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Nancy ist ein 14-jähriges Mädchen und lebt mit ihrer Familie in Brooklyn, New York City. Bei einem Ferienbesuch bei Opa und Oma sehen sie abends ein Video von der ersten Mondlandung. Nancy ist davon so begeistert, dass es seitdem ihr großer Traum ist, auch Astronautin zu werden. Anfangs wird dieser Traum von den anderen als Träumerei angesehen, aber Nancy lässt sich davon nicht abbringen. Sie gibt sich seitdem viel Mühe in der Schule, insbesondere in Mathe und Physik und schlägt nach der Schule ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik ein. Als mit dem von der NASA durchgeführten Artemis-Programm bemannte Mondlandungen wieder in den Fokus rücken, erhält Nancys Traum, als eine der ersten Frauen den Mond zu betreten, weiteren Auftrieb.
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Seitenzahl: 215
Udo Fehring
Comeback auf dem Mond
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Comeback auf dem Mond
1.Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
Epilog I
Epilog II
Dank
Impressum neobooks
Manche Dinge kann man einfach nicht beschreiben. Und einen Schritt auf den Mond zu machen, gehört auf jeden Fall dazu.
Buzz Aldrin –
Astronaut der ersten bemannten Mondmission und zweiter Mann auf dem Mond
Es war der letzte Schultag vor den Sommerferien. Die 14-jährige Nancy und ihr Zwillingsbruder Justin gingen in die gleiche Klasse, nämlich in der Martin-Luther-King-Middle-School im westlichen Brooklyn, einem Stadtteil von New York City. Ihre Lehrerin hatte bereits die Zeugnisse verteilt und nun sahen sie zum Abschluss noch den bekannten Spielfilm „Stand by me – Das Geheimnis eines Sommers“, einen Abenteuerfilm einer Jungenclique in ihrem Alter. Nancy kannte den Film bereits, sah ihn aber immer wieder gerne. Sie fand, der Film war eine wunderbare Einstimmung auf die großen Ferien.
Einen Teil davon würden Nancy und ihr Bruder bei ihren Großeltern in Cestnut Hill, einem kleinen Vorort von Philadelphia, verbringen, worauf sie sich schon riesig freuten. Ihre Großeltern hatten dort eine kleine Farm mit einigen Tieren. Nancy und Justin liebten Tiere. Leider konnten sie in Brooklyn keine halten, da ihre Wohnung dafür nicht geeignet war, wie ihr Vater immer betonte. Pünktlich mit dem Ende des Films läutete die Schulglocke. Ihre Lehrerin wünschte allen noch eine schöne Ferienzeit, doch da war die Hälfte von ihnen schon durch die Tür und auf dem Weg zum Schulbus. Der Bus war immer sehr voll, aber Nancy und Justin mussten zum Glück nur ein paar Haltestellen mitfahren.
Zuhause angekommen, präsentierten sie ihrer Mutter Jeanette stolz ihre Zeugnisse. Sie waren gute Schüler und ihre Eltern honorierten ihre guten Zeugnisse regelmäßig mit der Erfüllung eines Wunsches, was meist den Besuch des Kinos oder eines Freizeitparks bedeutete. Sie konnten es kaum erwarten, bis ihr Vater William von der Arbeit kam, um ihm ihre tollen Leistungen zu zeigen.
Als William dann endlich nach Hause kam, wollte jeder der erste sein, der sein Zeugnis zeigte. William konnte sich nicht entscheiden und legte beide Zeugnisse nebeneinander auf den Tisch und ging dann die Noten mit immer wechselndem Blick von oben durch."Ganz toll habt ihr das gemacht, Kinder! Ich wusste doch, dass ihr was von mir abbekommen habt", scherzte er."Von wegen…", protestierte Jeanette aus der Küche.Sie war gerade dabei, zur Feier des Tages das Leibgericht der Kinder vorzubereiten: Cheeseburger mit Pommes. Es schmeckte alles vorzüglich.Am nächsten Morgen ging es dann mit der gesamten Familie in aller Frühe mit ihrem Van los nach Chestnut Hill. Der Plan war, dass William und Jeanette eine Nacht dortblieben und die Kinder in drei Wochen wieder abholen würden.Als Nancy und Justin ihre Großeltern, Harry und Giselle, wiedersahen, fielen sie ihnen wie bei jedem Wiedersehen um den Hals. Giselle hatte auch schon das Mittagessen vorbereitet und bat alle hereinzukommen und Platz zu nehmen. Sie hatten sich alle viel zu erzählen: Harry war seit kurzem Rentner und William hatte auch erst vor kurzem den Job gewechselt. Und die Kinder erzählten Harry und Giselle natürlich auch von ihren tollen Zeugnissen, was die Großeltern wiederum sehr stolz machte. Nach dem Essen führte Harry alle in einem Rundgang über den Hof. Das war fast schon ein Ritual, denn er war schon sehr stolz auf seine Tiere. Er besaß Gänse, Hühner, ein paar Truthähne und sogar eine Ziege. Und es war die Pflicht der Kinder, die Tiere bei ihrem Besuch regelmäßig, also morgens und abends zu füttern.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sich dann William und Jeannette von den anderen und wünschten Ihnen viel Freude zusammen. Spaß hatten Nancy und Justin eigentlich immer bei Oma und Opa: Sie spielten viel miteinander und Harry war ein wunderbarer Geschichtenerzähler, was er immer wieder aufs Neue unter Beweis stellte.
Eines Abends, als alle vor dem Fernseher saßen, entdeckte Nancy eine Videokassette, die beschriftet war mit „1.Mondlandung – 21. Juli 1969“. Nancy fragte Opa Harry, ob sie sich diese Kassette mal zusammen anschauen könnten.
„Aber na klar“, antwortete Harry.
Und da gerade nichts Aufsehenerregendes im Fernsehen lief, schnappte sich Harry die Kassette und schob sie in den Videorekorder.
Harry sagte: „Das ist ein Zusammenschnitt der damaligen Liveübertragung der NASA. Ihr könnte Euch gar nicht vorstellen, was das für ein Ereignis war. Die Straßen waren leergefegt und alle hockten vor ihren Fernsehgeräten, um diesen geschichtsträchtigen Moment mitzuerleben. Und wir Amerikaner waren natürlich doppelt stolz, denn es war ein Landsmann, der den ersten Fuß auf den Mond setzte.“
Nancy hörte ganz aufmerksam der Erzählung ihres Großvaters zu und schaute erst danach auf den Bildschirm, der gerade zeigte, wie eine große Rakete abhob.
Harry erklärte: „Das ist die Rakete, die die drei Astronauten ins All gebracht hat. Hier vorne“, Harry zeigte auf die Spitze der Rakete, „befand sich die Raumkapsel, in der die Astronauten sich befanden.“
Nancy hörte dann, wie jemand den Countdown herunterzählte und als dieser abgelaufen war, hob die Rakete wie von Geisterhand bewegt, mit einem großen Feuerstrahl aus ihren Triebwerken ab. Mit unglaublichem Schub und feuerspeienden Triebwerken schoss die Rakete ins All. Nach rund zwei Minuten lösten sich die Außentriebwerke und fielen zu Boden. Nun wurde die Rakete nur noch durch das Haupttriebwerk am Ende in Richtung Erdumlaufbahn geschossen. Die Rakete wurde nun immer kleiner und Nancy und Justin hatten Probleme, überhaupt noch den kleinen Punkt auszumachen, der die Rakete nun noch darstellte.
Dann kam ein Schnitt und die nächsten Aufnahmen zeigten das Innere der Raumkapsel, in der sich die drei Astronauten befanden.
„Alles lief wie am Schnürchen“, kommentierte Harry. „Als nächstes sollten die Drei die Erdumlaufbahn erreichen, die die Kapsel zunächst mal für einige Umrundungen auf einen stabilen Kurs um die Erde führen sollte.“
Als das geschehen war, schwenkte die Kamera zu einem Ausblick aus der Raumkapsel und zeigte beeindruckende Bilder von der Erde. Nancy war ganz begeistert von der Aussicht auf die Erde, die sie so noch nie gesehen hatte.
„Das sieht so unglaublich aus“, kommentierte sie.
„Ja, das tut es“, pflichtete ihr Opa Harry zu.
Harry erklärte weiter: „Als nächstes sollte dann die Raumkapsel mit einem weiteren Manöver die Erdumlaufbahn verlassen und zu ihrem Weg zum Mond aufbrechen. Dazu werden hier in Kürze die Triebwerke der Mondkapsel zünden, das könnt ihr auch gut in den Aufnahmen sehen.“
In den Aufnahmen sah man dann, wie von jetzt auf gleich wieder Feuer aus den Triebwerken herauskam, die so wieder Schub erzeugten, dass die Kapsel Richtung Mond fliegen konnte.
Harry, dem man ebenfalls seine Begeisterung anmerken konnte, erklärte: „Als nächstes werdet Ihr sehen, wie sich die Astronauten, wenn sie die Mondumlaufbahn erreicht haben, auf dem Umstieg in die Mondfähre, die außen an der Kapsel befestigt war, vorbereiten. Zwei von Ihnen, nämlich Neil Armstrong und Buzz Aldrin, werden dann umsteigen und mit der Mondfähre, die den Namen „Adler“ trug, zum Mond weiterfliegen, während der andere Astronaut, Michael Collins, weiter in der Kapsel um den Mond kreisen und darin die Rückkehr der beiden anderen erwarten wird.“
Die Kamera zeigte, wie sich eine Türe links in der Kapsel öffnete zu einem etwas kleineren Raum und wie sich die beiden Zuerstgenannten daran machen, umzusteigen. Als die Türen dann wieder verschlossen waren, gab Buzz Aldrin, der die Mondfähre steuern sollte, ein Zeichen zum Abdocken. Zwei Minuten später sah man dann, wie sich die Mondfähre von der Raumkapsel entfernte. Dann kam ein neuer Kameraumschnitt in die Mondfähre.
Harry erklärte: „Ab diesem Zeitpunkt betraten die Astronauten Neuland. Keiner wusste, ob die geplante Landung auf dem Mond klappen würde. Dementsprechend schwierig gestaltete sich dieser Part der Mission auch. Die Mondfähre kam etwas von ihrer Bahn ab und musste sich dann auf der unwägbaren Mondoberfläche eine neue Landestelle suchen. Kritisch war dabei auch der Treibstoffverbrauch, der rapide abnahm. Es musste aber noch soviel übrigbleiben, damit die Mondfähre auch später wieder vom Mond abheben konnte.“
Und so zeigte die Kamera immer wieder die Anzeige des Resttreibstoffs, die mittlerweile schon einen einstelligen Prozentsatz zeigte.
Harry meinte weiter: „Das war ein kritischer Moment, denn wenn die Landung nicht innerhalb der nächsten Minuten geglückt wäre, hätte die Mission abgebrochen werden müssen.“
Nancy konnte diese Spannung nachempfinden und kaute auf ihren Fingernägeln.
Harry klärte auf: „Ihr müsst bedenken, dass die Anziehungskraft auf dem Mond viel kleiner ist als auf der Erde. Und so musste Aldrin, der die Mondfähre steuerte, sehr vorsichtig mit seinen Manövern sein, denn wenn er zu viel Schub gab, würde sich die Fähre wieder vom Mond entfernen.“
Auf der Kamera sah man, dass die Mondoberfläche immer näherkam. Die Treibstoffanzeige war mittlerweile bei 3 % angelangt. Es herrschte gespenstische Stille innerhalb der Mondfähre, die Spannung war zum Greifen nah. Plötzlich schrie Aldrin: „Touchdown!“.
Und ins Mikro, welches mit dem Raumfahrtzentrum in Houston verbunden war, sagte er die später legendären Worte: „Der Adler ist gelandet!“
Es kam der Kameraumschnitt auf das Kontrollzentrum und man sah, wie sich die Mitarbeiter dort in den Armen lagen. Ein kritischer Teil der Mission war geglückt. Nancy klatschte ebenfalls vor Begeisterung in die Hände, die mittlerweile schweißnass vor Spannung waren.
Harry erklärte weiter: „Nun sollten sich die Astronauten auf den Ausstieg vorbereiten. Dazu legten sie nach einer Weile ihre Raumhelme an und stellten die Sauerstoffzufuhr sicher. Man wusste nicht ganz genau, wie der Sauerstoffgehalt an der Landstelle sein würde, deshalb ging man auf Nummer sicher und stattete die Astronauten mit Sauerstofflaschen aus.“
Als die Vorbereitungen zum Ausstieg beendet waren, öffnete sich die Ausstiegsluke und die kleine Leiter zum Abstieg fuhr aus.
Harry ergänzte: „Eigentlich sollte Buzz Aldrin zuerst herausklettern, aber im letzten Moment änderte die NASA ihren Plan und das große Los fiel auf Neil Armstrong.“
Man sah auf dem Bildschirm, wie dieser langsam die Leiter herunterkletterte und dann den ersten Fuß in den sandigen Untergrund auf dem Mond setzte. Nachdem er auch den zweiten Fuß aufgesetzt hatte, sagte er den zweiten Satz, der für immer in Erinnerung der Menschheit bleiben sollte: „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer für die Menschheit.“
Nancy kullerte vor Freude eine kleine Träne aus ihren Augen, sie war völlig fasziniert von dem, was sie sah und sagte dann: „Das ist toll. Wie gerne hätte ich das damals auch live verfolgt.“Harry nickte und sagte dann: „Das glaub ich dir gerne, mein Kind.“
Von der Kamera aus sah man, wie Armstrong weiter durch die sandige Oberfläche stapfte und sich ein wenig von der Mondfähre entfernte. Dann machte sich auch Buzz Aldrin daran, die Leiter hinunterzusteigen. Er brachte eine amerikanische Flagge mit, die sie später ein wenig von der Fähre entfernt hissen sollten. So sprangen die Beiden ein wenig durch die Gegend und durch die geringe Anziehungskraft auf dem Mond sah es wirklich sehr leichtfüßig aus und ihre Sprünge wirkten ein wenig wie in Zeitlupe. Nach einiger Zeit ausgelassenen Umherlaufens und Umherspringens begannen die Beiden mit Ihrer zweiten Aufgabe, nämlich Boden- und Gesteinsproben von der Mondoberfläche zu nehmen. Daneben stellten sie einige Forschungsgeräte auf, die auf dem Mond bleiben sollten. Einige davon überlebten aber leider noch nicht einmal die erste Nacht. Nach gut 2,5 Stunden, die im Film auf eine Viertelstunde reduziert waren, stiegen die beiden Astronauten wieder in die Mondfähre und starteten eine längere Ruhephase, bevor sie sich auf den Rückflug vorbereiteten. Dabei kam es noch zu einem Missgeschick, als durch unvorsichtige Bewegungen der Astronauten ein Schalter beschädigt wurde, der für das Starten der Motoren für den Rückflug benötigt wurde. Diesen Schalter ersetzten die Astronauten später auf Anweisung vom Kontrollzentrum in Houston durch einen Filzstift.
Bevor sie abhoben, erklärte Harry wieder: „Auf der Rückreise der Astronauten gab es zwei kritische Situationen: zum einen wieder das Andocken an die Raumkapsel und zum anderen der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, bei dem das Äußere der Kapsel durch die extrem hohen Temperaturen arg strapaziert wurde. Aber seht selbst.“
Das Andocken klappte ohne Probleme, was dem präzisen Steuern der Landefähre durch Neil Armstrong zu verdanken war. Als die Kapsel später in die Erdatmosphäre wiedereintrat, wurden die Astronauten durch die extremen Kräfte, die auf die Kapsel einwirkten, so stark in ihre Sitze gedrückt, dass man Ihnen die Anspannung ganz deutlich anmerkte. Später wasserte die Kapsel dann nach vorherigem Abbremsen durch einen recht großen Fallschirm im Pazifik, wo sie mithilfe eines Helikopters, der von einem Bergungsschiff aufstieg, geborgen wurden. Natürlich wollten alle möglichen Journalisten die ersten sein, die mit den Astronauten redeten, doch die NASA schirmte sie sofort ab und überführte sie in ein Quarantänemodul, in dem sie 17 Tage von Kontakten mit anderen Menschen abgeschirmt wurden.
Dann war das Video zu Ende.
Nancy war hin und weg und drückte entsprechend ihre Begeisterung aus: „Das war super!“
Sie hatte richtig mitgefiebert, wovon ihre feuchten Hände zeugten, von denen Oma Giselle sich überzeugen konnte.
Auch ihren Mann Harry erkannte Giselle kaum wieder. Eigentlich war er ein ruhiger und introvertierter Frührentner. Aber das Video hatte in ihm wohl nochmal die tollen Erinnerungen an die Liveübertragung hochkommen lassen. Sie war selbst angetan, wie begeistert er das Video erklärte.
Justin dagegen hatte das Video eher gleichgültig aufgenommen.
Giselle ergriff das Wort: „So, ich denke, es ist spät geworden und wird Zeit fürs Bettchen. Ich hoffe, Ihr seid nicht zu aufgekratzt von dem spannenden Video.“
Beim Frühstück am darauffolgenden Morgen meinte Nancy auf einmal: „Ich habe heute Nacht davon geträumt, wie ich selber zum Mond geflogen bin.“
Darauf meinte Giselle: „Bist Du dafür nicht vielleicht doch noch etwas zu jung.“
Nancy konterte sofort: „Mag sein, aber der Traum war so schön. Ich werde alles dafür tun, dass er irgendwann mal Wirklichkeit wird.“
Die Übrigen am Tisch taten das als Träumerei eines jungen Teenagers ab, aber Nancy war es in dem Moment so etwas von ernst, dass sie das Schmunzeln der anderen scharf kritisierte: „Ihr werdet Euch eines Tages noch wundern, wenn ihr mich dann im Fernsehen sehen werdet, wie ich meinen Fuß auf die Mondoberfläche setze.“
Da sie für den Tag noch keine Aktivitäten geplant hatten, kam Harry die Idee, dass sie aus Holz einen Nachbau der Saturn 5-Rakete basteln könnten, mit der die Apollo 11-Crew zum Mond geflogen war. Harry war geschickt in Holzarbeiten und fand, es war eine gute Gelegenheit, vielleicht die Kinder auch dafür zu begeistern. So gingen sie nach dem Frühstück zu Harrys Holzlager und suchten dort einen kleinen Baumstamm, aus dem sie die Rakete erstellen konnten.
Sie sägten, feilten und raspelten nach Harrys Anleitung und hatten dabei einen Riesenspaß. Und nach knapp 2 Tagen hatten sie ein schönes Modell der Saturn 5-Rakete fertig.
Für den darauffolgenden Tag überlegte sich Harry, etwas zu machen, was mehr Justins Interessen entsprach. Dabei fiel ihm ein, dass sie ja mal zu einem Spiel der Baseball-Mannschaft der Philadelphia Phillies gehen konnten. Justin liebte Baseball und spielte auch selbst in einer Jugendmannschaft in Brooklyn, hatte aber bislang noch nie ein Profispiel live verfolgt. Als Harry Justin von diesem Plan erzählte, fiel der ihm um den Hals. Der Spielplan sagte, dass am nächsten Tag ein Heimspiel der Phillies gegen die Detroit Tigers angesetzt war. Vor dem Stadion stattete Harry Justin erstmal mit den entsprechenden Fanartikeln für das heimische Team aus, was Justin unheimlich stolz machte. Das Spiel war begeisternd und am Ende siegten auch noch die Phillies, wenn auch sehr knapp. Gut gelaunt besuchten die vier noch die Rocky-Statue in Philadelphia. Justin hatte natürlich sämtliche Filme mit Rocky Balboa gesehen. Der Tag war einfach ein Traum für Justin.
So langsam neigte sich die Zeit bei den Großeltern auch dem Ende entgegen. Der Plan für die Rückreise war der gleiche wie auf der Hintour: Ihre Eltern wollten am Samstagnachmittag vorbeikommen, dann ihrerseits eine Nacht bei Harry und Giselle übernachten und am nächsten Morgen zusammen mit den Kindern nach Hause aufbrechen.
Als William und Jeannette mit Ihrem Van auf dem Hof vorfuhren, stürmten die Kinder ihnen entgegen und zeigten stolz ihre neuen Errungenschaften. Justin zeigte seinen Fanschal der Philadelphia Phillies und Nancy, wenn nicht sogar noch stolzer, den Nachbau der Saturn 5-Rakete aus Holz.
Und sie fügte hinzu: „Und falls ihr es noch nicht wisst: Ich werde später auch mal Astronautin und vielleicht dann sogar die erste Frau auf dem Mond.“
Die Reaktion von William und Jeannette war ähnlich der der anderen beim Frühstück. Auch sie hielten es für eine Träumerei eines Teenagers mit noch vielen Flausen im Kopf. Alle hatten noch eine gute Zeit zusammen und lachten sehr viel beim gemeinsamen Abendessen. Der Abschied von Harry und Jeannette fiel den Kindern am nächsten Tag wie immer sehr schwer. Sie vergossen bei der letzten Umarmung die eine oder andere Träne und winkten im Auto noch lange, bis sie die Beiden nicht mehr sehen konnten. Zuhause sollten die Kinder nun eine Woche auf sich alleine gestellt sein, bevor sie dann noch mit ihren Eltern für zwei Wochen an die Pazifikküste nach Atlantic City reisen würden.
Am Montag war Nancys erster Gang zur nahen Bücherei. Sie hoffte, dort ein paar schöne Bücher über die Raumfahrt finden zu können. Und sie wurde wirklich fündig und fand zwei Bücher: eines über Raketen und deren technische Entwicklung und eines von Buzz Aldrin, dem zweiten Mann auf dem Mond und seine bewegende Lebensgeschichte, die nicht nur Höhen hatte. Nancy versank in dieser Woche in ihren ausgeliehenen Büchern. Weder Justin noch ihre daheimgebliebenen Schulfreundinnen konnten sie zum Spielen im nahen Park locken. Sie lag die meiste Zeit schmökernd auf ihrem Bett und konnte sich nur für die Mahlzeiten von den Büchern lösen.
Nancy lernte auch viel Neues aus den Büchern: Beispielsweise, dass die erste Rakete bereits im 12. Jahrhundert von den Chinesen entwickelt wurde. Sie bestand aus einem mit Schießpulver gefüllten Papprohr und diente dazu, die angreifenden Mongolen zu vertreiben. Nancy war auch ganz überrascht, dass die erste bemannte Rakete nicht von den Amerikanern gebaut wurde, sondern von den Russen und Juri Gagarin mit ihr, der Wostok 1, am 12. April 1961 als erster Mensch in den Weltraum aufbrach. Auch die Lebensgeschichte von Buzz Aldrin war sehr interessant. Nancy las, wie Buzz Aldrin 1972, also 5 Jahre nach der Mondlandung, die NASA verließ und danach in Depressionen verfiel, die noch verstärkt wurden durch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. Bezeichnenderweise hieß das Buch von Buzz Aldrin „Rückkehr zur Erde“. Laut des Autors war diese Rückkehr für ihn viel schwieriger als die Vorbereitung auf die Mondlandung, wohl auch, weil ihm danach die Lebensziele ausgingen. Es war kein typisches Kinder- und Jugendbuch und Nancy wurden beim Lesen mit menschlichen Problemen konfrontiert, die sie bislang in ihrer wohlbehüteten Kindheit und Jugend nicht kannte. Aber vielleicht gerade deshalb war ihr Interesse für diese Astronauten so groß.
Bis zum Freitag hatte sie die beiden Bücher verschlungen und brachte sie noch schnell vor ihrer Urlaubsfahrt zurück in die Bücherei. Am Samstag ging es dann in aller Frühe mit der Familie nach Atlantic City. Alle in der Familie liebten diese Stadt. Man hatte so viele Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung dort: Man konnte tagsüber an den schönen Strand, in einen der vielen Freizeitparks oder in ein Museum. Für den Abend gab es dann viele Theater oder Shows. Einen Abend spendierte auch immer William für die ganze Familie einen Casinobesuch. Jeder hatte ein gewisses Budget und konnte damit anstellen, was er oder sie wollte. Meist hockten sie alle vier vor den „einarmigen Banditen“, wovon es in Atlantic City mehr als Einwohner gab. Der Abend endete dann meist so, dass jeder sein Geld aufgebraucht hatte. So waren sie es aber auch gewohnt und deshalb alles andere als traurig. Am letzten Abend stand noch das Highlight ihres Urlaubs auf dem Plan, ein Konzert von Bruce Springsteen, den alle aus der Familie klasse fanden. Die zwei Wochen in Atlantic City vergingen viel zu schnell wie alle fanden und es ging Sonntag morgens dann ein wenig wehmütig, aber mit vielen guten Erinnerungen zurück nach Hause.
Am folgenden Montag begann dann für Nancy und Justin wieder die Schule. Das war mit zwiespältigen Gefühlen verbunden, einerseits waren sie traurig, dass die Ferien vorüber waren, andererseits freuten sie sich, ihre Klassenkameraden wiederzusehen, denn sie hatten sich alle viel zu erzählen. Und so verging der erste Schultag, der aber nur vier Schulstunden dauerte, wie im Fluge: Sie bekamen ihre Stundenpläne und neue Bücher. Richtiger Unterricht sollte erst ab dem kommenden Tag stattfinden.
Was ihr neuerliches Interesse für die Raumfahrt anging, so hatte Nancy ein wenig Bedenken, dass dieses schnell wieder versanden könnte, da keine ihrer Schulfreundinnen dieses Interesse teilte. Doch irgendwann erwähnte jemand in der Schule, dass es in Lower Manhattan einen NASA-Fan-Club mit regelmäßigen Treffen gab. Nancy googelte das sofort zuhause und erfuhr, dass sich die Mitglieder jeweils am ersten Samstag im Monat zu einem Treffen bei Kaffee und Kuchen trafen und dass neue Interessierte jederzeit herzlich willkommen waren, dazuzukommen und dem Club beizutreten. Das nächste Treffen war in knapp zwei Wochen. Nancy fragte sogleich ihre Mutter Jeannette, ob sie sie zumindest zu dem ersten Treffen begleiten würde, was diese ohne langes Überlegen bejahte. Und so fuhren sie an dem besagten Samstag kurz nach Mittag in Brooklyn mit der Metro los. Das Treffen war in einem Gemeindezentrum im südlichen Manhattan und relativ einfach zu finden.
Als Nancy und Jeannette ankamen, war nur der Vorsitzende des Fanclubs, Ryan, bereits vor Ort, aber der sagte, dass in der Regel so ca. 20 Personen zu den Treffen kamen. Ryan begrüßte Nancy und ihre Mutter recht herzlich und wies ihnen einen Platz an der langen Kaffeetafel zu. Nach und nach trudelten die anderen ein. Die meisten hatten bunte NASA-T-Shirts an und waren so leicht als NASA-Fans er erkennen. Nach einer kurzen Vorstellrunde wurde ein Video eines kürzlich im Fernsehen gezeigten Berichts über die ISS gezeigt, den nicht alle Mitglieder seinerzeit gesehen hatten. Und die, die ihn schon kannten, schauten ihn auch gerne nochmal, denn schließlich konnten sie alle ja nicht genug davon bekommen, das hatten alle gemein. Die anschließende angeregte Unterhaltung drehte sich diesmal größtenteils um Elon Musk und sein Unternehmen SpaceX, welches wiederverwendbare Raketen produzierte, aber längst nicht alle Tests dieser Raketen verliefen so reibungslos, wie er sich das vorgestellt hatte. Am Ende zeigte Ryan Nancy und Jeannette noch ihre kleine Auslage mit Fanartikeln, die käuflich erworben werden konnten. Und natürlich quengelte Nancy so lange, bis Jeannette nachgab und ihr eine NASA-Tasse und ein ebensolches T-Shirt kaufte. So verabschiedeten sich Nancy und Jeannette von Ryan und den Anderen und sagten zu, beim nächsten Treffen mit Sicherheit wieder dabei zu sein.
Nancy war eine gute Schülerin. Jeannette hatte aber die Befürchtung, dass diese plötzliche Begeisterung für die Raumfahrt einen schlechten Einfluss auf Nancys schulischen Leistungen haben könnte, aber je mehr sie darüber nachdachte, kam sie eher zu dem Schluss, dass es vielleicht sogar umgekehrt sein könnte, denn Raumfahrt hatte ja viel mit Naturwissenschaften und Mathematik zu tun. Außerdem hatte Nancy bislang eigentlich keine wirklichen Hobbys und es war gut, dass sie damit zumindest ein Steckenpferd hatte.
Nancys Lieblingsfächer in der Schule waren tatsächlich Physik und Mathematik, etwas ungewöhnlich, wenn sie auf ihre Klassenkameradinnen schaute, die diese Fächer eher nicht mochten. In den ersten Physikstunden eröffnete ihre Lehrerin, Mrs. Perkins, ihnen, dass der Lehrplan in diesem Halbjahr den Lehrern ein gewisses Kontingent an Stunden zur freien Themenwahl zur Verfügung stellte. Da Mrs. Perkins das Thema für diese Stunden nicht einfach so von sich aus vorgeben wollte, fragte sie die Klasse: „Gibt es Themen, die Euch interessieren? Wenn ja, dann meldet Euch jetzt und sagt mir, was wir in diesen Stunden durchnehmen sollen.“
Nancy, die nicht scheu war, meldete sich als erste und wurde entsprechend von Mrs. Perkins als Erste drangenommen: „Ja, Nancy, was würde Dich interessieren?“ fragte sie Nancy neugierig.
Nancy erzählte Mrs. Perkins und der Klasse von dem Video der Mondlandung, welches sie bei Opa Harry während der Ferien gesehen hatte und meinte dann: „Ich fand es erstaunlich, wie leichtfüßig die Astronauten sich auf dem Mond vorwärtsbewegten und dass sie im Raumschiff scheinbar schwerelos waren. Können Sie uns das vielleicht erklären?“
Mrs. Perkins antwortete: „Das ist wirklich eine sehr interessante Frage, die ich Dir auch sogleich beantworten möchte: Also, der Grund, weshalb alles auf der Erde von ihr angezogen wird, ist die Schwerkraft, die im Fachjargon auch Gravitation heißt. Diese Gravitation existiert deshalb, weil die Erde eine sehr große Masse hat und alle Körper vom Erdmittelpunkt angezogen werden. Im Gegensatz zur Erde hat der Mond eine sehr viel geringere Masse und das erklärt die Beobachtung, die Du während des Videos gemacht hast, dass nämlich die Astronauten scheinbar mühelos herumspringen und das auch sehr viel höher, als das auf der Erde möglich wäre.“
Nancy nickte und brachte damit zum Ausdruck, dass sie verstanden hatte.
Mrs. Perkins fuhr fort: „Die angebliche Schwerelosigkeit im All ist dagegen sehr viel schwerer zu erklären, nämlich damit, dass die Raumschiffe mit einer irren Geschwindigkeit um die Erde oder halt den Mond kreisen. Diese große horizontale Geschwindigkeit führt dazu, dass die Flugbahn einer Raumstation, die sich mehr oder weniger unbemerkt in einem freien Fall befindet, nicht an der Erdoberfläche endet, sondern um die Erde oder den Mond herumführt. In diesem Zustand befinden sich die Astronauten gefühlt in einem Zustand der Schwerelosigkeit.“
Mrs. Perkins gab zu: „Ich weiß, dass ist sehr kompliziert und eher etwas für den Physikunterricht in ein paar Jahren, aber ich hoffe, ich konnte Dir schon einmal das Gröbste erklären.“
Nancy hatte die Antwort auch nicht vollkommen verstanden, aber sie hatte zumindest nun einen Eindruck von Gravitation und Schwerelosigkeit. Sie hatte auch gehofft, in der Schulbibliothek noch weitere Bücher zu dem Themen Weltraum und Raumfahrt zu finden, aber leider gab es zu diesem Komplex gar keine Bücher dort. Die Bibliothekarin verwies dabei auf das geringe Interesse nach solchen Büchern. Nancys Interesse stellte da wohl eine ziemliche Ausnahme dar.
Einige Tage später rief Opa Harry zuhause an und verlangte nach Nancy. Die freute sich sehr über seinen Anruf und begrüßte ihn herzlich: „Hallo, Opa, schön, dass Du Dich meldest, ich hoffe, es geht Dir gut?!“
„Das tut es, mein Kind, und ich hoffe, Dir auch?!“
„Ja, mir auch.“