Ciao Bello - Brigitta Rudolf - E-Book

Ciao Bello E-Book

Brigitta Rudolf

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Beschreibung

In dem Buch Ciao Bello sind neununddreißig Hundegeschichten, die zum Teil authentisch sind, aber einige sind der Phantasie der Autorin entsprungen.

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Seitenzahl: 171

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Gewidmet allen Hunden, aber vor allem denen, die noch immer auf der Suche nach einem Menschen sind, dem sie ihre Liebe schenken können.

Inhaltsverzeichnis

Griffi

Laika

Lumpi

Andi

Barry

Bazi

Mara und Bolle

Oscar

Schlingel

Toni

Jesco

Bajhar

Anonymus

Rocky

Fiete

Lady

Monty

Bosse

Marek und Mimi

Django

Andra

Rocky Italiano

Anouk

Louis

Sandy

Mutz und Gundi

Astor

Henry

Zoran

Attila

Action

Max

Chico´s Appell

Hanna

Wanja

Rixa

Griffis neue Familie

Tasso

Frau Schröder

Griffi

Griffi heiße ich, und das ist so, weil ich ein Belgischer Zwerg – Griffon bin. Da passte der Name doch wie die Faust aufs Auge! Kennt Ihr meine Rasse etwa nicht? Also, ich bin nicht der Größte, aber das muss ich auch gar nicht sein, hat Frauchen Hanne gesagt, und auch, dass der gute Charakter eines Hundes viel wichtiger ist. Stimmt ja auch! Ich bin zwar klein, aber oho – zum Beispiel bin ich ein sehr geduldiges Fotomodell und setze mich genauso hin, wie Frauchen es haben möchte. Ich habe ziemlich große Augen und ein glattes, kurzes, braunes Fell. Mit meinen großen Ohren kann ich prima hören, aber nur wenn ich will! Außerdem bin ich intelligent, hat Herrchen Volker festgestellt – was immer das heißen mag. Ist aber bestimmt etwas Nettes, wenn Herrchen es sagt!

Ich bin schon ziemlich lange hier bei meiner Familie, und die haben mich ausgesucht, als ich noch ganz klein war. Damals hatte ich mehrere Geschwister und war noch bei meiner Hundemama. Zu der Zeit wusste ich noch nicht, dass wir in ein paar Wochen in alle Winde verstreut sein würden, aber ich habe keines meiner Geschwister jemals wieder getroffen und ich hoffe bloß, sie haben es auch so gut getroffen wie ich!

Als ich hier herkam, hatte ich sofort eine große Schwester, die hieß Janka und war eine große Airdale - Hündin. Sie hatte wunderbar lockiges, schwarzbraunes Fell und war von Anfang an sehr lieb zu mir. Man konnte wunderbar mit ihr kuscheln, auch wenn sie viel größer war als ich. Ganz viel beigebracht hat sie mir auch. Deshalb habe ich mich in dem neuen Zuhause gleich von Anfang an sehr wohlgefühlt. Janka hat mir auch erklärt, warum ich nicht bei meiner Hundemama bleiben konnte. Schließlich war sie selbst mal ein Welpe, und da ging es ihr ganz genau so. Das war aber schon ziemlich lange her. Janka hat sich toll um mich gekümmert und mir alles gezeigt, was ich lernen musste. Oft sind wir beide in dem großen Garten um die Wette gerannt, und wir hatten da ganz tolle Verstecke.

Ob wir zwei auch Dummheiten gemacht haben? Na klar, einmal hat Janka das Hörgerät von Opa Willi gefressen - hat aber nichts genutzt! Besser hören konnte sie damit auch nicht; sie war ja nicht mehr die Jüngste! Ausgebüxt zu unserem Nachbarn sind wir gelegentlich, und natürlich haben wir gemeinsam den Kerl verbellt, der immer mit dem lauten, gelben Auto auf den Hof gefahren kam. Meistens wollte der so große weiße oder braune Umschläge in den dafür am Haus angebrachten Kasten stecken. Aber die wollte Herrchen oft gar nicht haben. „Sind ja doch nur Rechnungen drin“, meinte er, und viele bunte Umschläge hat er sowieso sofort zerrissen. Kann also nichts Wichtiges gewesen sein! Aber meint ihr, der Kerl mit dem gelben Auto hat sich vertreiben lassen? Nee, der kam immer wieder!

Wenn wir mit Herrchen Volker zum Fluss gefahren sind, oder mit Frauchen Hanne in den Wald Gassi gehen wollten, war das oft abenteuerlich. Manchmal haben wir dabei andere Hunde getroffen und mit denen die neuesten Nachrichten ausgetauscht. So macht ihr Menschen das doch auch!

Es war eine schöne Zeit mit Janka, aber irgendwann wurde sie schwächer, war oft müde und konnte nicht mehr so gut laufen. Schließlich ist sie dann über die Regenbogenbrücke gegangen. Da war ich ziemlich traurig und habe sie lange Zeit sehr vermisst. Herrchen und Frauchen waren auch traurig, und so haben wir uns gegenseitig getröstet.

Seither bin ich sozusagen Alleinherrscher hier im Haus und das genieße ich! Oft sitze ich mit den beiden im Wintergarten und denke an die guten alten Zeiten, und die Erinnerung daran ist auch sehr schön.

Momentan bin ich mit Frauchen Hanne allein, weil mein Herrchen Volker zu einer Untersuchung abgeholt worden ist. Da kam ein großes Auto mit zwei jungen Männern auf den Hof, und die haben einen Sitz mit Rädern ausgepackt, damit Herrchen es auch bequem haben sollte. Frauchen wollte auch mit, aber sie durfte nicht mit rein in das große Auto, und deswegen wollte ich wenigstens bei Herrchen bleiben und bin ganz schnell auf seinen Schoß gehüpft. Da haben die zwei Männer mich doch glatt wieder runter geschubst – sowas! Wer soll ihn denn jetzt beschützen? Vorsichtshalber ist Frauchen Hanne dann mit ihrem Auto auch hinterher gefahren, um auf ihn aufzupassen. Sie fährt jetzt fast jeden Tag zu ihm, um zu gucken, ob es ihm da auch gut geht. Aber ich darf immer noch nicht mit in das große Krankenhaus. Hunde und Katzen wollen die da nicht haben, hat mein Frauchen gesagt, dabei würden die meisten Leute bestimmt viel schneller wieder fit, wenn wir sie auch besuchen dürften! Meint ihr nicht? Jedenfalls sitze ich immer mit im Auto, wenn Frauchen Hanne nach Herrchen Volker schaut. Einmal hat sie, wohl versehentlich, die Fensterscheibe des Autos offen gelassen und ich bin getürmt. Vor der großen Eingangstür habe ich sie noch eingeholt und mich sooo gefreut; aber mit rein durfte ich trotzdem nicht. Blöd, was? Na ja, sie hat gesagt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir alle wieder zusammen sind und darauf freue ich mich jetzt schon ganz tüchtig!

Laika

Man hat mich Laika genannt, nach der berühmten Hündin, die seinerzeit als erstes Lebewesen zu Forschungszwecken von den Russen ins Weltall geschossen worden ist – leider hat sie das nicht überlebt, sondern ist schon wenige Stunden nach dem Start an Bord gestorben, weil die große Hitze da drin unerträglich war – die Arme! Aber ihre Rückkehr war ohnehin nicht geplant, wie denn auch? Es war ja kein Mensch mit an Bord, der die Rakete hätte zurück zur Erde bringen können. Das muss man sich mal vorstellen, wenn sie länger gelebt hätte, wäre sie in diesem Höllending später ohnehin elendig verhungert oder verdurstet. So schlimme Sachen können sich wirklich nur ganz böse Menschen ausdenken!

Laika´s tragische Geschichte hat mein erstes Herrchen und seine Frau ganz schwer beeindruckt, daher haben sie mir auch diesen Namen gegeben. Meine Namensschwester soll nämlich eine liebe Mischlingshündin gewesen sein, genauso wie ich. Und als nach einigen Monaten ihr Urlaub anstand, da wussten sie plötzlich nicht mehr so recht wohin mit mir. Deshalb haben sie mich kurzerhand im Tierheim abgegeben. Darüber war ich sehr traurig, denn ich hatte mich an sie gewöhnt und konnte das gar nicht verstehen. Leider geht es vielen Hunden oder auch anderen Tieren so, wie ich inzwischen weiß. Viele von denen werden sogar ganz einfach irgendwo ausgesetzt, das ist noch viel schlimmer; denn hier im Tierheim kümmert man sich wenigstens gut um uns heimatlose Tiere, obwohl es ein echtes Zuhause natürlich nicht ersetzen kann. Deshalb wollen wir alle nur eines: Endlich wieder Menschen, die uns lieb haben und sich um uns kümmern – aber für immer, und nicht nur solange wir ihnen nicht lästig werden. Dabei war meine Familie am Anfang, als ich zu ihnen kam, ganz begeistert. Meine Hundemama hatte nämlich einen kleinen „Fehltritt“ begangen, obwohl sie selbst reinrassig ist. Aber ich bin sowas wie ein „spitzverdackelter Wolfshund oder etwas Ähnliches“ hat mein damaliges Herrchen grinsend gesagt, als er mich sah. Aus diesem Grund wollte meine Züchterin mich dann schnellstens loswerden, und deshalb hat er nur ganz wenig Kohle für mich rausrücken müssen. Ja, so war das. Der Abschied von meiner Hundemama ist mir echt schwer gefallen und ihr auch, das weiß ich, aber sie hat bestimmt gehofft, dass ich in gute Hände komme, auch, wenn ich nicht reinrassig bin, was für viele Menschen wichtig ist. Das war ja auch eine Weile so, aber dann kamen die Ferien, und sie haben mich ins Tierheim abgeschoben.

Als mein Frauchen dorthin kam, wollte sie eigentlich einen kleineren Hund, aber dann hat sie sich doch schnell für mich entschieden. Vor allem, als sie meine Geschichte hörte, da war sie empört und richtig böse auf meine alte Familie.

„Das geht gar nicht! Verantwortungslos ist das, sich ein Tier anzuschaffen und es einfach abzugeben, wenn man keine Lust mehr hat, sich darum zu kümmern“, hat sie geschimpft.

Das Einzige, was sie an der Geschichte gut fand, ist mein Name – Laika.

Eigentlich wollte sie mich dann gleich mitnehmen, aber die Leute im Tierheim meinten, dass wir uns erst eine Zeitlang aneinander gewöhnen sollten. Sie wollten sicher sein, dass ich dieses Mal wirklich ein dauerhaftes Zuhause bekomme – schließlich bin ich eine Hündin und kein Wanderpokal. Deshalb ist mein Frauchen öfter gekommen, und wir haben auf dem Freigelände des Tierheimes zusammen gespielt. Sie hat mit mir auch lange Spaziergänge gemacht. Solange bis die Tierpfleger eingesehen haben, dass sie mich getrost gehen lassen können. Ich habe immer ganz laut gejault, wenn sie sich wieder von mir verabschiedet hat, und ich wieder zurück in meinen Zwinger musste. Aber dann kam endlich der große Tag, und ich durfte zu ihr in mein neues Zuhause ziehen. Seitdem geht’s mir gut. Sie ist wirklich lieb zu mir, und ich revanchiere mich so gut ich kann und passe auf sie auf.

Wir sind unzertrennlich, allerdings leiden wir beide momentan sehr unter der schrecklichen Hitze. Frauchen stöhnt und hat oft Kopfschmerzen, deshalb sind wir vor einigen Tagen in die Stadt gefahren, damit sie in der Apotheke Tabletten gegen ihre Beschwerden holen konnte. Mich hat sie im Auto gelassen.

„Bin gleich wieder da“, hat sie gesagt, und weg war sie.

Zwar hatte sie die Fenster einen Spaltbreit offen gelassen, aber als sie sooo lange nicht wiederkam, habe ich mir doch Sorgen gemacht und laut gebellt. Außerdem wurde es im Auto immer heißer, und ich hatte Angst, dass es mir so gehen könnte wie der anderen Laika. Aber auch mein Bellen hat Frauchen nicht hergebracht. Irgendwann wurden einige andere Passanten darauf aufmerksam, und schließlich hat ein Mann sogar die Scheibe ihres Wagens eingeschlagen. Eigentlich hätte ich sofort lautstark dagegen protestieren müssen, aber bis dahin war ich schon so matt, dass ich kaum noch röcheln konnte, deshalb war ich heilfroh, endlich aus dem Brutkasten befreit zu werden. Jemand hatte inzwischen sogar Wasser für mich besorgt. Und als die Polizei kam, haben die Beamten mich erst mal wieder ins Tierheim gebracht.

Am nächsten Tag kam mein Frauchen ganz aufgeregt dorthin.

„Laika, meine liebe Laika“, hat sie gesagt und mich ganz fest in ihre Arme genommen.

Wusste ich es doch, mein Frauchen lässt mich nicht in Stich! Dann hat sie den Leuten vom Tierheim erzählt, dass sie in der Apotheke ohnmächtig geworden ist, weil ihr die Hitze so sehr zu schaffen macht. Als sie sich später erholt hatte und zurück kam, da war ihr Auto kaputt und ein kleiner Zettel steckte hinter dem Scheibenwischer. Darauf stand, dass sie sich auf der Wache melden sollte. Die haben ihr dann erzählt, dass ich wieder im Tierheim bin und sie mich dort abholen kann – Gott sei Dank! Jetzt sind wir wieder zusammen, und Frauchen hat mir versprochen, mich nie mehr allein im Auto zurück zu lassen, bei so heißem Wetter schon gar nicht. -

Lumpi

Lange Zeit war ich ein Streuner, nicht freiwillig, sondern, weil mich bis dahin niemand haben wollte. Ich bin eine „echte Straßenmischung“, so hat mich mal jemand bezeichnet. Der hat mich eine Zeitlang gefüttert, solange er auf seiner Pilgerreise war. Wir waren dicke Freunde, dachte ich jedenfalls. Ich bin immer mit ihm mitgelaufen, weil ich gehofft hatte, er nimmt mich mit nach Hause, aber das hat er dann doch nicht getan. Er hat mich nicht nur hier gelassen, er hat sich nicht einmal von mir verabschiedet. War eines Tages einfach fort, da war ich sehr traurig und habe versucht ihn wiederzufinden, aber ohne Erfolg. Ich denke, er hat mich längst vergessen – leider!

Aber dann kam eines Tages meine Freundin Nadja und alles wurde anders. Jetzt ist es viel besser und schöner, als ich es mir je erträumt hatte, aber bis dahin war es buchstäblich ein sehr weiter Weg für uns. In meiner eigentlichen Heimat gibt es nämlich einen sehr bekannten Wallfahrtsort, und der heißt Lourdes. Da ist es eine Grotte mit einer Quelle und die Leute kommen in Scharen dorthin, weil sie glauben, dies ist ein heiliger Ort, an dem angeblich die Jungfrau Maria schon mal gewesen sein soll. Wunder können hier auch geschehen, für die Menschen, die daran glauben jedenfalls. Viele Kranke sollen gesund geworden sein, nachdem sie hier waren und zu Maria gebetet haben. Es heißt, dass Maria allen Kummer, mit dem die Leute zu ihr kommen, verschwinden lassen kann. Aber uns Tiere, von denen viele auch so ein Wunder nötig hätten, uns lässt man da nicht rein – keine Chance! Für mich ist trotzdem eines geschehen, als ich Nadja traf, aber ob Maria damit wirklich was zu tun hat?

Die sieht lieb aus, habe ich auf den ersten Blick gedacht, als der große Reisebus mal wieder in unseren kleinen Ort kam, und Nadja, zusammen mit vielen anderen Pilgern ausstieg. Ab hier wollten sie alle zu Fuß weitergehen. Wohl, damit sie sich ihr erhofftes Wunder verdienen konnten, denke ich. Warum sonst quälen sich die Menschen mit schwerem Gepäck auf dem Rücken und mit Blasen an den Füßen bis hin zur Grotte der heiligen Jungfrau. Nadja wollte das auch, genau deshalb war sie gekommen, hat sie mir später erzählt. Als sie mich sah, hat sie mir gleich ein Stück von ihrem Wurstbrot abgegeben, hm lecker war das! Sie hat gemerkt, dass ich halb verhungert war. Weil sie so lieb zu mir war, bin ich ihr seitdem nicht mehr von der Seite gewichen, wohin sie auch ging. Viele Tage lang sind wir zusammen gelaufen, und wenn sie abends in einer der Herbergen am Wege eingekehrt ist, dann musste ich draußen bleiben. Sie hat mich aber trotzdem immer versorgt, und ab und zu hat mir auch jemand aus der Küche ein paar Abfälle zugesteckt. Die kennen uns Streuner schon, aber alle sind nicht so nett. Viele jagen uns fort, weil sie denken, sie werden uns sonst gar nicht mehr los. Warum Nadja die heilige Jungfrau um Beistand bitten wollte, das wusste ich nicht, aber dass sie traurig war, das habe ich gespürt, und auch, dass sie mich nicht so einfach wieder in Stich lassen würde!

Als wir dann endlich an der Grotte angekommen waren, da durfte ich die letzten Meter, bis ins Ziel, nicht mit ihr mitlaufen. Eigentlich ungerecht, weil ich doch den ganzen langen Weg mit ihr zusammen zurückgelegt hatte. Meine Pfoten waren genau so wund, wie die Füße von Nadja. Nur konnte sie mich ja nicht verpflastern, aber sie hat mir jeden Abend die Pfoten mit so einem übel riechenden Zeugs eingeschmiert, das half. Ich sollte auf sie warten, sie käme bestimmt zurück, das hat sie mir eingeschärft, bevor sie allein weiter gegangen ist. Das habe ich getan, denn was blieb mir anderes übrig als am Straßenrand sitzen zu bleiben und auf sie zu warten.

Endlich, nach einer kleinen Ewigkeit, so kam es mir jedenfalls vor, kam sie tatsächlich zurück. Sie strahlte förmlich und meinte, der lange, schwierige Weg hätte sich für sie gelohnt. Schön für sie, aber ich hoffte nur, für mich auch! Wir sind dann wieder zurück zu der Herberge gegangen, in der sie in der letzten Nacht geschlafen hatte. Am nächsten Morgen wollte sie noch einmal zur Grotte und sich den Rest des Tages ausruhen, bevor sie ihren Rucksack für die Heimreise wieder einpacken musste. Sie hatte mir unterwegs ja schon berichtet, dass sie aus Deutschland gekommen war und für diese Tour ihren ganzen Urlaub geopfert hatte. Sie hat viel mit mir gesprochen; über Schönes und Trauriges in ihrem Leben, und ich glaube, es hat ihr geholfen, dass ich ihr zugehört habe, auch, wenn ich vieles nicht verstanden habe. Nur am Klang ihrer Stimme konnte ich mir denken worum es ging. Einen Namen hatte sie mir inzwischen auch gegeben – Lumpi, weil ich so abgerissen aussah, wie sie meinte. Klar, mein sandfarbenes Fell war nicht so glänzend wie heute und ziemlich dünn war ich zu der Zeit auch, kein Wunder! Das habe ich erst erlebt, als Nadja mir gesagt hat, dass sie mich mitnehmen wollte, nach Deutschland, dahin wo sie zuhause war.

„Das wird allerdings nicht so einfach, Du musst mir vertrauen und Dich ganz still verhalten!“, hat sie mir erklärt. Doch, vertraut habe ich ihr von Anfang an, aber still sein? Mich nicht mehr freuen und an ihr hochspringen dürfen, um sie zu begrüßen, wie sollte das denn gehen?

„Wir schaffen das schon“, hat Nadja gemeint. Sie hatte auch schon einen Plan. An unserem letzten Tag ist sie noch mal in den Ort gegangen und hat da für mich eine extragroße Tasche gekauft. Dann hat sie mich am folgenden Morgen ganz früh gefüttert, und dann sollte ich in die Tasche kriechen. Wollte ich erst nicht, aber ihr zuliebe habe ich es schließlich doch getan und bin darin eingeschlafen. Als ich aufwachte, war es schon dunkel und ich hatte Hunger, aber um uns herum war alles still, deshalb habe ich ganz vorsichtig meinen Kopf aus der Tasche zu stecken versucht und das hat Nadja aufgeweckt.

„Pst, Du musst noch ein bisschen aushalten“, hat sie in mein Ohr geflüstert und mich beruhigend gestreichelt. Danach hat sie den Reißverschluss an der Tasche schnell wieder ein Stück weiter zugezogen. Nicht ganz, damit ich noch etwas Luft bekommen konnte. Das kam mir alles komisch vor, aber ich wusste, was sie tut ist richtig, deshalb habe ich es mir gefallen lassen, und ich bin auch schnell wieder eingeschlafen. Als ich das nächste Mal erwacht bin, da war es hell, und der Bus hielt an. Alle waren ausgestiegen, um eine Pause zu machen. Nadja hat die Tasche, mit mir drin, ganz vorsichtig hoch genommen und mich draußen raus gelassen, damit ich mich mal in die Büsche schlagen konnte. Wurde auch Zeit, fast hätte ich in die Tasche gepinkelt. Aber dann mussten wir uns beeilen, denn sonst wäre der Bus womöglich noch ohne uns beide weiter gefahren. Also war es nix mit Auslauf für mich. Ganz steife Glieder hatte ich auch schon. Bevor wir wieder eingestiegen sind, hat sie mir aber noch was zu fressen gegeben und auch frisches Wasser. Das schmeckte wieder so komisch, aber ich hatte tüchtig Durst, deswegen habe ich es weggeschlabbert. Ja und dann muss ich wohl wieder eingeschlafen sein, denn als ich danach wieder aufgewacht bin, da wusste ich erst gar nicht wo ich war.

Ich lag auf einem dicken, weichen Fellteppich und meine Nadja saß mit einem fremden Kerl neben mir.

„Na, Du Schlafmütze“, das waren seine ersten Begrüßungsworte, die er an mich richtete. Das klang nett, so wie er es sagte und außerdem hat er mich dabei gestreichelt.

„Willkommen bei uns in Deutschland, Deiner neuen Heimat!“, hörte ich dann Nadja sagen. Diese Worte habe ich damals zwar noch nicht verstanden, aber was sie bedeuteten, das schon, ich durfte bleiben! Es hat nicht lange gedauert, bis ich mich hier eingewöhnt hatte und die deutsche Sprache, die verstehe ich inzwischen ziemlich gut, das meiste jedenfalls. Aber nur wenn ich will, falls nicht, dann tue ich einfach so, als würde ich nicht verstehen, was Udo und Nadja von mir wollen. Das ist ab und zu ganz praktisch, aber ich glaube fast, die beiden durchschauen mich und lachen darüber. Meine alte Heimat vermisse ich nicht, hier geht’s mir viel besser – vielleicht tatsächlich dank der heiligen Jungfrau Maria.

Andi