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Die junge Künstlerin Kirsty Paterson schlägt sich in Edinburgh mühsam mit verschiedenen Jobs durch. Doch dann stirbt ihre geliebte Großmutter Fiona und vererbt Kirsty ihr Rosencottage auf der malerischen Insel Tiree. Mit dem Haus verbindet Kirsty die glücklichsten Sommer ihrer Kindheit. Ihre Großmutter hat jedoch eine Bitte an das Erbe geknüpft: Kirsty soll das Verschwinden von Fionas Kinderfreundin Livie vor vielen Jahren aufklären. Schon bald löst sie mit ihrer Spurensuche schicksalhafte Ereignisse aus und trifft auf den undurchschaubaren, aber attraktiven Schriftsteller Finlay ...
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Seitenzahl: 594
Die junge Künstlerin Kirsty Paterson schlägt sich in Edinburgh mühsam mit verschiedenen Jobs durch. Doch dann stirbt ihre geliebte Großmutter Fiona und vererbt Kirsty ihr Rosencottage auf der malerischen Insel Tiree. Mit dem Haus verbindet Kirsty die glücklichsten Sommer ihrer Kindheit. Ihre Großmutter hat jedoch eine Bitte an das Erbe geknüpft: Kirsty soll das Verschwinden von Fionas Kinderfreundin Livie vor vielen Jahren aufklären. Schon bald löst sie mit ihrer Spurensuche schicksalhafte Ereignisse aus und trifft auf den undurchschaubaren, aber attraktiven Schriftsteller Finlay …
Informationen zu Constanze Wilken
sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin finden Sie am Ende des Buches.
Constanze Wilken
Roman
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Dieser Roman ist bereits unter dem Titel»Sehnsucht nach Tiree« bei Weltbild erschienen.
Originalausgabe April 2023
Copyright (c) 2021 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Gestaltung des Umschlags: UNO Werbeagentur, München
Covermotiv: © © GettyImages / inigofotografia, Luca Quadrio; FinePic®, München
Redaktion: Regine Weisbrod
BH · Herstellung: ik
Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-641-28650-7V001
www.goldmann-verlag.de
Will you come away my loveTo be my own my rare one.Tiree Love Song, 19. Jhd.
Man’s responsibility is to forgive:Only God has the authority to judge.Robert Burns
Kirsty Paterson – Künstlerin
Fiona Paterson – Kirstys Großmutter
George & Jennifer Paterson – Kirstys Eltern
Ethan Paterson – Kirstys Bruder
Scarlett – seine Frau
Finlay Stewart – Autor
Mala – Kirstys Freundin
Susan & Patrick McNeil – Restaurantbesitzer
auf Tiree
Hilary Dimond – Hebamme
Monica – ihre Tochter
Samuel Stevenson – Pfarrer
Lorna Lamont – Gemeindehelferin
Dr. Andrew Macearchana – Inselarzt
Donald & Selma McMillan – Farmer
Paddy, Matty, Freddy – ihre Söhne
Livie McMillan – ihre Tochter
Grant & Ruth Graham – Farmer
Paul, Rory, Anlay – ihre Söhne
Kenna Graham – ihre Tochter
Dr. Nathan Jones – Inselarzt in den 1930ern
Brodric McMillan – Mattys Neffe
Cam Levitt – sein Stiefsohn
Schwarz, blau und grau rollte die schwere Wolkenwand über den Ozean auf das Land zu. Seit Tagen tobte der Sturm, der jetzt seinen Höhepunkt erreicht hatte. Meterhoch stiegen die Wellen, deren weiße Gischt von den Böen bis auf den Strand gepeitscht wurde. Es schien, als wollte das Meer die kleine Insel verschlingen, die Tir fo Thuinn, Land unter den Wellen, genannt wurde. Nicht einmal an Weihnachten ließ der Wind die Menschen zur Ruhe kommen, die in der rauen, unnachgiebigen Natur ein karges Dasein fristeten.
Felsen ragten wie dunkle Riesen aus dem Wasser und griffen nach Booten, die sich hierher verirrten. Mit steinernen Fingern zermalmten sie die Schiffe unerfahrener Segler. Doch heute war es kein Boot, das dort am Strand lag. Es war die Gestalt einer Frau in einem weißen Kleid, die durch die Dünen gestolpert und am Meeressaum zusammengebrochen war. Kurz lag der ausgemergelte Körper dort, lange rotblonde Haare wirbelten auf und legten sich um die schmächtige Gestalt.
Da griff das tosende Meer mit gierigen Zungen nach dem Sand, riss ihn mit sich und berührte die Füße der Frau, die sich aufraffte und zurücksah. Sie lauschte in die einbrechende Dunkelheit, doch eine Böe jagte heulend über das Land, und die Frau ging mit stoischer Miene ins Meer. Zuerst erfassten die Wellen ihr Kleid, das sich vollsog mit dem eisigen Wasser der winterlichen See. Sie setzte einen Fuß vor den anderen und schien auf die große Welle zu warten, die sie verschlingen sollte.
»Selma!«, ertönte plötzlich eine männliche Stimme in den Dünen, und ein Mann kam angerannt.
»Selma! Tu es nicht!«, brüllte er und stürzte mit ausgestreckten Armen durch den Sand. Er war groß und kräftig, sein Körper von der Arbeit auf dem kargen Boden und dem Fischen gestählt.
Die Wollmütze hatte er sich über die Ohren und tief in die Stirn gezogen. Zusammengekniffene Augen suchten die stürmische Dämmerstunde zu durchdringen, und die Muskeln an seinem Kiefer zuckten. Die Frau schien ihn gehört zu haben und ließ sich dennoch ins Wasser sinken. Eine Welle krachte über ihr zusammen, und sie war eins mit der dunklen See.
»Nein! Du entkommst mir nicht!«, brüllte der Mann und stürzte sich in die Fluten, tauchte und kam mit der Ertrinkenden im Arm an die Oberfläche.
Mit grimmiger Miene kämpfte er sich durch die Brandung an den Strand und legte die Frau in den Sand. Unsanft klopfte er ihre Wangen und drehte sie auf die Seite. Das Kleid klebte an dem schmalen Frauenkörper, der zu zittern begann, und endlich erbrach sie das Seewasser, das sie geschluckt hatte. Wütend klopfte der Mann ihren Rücken und packte ihre Haare, so dass sie ihn ansehen musste. »Warum tust du mir das an, Selma? Und wenn nicht für mich, dann reiß dich wenigstens für deine Kinder zusammen!«
Die Frau sah ihn nicht an, spuckte noch etwas Wasser, hustete und sackte nach vorn, doch er ließ ihr keine Ruhe, riss sie auf die Beine und warf sie sich wie einen Sack Kartoffeln über die Schulter. Sie leistete keinen Widerstand, half ihm jedoch auch nicht, so dass ihre schlaffen Glieder im Rhythmus seiner Schritte schwangen, während er durch die Dünen stapfte.
Ihr Ziel war ein langgestrecktes weißes Haus mit schwarzem Dach, das sich hinter einer niedrigen Steinmauer vor dem Sturm duckte. Im Stall trampelte das Pferd mit den Hufen gegen die Wand. Der Sturm machte es nervös.
Donald McMillan ließ seine Frau zu Boden gleiten und hielt sie fest. »Kannst du allein hineingehen? Ich muss nach dem Pferd sehen. Es macht mir den Stall kaputt.«
Selma stieß ihn von sich und ging auf die Haustür zu, die so niedrig war, dass sie sich ducken musste. Mit klammen Fingern schob sie den Riegel beiseite und stieß die Tür auf. Ein Vorhang schützte das Innere vor dem Zug, und als Selma in den Raum trat, der Küche und Wohnraum zugleich war, ging ein Aufschrei durch die dort Wartenden. Ihre Tochter Livie stürzte als Erste auf sie zu und umschlang sie mit den Armen. »Mum, du bist ja ganz nass! Oh Gott, wo warst du denn nur?«
Selma machte sich von dem weinenden Mädchen los und ging zum Herd, auf dem ein Topf mit brodelnder Suppe stand. »Hast du gekocht, Livie?«
Ihre Söhne kamen nun ebenfalls zu ihr. Paddy, ein Jahr älter als Livie, nahm ihre Hand und sah sie besorgt an. Er war ein guter Junge, viel zu sanft für einen McMillan, und das, obwohl sein Vater ihn noch härter herannahm als die Brüder. »Lass doch, Mum, Livie kümmert sich um das Essen. Du bist kalt und nass, zieh dich um, sonst wirst du krank.«
»Hör auf zu flennen, Livie. Sind die Kartoffeln schon gar? Und was ist mit dem Kuchen?« Matthew, der Älteste, glich seinem Vater, hatte dessen Statur und kantiges Gesicht mit Augen, die stechend und unnachgiebig waren.
»Verdammt, heute ist Weihnachten, und du rennst raus in die Kälte wie eine Irre!«, fuhr ihr dritter Sohn, Freddy, sie an. Er war kleiner als Matthew, aber für seine Schlagkraft berüchtigt. Niemand legte sich gern mit den McMillans an.
Matthew musterte die Mutter mit zusammengekniffenen Augen. »Sie ist doch irre. Wer sonst würde so was Verrücktes tun!«
»Hört auf!«, rief Livie. »Lasst sie in Ruhe. Geh nur, Mum, zieh dich um. Bitte!«
Selma zitterte und fühlte, wie alle Kraft aus ihrem Körper wich. Bevor sie zu Boden sackte, fing Paddy sie auf und führte sie in die kleine Kammer, die sie mit ihrem Mann teilte. Außer einem Bett und einem Schrank befand sich nichts in dem kargen Raum. Nachdem Paddy die Tür geschlossen und sie zum Bett geführt hatte, fragte er leise: »Warum heute, Mum?«
Müde hob sie den Blick. »Für mich ist jeder Tag wie der andere.«
»Heute ist Weihnachten!«, sagte ihr Sohn, legte ihr eine Wolldecke um die Schultern und ging in die Hocke, um ihr die eiskalten Füße zu reiben.
»Geh nur, Paddy, bevor dein Vater dich hier sieht.«
Paddy erhob sich und sah sie traurig an. »Er war wirklich in Sorge um dich.«
Ein bitteres Lachen entrang sich ihrer Kehle, bevor sie von der Kälte erfasst wurde und ihre Zähne unkontrolliert zu klappern begannen.
Von der Royal Mile drang der übliche Lärm zu ihnen herein. Kirsty hielt inne … Nein, heute mischte sich ein Zug Dudelsackspieler darunter. Das würde die Touristen begeistern, die sich an den Geschäften und Restaurants vorbeidrängten. Kirsty strich sich die kinnlangen blonden Haare hinter die Ohren und widmete sich wieder ihrem Computer an der Rezeption des Grovers. Das moderne Luxushotel bot seinen Gästen alles, was man sich wünschen konnte, und war erst kürzlich von Grund auf renoviert worden. Sie beantwortete gerade eine Anfrage für die Jahreswende. Die Zeit um Weihnachten und Silvester war besonders nachgefragt. Das berühmte Hogmanay lockte Besucher aus der ganzen Welt an.
»Hallo, ich möchte mich beschweren!«
Sie hob den Blick und lächelte freundlich. Ein Mittfünfziger mit Baseballcap und einer teuren Armbanduhr trommelte vor ihr mit den Fingern auf dem Tresen. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Der Amerikaner hatte gestern mit seiner jungen Frau bei ihr eingecheckt und sofort ein Upgrade verlangt, nachdem sie das Zimmer besichtigt hatten.
»Die Matratzen sind zu weich. Durchgelegen. Das gehört sich bei diesen Preisen nicht!« Herausfordernd sah er sie an.
»Es tut mir sehr leid, dass Sie mit den Matratzen nicht zufrieden sind, die im Übrigen genauso neu sind wie die gesamte Einrichtung. Das Zimmer wurde vor zwei Monaten komplett renoviert.« Sie legte dem Gast ein Zertifikat des Matratzenherstellers vor.
»Interessiert mich nicht. Ich will neue Matratzen! Meine Frau hat Rückenprobleme.« Er sprach mit dem breiten Akzent der Südstaatenamerikaner und lehnte sich auf den Tresen.
»Welchen Härtegrad bevorzugt Ihre Frau denn? Dann lasse ich die Matratzen austauschen. Das ist kein Problem, Sir.«
Er schien überrascht. Manche Gäste suchten nach Kleinigkeiten, um den Preis zu drücken, andere beschwerten sich gern, um sich wichtig zu machen. Bei diesem Exemplar war es wohl eine Mischung aus beidem.
»Hi, Kirsty!« Ihre Freundin Mala trat zu ihr an die Rezeption. »Gibt es ein Problem?«
»Nein, wir klären das gerade. Welcher Härtegrad, sagten Sie?«
Der Mann murmelte etwas von mittel, und Kirsty machte sich eine Notiz. »Ich veranlasse den Tausch, und dann sollten Sie und Ihre Frau heute Nacht besser schlafen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mr Miller?«
»Vorerst nicht, danke.« Der Gast drehte sich um und ging davon.
»Ich hab’s geahnt, als die gestern eincheckten. Das ist genau der Typ, der dauernd was zu meckern hat. Oh, Mala, was ist nur mit den Menschen los? Da haben sie das Geld und die Zeit, um in so einem schönen Hotel zu wohnen, und was machen sie?« Kirsty verdrehte die Augen.
Ihre Freundin, die ihr den Job an der Rezeption vermittelt hatte, klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. »Vergiss es. An mir prallt inzwischen alles ab. Na ja, fast alles … Die Gruppe aus London letzte Woche hat mich an den Rand der Verzweiflung gebracht.«
Zehn junge Frauen hatten einen Junggesellinnenabschied gefeiert und die Rezeption, das Restaurant und den Spa-Bereich mit ausgefallenen Extrawünschen bis spät in die Nacht geplagt.
Mala zog einen Brief aus ihrer Handtasche. »Ich habe ihn dir mitgebracht, weil er offiziell aussieht. Vielleicht ist er wichtig.«
Sie teilten sich eine Wohnung in Boat Green, direkt am Fluss Leith. Beide hatten sie Träume. Malas Mutter stammte aus Mangalore, hatte einen schottischen IT-Experten geheiratet und war so nach Edinburgh gekommen. Während Mala einen Back-Blog betrieb, auf dem sie ihre ausgefallenen Kreationen vorstellte, war Kirstys Leidenschaft das Malen. Seit ihrer Kindheit hielt sie alles, was sie sah, mit Stift oder Pinsel fest. Ein Skizzenbuch war ihr ständiger Begleiter, und sie liebte es, einzutauchen in die Welt der Farben, die ein Eigenleben entwickelten, sobald sie auf ihrer Palette zu mischen begann, und sich darin zu verlieren. Mala ermutigte sie, ihre großformatigen Gemälde endlich auszustellen, doch dafür fehlte Kirsty das Selbstvertrauen. Sie hatte nichts vorzuweisen, kein Studium, keine Ausbildung, nur ein wildes, unstetes Leben, das sie nach Australien, Neuseeland und Thailand geführt hatte. Es gab kaum etwas, das sie bereute … Womöglich war sie manchmal zu gutgläubig gewesen. In Thailand hatte sie sich ihren Rucksack samt Geld und Papieren von anderen Backpackern stehlen lassen, die sie allein und fieberkrank in einem Dschungelcamp zurückgelassen hatten. Unbehandelt hatte das Fieber ihre Organe angegriffen, und sie hatte jahrelang an den Folgen gelitten.
Mittellos und erschöpft war sie mit Ende zwanzig nach Schottland zurückgekehrt und hatte in Mala nicht nur eine Vermieterin, sondern auch eine gute Freundin gefunden. Im Hotel arbeitete Kirsty für ihren Lebensunterhalt und im Georgian House am Charlotte Square unentgeltlich für den National Trust. Sie hatte das alte Haus, das im achtzehnten Jahrhundert von Robert Adams entworfen worden war, schon als Kind geliebt, und jetzt führte sie einmal pro Woche Besucherinnen und Besucher durch das traditionelle Bürgerhaus. Unentgeltlich, was für ihre Eltern unverständlich war, denn George Paterson gehörte ein renommiertes Architekturbüro in Dundee, das er gemeinsam mit Kirstys Bruder Ethan leitete. Ethan war sieben Jahre älter als sie, und ihr Verhältnis war nie eng gewesen. Zu unterschiedlich waren die Charaktere der Geschwister, und die Heirat ihres Bruders hatte es nicht besser gemacht. Ihre Schwägerin Scarlett war Pharmareferentin, und ihr Hauptinteresse galt der Gewinnmaximierung, Designerlabeln und angesagten Urlaubsorten. Für Menschen wie Kirsty hatte sie nur ein müdes blasiertes Lächeln übrig. Wobei das mit jeder Botox-Injektion schwieriger wurde. Es war wenig überraschend für Kirsty gewesen, dass sich ihre Mutter besser mit der Schwägerin als mit der eigenen Tochter verstand. Längst hatte sie sich damit abgefunden, das schwarze Schaf der Familie zu sein.
Kirsty betrachtete den Umschlag: MacIsaac & Connal, Rechtsanwälte und Notare.
Die Einzige aus ihrer Familie, die sie immer verstanden hatte, war ihre Großmutter Fiona. Ihre glücklichsten Erinnerungen verband Kirsty mit den Ferien, die sie auf Tiree in Fionas Rosencottage verbracht hatte. Dort hatte sie sich stets geborgen und gleichzeitig frei und unbeschwert gefühlt. Fiona Paterson, eine geborene MacGregor, hatte einen Teil ihrer Kindheit auf Tiree verbracht. Die MacGregors und später auch Fiona hatten das Haus nie aufgegeben und als Ferienhaus genutzt. Zu viele Erinnerungen, sagte sie immer. In diesem Sommer hatten sie gemeinsam zwei Wochen dort verbringen wollen, doch dann war Fiona krank geworden. Man sollte nie etwas aufschieben, das war Kirsty schmerzlich bewusst geworden, als ihre Großmutter vor einem Monat überraschend im Krankenhaus gestorben war.
Seufzend öffnete sie den Umschlag. Er enthielt ein Anschreiben der Kanzlei und einen Umschlag mit der Schrift ihrer Großmutter. Kirsty ging ins Büro, um ungestört lesen zu können.
»Sehr geehrte Ms Paterson«, stand dort auf edlem Papier. »Unser aufrichtiges Beileid zum Verlust Ihrer Großmutter Fiona Paterson, in deren Auftrag wir tätig sind. Ihre Großmutter hat Ihnen das Rosencottage auf Tiree hinterlassen. Der beiliegende Brief Ihrer Großmutter enthält eine Bedingung, die zu erfüllen ist, wenn Sie sich für die Annahme des Erbes entscheiden.
Gern stehen wir für Rückfragen zur Verfügung und erwarten Ihre Antwort innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung dieses Schreibens.
Hochachtungsvoll
William MacIsaac«
»Rosencottage? Ich soll das Rosencottage erhalten?« Überrascht und tief bewegt schniefte Kirsty und fuhr sich über die Augen. Sie entfaltete den Brief, aus dem ein Schwarzweißfoto herausfiel, das zwei junge Mädchen zeigte. Sie saßen lachend vor einem Cottage auf einer Mauer. Der Wind blies ihnen die Haare aus den Gesichtern, hinter dem Cottage war das Meer zu sehen, und am Himmel ballten sich Sturmwolken. In dem einen Mädchen glaubte sie ihre Großmutter zu erkennen, das andere Mädchen kannte Kirsty nicht. Als sie zu lesen begann, hörte sie Fionas Stimme:
»Meine liebe Kirsty, schon vor Jahren habe ich entschieden, dass das Rosencottage einmal dir gehören soll. Ich weiß, wie gern du auf Tiree bist. Du liebst die Insel, dieses karge, unwirtliche Stück Land mitten im Meer genauso sehr wie ich. In vielen Dingen sind wir uns sehr ähnlich, nur hast du nie deinen Platz gefunden. Vielleicht ist es Tiree, meine Kleine. Manchmal braucht es einen Anstoß von außen, um seinen Weg zu finden.
Ich hatte ein langes, erfülltes Leben, nur eine Sache bereue ich bis heute, nämlich, dass ich mich nicht beizeiten um das Schicksal meiner einstigen Freundin gekümmert habe. Irgendwann ist es zu spät, und man kann nichts mehr tun als zu hoffen, dass jemand anderes tut, was man selbst hätte tun müssen. Nun ist es an dir, Kirsty, mir diesen einen Wunsch zu erfüllen, den Faden aufzunehmen, der damals in den Dreißigerjahren auf Tiree zerriss, der Faden, der das Band der Freundschaft zwischen mir und Livie war.
Ich habe nie von ihr erzählt, zu sehr habe ich mich geschämt, dass ich sie im Stich gelassen habe. Wir waren so jung, und die Zeiten waren anders, und letztlich hat der Krieg alles verändert, unsere Leben aus der Bahn geworfen. Dennoch, ich hätte den Mut fassen und nach Livie fragen müssen. Livie McMillan ist die Tochter von Donald und Selma McMillan. Die McMillans waren Crofter, wie wir auch, und ihre Farm lag südlich von Sandaig ganz abseits in den Dünen. Auf dem Foto siehst du mich mit Livie auf der Mauer vor dem Cottage ihrer Eltern. Da muss der alte McMillan nicht da gewesen sein. Wir hatten alle Angst vor ihm, diesem lauten, stets schlecht gelaunten Mann.
Livie hatte drei Brüder. Paddy war ihr Lieblingsbruder und ein liebenswerter Bursche, er liebte Gedichte. Was glaubst du, wie oft er dafür von seinem Vater und seinen Brüdern verprügelt wurde. Furchtbare Kerle waren das – Matthew und Freddy. Matty war der Älteste und kam ganz nach seinem Vater. Wenn es irgendwo eine Prügelei auf der Insel gab, konnte man sicher sein, dass Matty und Freddy darin verwickelt waren. Livie und ich sind gemeinsam die ersten vier Jahre zur Schule gegangen. Danach kam ich in ein Internat auf dem Festland und war nur noch in den Ferien zu Hause. Es war im Sommer 1934, wir waren beide gerade fünfzehn geworden, als Livie mir erzählte, dass sie sich verliebt habe, und zwar in den jungen Rory Graham. Die Grahams lebten auf der Farm auf der anderen Seite der Düne, und Rory war ein hübscher Bursche.
Im Sommer 1935 war ich zum letzten Mal vor dem Krieg auf Tiree. Es war alles sehr traurig. Livie hatte im Februar ein uneheliches Kind zur Welt gebracht, das wohl bald nach der Geburt gestorben war. Auf einer Insel wird viel getratscht, und es hieß, dass die verrückte Selma das Kind im Meer ertränkt hätte, was natürlich blanker Unsinn war. Livies Mutter war eigenwillig, seltsam – aber verrückt? Ich glaube nicht. Doch so war das damals. Es gab auch einen Inselarzt, Dr. Jones, und danach Adamson, soweit ich mich entsinne, aber die McMillans wollten immer alles allein ausmachen. Ich hätte mir mehr Mühe mit ihr geben müssen, das werfe ich mir heute vor. Die Grahams hatten Tiree verlassen. Ach, es war schrecklich. Sie war viel zu jung für ein Kind – und dann ihr Vater. Ich wollte mir nie vorstellen, was er mit ihr gemacht hat, als er hörte, dass sie die Ehre der Familie beschmutzt hatte. Ein uneheliches Kind war damals das gesellschaftliche Ende für eine Frau.
Meine Eltern hatten beschlossen, aufs Festland zu ziehen, und verpachteten die Farm. Ich habe Livie meine Adresse gegeben, doch sie hat sich nie gemeldet. Tja, dann kam der Krieg, ich habe geheiratet, und das Leben ging weiter. Eigentlich sind wir erst Ende der Sechziger wieder öfter nach Tiree gefahren. Es wurde geklatscht, dass Livie während des Krieges mit einem kanadischen Soldaten weggegangen wäre. Ich hätte es ihr gewünscht, aber so richtig glauben konnte ich es nie. Livie in einem fremden Land, andererseits, was weiß man schon über einen Menschen?!
Schon längst hätte ich mit dir über Livie sprechen sollen. Wir hätten sie gemeinsam suchen sollen, aber nun fühle ich meine Kräfte schwinden und überlasse dir diese Aufgabe. Du hast mir oft gesagt, dass du deinen Platz im Leben noch nicht gefunden hast. Vielleicht ist das Rosencottage deine Bestimmung und die Suche nach Livie ein Teil deines eigenen Weges. Finde Livie für mich, Kirsty, finde meine alte Freundin, denn wir standen uns einmal sehr nahe.
Deine Granny Fiona«
Kirsty lehnte sich gegen die Wand und betrachtete intensiv das Foto. Livie McMillan war ein dürrer Teenager mit langen Haaren und großen, verträumten Augen. Wenn sie die Konstitution von Fiona hatte, konnte sie noch am Leben sein.
»Ich finde dich, Livie, und wenn ich an jede Tür auf Tiree klopfen muss«, murmelte Kirsty und ging wieder zur Rezeption, wo Mala sie erwartungsvoll ansah.
»Es geht um deine Großmutter, nicht wahr?«
Kirsty nickte. »Sie hat mich gebeten, jemanden zu finden.«
Stuart Tolman, der Hoteldirektor, trat zu ihnen. Er war jünger als Kirsty und ließ jeden wissen, dass er in den besten Hotels der Welt gearbeitet hatte. »Haben Sie nichts zu tun? Es macht keinen guten Eindruck, wenn das Personal tratschend zusammensteht«, rügte er sie.
Kirsty zwinkerte Mala zu. »Ach, wissen Sie, Mr Tolman, ich habe Ihre Art der Personalführung so satt. Auch wenn Sie dem König von Honolulu den Hintern mit Gold besprüht haben, gibt Ihnen das nicht das Recht, so mit uns umzuspringen. Ich kündige.«
Sie hörte Mala hinter vorgehaltener Hand kichern, während der Direktor nach Luft rang.
Die Fähre schob sich mit stampfendem Motor durch die Wellen. Kirsty stand vorn an Deck und ließ sich den Wind und die salzige Luft ins Gesicht wehen. Ab und an leckte sie sich mit der Zunge über die Lippen, wie sie es als Kind getan hatte, wenn sie mit ihren Eltern hier vorn gestanden hatte. Wenn sie das Salz des Ozeans auf den Lippen schmecken konnte, begann die schönste Zeit des Jahres. Und jetzt begann ihr neues Leben.
Das große Fährschiff hob und senkte sich mit den rollenden Wellen, auf denen weiße Schaumkronen zu sehen waren. Der Wind hatte zugenommen, und viele Passagiere standen mit grünen Gesichtern an der Reling und würgten die Reste ihres Frühstücks heraus. Kirsty war schon immer seefest gewesen und grinste, als ein Junge aus dem Schiffsinnern gestolpert kam, sich über die Reling lehnte und Poseidon opferte. Kurz nach dem Ablegen in Oban hatte er noch herumgetönt, dass ihm Seegang nichts ausmachte, und sich eine Portion Fish & Chips bestellt.
»Na, war wohl doch keine so gute Idee, sich vollzustopfen, oder?«, meinte Kirsty und reichte ihm ein Taschentuch, das er dankend annahm.
»Ist mir noch nie passiert«, meinte der Junge, der zwölf oder dreizehn Jahre alt sein mochte.
Kirsty hob die Augenbrauen. »Wo wollt ihr denn hin? Nach Coll oder nach Tiree?«
Die Fähre legte in Oban ab und hielt zuerst im Hafen von Arinagour auf Coll, bevor sie weiter nach Scarinish auf Tiree fuhr. Um sieben Uhr fünfzehn waren sie losgefahren und würden Scarinish um halb vier erreichen. Wer zu den Inseln wollte, brauchte Zeit, die Kirsty jetzt im Überfluss hatte. Seit sie Edinburgh um drei Uhr morgens mit ihrem Mini verlassen hatte, fühlte sie sich, als wartete da draußen auf der Insel im Atlantischen Ozean ein Abenteuer auf sie. Mala hatte eher die Befürchtung, dass sie sich auf der öden Insel, wie sie sich ausdrückte, zu Tode langweilen würde, doch Kirsty hatte alle Bedenken weggewischt. Sie wusste, was sie erwartete, und sie liebte die Einsamkeit der rauen Natur inmitten des Meeres.
»Nach Tiree. Ich surfe!«, sagte der Junge stolz.
»Na, dann findest du jede Menge tolle Strände. Für jede Windrichtung gibt’s einen«, sagte Kirsty, die selbst gern gesurft hatte. Vielleicht würde sie wieder anfangen.
»Du warst schon da?« Der Junge schien die Übelkeit überwunden zu haben und sah sie neugierig an. Er hatte halblanges blondes Haar und trug ein T-Shirt mit einem Haifisch, der in ein Surfbrett biss.
»Meine Großmutter hat dort ein Haus. Ich habe viele Sommer dort verbracht.«
»Wie cool! Wir sind zum ersten Mal hier. Ich heiße Danny.« Er streckte ihr die Hand entgegen, die sie lächelnd schüttelte.
»Freut mich, Danny, ich bin Kirsty.«
»Und jetzt besuchst du deine Großmutter?« Er musste seine Stimme erheben, um den Wind und die Maschinen zu übertönen.
Sie hielten sich beide an der Reling fest, um nicht auszurutschen. »Wow, ganz schön heftige Dünung. Nur ihr Haus. Sie ist gestorben, leider. Ich vermisse sie sehr.«
»Das tut mir leid. Mein Großvater ist letztes Jahr gestorben. Das war schlimm. Er hat mir das Surfen beigebracht.« Der Junge schaute auf die wogende See. »Wir haben seine Asche im Meer verstreut. Das wollte er so.«
»Er hat das Meer wohl sehr geliebt, und jetzt ist er ein Teil davon. Ein schöner Gedanke.« Wer hätte gedacht, dass sie mit einem fremden Jungen über den Tod sprechen würde.
»Danny! Wo steckst du?«, rief eine weibliche Stimme.
»Ich muss gehen. Vielleicht sehen wir uns auf Tiree, Kirsty.«
»Ja, vielleicht. Mach’s gut, Danny.«
Als sie am Nachmittag den Hafen von Scarinish erreichten, hatte sich der Wind gelegt, und die See war ruhiger. Die Wolkendecke riss auf, und die Sonne schien auf die am Hafen verstreuten Häuser und Autos.
Der Fähranleger von Scarinish war eine schmucklose Betonkonstruktion, die in die Bucht hinausragte. Kirsty entdeckte ein neues Haus für die wartenden Fährgäste, und das Hotel direkt am Hafen schien ebenfalls modernisiert worden zu sein. Zu ihrer großen Erleichterung waren noch immer nur die alten Black Houses und die weißen Häuser mit den schwarzen Teerdächern verstreut am Ufer zu sehen. Der weiße Strand erstreckte sich vor dem Grün des angrenzenden Marschbodens, des viel gerühmten Machair. Das fruchtbare Land war in Jahrtausenden durch das Zusammenspiel von Wind, zermahlenen Muscheln und den Grassamen entstanden. Tiree hatte lange als fruchtbarste Insel der Hebriden gegolten, und es hatte Zeiten gegeben, da hatten viertausend Menschen die Insel bevölkert, Kühe gehalten, Kartoffeln angebaut und Kelp gesammelt. Aber das war lange vorbei.
Kirsty startete ihren alten Mini, der bis unters Dach mit ihren Habseligkeiten vollgestopft war. Auch ihre Staffelei hatte sie mitgenommen, und wenn sie die Wolkenberge und das wechselnde Lichtspiel sah, wollte sie direkt ihre Leinwand hervorholen. Vor ihr fuhr der Wagen von Danny und seiner Familie auf den Fähranleger. Der Junge winkte ihr zu, und sie hupte kurz.
Sie drehte die Fenster herunter, um den Geruch von Meer und Seetang zu atmen. Die Räder ratterten über die stählernen Klappen der Fähre, und als sie langsam auf das Land zufuhr, mischte sich Wehmut in ihre Vorfreude. Eine Träne rollte ihr über die Wange, während sie an den ersten Häusern vorbeifuhr, die sich in die flache Landschaft fügten, als wären sie mit ihr verwachsen. Diesen Besuch hatte sie mit Fiona erleben wollen, nun kam sie allein – und nicht nur zu Besuch.
Den Coop gab es noch, genau wie die Tankstelle, die Zweigstelle der Royal Bank of Scotland und die Poststelle. Fast jeder auf Tiree hielt Tiere oder baute Getreide an. Der Lebensrhythmus richtete sich nach der Natur oder den Gezeiten. Viele Fischer gab es nicht mehr, aber sie entdeckte die Hummerkörbe am Hafen. Zumindest diese Tradition wurde hochgehalten.
Die Insel war überschaubar. Man fand immer leicht an die Küste zurück und konnte sich auf den schmalen, einspurigen Straßen orientieren. Von Scarinish aus folgte sie der südwestlichen Küstenstraße, kam durch Crossapol, vorbei an Loch an Eilein, fuhr mitten durch das Inselinnere, entdeckte ein neues Café und eine Galerie, fuhr weiter durch Barrapol, wo eins der typischen traditionellen White Houses mit Reetdach anscheinend gerade einen frischen Anstrich erhalten hatte, und erreichte schließlich den Weiler von Sandaig.
Wie fast überall auf der Insel handelte es sich bei den Häusern um Crofts. Auch zum Rosencottage, das an der Meerseite der Straße inmitten des sattgrünen Machair lag, gehörte ein Stück Land, das Fiona an den Nachbarn verpachtet hatte. Ihre Großmutter hatte nie Ambitionen gehabt, Getreide anzubauen oder Weidevieh zu halten. Die Landschaft hob und senkte sich in sanften Erhebungen. Alle Häuser hier waren mit dem geteerten Filz gedeckt, eine Eigenart mit langer Tradition.
Kirsty verlangsamte das Tempo und ließ den Blick über die weiten Grünflächen, die Dünen und die Felsen an der Küste schweifen. Das Meer rauschte und grollte vor den Felsen, und hin und wieder spritzte die Gischt auf. Die Sonne war seit zehn Minuten durch die Wolken gebrochen und ließ das Land einladend und gastfreundlich wirken. Kirsty fröstelte, als eine Windböe in ihren Wagen fuhr. Es war August, und die Temperatur betrug gerade einmal siebzehn Grad. Wenn das Thermometer einmal über die Zwanziggradmarke kroch, war das die Ausnahme.
Sie entdeckte ein Schild, das auf ein Fitnesszentrum hinwies, und gleich nebenan deutete ein voller Parkplatz auf ein beliebtes Restaurant hin. Das Rosencottage lag noch weiter nördlich ganz allein nur zwanzig Meter von den Felsen entfernt, hinter denen sich ein schmaler Strand befand. Natürlich hatten alle Zugang, doch da die Touristen den Weg hinunter nicht kannten, waren sie meist allein an ihrem Strand, wie Fiona immer gesagt hatte.
Ihr Herz schlug schneller, als sie das schwarze Dach und die Steinmauer entdeckte, die das Cottage umgab. Wenn die Flut über normal stieg, fungierte die Mauer als Hochwasserschutz. Sandsäcke standen in einem Schuppen bereit und konnten bei Bedarf vor die Türen gestellt werden. Aus dem Schornstein stieg Rauch auf, und in der Einfahrt stand ein Herrenfahrrad. Kirsty wunderte sich, der Anwalt hatte nichts von einem Hausmeisterservice gesagt.
Sie parkte hinter dem Fahrrad und stieg aus. Das Haus machte einen guten Eindruck. Gut, die Farbe blätterte stellenweise ab, und das Dach musste wahrscheinlich geflickt, wenn nicht erneuert werden, doch der Garten war gepflegt. Fionas geliebte Rosen standen in voller Blüte. Neben der Haustür rankte ein zartrosa Strauch die Mauer hinauf, und an der Mauer blühte eine gelbe Rose. Der ummauerte Garten war so groß, dass es Platz für ein Gemüsebeet, eine Terrasse, ein Gartenhaus und einen Rosengarten gab. Auf der anderen Seite des Cottage war ein kleiner Anbau, in dem sich der Vorratsraum und die Waschküche befanden. Zwischen Anbau und Garage war ein kleiner Hof mit einer Pumpe und einem Wasserbecken. In der Garage befand sich auch der Zugang zur hauseigenen Klärgrube, die jährlich geleert wurde.
Kirsty ging zur Haustür und hielt überrascht inne, als sie Musik vernahm, klassische Musik. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, doch die Tür war offen.
»Hallo! Ist da jemand?«, rief sie laut, denn die Klaviermusik dröhnte durch die Räume.
Als niemand antwortete, stieß sie die Tür zum Wohnzimmer auf, denn von dort schien die Musik zu kommen. Es hatte sich kaum etwas verändert seit ihrem letzten Besuch. An einer Wand stand ein gut bestücktes Bücherregal, auf dem alten Steinfußboden lag ein zerschlissener Patchworkteppich, und noch immer gab es das kleine Sofa mit dem graublauen Tweedbezug, den Ohrensessel, einen Fußhocker und in der Ecke den alten Esstisch mit vier Stühlen. Die Vorhänge waren verwaschen, und rings um den Kamin hatte der Ruß seine Spuren hinterlassen.
Neu war lediglich der fremde Mann, der schlafend auf der Bank am Fenster lag. Kirsty ging zum Radio und stellte es ab. Die plötzliche Stille schien den Mann zu irritieren, denn er rührte sich, die Augen blieben jedoch geschlossen.
»Hallo! Was machen Sie in meinem Haus?«
Der Mann sah ein wenig verwahrlost aus. Er hatte dunkles Haar, das ihm strähnig ins Gesicht fiel, einen Dreitagebart, und sein Sweatshirt war fleckig, genau wie seine Hose. Die Schuhe und auch seine Armbanduhr waren jedoch von guter Qualität. Kirsty erkannte eine hochpreisige Luxusmarke. Es konnte sich allerdings auch um eine billige Imitation handeln.
Auf dem Tisch stand ein Glas, und dann entdeckte sie eine Whiskyflasche auf dem Boden neben der Bank. Sie hob die Flasche auf und stellte sie lautstark auf den Tisch: Bunnahabhain, fünfundzwanzig Jahre alt. Im Hotel kostete eine solche Flasche mehr als dreihundert Euro. Was für eine Art Landstreicher war das hier? Kirsty nahm den Schürhaken vom Kamin und stieß damit aus sicherer Entfernung den ungebetenen Gast an. Ein unwilliges Knurren war die Antwort.
»Hey, aufwachen!« Sie stieß ihn erneut an, und diesmal rekelte der Mann sich, öffnete langsam die Augen, blinzelte und hielt sich den Kopf.
»Was machen Sie hier in meinem Haus? Wenn Sie den Whisky allein getrunken haben, haben Sie wohl einen Brummschädel, guter Mann. Muss ich die Polizei holen? Oder gehen Sie von allein?«
Der Fremde räusperte sich, fuhr sich durch die Haare und setzte sich auf. Als sein Blick sich fokussierte, wurde sie von intelligenten dunkelbraunen Augen gemustert, die zu einem gut geschnittenen Gesicht gehörten. Sie schätzte den Mann auf Mitte vierzig, vielleicht jünger, sein ramponierter Zustand forderte einen gewissen Tribut.
»Wollen Sie mich erstechen?«, kam es trocken, und er deutete lässig auf den Schürhaken, den sie immer noch in der Hand hielt. »Ich bin unbewaffnet.« Er grinste, und ihr Herz machte unwillkürlich einen Satz. Der Kerl war attraktiv und unverschämt.
Sie ließ den Schürhaken sinken. »Sehr witzig. Was machen Sie hier?«
»Das könnte ich Sie fragen. Sie sind hier eingedrungen, oder nicht?« Er wollte nach der Whiskyflasche greifen, doch Kirsty zog sie außer Reichweite.
»Ist sowieso fast leer. Ich darf ja wohl mein eigenes Haus betreten, wenn mir danach ist.« Triumphierend sah sie ihn an.
Er runzelte die Stirn, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und überlegte kurz. Seine Worte waren klar, er schien also nicht mehr betrunken. »Das ist Ihr Haus? Aber ich habe es von Fiona Paterson gemietet, und als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie …«, er legte den Kopf schief, »… älter. Sind Sie in einen Jungbrunnen gefallen? Plastische Chirurgie kann ja eine Menge, aber so gut ist kein Arzt.«
Schlagfertig war er. »Sehr witzig. Fiona war meine Großmutter. Ich bin Kirsty Paterson.«
»War?« Betroffen musterte er sie.
»Sie ist vor zwei Monaten gestorben. Wie lange wohnen Sie denn schon hier? Und wie heißen Sie?«
»Stewart. Finlay Stewart. Meine Freunde nennen mich Fin, aber ich weiß nicht, ob ich noch Freunde habe.« Er stieß hörbar die Luft aus. »Tut mir sehr leid, Kirsty. Ich habe Ihre Großmutter bei einem Aufenthalt hier vor zwei Jahren kennengelernt, und da hat sie mir das Cottage angeboten, wann immer ich Lust auf eine Auszeit hätte.« Als er die Hände auf den Tisch legte, entdeckte sie einen goldenen Ehering.
»Ach was, und da hat sie Ihnen einen Schlüssel in die Hand gedrückt, damit Sie nach Belieben kommen und gehen können?« Kirsty verschränkte die Arme vor der Brust. »Mir hat sie nichts von dieser Vereinbarung erzählt!«
Finlay barg seinen Kopf in den Händen und murmelte: »Schreien Sie nicht so, ich bin nicht taub. Und ja, so war das. Aber ich habe auch einen Brief, in dem sie mir bestätigt, dass ich hier wohnen darf. Wollen Sie ihn sehen?«
»Natürlich will ich diesen Brief sehen, was denken Sie denn!« Kirsty ging in die angrenzende offene Küche, nahm ein Glas aus einem Schrank und füllte es mit Leitungswasser.
Damit ging sie zurück zum Tisch und stellte es vor den impertinenten Mann hin. »Hier, trinken Sie das. Wird Ihnen guttun. Sie sehen beschissen aus.«
»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen.« Doch er leerte das Wasserglas in einem Zug. Dann erhob er sich umständlich, indem er sich am Tisch abstützte. Er brauchte einige Sekunden, um sein Gleichgewicht zu finden, bevor er in den Nebenraum ging.
Dort befand sich ein kleines Schlafzimmer. Gleich daneben lag ein Badezimmer mit einer kleinen Badewanne, der einzige Luxus in dem Cottage. Die Toilette befand sich auf der anderen Seite der Küche. Dort führte eine schmale Treppe in den ersten Stock mit zwei weiteren Schlafräumen. Dieser Finlay Stewart hatte sich also im Erdgeschoss eingenistet, dachte Kirsty und öffnete die Kühlschranktür. Neben Weinflaschen mit Banderole und Medaillen gab es alles, was ein gut gefülltes Portemonnaie hergab: Räucherlachs, Parmaschinken, Käsestücke, Butter, Joghurt in Gläsern, Oliven und Feinkostgläser, die direkt aus Italien importiert zu sein schienen. Wer war dieser Mann? Und warum hatten weder Fiona noch der Anwalt ihn erwähnt?
Finlay Stewart kam mit einem zerknitterten Umschlag zurück. »Hier, bitte, lesen Sie selbst. Ich habe die Miete für die nächsten acht Monate im Voraus bezahlt.«
»Acht Monate?«, entfuhr es ihr. Rasch überflog sie die wenigen Zeilen, die besagten, dass Mr Stewart das Cottage von Fiona gemietet habe. Das war eindeutig Fionas Unterschrift.
»Und die wollen Sie hier auch bleiben?« Wütend starrte sie den Eindringling an.
Der blieb gelassen, ging zum Kühlschrank und nahm eine Weinflasche heraus. »Mögen Sie einen Chablis?«
Während er die Flasche entkorkte, warf er ihr einen kurzen Seitenblick zu. »Ja, das habe ich vor. Wollten Sie denn hier Urlaub machen? Oben sind zwei Zimmer. Platz genug ist doch vorhanden. Wenn Sie ruhig sind, habe ich nichts dagegen.« Mit einem satten Plopp zog er den Korken aus der Flasche.
»Geht’s noch? Ich habe das Cottage von Fiona geerbt und will hier einziehen! Draußen steht mein Wagen mit meiner ganzen Habe, und jetzt finde ich hier einen, einen …« Sie wollte das Wort Säufer nicht aussprechen. »… Fremden, der sich hier volllaufen lässt! Und ich soll ruhig sein? Dass ich sauer bin, ist ja wohl verständlich, oder?!«
Er hatte zwei Gläser gefüllt und reichte ihr eins. Mit einem charmanten Lächeln sagte er: »Ich kann Sie durchaus verstehen, Kirsty. Aber ich glaube, dass wir uns arrangieren können. Ich gebe zu, dass ich viel, vielleicht zu viel trinke, aber das ist nicht Ihr Problem, sondern meins. Und Ruhe brauche ich, weil ich einen Roman schreiben muss, an dem ich schon seit einem Jahr sitze. Langsam wird mein Verleger ungeduldig, und meine Mittel sind nicht unbegrenzt.«
Kirsty hielt das Glas und hörte skeptisch zu, doch als er das Schreiben erwähnte, machte es Klick. »Sie haben ›Das Meer‹ geschrieben!«
Finlay hob sein Glas. »Danke sehr, Sie kennen meinen besten Roman. Das ehrt Sie. Auf Ihr Wohl!«
»Sie sind ein impertinenter, eingebildeter Kerl!« Kirsty probierte dennoch den Chablis, der ausgezeichnet war. »Und Sie verstehen was von Wein.«
»Ich wusste, wir kommen miteinander aus.« Er griff nach der Flasche und ging ins Nebenzimmer.
Ungläubig sah Kirsty ihm nach.
Seufzend stellte Kirsty das Glas ab, ging nach draußen und holte nach und nach ihre Habseligkeiten ins Haus. Sie hätte ohnehin nicht unten schlafen wollen. Schon als Kind hatte sie das Zimmer mit dem Fenster unter der Dachschräge geliebt, von dem aus man aufs Meer schauen konnte. Allerdings hatte sie sich vorgestellt, unten ihr Atelier einzurichten. Nun, dann musste Mr Stewart sich damit abfinden, dass sie im Wohnzimmer malte, denn dort hatte sie am meisten Licht.
Ihr Untermieter ließ sich nicht mehr blicken, doch Kirsty war zu müde von der langen Fahrt, um sich weiter zu ärgern. Morgen war ein neuer Tag, und dann würde sie sich mit dem Problem Finlay Stewart befassen. Ihre Staffelei und eine Kiste mit Farben und Pinseln stellte sie ins Wohnzimmer, auch einen Karton mit Küchenutensilien und Geschirr schob sie dazu. Nicht, dass sie viel besaß, aber es gab einige Becher und Bilder, die sie von ihren Reisen mitgebracht hatte. Irgendwann hatte sie sich abgewöhnt, allzu sehr an Dingen zu hängen. Es waren die Erinnerungen, die ihr keiner nehmen konnte.
Sie nahm eine schwere Tasche mit Wäsche und Decken und eine mit ihrer Kleidung mit nach oben. Überraschenderweise roch es frisch und nicht abgestanden, wie sie erwartet hatte. Fiona musste dafür Sorge getragen haben, dass das Haus regelmäßig gelüftet und beheizt wurde. Das größere Schlafzimmer war weiß gestrichen worden. Keine Spur mehr von den vergilbten bunten Tapeten. Die alten Dielen hatte man geölt und die Kommode aus Kirschbaumholz poliert. Als Kleiderschrank diente noch immer ein wackeliges Gestell mit Reißverschluss, doch Kirsty war froh um die vertrauten Möbelstücke, denn sie vermittelten ihr ein heimeliges Gefühl.
Das Bett war bezogen, und Kirsty setzte sich auf die Patchworktagesdecke, die Fiona vor vielen Jahren für sie genäht hatte. »Ach, Granny«, murmelte sie, streifte ihre Schuhe ab und legte sich hin. Sie erwachte von einem lauten Klopfen, das sich als Regentropfen entpuppte, die gegen das Dachfenster prasselten. Sie musste eingeschlafen sein, denn es war dunkel. Ihr Wagen! Sie hatte die Türen offen gelassen, und nun war sicher alles durchnässt. Hastig zog sie die Schuhe über und lief die Treppe hinunter. Es war still unten, nur die Flurlampe brannte.
Als sie die Haustür öffnete, schlug ihr der Wind entgegen, und sie roch die See, die nicht weit von ihr unten an den Felsen toste. Ihr Mini stand noch da, die Türen waren geschlossen. Sie musste sich getäuscht haben. Umso besser. Ihre Ersparnisse würden sie zwar durch die nächsten Monate bringen, doch sie musste sparsam haushalten und sich nach einer neuen Einkommensquelle umsehen. Vielleicht gab es einen Laden, in dem sie aushelfen konnte, einen Pub oder ein Hotel. Sie war zuversichtlich, dass sich etwas ergeben würde, das hatte es bisher immer.
Sie schloss die Haustür und verriegelte sie von innen. Anschließend ging sie in die Küche, denn ihr Magen machte sich lautstark bemerkbar. Im Kühlschrank bediente sie sich ohne schlechtes Gewissen an Finlays Vorräten. Dieser unhöfliche Mensch hätte ihr zumindest etwas anbieten können, nachdem er schon in ihrem Cottage wohnte. Morgen würde sie einkaufen und Regeln für ihr Zusammenleben hier aufstellen. Er sollte nicht glauben, dass er bestimmen konnte, was sie zu tun hatte!
Ihr Handy summte, und Kirsty zog es aus ihrer Hosentasche. Zehn verpasste Anrufe und eine Nachricht von Mala. Versehentlich hatte Kirsty das Handy stumm geschaltet. Sie ging die Liste durch – auch ihre Mutter hatte versucht, sie zu erreichen. Ihre Eltern waren nicht begeistert von Fionas Testament gewesen, das Kirsty zur Haupterbin gemacht hatte, zumal ihr Vater bereits Pläne für einen Umbau vom Rosencottage angefertigt hatte. Das dazugehörige Land hatte er bebauen wollen, um durch Ferienhäuser eine Rendite zu erzielen.
Kirsty war dankbar, dass Fiona sich anders entschieden hatte. Ihre Großmutter hatte ihre Familie gut genug gekannt, um zu ahnen, was aus dem Rosencottage geworden wäre, ein seelenloses Ferienhaus. Sie lehnte an einem Küchenschrank und betrachtete den schwarzen Herd aus emailliertem Stahl, der mit Holz geheizt wurde. Ihre Großmutter hatte sich geweigert, ihn gegen einen modernen Gas- oder Elektroherd auszutauschen, denn der Herd gab gleichzeitig eine angenehme Wärme ab und konnte im Winter zusätzlich als Wärmequelle genutzt werden. Als sie Ende der Siebzigerjahre wieder öfter nach Tiree gefahren waren, hatte Fiona zumindest eine Ölheizung einbauen lassen, doch mehr Zugeständnisse an überflüssigen Luxus, wie sie es nannte, hatte sie abgelehnt. Abgesehen von einem Internetanschluss, der für die gelegentliche Vermietung an Feriengäste notwendig geworden war. Einen Fernseher hatte es nie gegeben.
Kirsty tippte ihrer Freundin rasch eine Nachricht, dass sie gut angekommen sei und sich morgen melden werde. Rasch aß sie das Stück Brot auf, trank noch etwas Wasser und lauschte den Geräuschen von Wind und Meer, den Elementen, die das Leben auf der Insel bestimmten. Dabei fiel ihr Blick auf die Tür zu Finlay Stewarts Zimmer, in dem noch Licht brannte. Arbeitete der Mann noch, oder war er betrunken eingeschlafen?
Den Rest der Nacht schlief sie traumlos und erwachte durch das Klingeln ihres Telefons. Verschlafen griff sie nach dem Gerät und murmelte blinzelnd: »Wer stört so früh am Morgen?«
»Früh? Herzchen, es ist ein Uhr, und normale Menschen arbeiten oder gehen sinnvollen Betätigungen nach. Und du rufst noch nicht einmal deine Eltern an!« Die vorwurfsvolle Stimme gehörte ihrer Mutter.
»Guten Morgen, Mum. Ich bin noch nicht richtig wach. Was gibt es?«
»Ich möchte nur wissen, wie es dir geht. Du hättest dich ruhig melden können!«, beschwerte sich Jennifer Paterson.
Kirsty stand auf und zog am Rollo des Dachfensters. Die Sonne schien von einem blauen Himmel, an dem nur wenige flauschige Wolken über das Meer gezogen kamen. Sie öffnete das Fenster, um die würzige Seeluft hereinzulassen.
»Ah, was für ein Tag!«, sagte Kirsty. »Habt ihr auch so schönes Wetter?«
Sie sah ihre Mutter vor sich: makellos frisiert, das puppenhafte Gesicht leicht geschminkt, immer auf gepflegtes Understatement bedacht, die perfekte Gastgeberin und unterstützende Frau an der Seite ihres Mannes.
»Wie bitte? Wetter? Ja, ja, es regnet nicht. Ich bin gerade auf dem Weg in ein Restaurant, um mich mit deinem Vater und einem Investor zu treffen. Kirsty, jetzt hör mal zu. Was willst du denn da ganz allein auf dieser Insel? Das ist doch nichts für eine junge Frau. Aus dem Grundstück lässt sich was machen. Hast du nicht noch einmal über diese Möglichkeiten nachgedacht?«
Daher wehte der Wind. »Mir geht es hier ganz hervorragend. Das Haus ist in gutem Zustand. Ich packe jetzt aus und richte mich ein, und dann fange ich an zu malen. Darauf freue ich mich schon seit meiner Abreise aus Edinburgh.«
»Malen? Ach ja, das war ja immer dein Hobby. Und du hast ein gewisses Talent. Deine Zeichnungen waren immer recht niedlich. Du hättest Architektur studieren sollen, wie dein Bruder. Dann hättet ihr das Büro gemeinsam führen können.«
»Nicht, Mum, lass die alten Geschichten. Ich will keine Häuser bauen, vor allem nicht diese grässlichen Feriensiedlungen oder Zweitwohnsitze, die elf Monate des Jahres leer stehen. Weißt du, was das aus vielen Orten macht? Geisterstädte.«
»Die Welt verändert sich, Kirsty, auch wenn du das nicht wahrhaben willst. Wir können nicht alles beim Alten lassen und darauf hoffen, dass es schon gut geht.«
»Nein, das nicht, aber wir haben auch nicht das Recht, alles zu zerstören, ohne auf die Folgen für Mensch und Natur zu achten. Profit ist nicht alles. Ach, jetzt lass uns nicht streiten. Ich habe noch nicht gefrühstückt, und vor dem ersten Kaffee bin ich eigentlich nicht genießbar.«
Es dauerte einen Moment, bis ihre Mutter antwortete. Kirsty ahnte, was in ihrem Kopf vorging. Sie überlegte sich eine Strategie, denn aufgeben würde Jennifer Paterson nicht, wenn es um ein lukratives Projekt ging.
»Na schön. Du kommst doch sicher zum sechzigsten Geburtstag deines Vaters? Wir planen eine Feier im Fairmont St. Andrews.«
Sie biss sich auf die Lippe. Familienfeiern waren ihr ein Gräuel, aber sie wusste, dass ihr Vater sich ehrlich freuen würde. »Ich werde kommen. Aber warum denn im Fairmont? Das ist schrecklich teuer, versnobt und nicht in Dundee. Da gibt es doch auch nette Hotels.«
»So eine Feier ist gleichzeitig ein Dankeschön an die Geschäftskunden. Man erwartet das von uns. Gut, dann wäre das geklärt. Richte dich ein, und dann sprechen wir wieder miteinander. Mach’s gut, Kirsty.«
»Du auch, Mum.« Das Gespräch war beendet, und Kirsty warf das Telefon auf ihr Bett. Vielleicht sollte sie es ganz ausschalten, dann konnte man sie nicht stören, doch wenn ihre Mutter etwas wollte, fand sie einen Weg.
Nachdem sie geduscht und in T-Shirt und Jeans geschlüpft war, warf sie einen Blick in das kleinere Zimmer, in das sie gestern im Dunkeln nur eine Kiste geschoben hatte. Hier war die Luft abgestanden, und von der Deckenleuchte, eine mit buntem Stoff bezogene Scheußlichkeit, hingen Spinnweben. Sie ging zum Fenster und öffnete es. Das Dachfenster knarrte, und dort, wo die Dichtung fehlte, war Feuchtigkeit eingedrungen. Vielleicht fand sie einen Handwerker, der kleinere Reparaturen erledigen konnte. Die Tapete ließ sich streichen, das konnte sie selbst erledigen, das schmale Bett würde sie gegen ein Schlafsofa austauschen, den wuchtigen Schrank rauswerfen und die Ecke mit einem Einbauschrank nutzen. Der Sessel ließe sich neu beziehen, und schon hatte sie ein gemütliches Gästezimmer.
Ihr Untermieter hatte sich noch nicht blicken lassen, und da sie auf die Schnelle keinen Kaffee fand, beschloss sie, das gute Wetter zu nutzen und einen Spaziergang zu machen. Sie stopfte eine Regenjacke in ihren Rucksack, steckte das Handy ein und marschierte los. Sandaig war eine lose Ansammlung von Crofterhäusern. Nördlich vom Rosencottage lagen Tiree Fitness, ein junges Unternehmen, das E-Bikes vermietete und Surfkurse anbot, und das Restaurant McNeil’s. Kirsty hoffte, dass sie dort einen Kaffee bekommen würde, und stellte sich kurz auf die Düne, um die grandiose Aussicht zu genießen.
Westlich von ihr brandete das Meer gegen die Felsen, im Norden erhob sich Beinn Hough, und im Süden lag der Ceann a’Mhara. Die Hügel erreichten knapp einhundert Meter, aber auf der ansonsten flachen Insel konnte man fast von Bergen sprechen, dachte Kirsty schmunzelnd, sog die frische Meeresluft ein und spazierte weiter. Sie hob die Hand über die Augen und suchte östlich nach den Ufern des großen Frischwasserreservoirs Loch a’Phuill.
Ein Wanderweg führte sie vorbei an grasenden Kühen und Schafen nach Sandaig, wo sie auf dem Parkplatz von McNeil’s ein halbes Dutzend Fahrräder und zwei Autos entdeckte. Im Schuppen musste noch ein Fahrrad stehen, überlegte sie und nahm sich vor, bei ihrer Rückkehr nachzusehen.
Ein junges Paar hockte auf einer Bank vor dem Restaurant und aß Fish & Chips. »Guten Appetit!«, meinte Kirsty im Vorbeigehen. »Schmeckt’s?«
Die beiden grinsten und zeigten mit dem Daumen nach oben. Das Restaurant war ein umgebautes Crofterhaus mit einer Holzterrasse Richtung Wasser und einem Wintergarten an einer Seite. Sie stieß die Tür auf und betrat einen lichtdurchfluteten Raum, in dem es nach Brot, Kaffee und Fisch duftete. Seltsamerweise war das eine angenehme Mischung. Die Auslage im Glastresen bot von Scones über Bagels bis hin zu Quiches und Bananenbrot eine reiche Auswahl, und auch die Tageskarte war vielversprechend: frische Salate, hausgemachte Suppe und Fisch aus dem Atlantik.
Eine junge Frau bereitete Teller hinter dem Tresen vor, und ein Mann bediente die Kaffeemaschine.
»Hi, ich bin Susan, was kann ich für dich tun?«, fragte die Frau, deren rotes Haar zu einem dicken Zopf geflochten war.
»Kirsty, ich habe noch nicht gefrühstückt. Starker Kaffee wäre schon mal ein Anfang.«
Die Rothaarige kniff die Augen zusammen und schien zu überlegen. »Wie wäre es mit unserem Island Special? Da hast du von allem was, Rührei, Lachs, Käse, Tomaten, Brot und Marmelade.«
»Sehr gern. Wo darf ich mich hinsetzen?«
»Wo du möchtest. Jetzt ist noch nicht viel los. Wenn du abends essen willst, solltest du reservieren. Wir machen einen tollen Hummer, und die Muscheln sind auch empfehlenswert. Warte, jetzt habe ich’s!« Susan drehte sich um und klopfte dem Mann auf den Rücken. »Patrick, dreh dich mal um.«
Der Mann wandte sich um, und Kirsty lachte. »Das gibt’s doch nicht! Pat McNeil! Du hast den Laden hier aufgemacht? Und Susan, wir haben uns beim Surfen getroffen. Meine Güte, wie lange ist das jetzt her?«
Patrick, der seine halblangen dunklen Haare unter einer Kappe versteckte, stellte einen Cappuccino auf den Tresen. »Zu lange. Wir waren Kids, als wir an nichts anderes dachten, als jede verdammte Welle reiten zu müssen. Aber irgendwann ist der Spaß vorbei.«
Susan runzelte die Stirn. »Was soll das denn bedeuten?« Sie sah Kirsty an. »Wir haben zwei Kinder, die genauso surfbegeistert sind wie wir.«
»Ich mein ja nur, der Ernst des Lebens, Verantwortung und so, deshalb haben wir das Restaurant aufgemacht«, meinte Patrick. »Wir sind als Animateure lange auf Mauritius gewesen. Der Hammer. Warst du mal da?«
Kirsty nickte. »Nur drei Wochen. Bin auch lange unterwegs gewesen, hauptsächlich Australien und Thailand. Mann, das ist aber schön, dass ich euch hier treffe!«
Susan lächelte. »Besuchst du Fiona? Ich habe sie lange nicht gesehen. Sie vermietet das Rosencottage, oder?«
Ein junger Mann balancierte ein Tablett mit Gläsern an ihnen vorbei zur Spüle hinter dem Tresen. »Wo ist das Bier? Drei Wasser, eine Victorian Lemonade und zwei Espressi.«
Patrick schob Kirsty den Cappuccino hin. »Hier, für dich, aufs Haus. Ja, Cam, geht los!« Er drehte sich um und holte Pintgläser hervor.
Susan sagte: »Komm, setz dich doch hier an den Tresen, dann können wir ein bisschen plaudern, während ich weitermache.«
Kirsty folgte der Einladung nur zu gern und erzählte Susan von Fionas Tod. »Und jetzt bin ich hier – und das nicht nur für einen Urlaub. Ich muss mir erst was aufbauen, aber ich würde gern bleiben.«
Die Sommersprossen auf Susans himmelwärts geschwungener Nase tanzten, wenn sie redete. »Das tut mir echt leid mit Fiona. Ich mochte sie sehr. Wir sind erst seit einem Jahr wieder hier und hatten viel mit der Renovierung und allem zu tun, aber es fühlt sich gut an, hier zu leben. Meine Eltern haben mich für verrückt erklärt, obwohl sie selbst hier geboren sind.«
Im Hintergrund lief ein Radio mit den aktuellen Musikcharts, und aus dem Wintergarten tönte das Geplauder der Gäste. Ein Hund lag friedlich zu Füßen eines älteren Mannes, der allein an einem Tisch am Fenster saß. Susan folgte Kirstys Blick: »Das ist der alte Murray Donleavy mit Otis. Die beiden kommen fast jeden Tag her. Er hat seine Frau verloren, der arme Kerl.«
»Aber er hat einen Freund. Mit einem Hund ist man nicht allein«, meinte Kirsty.
»Na ja, Otis ist eine Nummer für sich. Komm dem bloß nicht zu nahe. Der ist genauso knurrig wie sein Herrchen.« Susan schnitt zwei Scheiben von einem Brotlaib ab und legte sie auf einen großen Teller. Dann nahm sie einen Teller mit Räucherlachs aus dem Kühlschrank und drapierte sie neben den Brotscheiben.
»Sag mal, Susan, leben deine Eltern auch noch auf Tiree?«
»Nein, die sind schon vor zehn Jahren aufs Festland gezogen. Wegen der ärztlichen Versorgung. Warum?«
Kirsty trank von ihrem Cappuccino. »Ach, Fiona hatte eine Jugendfreundin, Livie McMillan. Die beiden haben den Kontakt verloren, und es war Fionas Wunsch, dass ich herausfinde, was aus ihr geworden ist.«
»Oh.« Mitfühlend sah Susan sie an. »Pats Vater lebt noch hier. Pat, was meinst du, kennt dein Vater die McMillans?«
Patrick sah sie entgeistert an. »Wie kommst du denn darauf?«
»Na, Kirsty fragt. Ne alte Geschichte mit Fiona«, erklärte Susan und schob den Teller zur Küche hinüber.
Patrick stellte ein Pintglas auf ein Tablett und warf Kirsty einen finsteren Blick zu: »Wenn du keinen Ärger hier haben willst, dann lass es gut sein. Die McMillans haben früher nur Ärger bedeutet, und daran hat sich bis heute nichts geändert.«
»Aber …«, setzte Kirsty an.
»Nein«, erwiderte Patrick und wandte sich ab.
Zwischen den Wolken brach die Sonne hindurch und fiel direkt auf das Rosencottage, dessen weiß verputzte Wände strahlten. Die Rosen leuchteten farbenfroh, und wenn sie den Blick über die kleine Terrasse zu den Dünen und weiter zum Meer gleiten ließ, gab es nichts vergleichbar Schönes. Ein Moment des Glücks, dachte Kirsty, lauschte dem Rauschen der Wellen und dem Möwengeschrei und fand, dass sie keinen Grund hatte, sich zu beklagen.
Die Haustür war offen, woraus sie schloss, dass ihr Untermieter aus seinem komatösen Tiefschlaf erwacht war. Doch als sie in die Küche kam, sah sie nur die Überreste seines Frühstücks. Von Finlay Stewart keine Spur.
»Hallo, Mr Stewart! Finlay! Ich bin es, Kirsty!«, rief sie laut, doch es rührte sich nichts.
Sie warf einen Blick auf die Kisten und dann durch das Fenster nach draußen und fand, dass das Aufräumen warten konnte, die Sonne hingegen nicht. Mit lautem Knall ließ sie die Haustür zufallen und machte sich auf den Weg zum Strand. In der Sonne war es warm, vielleicht zwanzig Grad, verschwand sie hinter den Wolken, sank die Temperatur ein wenig. Kirsty krempelte ihre Jeans auf, stopfte ihre Sandalen in den Rucksack und lief barfuß durch Sand und Gras entlang der Felsen. Der felsige Küstenabschnitt erstreckte sich über eineinhalb Kilometer und führte an einer stillgelegten Mine vorbei. Im Norden von Tiree, bei Balephetrish, war im achtzehnten Jahrhundert Marmor abgebaut worden. Hier wahrscheinlich auch, überlegte Kirsty, konnte aber kein Hinweisschild entdecken.
Sie spürte den Sand zwischen den Zehen, betrachtete die verschiedenen Grautöne der Felsen mit den Abbruchkanten und speicherte ein Bildmotiv ab. Das Klingeln ihres Handys riss sie aus ihren Gedanken.
»Hi, Mala! Ich hätte dich nachher angerufen.«
»Ja ja, ich kenne dich doch. Wenn du unterwegs bist, vergisst du alles andere. Wie geht es dir?«, erkundigte sich ihre Freundin.
»Es ist wunderbar, hier zu sein. Ich vermisse Fiona, aber irgendwie ist sie bei mir. Alles erinnert mich an sie, und ich habe sogar Bekannte aus Surferzeiten getroffen. Susan und Patrick betreiben jetzt ein Restaurant nicht weit vom Cottage.«
»Das ist ja großartig! Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht, dass du dort allein bist. Einsamkeit kann ziemlich belastend sein.«
Kirsty folgte dem Pfad, der sie jetzt durch eine wilde Dünenlandschaft hinunter zum Strand führte. »Phh, es könnte mir eher zu beengt im Cottage werden! Ich habe nämlich einen Untermieter!«
»Was? Wieso? Wer? Warum?«
Kirsty lachte. »Diese nicht unerhebliche Kleinigkeit hat Granny vergessen oder mir absichtlich verschwiegen. Ich weiß es nicht. Jedenfalls hat der Mann einen Brief von Fiona, der als Mietvertrag durchgeht. Und er hat die Miete für acht Monate im Voraus gezahlt. Überhaupt muss ich mich um den Finanzkram noch kümmern. Aber ich kann das Geld schon irgendwie gebrauchen, und er wohnt unten.«
»Halt!«, fiel Mala ihr ins Wort. »Er? Wer er? Sieht er gut aus, ist er auch kein gesuchter Krimineller oder so?«
»Mala, also ehrlich!«
»Na ja, wer verkriecht sich denn für so lange Zeit auf eine gottverlassene Insel im Atlantik.«
»Ein Schriftsteller. Finlay Stewart heißt er.« Kirsty nickte zwei Surfern zu, die gerade mit ihren Brettern aus dem Wasser kamen.
»Nein! Wow! Der Finlay Stewart? Er hat dieses tolle Buch geschrieben, das ich zweimal gelesen habe, und jedes Mal habe ich mich weggeheult.«
»Ja, der ist es. Warte mal kurz.« Zu den Surfern sagte sie: »Lohnt es sich, noch rauszugehen?«
»Würde heute nicht mehr surfen. Die Strömung ist zu stark.«
»Okay, danke!« Sie nickte den beiden zu, die tropfnass zu ihren Taschen am Strand gingen.
»Mit wem sprichst du da?«, fragte Mala.
»Surfer. Ja, also dieser Schriftsteller will seine Ruhe, trinkt zu viel und ist ein ziemlich unhöflicher Mensch. Keine Ahnung, ob er gut aussieht. Vielleicht, wenn er sich duscht und rasiert. So eher nicht«, meinte Kirsty und beobachtete die Strömungslinien auf dem Wasser. Es war Ebbe, und die Unterströmung war hier tatsächlich ziemlich stark.
Rechts und links der Bucht ragten bizarre Felsen ins Meer hinaus, und begrenzt wurde der Blick von den begrünten Hängen des Beinn Ceann a’Mhara.
»Der arme Mann hat ja auch einen heftigen Schicksalsschlag erlitten. Das weißt du nicht? Er hat Frau und Tochter bei einem Lawinenunglück verloren.«
Erschüttert blieb Kirsty stehen. »Wie schrecklich! Nein, das wusste ich nicht. Wie lange ist das her?«
»Warte, ich schau nach, aber wundere dich nicht, wenn Tolman kommt, lege ich auf. Mann, war der sauer auf dich!«
Kirsty hörte, wie Mala an den Computer ging, und im Hintergrund erklangen Stimmen.
»Ah, ich hab’s. Vor vier Jahren ist das passiert. Eine Skigruppe war in den französischen Alpen unterwegs. Nur der Bergführer und Stewart haben überlebt. Er hat seitdem nichts mehr geschrieben. Großer Verlust für die Literatur und so. Ich schicke dir den Link.«
Kirsty war zum Wasser hinuntergegangen und ließ die kleinen Wellen um ihre Füße spülen. »Puh. Damit zu leben muss die Hölle sein. Das erklärt vielleicht, warum er so ist. Danke, Mala. Jetzt kann ich das besser einordnen. Fiona hatte bestimmt Mitleid. Sie hatte ein Herz für Straßenköter wie mich und überhaupt für kaputte Seelen.« Und praktisch war ihre Großmutter auch gewesen. Mit der vorab gezahlten Miete hätte sie das Dach erneuern können.
»Du bist doch kein Straßenköter. Hey, etwas mehr Selbstbewusstsein stünde dir gut, Kirsty, gerade gegenüber so einem wie Stewart. Lass dich nicht unterkriegen! Oh, Mist, da kommt unser verehrter Direktor. Bis später, Kirsty!«, fügte sie flüsternd hinzu, und die Verbindung brach ab.
Mit jeder Welle zog sich das Wasser ein Stück vom Strand zurück, und im Spülsaum blieb rotbrauner Seetang liegen, Kelp, einst Nahrungsmittel für die Insulaner und Grundlage einer ganzen Industrie. Das Wasser zu beobachten war beruhigend. Ob Stewart auf die Insel gekommen war, um allem zu entfliehen? Sie ging langsam bis zu einem Felsen und strebte dann den Dünen zu. Nur vergaßen die meisten, dass man vor seinen Erinnerungen und vor sich selbst nicht davonlaufen konnte.
Energisch stapfte Kirsty durch den zunehmend trockener werdenden Sand, bis sie oben auf der Düne angekommen war. Dieser Strand war nur durch einen schmalen Fußweg zu erreichen. Parkplätze gab es weiter oben bei The Maze und unten am schneeweißen Strand von Balephuil. Kirsty blickte über die Dünenlandschaft weit ins Land. Die Gräser wogten im Wind, das satte Grün war durchsetzt mit gelben Farbtupfen, dem allgegenwärtigen Ferkelkraut. An dieser Stelle erstreckte sich die urwüchsige Dünenlandschaft über einen Kilometer bis hinunter zum Loch a’Phuill. In der sanft hügeligen Landschaft war nur das Dach eines Crofterhauses zu sehen. Das musste das Haus der MacMillans sein, wenn sie es richtig in Erinnerung hatte.