Alpengold 446 - Lothar Eschbach - E-Book

Alpengold 446 E-Book

Lothar Eschbach

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Beschreibung

"Das Brot schmeckt nimmer!" - Diese kleine Beschwerde reicht aus, um ein großes Projekt ins Rollen zu bringen. Ein Brothäusl soll her, und plötzlich hat das Dorf ein Ziel. Aber wer übernimmt die Organisation? Wer zahlt? Und wer hat das letzte Wort? Bei hitzigen Diskussionen und einem Haufen kreativer Ideen wird klar: In Hainhofen wird nicht nur gebacken, sondern auch gestritten, gelacht - und geliebt ...


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Seitenzahl: 106

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Alles begann im Backhäusl ...

Vorschau

Impressum

Alles begann im Backhäusl ...

Zauberhafter Heimatroman um Hefe, Herz und Liebesglück

Von Lothar Eschbach

»Das Brot schmeckt nimmer!« – Diese kleine Beschwerde reicht aus, um ein großes Projekt ins Rollen zu bringen. Ein Brothäusl soll her, und plötzlich hat das Dorf ein Ziel. Aber wer übernimmt die Organisation? Wer zahlt? Und wer hat das letzte Wort?

Bei hitzigen Diskussionen und einem Haufen kreativer Ideen wird klar: In Hainhofen wird künftig nicht nur gebacken, sondern auch gestritten, gelacht – und geliebt ...

Hochwürden Ambrosius saß am Frühstückstisch und klapperte, wie man so sagt, vor Ungeduld mit dem Kaffeelöffel. Es dauerte ihm heute alles zu lange. Und als dann endlich die Helene, seine Haushälterin, mit dem Tablett in die Stube kam, knurrte er übellaunig: »Wo bleibst du denn heute so lange? Das dauert ja jeden Tag eine Ewigkeit, bis du mit dem Frühstück fertig bist!«

Die Holzwieser-Helene nickte zu seinen Worten.

»Was glaubst du denn, wie lange ich jeden Morgen mit dem Brot rummache, damit es überhaupt noch ein bisserl schmeckt? Ich leg's allerweil auf den Grill, dass es wenigstens ein bisserl durchgebacken herauskommt.«

Der Pfarrer seufzte. »Ach, mir schmeckt's schon lange nimmer. Entweder ist es trocken und hat gar keinen Geschmack, oder es ist klunschig, als wenn es der Bäcker zu früh aus dem Ofen gezogen hätte.«

Helene schenkte ihm Kaffee ein. »Ich hab' noch ein paar Semmeln in der Tiefkühltruhe. Soll ich dir eine aufbacken?«

Der Pfarrer winkte ab, beugte sich über die Kaffeetasse – und verbrannte sich prompt die Lippen!

»Net so hastig, Ambrosius! Du hast doch Zeit zum Frühstücken. Der Kaffee ist nun mal heiß, wenn er frisch gekocht wird.«

Der Pfarrer staunte seine langjährige Haushälterin an, als ob sie ihm ganz etwas Neues gesagt hätte.

»Keine Semmeln. Die schmecken mir auch nimmer.«

»Mir auch net«, erwiderte die Helene, nahm sich eine Scheibe Brot aus dem Frühstückskörbchen und bestrich sie mit Butter. Darauf legte sie zwei doppelte Schinkenscheiben und eine aufgeschnittene Gewürzgurke, dann begann sie zu essen.

Der Pfarrer nahm höchst misstrauisch ebenfalls eine Scheibe Brot, gab sie auf sein Frühstücksbrettchen und sah die Helene an.

»Was soll ich mir denn drauflegen? Bei dem Brot schmeckt mir alles net!«

»Dann iss das Brot trocken«, erwiderte Helene ohne Mitleid. »Das bekommt deinem Gewicht sowieso am besten.«

Pfarrer Ambrosius grinste, schnitt sich ein ordentliches Stückl von der Jagdwurst ab und aß sie ohne Brot.

Helene bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. Und sie seufzte ein bisserl, weil es mit dem Pfarrer jeden Tag beim Essen Ärger gab. Er aß halt zu viel, und sein Gewicht ebenso wie der Cholesterinspiegel in seinem Blut stiegen weiter an.

»Mir schmeckt das Brot auch nimmer. Ganz gleich, ob ich's bei der Kramerin oder am Brotwagen kaufe. Der Bäcker aus Siegsdorf gibt sich auch keine Mühe mehr.«

»Dann müssten wir halt selber welches backen. Den Leuten im Dorf geht's bestimmt net anders.«

»Jeden Tag Brot backen? Wie stellst du dir das denn vor?«

»Natürlich net jeder Haushalt für sich. Das ganze Dorf müsste das gemeinsam in Angriff nehmen. So ein Backhäusl muss her, und dann gibt's meinetwegen zweimal in der Woche frisches Brot. Das müsste doch zu bewerkstelligen sein. Heute ist doch jeder auf gesundes Essen bedacht!«

Helene starrte nachdenklich auf ihre Kaffeetasse.

»Manchmal hast du gar net so schlechte Ideen, Ambrosius. Das Backhäusl ist so eine Idee. Ich werd' das nachher gleich mit der Klinkhammerin besprechen. Die ist solchen Sachen immer geneigt, und die bringt auch das nötige Durchsetzungsvermögen mit, um so etwas zu verwirklichen.«

Sie räumte den Frühstückstisch so schnell ab, dass der Pfarrer noch einigermaßen hungrig aufstand und sich bereits vornahm, wenn die Helene ihre Gedanken in die Tat umsetzte und die Klinkhammer-Berta aufsuchte, drüben beim Firnthaler das Frühstück nachzuholen.

»Also, ich geh' jetzt!«, rief ihm Helene Minuten später zu, und als er die Haustür zuklappen hörte, sprang er auf, setzte sich im Flur seinen Hut auf, schaute von der Pfarrhaustreppe die Dorfstraße hinunter, und als er Helene mit ziemlichem Tempo auf das Häusl der Klinkhammerin zugehen sah, machte er sich auf den Weg zum »Goldenen Ochsen«.

Der Firnthaler-Peter begrüßte ihn mit erstauntem Augenaufschlag.

»Grüß Gott, Hochwürden! Hast dich net verlaufen? Es ist grad' mal halb neun und ...«

»Ich möcht' frühstücken bei euch«, unterbrach ihn der Pfarrer und setzte sich auf seinen Stammplatz.

»Gibt's nix bei der Helene?«

»Jedenfalls nix Gescheites«, erwiderte der Pfarrer. »Meinst du, dass mir deine Margit drei oder vier Eier mit Schinken braten könnte? Dazu ein Stückerl Brot, das man essen kann?«

»Ich versteh' dich schon, Hochwürden. Die Margit liegt mir auch dauernd in den Ohren, dass wir uns einen anderen Bäcker besorgen müssen. Uns schmeckt das Brot auch nimmer, und die Semmeln schmecken so, als ob sie der Bäcker schon dreimal aufgebacken hätte.«

Der Pfarrer nickte bestätigend zu seinen Worten.

»Ich sag's der Margit, dass sie dir was zurechtmacht. Wie wär's mit ein paar Bratkartoffeln?«

»Von der Margit? So hauchdünne, knusprig gebraten, wie ich sie manchmal auch von der Helene bekomme? Aber net zum Frühstück«, setzte er kopfschüttelnd hinzu. »Also Bratkartoffeln, Peter! Und gell, verdurschten lässt du mich auch net?«

»Natürlich net«, sagte der Peter und stellte ihm ein Bier auf den Tisch, das er schon längst gezapft hatte, ohne den Pfarrer vorher zu fragen, was er trinken mochte.

Pfarrer Ambrosius nahm einen gehörigen Schluck und leerte das Glas fast auf einen Zug. Er wischte sich über den Mund, holte eine Zigarre aus seinem Etui, legte sie aber nur vor sich hin, ohne sie anzuzünden.

Zehn Minuten später brachte ihm die Jungwirtin persönlich sein Frühstück.

»Herrliche Bratkartoffeln!«, begrüßte der Pfarrer die Firnthaler-Margit, die sich zu ihm an den Tisch setzte und sich freute, wie gut es dem Pfarrer schmeckte.

»Das Brot ist greißlich geworden«, sagte er mit vollem Munde. »Findest du das net auch?«

Margit stimmte ihm zu. »Uns und unseren Gästen schmeckt's schon lange nimmer, und der Altwirt ist dazu übergegangen, nur noch Knäckebrot oder Zwieback zum Frühstück zu essen. Das ist für ihn auch net die wahre Ernährung.«

Der Pfarrer strahlte über das ganze Gesicht, als er ein zartes Stückerl selbstgeräucherten Schinken in den Mund steckte und bedächtig kaute.

»Die Helene ist gerade zur Klinkhammer-Berta gegangen, um ein neues Projekt mit ihr zu besprechen. Ich hab' nämlich die Idee gehabt, dass wir im Dorf ein Backhäusl bauen könnten. Ganz für uns allein! Meinst du, dass aus der Idee was werden könnte?«

Die junge Ochsenwirtin war sofort mit Begeisterung dabei.

»Sag der Helene, dass ich heute Nachmittag bei ihr vorbeikomme. Ich möchte gleich hören, wie sich die Klinkhammerin zu der Idee stellt. Und dein Freund Poldl?«

»Den haben wir ganz vergessen«, erwiderte der Pfarrer und schob sich die letzten Bratkartoffeln in den Mund. »Da hast recht. Auf den Poldl kommt viel an. Wenn er von der Idee begeistert ist, auch wenn sie net von ihm stammt«, fügte er schmunzelnd hinzu, »dann können wir bald mit dem Bauen anfangen.«

Der Firnthaler-Peter brachte noch zwei Stamperl Schnaps, eins für den Hochwürden und eins für sich.

Als er mit dem Pfarrer anstieß, sagte er: »Dass aus deiner tollen Idee recht schnell was wird! Prost, Hochwürden!«

Der Pfarrer nickte lebhaft, lehnte sich wohlig zurück und zündete sich endlich seine so lange aufgesparte Zigarre an.

Margit verschwand wieder in der Küche, und sogleich steckten die beiden Mannsbilder die Köpfe zusammen.

»Ich find'«, meinte der Peter, »dass wir den Bau des Backhäusls net allein den Frauen überlassen dürfen. Wir müssen zunächst einen guten Standort finden und uns auch über die Finanzierung unsere Gedanken machen. Hast du da schon eine Idee?«

»Die ganze Sache ist mir ja heute Morgen erst eingefallen. Was denkst du denn, was so ein Backhäusl kosten könnte?«

»Mehr jedenfalls, als du jetzt glaubst. Es müssen sich halt alle Bewohner von Hainhofen an dem Projekt beteiligen.«

»Und wenn sich jemand ausschließt, was ich mir auch vorstellen kann?«, wandte der Hochwürden ein.

»Dann muss er halt später ein bisserl mehr für das Brot bezahlen.«

»Und wer übernimmt das Backen? Das muss alles sehr genau überlegt werden.«

»Ich find', dass wir da die jüngeren Leute ein bisserl mehr ranlassen sollten. Sie sind schließlich unsere Zukunft. Sie müssen die Zukunft unserer Gemeinde gestalten!«, fand der Peter.

»Da seh' ich Schwierigkeiten auf uns zukommen – bevor alles angefangen hat! Meine Helene oder die Klinkhammer-Berta werden sich das Sagen net so gern aus der Hand nehmen lassen.«

Und damit hatte Pfarrer Ambrosius genau ins Schwarze getroffen, wie sich bald zeigen sollte ...

***

Die erste Versammlung der Backhäusl-Interessierten fand in der Wohnstube im Pfarrhaus statt.

Die Klinkhammer-Berta war wie immer bei solchen Ereignissen die erste. Und sie setzte sich auch gleich ans Kopfende des Tisches, als ob nur sie den Vorsitz führen könnte.

Dann trafen nacheinander die Firnthaler-Margit ein und die Christine Riedmann, die Frau des Doktors, die selbst Ärztin war. In ihrer Begleitung befand sich der Poldl. Er sollte der einzige Mann bei der Versammlung bleiben, wenn man vom Pfarrer Ambrosius absah, der hin und wieder den Kopf zur Tür hereinstreckte.

Und dann traf auch noch die Helmreiter-Alina ein, die erst vor ein paar Tagen die Hauswirtschaftslehre beendet hatte. In ihrer Begleitung war die Rehwieser-Madeleine, die gerade geheiratet hatte und eigentlich gar keine Zeit hatte, weil sie die Modeschule in Traunstein besuchte.

Sie war eine Freundin von Alina, und die Holzwieser-Helene wunderte sich, wie schnell die Idee mit dem Backhäusl im Dorf die Runde gemacht hatte.

Die Klinkhammerin und die Helene guckten ein bisserl verdutzt, als die Helmreiter-Alina, die als sehr resolut bekannt war, sich gleich in den allgemeinen Disput einmischte.

Die älteren Frauen wollten wie meistens das Sagen haben, und die Helene wie die Berta kamen sich ein bisserl auf die Seite geschoben vor, als die Alina gleich die Gesprächsleitung mehr oder weniger an sich riss.

Der Poldl saß am anderen Kopfende des Tisches und beobachtete schmunzelnd, wie die Frauen gleich zu Anfang zu rangeln begannen.

Die Helmreiter-Alina erhob sich und fragte betont sachlich, ob alle Anwesenden für das Projekt eingenommen waren.

Keine der Frauen brachte eine gegenteilige Meinung zum Ausdruck.

»Ich bin dafür«, sagte Alina selbstbewusst, »dass wir Jungen die ganze Sache in die Hand nehmen. Wir werden ja schließlich das Sagen in den nächsten Jahren haben!«

»Und auch die Arbeit«, bekräftigte der Poldl. »Wenn net die jungen Frauen das Geschäft mit dem Backhäusl betreiben sollen, bin ich gegen das ganze Projekt!«

»Ja, Poldl«, sagte die Helene missbilligend, »ich hab' mir gedacht, dass dich das mit dem Brotbacken überhaupt net interessiert.«

Die Klinkhammer-Berta sprang ihr zur Seite und blitzte den Poldl an, gegen den sie sonst nie etwas sagte, denn der Poldl war schon seit vielen Jahren ihre stille Liebe. Sie hätte ihn nur zu gern vor den Traualtar gezerrt, doch er weigerte sich standhaft.

»Das bisserl Brot, das du brauchst«, ging sie ihn direkt an, »das kriegst allerweil schon zusammen!«

»Aber ich ess' auch gern eins, das mir schmeckt«, erwiderte Poldl. »Das, was wir hier zu kaufen kriegen, schmeckt mir schon lange nimmer.«

»Wir sind uns also einig«, ergriff die Helmreiter-Alina wieder das Wort, »dass wir nur Brot backen wollen, das nach den Erkenntnissen der heutigen Backkunst frei von allen chemischen Zusätzen hergestellt werden soll.«

»Nein!«, schrie die Klinkhammerin aufgeregt dazwischen. »So haben wir net gewettet. Gebacken wird so, wie die Helene und ich es wollen!«

Das Geschrei, das sich nach ihren Worten erhob, ließ den Pfarrer den Kopf durch die Tür stecken.

Der Poldl winkte ihm. »Du kommst gerade recht, Ambrosius. Die Frauen kriegen sich schon in die Haare, bevor auch nur der Grundstein für das Backhäusl gelegt ist. Sonst haben wir noch über nix gesprochen. Vor allem die Finanzierung steht in den Wolken.«

»Ich denke«, meinte der Pfarrer und setzte sich auf den einzigen noch freien Platz neben die Riedmann-Christine aufs Kanapee. »Ich denke«, wiederholte er, »da muss erst wieder ein bisserl Ruhe in die ganze Gesellschaft einkehren. Worum geht's denn bei dem Streit?«

»Um alt oder jung«, erklärte Poldl. »Die Helene und die Berta wollen natürlich wie immer bei solchen Sachen das große Wort führen. Aber ich sage, das ist was für die jungen Frauen, die ja auch die Politik in den nächsten Jahren bei uns bestimmen werden. Deshalb bin ich der Meinung, die jungen Leute richten sich so ein, wie sie es für richtig halten. Sonst bin ich gegen das Projekt!«

»Mensch, Poldl!«, stöhnte der Pfarrer, sichtlich erschrocken über die Meinung seines Freundes, »weißt du denn, dass du mir damit in den Rücken fällst? Mir ist schließlich das mit dem Selberbacken eingefallen!«

»Das ist mir jetzt wurscht, Ambrosius. Hier geht's um was Grundsätzliches.«

»Und wer ist gegen die Jungen?«, wollte der Hochwürden wissen.

»Deine Helene und die Berta. Die beiden wollen mal wieder alles allein bestimmen.«