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Am 26. September 1983 stand die Welt vor dem 3. Weltkrieg. In einem Kontrollzentrum der sowjetischen Luftwaffenabwehr meldete das dortige Frühwarnsystem den Start einer US-amerikanischen Interkontinentalrakete. Stanislaw Petrow, der diensthabende Offizier, blieb ruhig und, nachdem er sonst keine Anzeichen für einen solchen Raketenstart erkennen konnte und es ihm unlogisch vorkam, dass die USA mit nur einer Rakete einen atomaren Erstschlag durchführen wollte, entschied er, seinen Vorgesetzten einen Fehlalarm zu melden. Stanislaw verließ sich bei seiner Einschätzung auch auf seine langjährige Intuition, die ihm auch sagte: Bei einem Atomkrieg würde nur gelten: Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter, aber er stirbt genauso todsicher wie der Angegriffene! Es würde niemals einen Sieger geben, das war und ist allen klar!
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Seitenzahl: 34
Der Mann, der die Welt vor einem Atomkrieg bewahrte,als es schon 5 nach 12 war
Kürzlich stieß ich beim Durchblättern der Nachrichten im Internet auf einen Artikel, dessen Geschichte ich bis dato noch nicht kannte, die mich aber faszinierte. Und zwar ging es um einen Jahrestag, der sich nun zum 40. Mal jährte. Es war die Geschichte um Stanislaw Petrow, einem Oberstleutnant der sowjetischen Luftverteidigungsstreitkräfte und das, was in der Nacht auf den 26. September 1983 in einem kleinen Ort nahe Moskau geschah. Da mich diese Story nicht mehr losließ, fasste ich den Gedanken, nach gründlicher Recherche die Geschichte noch einmal niederzuschreiben.
1983 war einer der Höhepunkte im Kalten Krieg, jenes Ringen der westlichen und östlichen Machtblöcke, das die Welt seit ca. 1947 geopolitisch in seinem alles bestimmenden Griff hielt. Die beiden Supermächte, USA und die Sowjetunion, setzten auf maximale gegenseitige atomare Abschreckung. Sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt so viele Atomwaffen stationiert, um damit die gesamte Menschheit sogar mehrfach auszulöschen. Und an den entscheidenden Stellen saßen Menschen, denen „bis zum Erbrechen“ eingetrichtert wurde, im entscheidenden Moment einfach nur zu funktionieren und den Schalter umzulegen.
Den Politikern war schon früh die Sinnlosigkeit eines Atomkriegs klar. So sagte z.B. John F. Kennedy, zwar etwas poetisch, dafür aber sehr klar: „Im Atomkrieg wird der Lorbeer in der Hand des Siegers zu Asche zerfallen“. Welch ein Glück oder fast göttliche Fügung musste die Menschheit gehabt haben, dass am 26. September 1983 an der entscheidenden Stelle Stanislaw Petrow, ein studierter Systemanalytiker mit jahrzehntelanger Erfahrung saß, der gottlob nicht ein reiner Befehlsempfänger war, sondern seinen Verstand über das Urteil der Maschinen setzte.
Und diesem Helden der Geschichte ist dieses Buch gewidmet, auch wenn er selbst diesen Begriff nicht gerne hörte und stattdessen sagte: „Ich habe nur meine Arbeit gemacht.“
Ich selbst konnte während der Abschlussfahrt unseres Russischkurses 1986 nach Moskau auch noch die Erfahrung mit der Sowjetunion während des Kalten Krieges machen.Auch wenn die Erinnerung an diese Reise mittlerweile ein wenig verblasst, so sind mir zwei Erfahrungen mit Sicherheitsleuten im Gedächtnis geblieben:Zum einen, wie sofort deren Trillerpfeife ertönte, wenn wir von den vorgeschriebenen Wegen auf dem Roten Platz abwichen.Zum anderen, als sie mir angeblich aus Sicherheitsgründen den Fahnenstab meiner kleinen Deutschlandfahne während des Besuchs eines Eishockeyspiels der deutschen Nationalmannschaft während der dort gerade stattfindenden Weltmeisterschaft zerbrochen haben.Das waren zwar nur Kleinigkeiten, aber rückblickend war es pure Willkür. Dementsprechend ist auch in meinen Augen die Leistung Stanislaw Petrows des Nichtbefolgens einer Befehlskette und das Zugestehen eigener Überlegungen in diesem Polit- und Armeeapparat nicht hoch genug zu bewerten.Da war zum Glück für die gesamte Menschheit wirklich eine Person zur rechten Zeit am rechten Ort, wie auch Stanislaw Petrow es rückblickend sah.
Die vorliegende Geschichte beruht auf über 90 % auf realen Begebenheiten. Ich habe mir nur die Freiheit genommen, in einigen für die Handlung eher unwichtigen Teilen, ein paar fiktive Situationen einzustreuen, um die Geschichte abzurunden. Kenner der Szene und Geschichtsexperten mögen mir diese literarische Freiheit verzeihen.
Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow, wie er mit vollem Namen hieß, war Oberstleutnant der sowjetischen Luftwaffe, genauer gesagt, der sowjetischen Luftverteidigungskräfte und war zumeist diensthabender Offizier in dem sogenannten Sepuchow-15-Bunker, ein sowjetische Codename für den Bunker im Luftwaffenstützpunkt der Stadt Kurilowo, ca. 70 km südlich von Moskau, in dem sich die computer- und satellitengestützte Überwachung des NATO-Luftraums befand.
Er liebte seine Arbeit, obwohl sie auch des Öfteren etwas monoton war, wenn er die ganze Zeit irgendwelche Monitore überwachen musste, auf denen sich höchst selten etwas Aufregendes ereignete. Stanislaw schrieb sich 1970 an der Kiewer Kalinin-Militärhochschule ein und studierte dort Radioelektronik, um dann nach deren Abschluss im Jahre 1972 den sowjetischen Luftverteidigungskräften beizutreten. Er liebte sein Vaterland oder wie man weitläufig sagte, sein „Mütterchen Russland“ und war der Meinung, dass er als Armeeangehöriger bestimmt einen sicheren Beruf gewählt hatte.