Bergkristall - Folge 276 - Lothar Eschbach - E-Book

Bergkristall - Folge 276 E-Book

Lothar Eschbach

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Beschreibung

Sie haben sich von Herzen lieb, der Rottenhofer-Bernhard und seine Anita. Und wenn es einmal ein Missverständnis gibt, hilft das Heilmittel aller Verliebten: ein Kuss und die Sonne lacht wieder.

Aber plötzlich schmecken die süßen Küsse nicht mehr, und Anitas schöne Augen sind gar nicht liebevoll, sondern voller Misstrauen. Von seinem Bruder wird der Bernhard nur noch ausgesprochen finster angesehen, die Schwägerin weint heimlich, und im Dorf werden seltsame Gerüchte laut.

Bernhard versteht die Welt nicht mehr - bis ihm recht unsanft die Augen geöffnet werden ...

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Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Kuss – das beste Argument

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4248-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein Kuss – das beste Argument

Packender Roman um die Bewährungsprobe einer Ehe

Von Lothar Eschbach

Sie haben sich von Herzen lieb, der Rottenhofer-Bernhard und seine Anita. Und wenn es einmal ein Missverständnis gibt, hilft das Heilmittel aller Verliebten: ein Kuss und die Sonne lacht wieder.

Aber plötzlich schmecken die süßen Küsse nicht mehr, und Anitas schöne Augen sind gar nicht liebevoll, sondern voller Misstrauen. Von seinem Bruder wird Bernhard nur noch ausgesprochen finster angesehen, die Schwägerin weint heimlich, und im Dorf werden seltsame Gerüchte laut.

Bernhard versteht die Welt nicht mehr – bis ihm recht unsanft die Augen geöffnet werden …

Bernhard Rottenhofer war müde und abgespannt. Schwer trat er in die Pedale seines Fahrrads, wischte sich auf der Höhe des kleinen Berges den Schweiß von der Stirn, stieg ab und legte eine kurze Ruhepause ein.

Er war mit dem „Einundzwanziger“ – dem Zug, der kurz nach neun Uhr abends auf dem Tegernseer Bahnhof einlief – aus München gekommen. Wie jeden Dienstag und Donnerstag, wenn er von der Meisterschule nach Hause fuhr.

Gut zehn Kilometer hatte er von Tegernsee nach Moosbach zurückzulegen, und nach dem anstrengenden Tag in der Schule, wo er sich auf seine Meisterprüfung vorbereitete, tat ihm jeder Kilometer weh, den er in der hügeligen Landschaft zurücklegen musste.

Aber nun, wo er auf dem Berg angekommen war und drunten im Tal „sein“ Dorf liegen sah, eingebettet in Wiesen, Felder und Wälder und von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne wie verzaubert, da ging ihm das Herz auf. Bernhard kannte jedes Haus, jeden Hof da unten. Er liebte seine Heimat grenzenlos und konnte sich nicht vorstellen, jemals an einem anderen Ort zu wohnen als in Moosbach.

Aber es würde für ihn nicht so leicht sein, sich nach der abgelegten Meisterprüfung als Kunstschreiner eine Existenz aufzubauen. Moosbach lag nämlich vom Verkehr abgeschnitten.

Bernhard war so sehr in Gedanken versunken, dass er nicht merkte, wie ein kleiner, recht junger Mann aus dem Wald heraustrat. Er hatte eine schiefe Schulter und trug schwer an dem Rucksack, den er über die gesunde Schulter geworfen hatte.

„Ja, der Bernhard …“, sagte er plötzlich hinter dem Rücken des Rastenden. „Bist du von München gekommen, gell?“

Bernhard Rottenhofer drehte sich um. „Ach, du bist’s, Herbert. Ich bin grad ein bisserl erschrocken, weil ich dich net hab kommen hören.“

„Hast ein schlechtes Gewissen, was? Denn mit einem guten Gewissen brauchst net zu erschrecken.“ Herbert setzte sich ins Gras, nahm den Rucksack von der Schulter und stöhnte. „Ich hab’s net so gut wie du. Mir tut der ganze Rücken weh, wenn ich so schwer tragen muss.“

Bernhard mochte den Häuslmeier-Herbert nicht besonders. Er wirkte immer verschlossen und konnte einem nie gerade in die Augen sehen.

Sie waren ungefähr gleich alt und hatten zusammen die Schule besucht. Dann war der Herbert auf eine Malschule gegangen und malte inzwischen recht hübsche Hinterglasbilder, die er vornehmlich an die vielen Andenkengeschäfte rings um den Tegernsee und im Landkreis Miesbach verkaufte.

„Was hast du denn zu schleppen, Herbert? Hättest doch mit dem Omnibus fahren können.“

Der Häuslmeier wehrte ab. „Ich schmeiß denen net mein sauer verdientes Geld in den Rachen. Ich net! Das mach ich alles zu Fuß. Glas hab ich geholt. Altes Glas, noch mit vielen Schlieren und Luftblasen drin, wie man’s gar nimmer bekommt.“

„Soll ich’s auf den Gepäckträger stellen, und wir gehen zusammen heim?“

„Meinen Rucksack auf dein Radl? Ich bin doch net verrückt! Und was ist, wenn du das Radl umschmeißt, he? Magst mir dann vielleicht das Glas ersetzen?“

„Red doch net so einen Schmarren! Ich hab dir bloß einen Gefallen tun wollen, weil du dich gar so hart tust mit dem schweren Zeug.“

„Du willst mir einen Gefallen tun? Warum denn? Hab ich dir schon mal einen Gefallen getan?“ Der Herbert grinste hinterhältig, als ob er sich den größten Spaß erlaubte. „Ich verlass mich lieber auf mich selbst. Und du solltest das auch tun.“

„Wie meinst denn das?“

Der Häuslmeier zuckte mit den Schultern. „So halt, man redet eben ein bisserl was, wenn einem grad nix Gescheites einfällt. Oder weißt du was zu erzählen?“, fragte er mit lauerndem Blick. „Alles in Ordnung bei euch daheim? Wie geht’s denn der Martina, deiner Schwägerin?“

„Gut geht’s ihr. Warum fragst du denn?“

„Weil s’ doch jetzt endlich den sehnlichst erwarteten Hoferben gekriegt hat. Freut er sich, dein Bruder? Was hat er denn gesagt, der Sepp, wie der kleine Karli auf die Welt gekommen ist?“

„Gestrahlt hat er, und einen Mordsrausch hat er sich angetrunken.“ Bernhard lachte leise auf bei der Erinnerung daran.

„Soso, ja das versteht man, wo er doch gut fünfzehn Jahre älter ist als du. Da freut’s einen besonders, wenn man so eine junge Frau kriegt wie die Martina. Schad ist’s bloß, dass sie keine Bayerin nicht ist.“ Der Häuslmeier schüttelte den Kopf. „Dass der Sepp eine aus dem Norden hat heiraten müssen … Gell, die Martina ist bei euch als Sommergast gewesen, wie sie der Sepp kennengelernt hat?“

„Was fragst du denn jetzt danach?“ Bernhard verzog das Gesicht. Er hatte sich gefreut, hier oben allein zu sein und auf seinen Heimatort hinunterschauen zu können. Da musste ausgerechnet der Häuslmeier dazwischen kommen mit seinen dummen Sprüchen, die kein Mensch verstand.

„Weil’s mir halt grad wieder eingefallen ist. Ein hübsches Madl ist sie ja schon, die Martina. Gell, du magst sie auch recht gern, deine Schwägerin?“

„Ja …“, quetschte der Bernhard hervor, hob das Fahrrad auf und setzte sich in den Sattel. „Dann noch einen guten Heimweg, Herbert.“

„Mir geht’s allerweil gut“, brummte der Häuslmeier hinter ihm her. „Schau du nur zu, dass es dir gut geht!“, setzte er mit einem eigentümlichen Lächeln hinzu, stand langsam auf, buckelte den Rucksack mit den wertvollen Scheiben und machte sich ebenfalls an den Abstieg.

Als Bernhard Moosbach erreichte, gingen gerade die Straßenlaternen an, die sich die Gemeinde vor einem Jahr geleistet hatte. Wegen der Fremden und wegen der Reputation als aufstrebender Kurort, den die Moosbacher gern haben wollten. Aber das dauerte alles seine Zeit, und den meisten ging es net schnell genug mit dem Bauen und dem Verdienen, weshalb auch das Verhältnis untereinander ein bisserl gestört war. Die einen hatten schon herrlich neue Pensionen im Dorf stehen. Einige aber hinkten hinterher und neideten den anderen den Profit.

In Moosbach verlief das Leben nicht anders als in anderen Ortschaften. Es gab Geschwätz und dummes Gerede. Und manchmal auch noch ein bisserl mehr als nur Geschwätz.

Zum Beispiel anonyme Briefe …

***

Der Josef Rottenhofer, Bernhards älterer Bruder, hatte so einen Brief bekommen. Und seitdem war er wie verwandelt.

Seit zwei Tagen lief er auf seinem Hof herum, als wäre er nicht in Moosbach, sondern auf einem anderen Stern.

Seine Frau Martina wagte nicht, ihn zu fragen, was ihm über die Leber gelaufen wäre. Und Bernhard war so mit der Vorbereitung auf die Meisterprüfung beschäftigt, dass ihm das veränderte Wesen seines Bruders noch gar nicht aufgefallen war.

Doch heute, als er aus München heimkam, zwar müde, aber auch voller Freude über die geleistete Arbeit, heute merkte er, dass ihn sein Bruder kaum eines Blickes würdigte.

„Was hast du denn?“, fragte er ihn, als sie einander im Hausflur begegneten.

Die Brüder verstanden sich eigentlich gut, sehr gut sogar, sodass es für beide selbstverständlich war, dass Bernhard auch nach der Hochzeit seines Bruders mit Martina auf dem elterlichen Hof wohnte.

Der Sepp blieb stehen. Er war einen halben Kopf größer als Bernhard und trug seit kurzer Zeit einen Schnurrbart, der ihm ein besonders fesches Aussehen gab.

Jetzt wirkte er allerdings finster.

„Was werd ich haben?“, knurrte er. „Einen Haufen Arbeit. Die Ernte steht vor der Tür, und mit dir kann ich wohl dieses Jahr net rechnen.“

„Warum net?“, fragte Bernhard erstaunt.

„Weil du keine Zeit hast wegen der Prüfung. Aber ich komme auch ohne dich zurecht.“

Bernhard arbeitete unter der Woche in der Kunstschreinerei Wiesholler in St. Quirin. Während der Ernte hatte er bisher immer Urlaub genommen, und das wollte er dieses Jahr auch tun.

Er sagte es dem Sepp, aber der wehrte ab. „Wegen mir brauchst du dich net zu überanstrengen. Vielleicht wär’s eh besser, wenn wir net so dicht aufeinander leben täten.“

„Spinnst jetzt? Willst du mich vielleicht aus dem Haus haben?“, fuhr der Bernhard auf.

„Das hab ich net gesagt“, erwiderte sein Bruder Josef. Aber es klang so, als ob ihm gerade das recht wäre.

„Mir wär’s aber lieb, wenn du mir deine ehrliche Meinung sagen würdest. Und die Martina …“

„Meine Frau lässt du bittschön aus dem Spiel!“, fuhr ihn der Josef an. „Die gehört mir und sonst niemandem! Hast du mich verstanden?“

„Verstanden schon“, entgegnete der Bernhard überrascht. „Aber begriffen hab ich rein gar nix. Wo ist sie denn, die Martina? Ich hab sie noch net begrüßt heute Abend. Und den kleinen Karli auch net.“

„Der schläft auch gut, ohne dass du ihm ein Gutenachtbusserl gibst. Und die Martina ebenfalls. Also halt dich zurück, wenn ich bitten darf!“

Der Josef wollte gehen, aber sein Bruder packte ihn an der Schulter und hielt ihn fest. „So net, Sepp, so kommst du mir jetzt net davon. Seit wann hast du was dagegen, dass ich meinem Neffen ein Gutenachtbusserl geb?“

„Ich mag die Abschleckerei net. Und jetzt lass mich los. Ich mag’s nämlich auch net, wenn man mich festhält.“

„Sepp, ich bin dein Bruder!“

„Ja? Bist du das wirklich?“, fuhr ihn der Sepp an. „Vielleicht denkst du amal darüber nach, was sich Brüder schuldig sind! Verstehst du mich?“

„Nein …“, erwiderte Bernhard, völlig perplex von dem plötzlichen Ausbruch seines Bruders. „Und auf der Stelle sagst du mir jetzt, warum du so grantig bist! Das möchte ich schon gern wissen.“

Josef riss sich los, warf seinem Bruder einen bitterbösen Blick zu, knallte die Haustür zu und ging mit langen Schritten über den Hof. Hinüber auf die andere Straßenseite zum Löwenwirt, was er höchst selten tat.

Bernhard ging in die Wohnstube. Seine Schwägerin saß am Fenster und sah ihrem Mann nach. Sie hatte geweint, wie Bernhard feststellte.

„Martina“, sagte er leise, „was ist los mit dem Sepp? Hast du gehört, wie er mich eben angefahren hat draußen in der Diele?“

Martina nickte. Sie war eine auffallend hübsche Frau mit einem schmalen, feinen Gesicht und kastanienbraunen Haaren, die mit ihren graugrünen Augen eigenartig kontrastierten.

„Seit zwei Tagen ist’s net zum Aushalten mit ihm“, schluchzte sie. „Wenn ich ihn frage, ob er Sorgen habe, fährt er mich an, dass ich mich um meinen eigenen Kram kümmern solle. Und unseren kleinen Karli schaut er überhaupt nimmer an, als ob ihn das Kind net interessieren täte.“

Bernhard setzte sich zu Martina ans Fenster. „Da ist was mit ihm. Du hast doch bis jetzt nicht ein böses Wort von ihm gekriegt. Und mit dem Karli ist er ganz narrisch gewesen vor lauter Freude.“

„Eben, ich versteh’s net. Gestern Abend, als wir schlafen gegangen sind, wollte ich mit ihm reden, da hat er mir sogar den Gutenachtkuss verweigert.“

Bernhard schüttelte den Kopf. „Das ist net mein Bruder. Das ist ein ganz ein anderer. Er hat was, da bin ich ganz sicher. Aber was, frage ich dich?“

„Hat er zu dir auch nix gesagt?“

„Nur gemault hat er. Ich glaub, dass er mich am liebsten aus dem Haus hätte. Sind’s vielleicht Geldsorgen?“

„Geldsorgen …“, die Martina lächelte schmerzlich. „Wir sind noch nie so gut dagestanden wie jetzt. Das hat er noch in der vorigen Woche zu mir gesagt. Und Pläne hat er gehabt! Nächstes Jahr will er einen neuen großen Jungviehstall bauen und eine vollautomatische Melkanlage anschaffen. Redet einer so, wenn er Geldsorgen hat?“

„Nein, gewiss nicht. Ich hab’s mir auch net vorstellen können. Dann muss es was anderes sein, was ihm auf den Magen geschlagen ist.“

„Aber was?“, fragte die Martina und fing wieder an zu weinen.

Bernhard legte den Arm um ihre Schultern. „Er wird schon wieder zur Vernunft kommen“, versuchte er seine Schwägerin zu trösten. „Manchmal kann man sich selbst net leiden. Vielleicht geht es ihm so, und wir zwei machen uns völlig unnötig Gedanken.“

„Schön wär’s, wenn du recht hättest, Bernhard. Aber ich glaub’s net. Beim Essen sitzt er mir stumm gegenüber und beobachtet mich. Manchmal schaut er mich an, dass mir direkt angst und bange wird. Meinst du, dass er bereut, mich geheiratet zu haben, weil ich keine richtige Bäuerin bin?“

„Niemals! Er hätte keine bessere Frau kriegen können als dich. Die Maria …“

„Die Maria …“, hakte Martina sofort ein. „Er hat sonst nie von seiner verstorbenen Frau gesprochen. Aber seit zwei Tagen erwähnt er sie immer wieder, wenn er überhaupt etwas sagt. Die Maria hat die Kartoffeln anders angebraten als ich, und die Maria hat auch den Salat besser angemacht. Die Maria vorn und die Maria hinten. Das hat doch alles einen Grund!“

„Ja“, sagte Bernhard nachdenklich. „Das ist allerdings merkwürdig. Da steckt was dahinter. Wir müssen herauskriegen, was es ist.“

„Und wie willst du das machen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Weiß ich auch net. Aber vielleicht sollte ich im Dorf ein bisserl umeinander horchen.“

„Seit wann gibst du was auf den Dorfklatsch?“

„Vielleicht seit heute. Was weiß ich, welche Laus meinem Bruder über die Leber gelaufen ist. Aber vielleicht hat man ihm auch eine Laus in den Pelz gesetzt. Wir haben einen Haufen Neider in Moosbach.“