Philosophen ihre Bücher, ihre Versuche, die Welt als Ganzes zu fassen, womöglich zu verstehen. Natur, das war ihnen alles, ein anderer Begriff für die Welt. Die Prinzipien zu entdecken, die unter den beobachtbaren Erscheinungen liegen, das Beobachtbare nicht bloß zu beschreiben, sondern zu erklären, auf anderes, nicht Beobachtbares zurückzuführen, das war ihr Ziel. 

Zeitalter später entwickelte sich aus der Philosophie Wissenschaft, mit gleichem Anspruch. Ihre Versuche sind fruchtbar, wenn es um die Manipulation der Natur geht, das Verständnisder Natur scheint ihnen aber eher zu entgleiten, es zerfasert zunehmend, je mehr Wissen über die Natur angehäuft wird. 

Philosophie scheint als Philosophiegeschichte und Wissenschaftstheorie erschöpft – es sei denn, man sieht sie dort sich regenerieren, wo das Menschliche im Vordergrund steht, in der Ethik etwa oder in den verschiedenen Weisheitslehren, im Raunen der Esoterik, fern vom Getriebe der Universitäten. 

Die Versuche Welt zu verstehen, scheinen jedenfalls nicht weniger geworden. Vielleicht sind sie uns heute weniger sichtbar, weil die großen, umfassenden Entwürfe vor dem ungeheuren Gebirge des Wissens zu offensichtlich versagen, weil sich die Suche nach Verstehen heute privater zeigt, als früher an den Küsten Ioniens.

---ENDE DER LESEPROBE---