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Seit Tagen schwebt Maria Lackmann wie auf rosaroten Wolken. Kein Wunder, sie ist bis über beide Ohren verliebt, noch dazu in einen echten Grafen. Und Paul von Kreil scheint das junge Dirndl wirklich auf Händen zu tragen. Immer wieder lässt er sie spüren, wie viel sie ihm bedeutet und wie sehr er sie mag.
Doch eines Tages verdunkelt sich der Himmel über ihrem Liebesglück. Als sie ihrem Liebsten freudestrahlend gesteht, dass sie ein Kind von ihm erwartet, will der stolze, lebenslustige Graf nichts mehr von ihr wissen ...
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Seitenzahl: 114
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Glaub nicht seinen falschen Schwüren
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BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4584-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Glaub nicht seinen falschen Schwüren
Ein Grafensohn versprach ihr die Ehe – und ließ sie im Leid allein
Von Lothar Eschbach
Seit Tagen schwebt Maria Lackmann wie auf rosaroten Wolken. Kein Wunder, sie ist bis über beide Ohren verliebt, noch dazu in einen echten Grafen. Und Paul von Kreil scheint das junge Dirndl wirklich auf Händen zu tragen. Immer wieder lässt er sie spüren, wie viel sie ihm bedeutet und wie sehr er sie mag.
Doch eines Tages verdunkelt sich der Himmel über ihrem Liebesglück. Als sie ihrem Liebsten freudestrahlend gesteht, dass sie ein Kind von ihm erwartet, will der stolze, lebenslustige Graf nichts mehr von ihr wissen …
Drei Heuwagen fuhren nebeneinander über die abgemähte Wiese, die sich weit bis zum Bachgrund hinunterzog. Mit Ausnahme der Bäuerin, die nach Passau zum Einkaufen gefahren war, beteiligten sich fünf Leute am Heueinfahren. Allen voran der Bauer Anton Granninger mit dem Sohn Josef und der Tochter Franziska. Dazu kamen der Altknecht Ignaz Leitner und der Landwirtschaftslehrling Hansi.
Der Hansi war ein hoch aufgeschossener Bub, stupsnasig, mit vielen Sommersprossen im Gesicht. Er war ein Bauernsohn aus der Gegend von Wasserburg am Inn, der beim Granninger lernen sollte, wie man einen großen Hof führte, der nicht nur auf Milchwirtschaft abgestellt war.
Beim Granninger ging es immer lustig zu, auch wenn man sich beeilen musste, denn im Westen stand drohend ein Gewitter, das schnell näher kam.
»Los, Leute, Beeilung!«, rief Anton Granninger. »Noch amal ordentlich zugepackt! Wenn wir’s Heu trocken heimbringen, dann spendiere ich eine Obsttorte zum Nachmittagskaffee!«
Wenn der Hansi was von einer Torte hörte, war er nicht mehr zu halten.
»Hast du das gehört, Franziska?«, sagte er. »Wenn du mir dein Stückl abgibst, dann mach ich den letzten Streifen allein, und du kannst schon mit dem ersten Wagen heimfahren.«
Franziska lächelte. Sie war ein schlankes Dirndl mit hellblonden Haaren und tiefblauen Augen, die wach und erwartungsvoll zugleich in die Welt schauten.
»Bist ein richtiger Fresssack, Hansi«, rief sie zurück. »Aber ich bin einverstanden.«
Sie setzte sich auf den Traktor, koppelte noch einen zweiten Wagen hinter den ersten und fuhr langsam über die holprige Wiese.
Im vergangenen Jahr waren ihr die Anhänger umgekippt, weil sie zu schnell gefahren war. Die Blamage wollte sie sich nicht noch einmal erlauben. Wochenlang hatte sie sich den Spott gefallen lassen müssen, den man gleich kübelweise über sie ausgeschüttet hatte.
Es waren knapp zwei Kilometer bis zum Granninger-Hof, dem mit Abstand größten und schönsten Anwesen in Niederthann. Vierzig Milchkühe hatte der Anton Granninger im Stall stehen. Dazu kamen das Jungvieh und die Kälber.
Der Ackerboden war von erster Qualität, weshalb der Granninger die Milchwirtschaft auch nur nebenbei betrieb. Haupteinnahmequelle waren Weizen und Zuckerrüben, dazu zwölf Hektar Mischwald mit zum Teil sechzig- und siebzigjährigen gesunden Beständen.
Langsam ratterte die Franziska auch die Dorfstraße herunter, denn in Niederthann gab es noch keinen Teerbelag, sondern nur holprige Steine, die immer wieder ersetzt werden mussten und nicht dazu beitrugen, die Dorfstraße ebener zu machen.
Aber in dieser Beziehung waren sich die Niederthanner einig. Die Dorfstraße blieb so, wie sie war, weil die durchfahrenden Autos dann auch alle das Tempo drosseln mussten, wenn sie nach Niederthann kamen.
Im Landkreis hatte sich das herumgesprochen, weshalb die meisten einen Bogen um das verkehrstechnisch rückständige Dorf machten.
Und die Niederthanner rieben sich die Hände und waren mächtig stolz auf sich, weil sie die Ruhe und Beschaulichkeit ihres Dorfes damit retten konnten.
Franziska fuhr durch das offene Scheunentor und auf der anderen Seite mit dem Traktor wieder ins Freie, sodass gerade die beiden Heuwagen unter dem Dach Platz fanden.
Knapp eine Viertelstunde später kamen die übrigen Wagen auf den Hof zurück. Und kaum waren sie im Schutz der Dächer und Scheunen, frischte der Wind auf. Gleich darauf fielen die ersten dicken Tropfen.
Alle beeilten sich, um trocken ins Haus zu kommen. Als Hansi als Letzter die Tür schließen wollte, radelte die Bäuerin in den Hof.
Hansi lief ihr entgegen und nahm die Tasche vom Gepäckträger herunter, schob das Rad unter das breite Vordach, während Gertrud Granninger sich beeilte, noch schnell vor dem beginnenden Regen ins Haus zu kommen.
Sie hätte ja auch mit dem Auto nach Passau fahren können, aber in der Beziehung war sie stur. Sie fuhr bis Klentenbach mit dem Fahrrad zum Bahnhof und dann mit dem Bummelzug nach Passau. So hatte sie es immer gemacht, und sie sah nicht ein, warum sie das ändern sollte.
»Alles trocken reingebracht?«, fragte sie.
Hansi nickte heftig. »Und wie, Bäuerin. Wir haben angepackt, dass es grad so gescheppert hat. Und dafür hat uns der Bauer zum Kaffee eine Obsttorte versprochen.«
»Soso, hat er das«, meinte die Granningerin lächelnd und überlegte dabei, ob sie das Backen noch bis halb vier schaffen würde.
Es goss jetzt in Strömen. Blitze zuckten hernieder, und gleichzeitig krachte es von allen Seiten, als ob über Niederthann gleich mehrere Gewitter zusammenkamen.
Der Altknecht kam in den Regen hinaus. »Los, Hansi, wir müssen zu den Viechern in den Stall. Jetzt sind’s unruhig bei dem Donner. Wir müssen aufpassen, dass sie sich net losreißen und im Stall umeinanderrennen.«
Der Ignaz wusste halt, was richtig war, überlegte die Bäuerin. Im nächsten Jahr feierte er sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum auf dem Granninger-Hof. Sie musste mit ihrem Mann besprechen, was man dem Ignaz zu seinem Ehrentag schenken wollte.
***
»Na, hast wieder einen Haufen Geld ausgegeben?«, begrüßte der Anton seine Bäuerin lächelnd.
Sie schüttelte den Kopf und gab ihrer Tochter die große Tasche zum Auspacken. Auf einmal sah sie gar nicht mehr so fröhlich aus, als sie sich mit einem Seufzer auf den nächsten Stuhl fallen ließ.
»Im Krankenhaus war ich auch. Es ist schon ein Kreuz mit der Lackmann-Maria.«
»Jesses«, erinnerte sich die Franziska. »Die Maria kriegt ja ein Kindl, das hab ich jetzt glatt vergessen.«
»Die Maria hätte es wahrscheinlich auch lieber vergessen. Einen Buben hat’s, gesund ist er. Acht Pfund und noch ein bisserl was wiegt er. Aber die Maria hat die ganze Zeit bloß geweint, als ich bei ihr gewesen bin. Noch nicht einer von ihren Leuten hat sie besucht. Net amal ihre Mutter.«
»Eine Schande ist das«, knurrte der Granninger. »So ein nettes und gutmütiges Madel, wie die Maria ist. Und ausgerechnet die muss so reinfallen.«
»Weiß man schon, wer der Vater ist?«, erkundigte sich die Franziska.
Die Granningerin nickte. »Das ist ja das Schlimmste. Sie hat mir’s gestanden, möchte aber natürlich net, dass darüber geredet wird. Ihr werdet’s net glauben, wenn ich euch den Namen sage.« Dabei blickte sie ihre Tochter bedeutsam an und schüttelte den Kopf. »Ich glaub, Franzl«, sie sagte meistens Franzl zu ihrer Tochter, obwohl das eigentlich der Name eines Buben war, »es wird dir gar net gefallen, was ich zu erzählen habe.«
»Doch net etwa der Paul?«
Bei dem Namen fuhr der Granninger hoch. »War’s der Paul, Mutter?«
Die Bäuerin nickte. »Ja, akkurat der junge Herr Graf.«
»Graf, wenn ich das schon höre«, knurrte der Granninger böse. »Der Paul hat nix Adeliges an sich. Der ist nix als ein ganz abgefeimter Gauner, der den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und nix arbeiten mag. Aber man sieht ja, wo das hinführt. Von Jahr zu Jahr geht’s weiter bergab mit dem Besitz. Und lang wird’s nimmer dauern, da kommt alles unter den Hammer!«
Die Franziska biss sich auf die Lippen, und ihre Mutter blickte ihren Mann vorwurfsvoll an.
»Sag doch net so was, Anton! Der Peter ist wirklich ein redlicher Bursche, der sich müht und abrackert.«
»Der feine Graf Peter, der unserem Madel schöne Augen macht«, schimpfte der Anton weiter und warf dabei seiner Tochter einen bezeichnenden Blick zu. »Aber gell, Franziska, das merkst du dir, da wird nix draus. Und ich mag auch net, dass er allweil zu uns kommt. Das passt net zusammen. Wir sind Bauern, und er gehört zu denen, die früher die Bauern ausgesaugt und bis aufs Blut gepeinigt haben.«
»Vater!«, rief die Franziska, und bei den letzten Worten vom Granninger war ihr die Zornesröte ins Gesicht geschossen. »Du kannst net immer wieder die Vergangenheit aufwärmen. Das ist schon Hunderte von Jahren her, dass es auf dem Schloss so zugegangen sein mag, wie du immer sagst. Der Peter ist ein anständiger Kerl. Und arbeiten tut er für zwei!«
»Ja, gleich für seinen sauberen Bruder Paul mit, weil der noch nie eine Mistgabel in die Hand genommen hat. Dass der sich net schämt! Ausgerechnet die Lackmann-Maria. Meinst du vielleicht, dass der sie heiratet? Der lässt sie sitzen mit dem Kind. Und zahlen wird er auch nix, weil er dafür erst seinen Bruder anbetteln müsste. Mein Gott, was ist das bloß für eine Welt!«
»Eine schlechte«, antwortete ihm seine Frau. »Aber die Maria hat’s net verdient, dass sie reintappt ins Unglück.«
»Wird ihr schon auch Spaß gemacht haben, als sie sich mit dem Schlawiner eingelassen hat«, meinte der Granninger anzüglich. »Mein Großvater selig hat immer gesagt: Wo gehobelt wird, da fallen Späne!«
»Anton!«, rief seine Frau. »Jetzt ist’s aber genug. So schlecht brauchst du wirklich net von der Maria zu reden.«
»Morgen besuche ich sie«, erklärte Franziska. »Hat sie denn überhaupt genügend Kinderwäsche dabei? Sonst müsste man ihr was mitbringen!«
»Ich glaub net«, erwiderte die Granningerin. »Weißt doch, wie er ist, der Lackmann. Grad, dass er der Maria ein bisschen ein Taschengeld gibt. Aber davon kann sie sich ja nix kaufen.«
»Sie hat doch noch ihr Erbteil von der Großmutter«, meinte die Franziska. »Die Lackmanns sind keine armen Leute.«
»Aber an das Geld wird’s net so einfach drankönnen. Jedenfalls hab ich nicht viel Kinderwäsche gesehen. Und ich hab mich schon genau umgeschaut bei ihr.«
Der Granninger-Anton polterte schon mal. Besonders, wenn es sich um die Grafen Kreil handelte, konnte er recht ausfallend werden. Er hatte es dem alten Grafen, der erst vor einem halben Jahr gestorben war, nie vergessen, dass der mal einen Prozess, in dem es um das Fischrecht gegangen war, gegen ihn gewonnen hatte. Aber im Grund war der Anton herzensgut. Und hilfsbereit war er auch.
»Schaust halt mal rauf bei deiner Tochter im Zimmer. Da liegt Kinderwäsche genug.«
»Zum Teil noch gar net gebraucht«, setzte seine Frau hinzu. »Da nimmst du dir, was du brauchst. Was kann denn das arme Butzerl dafür, dass es keinen richtigen Vater hat, wobei ich von den Eltern der Maria gar net reden will.«
»Ich schau gleich mal«, sagte die Franziska und verließ die Küche.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, fiel die Granningerin über ihren Mann her.
»Warum wirfst denn immer den Peter in ein Haferl mit seinem ungeratenen Bruder? Du weißt doch, dass die Franziska mit dem Peter befreundet ist.«
»Schuster bleib bei deinen Leisten, hat der Großvater auch immer gesagt. Wir haben als einfache Bauern nix mit den Gräflichen zu schaffen, auch wenn’s inzwischen rechte Hungerleider geworden sind und nix mehr da ist von einer adeligen Würde.«
»Und? Warum soll die Franziska mit dem Peter net befreundet sein. Sie hat ja net gesagt, dass sie ihn heiraten möchte!«
Der Granninger blitzte seine Frau an. »Mir wär’s grad genug! Heiraten auch noch! In die Familie, wo man nicht weiß, ob der Paul net noch amal im Gefängnis landet bei seinem Lebenswandel.«
»Jetzt übertreibst du aber!«
Der Granninger lachte. »Bei dem kann man net übertreiben. Er ist viel schlimmer. Oder hast du schon vergessen, wie er den Schmied mit dem alten Traktor angeschmiert hat, den er ihm angeblich aus lauter Freundschaft so günstig besorgen konnte? Und der Hausinger-Alfons! Weißt das auch nimmer? Der hat vom Paul die teure Erntemaschine gekauft, die gleich beim ersten Einsatz ihren Geist aufgegeben hat. Fünftausend Euro hat’s den Hausinger gekostet, bis er das verrottete Ding überhaupt zum Laufen gebracht hat. Da könnt ich dir noch eine Menge Leute aufzählen, die der junge Herr Graf reingelegt hat. Angeblich handelt er doch mit allem. Aber es ist alles Lumpenkram. Nix dahinter als lauter Gaunerei.«
»Geh zu, Anton, aber vor der Franziska …«
»Sie soll ruhig wissen, was die Grafen von Kreil für welche sind. Das soll’s wissen! Sonst steht’s eines Tages auch so da wie die Lackmann-Maria. Bloß ist dann der Vater ihres unehelichen Kindes der Peter von Kreil!«
»Anton, so was darfst nicht sagen von unserem Dirndl. Die Franziska ist ein braves Madel.«
»Das war die Maria auch. Oder vielleicht net? Hast du net selber gesagt, was für ein anständiges Madel sie ist?«
Vielleicht hätte der Anton noch eine Weile so weitergeredet, denn wenn das Thema auf den Grafen kam, fand er kein Ende.
Aber da schlug es ganz in der Nähe ein. Es krachte fürchterlich, sodass man glauben konnte, die Welt ginge unter.
»Ich schau mal nach«, erklärte er hastig. »Hoffentlich hat der Blitz net bei uns eingeschlagen. Denn eingeschlagen hat’s. Das erkenne ich sofort!«
***
Es hatte eingeschlagen, aber anders, als der Granninger das gemeint hatte!
Es gab einen Mordskrach, als Paul von Kreil mitten im stärksten Regen ins Schloss stürmte, aufgeregt und aufgekratzt wie immer, und seinen Bruder mit den Worten begrüßte: »Ich brauch sofort fünftausend Euro!«
Peter von Kreil war gerade von der Inspektion der Ställe zurückgekommen und schälte sich aus den triefnassen Sachen.