Alpengold 248 - Lothar Eschbach - E-Book

Alpengold 248 E-Book

Lothar Eschbach

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie ist viel zu jung Witwe geworden, die bildhübsche Monika Leinthaler. Seither lebt sie mit ihrem Vater und ihren beiden Kindern auf dem wunderschönen alten Hirschegg-Hof. Es ist ein arbeitsreiches, entbehrungsreiches Leben, und doch kann sie sich nicht vorstellen, ihrem geliebten Mann einen Nachfolger zu geben - bis sie dem Kunstmaler Martin Körner begegnet. Mit seinen Küssen weckt Martin Sehnsüchte und Wünsche in Monika, die sie längst vergessen geglaubt hatte. Aber dann bringt Martin eines Tages seine Braut aus der Stadt mit ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Die heimliche Liebe der jungen Witwe

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5071-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die heimliche Liebe der jungen Witwe

Ihre Sehnsucht wird ihr zum Verhängnis

Von Lothar Eschbach

Sie ist viel zu jung Witwe geworden, die bildhübsche Monika Leinthaler. Seither lebt sie mit ihrem Vater und ihren beiden Kindern auf dem wunderschönen alten Hirschegg-Hof. Es ist ein arbeitsreiches, entbehrungsreiches Leben, und doch kann sie sich nicht vorstellen, ihrem geliebten Mann einen Nachfolger zu geben – bis sie dem Kunstmaler Martin Körner begegnet. Mit seinen Küssen weckt Martin Sehnsüchte und Wünsche in Monika, die sie längst vergessen geglaubt hatte. Aber dann bringt Martin eines Tages seine Braut aus der Stadt mit …

Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, wie immer, wenn Pfarrer Bernreiter das Hochamt feierte.

Das flackernde Licht der Kerzen spiegelte sich im Gold des barocken Hochaltars. Die Orgel brauste auf zu einem mächtigen Schlussakkord. Pfarrer Bernreiter hob segnend die Hände und entließ seine Gemeinde mit den Worten: »Gehet hin in Frieden.«

Draußen vor dem Portal der Kirche standen die Leute noch eine Weile beieinander. Sie sprachen über die Ernte, die bald eingeholt werden sollte, und sie redeten auch über diejenigen, die heute nicht in der Messe gewesen waren.

An der linken Vorderseite der Kirche, dort, wo das Kriegerdenkmal stand, steckten drei alte Frauen in oberbayerischer Tracht die Köpfe zusammen.

»Schön hat er heut wieder gesprochen, unser Herr Pfarrer«, sagte die Finnauer-Resi, und ihre Blicke huschten dabei aufmerksam hin und her, damit ihr nichts von dem entging, was sich auf dem Kirchplatz tat. Sie war die Dorfzeitung, wusste und hörte alles, schmückte es aus und dichtete etwas dazu, wenn ihr die Geschichte, die sie ihren Freundinnen erzählen wollte, allzu dürftig erschien.

»Da, schaut einmal hin!« Die alte Brunnerin stieß die beiden anderen an. »Habt ihr gesehen, wie sie sich wieder rausgeputzt hat, die Monika? Stolz ist sie, und fein tut sie. Dabei hätte sie doch allen Grund, bescheiden zu sein, wo sie doch Witwe ist.«

Die dritte der drei alten Frauen war die Schlosser-Maria. Sie hatte sich bis jetzt zurückgehalten, und sie war auch die Einzige, die die Leinthaler-Monika, von der eben die Rede gewesen war, freundlich grüßte, während die beiden anderen nur verkniffen lächelten.

»Man könnte meinen, ihr habt die Predigt von unserem Herrn Pfarrer heute verschlafen.«

»Wie meinst du denn das?«, fragte die Finnauer-Resi leicht aufgebracht. »Mir brauchst du über die Heilige Schrift nichts zu erzählen.«

»Auch nicht über die Nächstenliebe? Oder darüber, dass man die Leute nicht schlechtmachen soll«, entgegnete die Schlosserin.

»Aber da muss ich die Resi schon verteidigen«, schaltete sich die Brunner-Agathe ein. »Gar so hochnäsig braucht sie wirklich nicht zu sein, die Monika. Sie sollte lieber schauen, dass sie wieder einen Vater für ihre beiden Kinder bekommt.«

Plötzlich waren sie still, alle drei. Pfarrer Bernreiter trat aus der Kirche, grüßte nach allen Seiten und ging langsam durch die Grabreihen zum Pfarrhaus hinüber.

»Habt ihr es gesehen«, hechelte die Finnauer-Resi. »Er tut sich schon arg schwer, unser Herr Hochwürden. Ich glaub, dass es bei ihm die Füße sind. Sie wollen halt nicht mehr so recht.«

»Ein bisserl gewichtig ist er halt geworden«, meinte die Brunner-Agathe und lächelte dabei. »Oder meint ihr vielleicht, dass er nur vom Fasten so dick geworden ist?«

Die Schlosser-Maria, sonst eine der Friedfertigsten im Dorf, machte ein ganz böses Gesicht.

»Jetzt hab ich aber genug von eurem Getratsche. Wenn ihr die Leute nicht schlechtmachen könnt, gefällt’s euch nicht. Ich weiß nicht, was alles passieren muss, damit euch mal eure Mäuler gestopft werden.«

»Was hast du da gesagt?«, fielen die Resi und die Agathe über die Schlosserin her. »Du hast es grad nötig, wo man doch weiß, dass du deinem Ferdinand nicht mal die Luft zum Atmen gönnst.«

»Neulich erst hab ich’s gesehen«, trumpfte die Brunner-Agathe auf, »dass er Zigarrenstummel auf der Straße gesammelt hat. Ist das nötig, frage ich dich, wo er doch eine so schöne Rente hat? Und das Sparbüchel soll auch gespickt voll sein, wie man so hört.«

Die Schlosser-Maria drehte sich wortlos um. Es war sinnlos, mit den beiden zu streiten. Eigentlich war sie ja selbst schuld, weil sie sich mit den alten Klatschtanten überhaupt eingelassen hatte. Sie lief ein bisschen schneller, um die Monika Leinthaler noch einzuholen.

Als sie bei der Linde angekommen war, sah sie gerade noch, wie die junge Leinthalerin drüben auf der anderen Seite im Haus der Kramerin verschwand.

***

Es war ein Laden, wie er auch auf dem Lande nur noch selten anzutreffen ist. Wenn man einkaufen wollte, musste man durch die Haustür und den Flur, der so dunkel war, dass man meistens über irgendetwas stolperte, bis man dann endlich in den Laden gelangte.

Die Kramerin, die noch immer ledige Tochter der Finnauer-Resi, sah fast genauso aus wie ihre Mutter, nur eben etwas jünger. Ihre flinken Mausaugen huschten unruhig hin und her und versuchten abzuschätzen, was man der Kundschaft zusätzlich zu dem, was sie eigentlich nur kaufen wollte, aufschwätzen konnte.

»Ja, die Monika«, sagte sie honigsüß. »Dass du auch einmal wieder herfindest zu mir. Ich hab dich ja lange nicht mehr gesehen. Was darf’s denn sein, Monika?«

Monika Leinthaler zog einen Zettel aus ihrer Handtasche und begann vorzulesen: »Drei Pfund Salz, ein halbes Pfund Pfefferkörner, weiß, drei Päckchen Majoran, Lorbeerblätter und Piment.«

»Wollt ihr schlachten?«, fragte die Kramerin neugierig.

»Kann sein, das muss der Vater entscheiden. Darum kümmere ich mich nicht. Aber wenn jetzt die Ernte losgeht, brauchen wir schon ein wenig Vorrat.«

Die Kramerin seufzte. »Du bist ja nicht so eine, die zum Großmarkt in die Stadt fährt. Du lässt mich auch noch ein paar Cents verdienen. Aber die Großkopferten, ich kann dir sagen, gerade diejenigen, die’s am wenigsten nötig haben, die kommen bloß zu mir in den Laden, wenn sie was vergessen haben. Und dann holen sie vielleicht grad ein Packerl Zigaretten, lächeln recht scheinheilig und versprechen, bald einmal zu einem Großeinkauf wiederzukommen.«

Die Leinthalerin ging auf das Gestöhne der Kramerin nicht ein. Sie sagte ihr, was sie noch haben wollte, ließ sich alles gut zusammenpacken und meinte abschließend: »Der Vater kommt’s abholen, wenn er zum Wirt runterfährt.«

»Und du gehst zu Fuß den Berg rauf?«, fragte die Kramerin.

Monika nickte. »Das macht mir nix aus«, erwiderte sie. »Wenn ich mich nicht irgendwo aufhalte, bin ich in einer guten Stunde droben.«

Sie bezahlte, was sie schuldig war, wünschte der Kramerin noch einen schönen Sonntag und gute Umsätze, denn es war üblich, dass die Bauern auch am Sonntag zum Einkaufen kamen. Dann verließ sie den Laden.

Jetzt war der Kirchplatz wie leergefegt. Die Mannsbilder waren alle zum Bärenwirt rübergegangen, und ihre Frauen standen schon am häuslichen Herd. Denn auf dem Lande wurde auch am Sonntag pünktlich gegessen, meistens noch vor dem Zwölfuhrläuten.

Monika ging die Dorfstraße entlang, bog beim Kreuzegger links in die schmale Fahrstraße ein, überquerte die Brauntaler Ache, die mit ihrem noch kristallklaren Wasser den Berg herunterstürzte, und nahm die Abkürzung über den Wildacher Forst.

Monika liebte ihre Heimat. Sie liebte den Hof und die Tiere, sie liebte den Berg, die Almen, den Wildbach, und sie liebte vor allem ihre beiden Kinder, den fünfjährigen Karli und die vierjährige Bärbel. Sie waren das Vermächtnis ihres tödlich verunglückten Mannes Peter.

Mit ihrem Peter war sie so glücklich gewesen, dass sie es kaum beschreiben konnte. Aber vom ersten Tag an, als sie seine Frau geworden war, hatte sie Angst gehabt. Angst um ihr großes Glück. Immer hatte sie gefühlt, dass so viel Glück nicht lange anhalten konnte. Und nie war sie die Ahnung losgeworden, dass es irgendwann jäh zerreißen würde, weil Menschen einfach nicht so glücklich sein durften, wie es ihr Peter und sie gewesen waren.

Ein paar Tränen liefen über ihre Wangen, als sie weiterging. Monika Leinthaler war noch so jung, ihr fehlte es auch nicht an Kraft, das Leben zu meistern. Aber manchmal glaubte sie, das Alleinsein nicht mehr ertragen zu können.

Sie hatte zwei Kinder, die sie heiß und innig liebte. Und sie hatte einen Vater, einen harten, autoritären Mann, der auf dem Hof nur einen Willen gelten ließ, und zwar seinen eigenen.

Monika war jedoch ebenso stark wie ihr Vater. Beide beharrten auf ihrem Willen, beide glaubten, sich unbedingt durchsetzen zu müssen, beide mochten sich, aber sie bekämpften sich auch, eben, weil sie sich so ähnlich waren.

Je näher sie an den Hof herankam, desto langsamer wurden Monikas Schritte. Ihr erschien alles so aussichtslos. Der ewige Gleichklang des Alltags, das ständige Auf und Ab der Natur, das Blühen, Fruchttragen und Verwelken, das zum ewigen Einerlei wurde, wenn man erst fünfundzwanzig Jahre alt war, zwei Kinder, aber wenig Zukunft hatte.

***

Monikas Vater war ein Mann, der so aussah, wie man sich einen Bergbauern gemeinhin vorstellt: knorrig, mit einem von Wind und Wetter gegerbten Gesicht, buschigen Augenbrauen und blitzenden, stahlharten Augen, die so durchdringend blicken konnten, dass sie Mensch und Tier gleichermaßen einschüchterten.

Wie ein Gutsherr fuhr er jetzt mit dem leichten Jagdwagen und den beiden Haflingern durch das Dorf, beschrieb im Trab einen mächtigen Bogen vor dem Wirtshaus und brachte die Pferde genau vor dem Eingang zum Stehen.

Drinnen in der Wirtsstube waren einige Männer ans Fenster geeilt. Sie kannten den verrückten Hermann Althaus, der trotz seiner achtundfünfzig Jahre noch wie ein Junger die verrücktesten Sachen unternahm. Er war seit zwölf Jahren Witwer, und im Dorf munkelte man, dass er seit dem Tode seiner Frau nicht gerade wie ein Mönch lebte.

Der Hausknecht stürzte über den Hof, nahm dem Althaus die Zügel ab und führte die Haflinger zur Tränke.

Hermann Althaus riss wie ein Dragoner aus dem Dreißigjährigen Krieg, der zum Plündern gekommen war, die Tür zur Schenke auf, blieb breitbeinig mitten im Eingang stehen und überblickte die Tische wie ein Feldherr, der seine Truppen musterte.

»Grüß euch Gott, alle miteinander«, rief er den Männern zu, die ihn alle ausnahmslos ansahen. Seine Stimme hallte wie Donnergrollen durch das Gebälk der niedrigen Wirtsstube. »Was ist«, rief er den vier Bauern zu, die am Stammtisch neben dem Kachelofen saßen, »geht ein Schafkopf zusammen, oder müsst ihr euch wieder an die Rockzipfel eurer Weiber flüchten?«

Es hagelte sofort Proteste.

»Wir brauchen überhaupt nicht nach Hause«, rief einer.

»Wir bleiben, solange es uns gefällt«, schrie ein anderer dazwischen.

Der Althaus winkte ab. »Jetzt haut ihr aber ganz mächtig auf die Pauke, ihr Duckmäuser. Und wenn’s mal zwölfe schlägt, beeilt sich jeder von euch, dass er seine ungewaschenen Füße unter den heimischen Tisch bringt.«

Ein paar der Anwesenden lachten. Andere blickten verkniffen auf den Boden oder stopften sich nervös eine Pfeife, weil der Althaus mal wieder kein Blatt vor den Mund nahm.

»Setz dich halt her zu uns, Hermann«, rief ihm der Brunner-Ignaz vom Stammtisch zu. »Erst spielen wir ein paar Runden, und dann hätte ich sowieso noch was mit dir zu bereden.«

Der Althaus ließ sich krachend auf einen Stuhl fallen, sodass der Bärenwirt hinter der Theke unwillkürlich zusammenzuckte, weil er Angst hatte, dass ihm der Hirschegger, wie der Hermann Althaus in Wallberg meistens genannt wurde, einen Stuhl zerbrach.

Neben dem Brunner-Ignaz saß der Müller-Anton, ein Bauer mit einem mittelgroßen Anwesen, der ein bisserl schwächlich aussah und es von Kindheit an schon immer auf der Brust gehabt hatte. Dafür war der Schweiger-Maximilian fast so groß und gewaltig wie der Althaus-Hermann. Und der Schönhuber-Toni, seit zwei Jahren der Leiter des örtlichen Fremdenverkehrsvereins, stand ihm an Größe und Gewicht kaum etwas nach.

Aber aus der Schafkopf-Partie wurde nichts. Die Männer gerieten in eine hitzige Diskussion über die Sommerfrischler, die sich seit ein paar Jahren mehr und mehr in Wallberg breitmachten. Alle am Tisch waren dafür, aus dem Dorf Wallberg einen kleinen, aber feinen Kurort zu machen.

Nur einer war dagegen: Das war der Hermann Althaus.

»Ich bin nicht dafür, dass die Fremden zu uns hereinkommen«, beharrte er. »Die paar Euro, die das Bettenvermieten einbringt, machen uns auch nicht reicher. Wallberg muss ein Bauerndorf bleiben, und das tut es nicht, wenn erst die Fremden kommen.«

Der Wirt kam hinter der Theke hervor und setzte sich ebenfalls an den Stammtisch.

»Was sagst jetzt du dazu, Pankraz?«, redete ihn der Brunner-Ignaz an.

»Der Fremdenverkehr ist auch bei uns nicht mehr aufzuhalten. Wir müssen mit der Zeit gehen.«

Doch da wurde der Althaus böse. »Dass du dafür bist, habe ich mir schon gleich gedacht, Höllhuber. Für dich ist das natürlich ein großes Geschäft, denn zu dir müssen die Fremden ja zum Essen kommen. Dass sie uns aber bloß die Wiesen zertrampeln und das Vieh verscheuchen, daran denkst du nicht.«

»Ich weiß nicht, warum gerade du dich aufregst«, meinte der Schönhuber-Toni. »Wo doch die Monika erst in der vergangenen Woche bei mir gewesen ist und sich über alles erkundigt hat, was mit dem Fremdenverkehr zusammenhängt.«

Der Althaus wollte gerade einen Schluck aus seinem Maßkrug nehmen, aber als er das hörte, hielt er mitten in der Bewegung inne und setzte den Krug wieder ab.

»Was hast du da gesagt, Toni?«, fragte er, und seine Stimme kam tief aus dem Brustkasten heraus und klang wie fernes Donnergrollen. »Die Monika ist bei dir gewesen?«

»Freilich. Hat sie dir nix davon erzählt? Ich hab gemeint, das wär bei euch alles ausgeredet. Denn wenn ich sie richtig verstanden habe, dann sollte ich ihr noch in dieser Saison ein paar Fremde auf den Berg hinaufschicken.«