Die Schlager-Goldies greifen ein - 3 - Elfi Sinn - E-Book

Die Schlager-Goldies greifen ein - 3 E-Book

Elfi Sinn

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Beschreibung

Und wieder müssen die Schlager-Goldies eingreifen! Dabei haben die Frauen um Mascha Nussek gerade mit dem neuen Garten der Nachbarn und mit zusätzlichen Auftritten eine Menge zu tun, aber ihre Cleverness und ihre Pfiffigkeit werden dennoch gebraucht, um alte Damen vor Bilderfälschern, vor Schlafzimmer-Dieben und Apotheken-Betrügern zu schützen. Es gelingt ihnen sogar mit Unterstützung, einen Giftmord und eine lange zurückliegende Brandstiftung aufzuklären sowie die Entführung eines Mannes zu vereiteln. Der Fall jedoch, der schon nach Urlaub klingt, fordert sie noch einmal kräftig. Wird es ihnen gelingen, den Spuk im Ferienhaus an der Ostsee aufzuklären und vielleicht auch einen Schatz zu finden?

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Inhaltsverzeichnis

Wer ist wer?

Ein Fall von kultureller Aneignung

Ein Löffelchen Gift?

Ein traumhaftes Schlaferlebnis

Von langer Hand geplant

Ein Mann wird vermisst

Der Überflieger

Spuk im Ferienhaus

Wer ist wer?

Mascha Nussek, 68, haucht dem Chor und ihrer Gemeinde neues Leben ein, singt Sopran und organisiert am liebsten Chorauftritte. Sie liebt Krimis und ermittelt bei allen ungelösten Problemen und Ungerechtigkeiten, was ihr den Beinamen „Miss Marple“ eingebracht hat.

Friedel Neumann, 82, leitet den Chor musikalisch, spielt Klavier, singt Sopran, liebt und kennt unendlich viele alte Schlager.

Claudia Graf, 67, singt Alt, liebt ihre roten Haare genauso sehr, wie das Singen oder gutaussehende Männer und hat eine künstlerische Ader.

Gaby Kästner, 67, singt Sopran, assistiert gerne beim Ermitteln, hat ein Händchen fürs Kuppeln und fährt das am besten aussehende Auto.

Sigrid Kerner, 67, hat ihre Jugendliebe wieder gefunden, singt Sopran und ist als gelernte Schneiderin für die Bühnengarderobe zuständig.

Nadja Böhme, 68, singt Alt, wohnt im Nachbarort und hilft dort den ersten Kriminalfall aufzuklären.

Kira und Mira Brauer, Zwillinge, 65, sind neu im Chor und singen Sopran, führen eine Agentur für Bestellungen im Internet.

Max Graf, 10, Enkel von Claudia und Computerspezialist.

Ein Fall von kultureller Aneignung

Tausend Farben wünsch ich mir, nur um meine Stadt zu malen – 1973 gesungen von Pavel Novak

Der Januar schien auch in der zweiten Hälfte nicht bereit zu sein, sich als frostiger Wintermonat zu beweisen, sondern war eher geneigt, das nasskalte Matschwetter des Novembers fortzusetzen. Während Mascha Nussek durch ihr Dorf ging, das eigentlich schon zu der nahegelegenen Großstadt gehörte, erinnerte sie sich wehmütig daran, dass es damals, als sie mit Fünfzig nach der Scheidung aufs Land zog, noch richtige Winter gab mit knackendem Frost und knirschendem Schnee unter den Stiefeln. Und wenn sie morgens aus dem Fenster gesehen hatte, war die Landschaft wie mit Zuckerguss verzaubert und glitzerte in der Morgensonne. Aber jetzt gab es nur noch Dauerregen, obwohl der sicher auch gebraucht wurde, dennoch drückte das trübe Wetter meist aufs Gemüt. Aber nicht heute! Heute störte es sie kaum, wenn der böige Wind ihre halblangen immer noch braunen Haare aus dem Gesicht wehte. Sie ging trotzdem beschwingt von der Chorprobe nach Hause, denn es gab einen neuen Fall für die „Schlager-Goldies“!

Auch das gehörte zu den wichtigen Veränderungen, mit denen sie seit dem letzten Jahr wieder mehr Leben in das Dorf gebracht hatte. Sie hatte nicht nur den Frauenchor, der immer mehr schrumpfte, kurzerhand zu einem jetzt sehr erfolgreichen Schlagerchor umgewandelt, sie hatte diese Frauen auch dafür begeistert, selbst gegen Unrecht, Betrug und Willkür vorzugehen.

Und damit waren sie bisher fast genauso erfolgreich gewesen, wie mit ihren Auftritten. Mascha machte sich keine Illusionen darüber, dass sie, auch wenn sie bereits so gut kombinierten und so klug und geschickt vorgingen wie Miss Marple, doch nur eine Gruppe älterer Frauen waren, die sich schon kräftemäßig kaum mit einer jugendlichen Bande hätte anlegen können. Aber bei allem was Lebenserfahrung und Kenntnis der menschlichen Schwächen betraf sowie der Fähigkeit aus jedem Klatsch und Tratsch noch wichtige Informationen zu ziehen, waren sie im Vorteil, denn das machte sie zu einer besonderen Liga von Ermittlerinnen.

Und für alles andere hatte sie einen guten Draht zur Staatsanwaltschaft und auch bereits zu einigen Polizeidienststellen. Außerdem wägte sie vorher immer genau ihre Möglichkeiten ab, ehe sie einen neuen Fall übernahm.

Allerdings konnte sie auch nicht einfach wegsehen, wenn jemand derartig über den Tisch gezogen wurde, nur weil andere meinten, die Betrogenen seien sowieso zu alt, um es zu bemerken.

So wie bei dem neuen Fall, den sie unbedingt klären wollte, auch wenn es nicht einfach werden würde. Auf jeden Fall brachte es wieder eine wunderbare Aufregung mit sich, die ihr in den letzten Wochen gefehlt hatte. Die Freude darüber ließ sie schneller gehen, denn sie wollte sich zuhause unbedingt die Bände über Jugendstil-Malerei noch einmal genauer ansehen.

Maria Helmrecht, die heute nach der Chorprobe vorbeigekommen war, wohnte neben Friedel, der weißhaarigen Chorleiterin der „Schlager-Goldies“. Deshalb hatte sie bei ihrem Problem sofort an die erfolgreichen Schnüfflerinnen vom Chor gedacht, denn die Polizei konnte oder wollte ihr nicht weiterhelfen. Und immerhin hatte sie ja fast direkt miterlebt, wie Friedel eine schwarze Witwe enttarnt und ihren Sohn gerettet hatte.

Daher war Frau Helmbrecht überzeugt, dass ihr Problem auch geklärt werden könne. Schon als sie schilderte, dass man sie mit einem Bild betrogen habe, fühlte sich Mascha etwas unsicher, denn das war absolut nicht ihr Terrain. Aber Claudia hatte ihren Blick mit der stummen Bitte sofort verstanden und als ehemalige Mitarbeiterin einer Galerie, dann die Befragung sehr viel sachkundiger übernommen als sie es gekonnt hätte.

Der Name des Malers sagte Mascha auch nicht all zu viel. Natürlich wusste sie auch alles, was man allgemein über den Jugendstil wissen sollte. Ihr fiel sofort der „Kuss“ von Gustav Klimt ein und irgendwann hatte sie höchst interessiert das Mucha-Museum in Prag besucht. Sie erinnerte sich auch an einen Kalender mit frivolen Illustrationen von Toulouse-Lautrec, aber das war schon alles. Während Claudia das Bild von Carl Larsson sofort in die Zeit des Jugendstils und insbesondere des Arts and Crafts Movement einordnen konnte, einer Bewegung, die sich durch natürliche Materialien, einfache Formen und Inspirationen aus der Natur auszeichnete.

Maria Helmbrecht, deren Familie das Bild schon seit Generationen besaß, verfügte sogar über eine Expertise, die die Echtheit ihres Bildes „Wintermotiv“ belegte, das mit anderen ähnlichen Werken Larssons 1886 entstanden sein sollte. Für eine Ausstellung über Jugendstil-Malerei in der Villa Schwarzhaupt in der nahegelegenen Großstadt, hatte sie das Bild gerne und auch voller Vertrauen ausgeliehen.

Nach deren Ende war es ihr auch sofort mit Boten zurückgebracht worden, allerdings behauptete sie nun, dass es nicht das echte sei. Die Frauen hatten sich etwas hilflos angesehen, denn anhand der Handyfotos, die ihnen Frau Helmbrecht zeigte, konnte keine von ihnen irgendwelche Unterschiede erkennen.

Auch Mascha fiel nichts ein, wie man an diesen Fall herangehen könnte, aber Claudia war ziemlich engagiert vorgegangen und hatte sofort die richtigen Ideen entwickelt. Beim nächsten Chor-Treffen würde sie die umstrittene Kopie mitbringen und sie dann anschließend zu einem Experten mitnehmen, der die Echtheit überprüfen könne.

Insgeheim hatte Mascha aufgeatmet, weil ihr so etwas bestimmt nicht gleich eingefallen wäre und Experten auf diesem Gebiet kannte sie auch nicht. Aber sie konnte sich auf ihre „SchlagerGoldies“, die mit ihr schon einige Fälle geklärt hatten, immer verlassen.

So war das mit vielem in diesem Dorf, in das sie sich schon vor vielen Jahren verliebt hatte und das sie mit den anderen Frauen noch attraktiver machen wollte. Man half sich gegenseitig und achtete aufeinander. Das hatte den Vorteil, dass man immer wusste wen man fragen konnte, wenn Bedarf war, aber auch den Nachteil, dass jeder alles wusste oder überzeugt war, alles zu wissen. Privatsphäre war eher ein Luxus, auf den man häufig verzichten musste, denn Geheimnisse gab es praktisch keine und man liebte Klatsch. Nichts Boshaftes natürlich! Es war eher die mütterliche Sorge um die betroffene Person, die die meisten dazu brachte, alles genau wissen zu wollen und vielleicht nur ganz zum Schluss etwas Neugier.

Aber daran hatte sich Mascha bereits gewöhnt und sie war dankbar, wenn sich viele Einwohner für ihre Projekte interessierten und alles genau wissen wollten, sich bei der Umsetzung aber auch mit einbrachten. Vieles war schon verändert worden, die Häuser sahen jetzt wieder gepflegter aus, es gab neue Grünflächen und Ruheplätze und es war mehr los. Natürlich wusste Mascha auch, dass immer wieder Probleme auftauchen würden und obwohl sie sich über jede Ungerechtigkeit, über alles was die Gemeinschaft störte ärgerte, bereute sie ihren Umzug nie, sondern setzte Änderungen in Gang und machte selbst mit. Auch wenn es vieles gab, was den Bürgern nicht behagte, sie hielten zusammen und veränderten vieles früher als andere. Mascha erinnerte sich oft an die langwierigen Diskussionen über den Solarstrom. Heute war die Gemeinde in der Stromversorgung mit einem kommunalen Solarfeld und drei Windrädern auf dem einzigen Hügel in der Nähe, weitgehend autark und heizte vorrangig mit Biogas.

Auch bei ihrem schnelleren Schritttempo betrachtete Mascha immer noch alles in ihrer Umgebung genau und registrierte so ganz nebenbei, dass Nadjas Enkelin und ihr Mann fast einen kleinen Wald aus dem Garten von Rocky Docky gemacht hatten, so viele Bäume waren bereits gepflanzt. Sie lächelte, denn das würde einen richtigen Abenteuerwald für die Kids geben.

Zuhause in ihrer gemütlichen Wohnung bereitete sie sich einen Oolong-Tee zu, der die neuronalen Verknüpfungen im Gehirn stärken und das Denken verbessern sollte. Dann las sie alles über Carl Larsson, den schwedischen Maler, was sie in ihren Büchern finden konnte und begann nachzudenken. Der Mann schien fleißig gewesen zu sein, er hatte unzählige Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen geschaffen und mit seiner Frau sogar Möbel entwickelt, die heute noch den typischen skandinavischen Einrichtungsstil beeinflussten. Natürlich würde es die Vielzahl der Werke für Fälscher leichter machen, da es oft kein wirkliches Verzeichnis gab und man immer neue Bilder „finden“ konnte.

„In unserem Fall“, murmelte Mascha, „ist es allerdings anders. Hier gibt es ein bestätigtes Original.“ Ihre Neigung, beim konzentrierten Nachdenken, Selbstgespräche zu führen half ihr, schneller zu Ergebnissen zu kommen. Früher war sie dafür oft belächelt worden, aber heute wusste sie, die eigene Stimme von außen zu hören, verstärkte die Konzentration auf ein Problem und half ihr bei der Planung von Lösungswegen. Deshalb nutzte sie diese Methode oft und versuchte auch nicht, die Monologe vor anderen zu verbergen. „Es besteht offensichtlich kein Zweifel daran, dass Frau Helmbrecht das echte Bild verliehen hat“, murmelte sie und blätterte in einer Zeitschrift, die einen Artikel über diese Ausstellung veröffentlicht hatte.

Die Direktorin dieser Villa Schwarzhaupt, eine Blanche Altmann, war zwar noch jung, schien aber einen äußerst kritischen Blick zu haben, denn sie schaute keinesfalls freundlich in die Kamera. „Diese Frau hätte bestimmt kein Gemälde ausgestellt, ohne es gründlich zu prüfen“, überlegte sie weiter. „Es kann auch nicht ausgetauscht worden sein, während die Kunstwerke platziert wurden, denn da hätte jemand schon ein Duplikat parat haben müssen. Es bleiben demnach nur zwei Möglichkeiten: Wenn das Bild in der Villa Schwarzhaupt kopiert und dann ausgetauscht wurde, kann es nur jemand sein, der dort arbeitet. Auch wenn jemand das Bild schon vorher gekannt und kopiert hat, hätte das Ganze nur in Zusammenarbeit mit jemandem aus der Villa geklappt. Also müssen wir herausfinden, wer sich für das Bild interessiert hat und was in dieser Villa Schwarzhaupt los ist.“

Dann hatte sie eine neue Idee. Lohnte sich dieser Diebstahl, falls es einer war überhaupt? Was kosteten denn die Werke von Larsson heute? Etwas enttäuscht sah sie über die ersten Kaufangebote für Zeichnungen, aber dann entdeckte sie einige internationale Verkäufe, bei einem davon wurde vor kurzem die fantastische Summe von 7,3 Millionen erzielt. Schnell rechnete sie die schwedischen Kronen auf ihrem Handy um und grinste: Das waren ungefähr 613.000 Euro und das würde sich wirklich für einen einigermaßen geschickten Fälscher lohnen! Nur wie könnte sie den finden und wie könnte sie den Austausch auch beweisen?

Mascha stöhnte. Das würde nicht so leicht über die Bühne gehen, wie ihre anderen Fälle, also würde sie erstmal abwarten, was man an dem Duplikat erkennen konnte und was der Experte feststellen würde. Inzwischen könnte sie sich mit berühmten Fälschungen beschäftigen oder auch mal in ihre Schlagersammlung sehen. Angeregt sah sie durch ihre kleine Bibliothek und summte: Schön wie Mona Lisa, aber leider fand sich nichts Geeignetes. Dann würde sie eben am nächsten Tag prüfen, was die Bibliothek in der Stadt zu diesem Thema anbot und notierte sich noch: Christiane anrufen, wegen möglicher Kunstschmuggler-Banden. Christiane Brückner war die Staatsanwältin, die ihr schon oft bei ihren Ermittlungen geholfen hatte.

Bis zur nächsten Chorprobe hatte Mascha alles gelesen, was sie zum Jugendstil und zu Kunstfälschungen finden konnte, aber leider waren die genannten Beispiele viel spektakulärer als ihr Fall und die Kenntnis der Methoden machte sie noch lange nicht zu einer Expertin. Mit gemischten Gefühlen machte sie sich auf den Weg zum „Dorfkrug“ und hoffte, dass Claudia eine zündende Idee hätte. Die genoss ihre Rolle sichtlich, als sie mit dem Bild erschien, es langsam auspackte und eine große Lupe danebenlegte.

„Der Kunstmarkt war schon zu meiner Zeit höchst kompliziert“, dozierte sie. „Experten schätzen, dass er gegenwärtig zu 40% aus Fälschungen besteht. Das bedeutet, dass auch möglicherweise die Kunstwerke, die immer noch in Museen und Ausstellungen hängen, sehr geschickt gefälscht sind, obwohl man heute bereits viel bessere Methoden hat um so etwas zu analysieren. Ich bin keine Spezialistin, aber ich zeige euch einen einfachen Trick um festzustellen, ob ein Gemälde wirklich alt ist oder nur auf alt gemacht wurde. Hier auf diesem Foto ist eine vergrößerte Aufnahme eines Bildes von 1880, also etwa so alt wie das vermisste Bild.“

Sie ließ das Foto herumgehen und erläuterte dazu: „Alte Bilder haben ein ähnliches Problem wie Menschen, sie bekommen mit dem Alter Runzeln. Mit einer starken Lupe oder hier mit einer fotografischen Vergrößerung kann man die feinen Risse in der Malschicht erkennen, fachlich heißen sie Krakelüren. Sie entstehen, wenn ein Bild über lange Zeit in einem natürlichen Prozess trocknet und stehen für die Echtheit. Wird das Bild jedoch unter Zeitdruck im Ofen gebacken wie das Fälscher oft machen, dann fehlen diese feinen Risse. Und jetzt schaut euch das Bild von Frau Helmbrecht mit der Lupe an. Die Oberfläche ist glatt wie ein Kinderpopo, das bedeutet, es ist tatsächlich eine Fälschung.“

Eine nach der anderen betrachteten die „Schlager-Goldies“ beeindruckt das Bild durch die Lupe und nickten.

„Aber so viel wussten wir schon letzte Woche, das bringt uns noch nicht weiter“, merkte Mascha schließlich an. Sie hätte der alten Dame sehr gern ihre Sorgen genommen.

Claudia nickte nur und lächelte. „Ich wollte euch nur zeigen, dass man so etwas schon sehr schnell selbst feststellen kann. Für weitere Informationen, welcher Fälscher in Frage kommt und was ihn überführen könnte brauche ich den Experten, den ich noch von früher kenne und zu dem ich dieses Machwerk anschließend bringe.“

Mascha nickte. „Ich habe am Wochenende alle Varianten durchgespielt, meiner Meinung nach gibt es für den Austausch zwei Möglichkeiten. Entweder war es jemand, der das Bild schon vorher kannte, also aus dem Umfeld von Frau Helmbrecht kommen muss oder es ist jemand aus der Villa Schwarzhaupt, der dort Restaurator oder etwas Ähnliches ist. Ein anderer kann nicht in dieser kurzen Zeit eine solche Kopie angefertigt haben. Und selbst wenn, wäre es ja nur gemeinsam mit dem Aussteller gegangen, denn die haben sicher die Echtheit geprüft.“

„Aber Maria hat kaum Kontakte nach außen und ihre Enkel haben mit Kunst absolut nichts am Hut.“ Friedel schüttelte nach ihrer Äußerung zweifelnd den Kopf. „Allerdings könnte es ja auch jemand sein, der das Bild mal bewundert oder fotografiert hat, aber das finde ich heraus.“

„Das wäre wichtig“, betonte Mascha , „und auch was der Experte herausfindet. Ich werde auf jeden Fall noch die Staatsanwältin anrufen, ob es in dieser Kunstvilla schon andere Fälle gab….,“

„Ich grübele schon die ganze Zeit, weil ich das nicht verstehe“, wurde sie von Gaby unterbrochen. „Friedel, deine Nachbarin ist doch keine Expertin, wie hat sie denn bemerkt, dass es eine Fälschung ist?“

Friedel hob die Schultern. „Da bin ich absolut überfragt.“

Claudia grinste. „Das ist eigentlich der Clou an der ganzen Sache, der zeigt, an welchen banalen Dingen Fälscher häufig scheitern.

Frau Helmbrecht hat das Bild zum ersten Mal gesehen, als sie fünf war und hat eine dunkle Stelle hinter einem Baum als ein Häschen identifiziert. Und diese Arbeit“, sie wies auf das Bild, „enthält absolut kein Häschen.“

Die Frauen lachten und Mascha fasste zusammen: „Damit haben wir die nächsten Schritte geklärt und nun lasst uns singen. Haben wir dazu etwas Passendes, Friedel?“

Die saß schon am Klavier und begann zu singen Welche Farbe hat die Welt?

Am nächsten Morgen rief Claudia bereits an. „Ich glaube, dass wir mit dem Mann genau den richtigen erwischt haben. Ich kannte Adrian von früher als Professor für Kunstgeschichte, der sich aber schon immer für Fälschungen interessiert hat. Jetzt hat er sich sogar darauf spezialisiert, weil er mit einer der Krimifrauen vom alten Bahnhof zusammen ist, mit der Rothaarigen. Ist das nicht toll?“ „Das kann nur nützlich sein“, bestätigte auch Mascha sofort und hatte gleich ein besseres Gefühl zu diesem Fall, bis sich Friedel meldete. „Ich habe Maria gestern noch befragt und bin selbst total überrascht. Also der Reihe nach: Für das Bild hat sich ihre Urenkelin Isabella schon immer interessiert, weil sie sich auch für diesen Crafts-Movement-Einrichtungsstil und das natürliche Leben auf dem Land begeistert, aber sie wird das Bild sowieso später erben. Dann war der Franco, der Azubi von Norman, schon zweimal bei ihr, um sich das Bild anzusehen.

Und von der Villa Schwarzhaupt war auch jemand da, um vor der Ausstellung die Qualität zu prüfen, ein dünner junger Mann, der viele Fotos gemacht hat. Wenn ich richtig kombiniere, hätten wir damit schon zwei Verdächtige.“ Friedel klang so munter und so zufrieden mit ihrem Ergebnis, dass Mascha ihre Enttäuschung über die unerwartete Wendung hinunterschluckte und nur bestätigte:

„Gut gemacht, Dr. Watson.“

Sie notierte sich gleich alles Wichtige, denn mit mehreren Verdächtigen hatte sie nur ungern gerechnet, aber auch das ließe sich klären. Wenn sie mit Franco beginnen würde brauchte sie nur Gaby, um zu wissen, an welchem Ort ihr Enkel heute arbeitete.

Die Ermittlungen in der Villa würde sie lieber erst nach dem Urteil des Experten beginnen, denn mittlerweile hatte sie ziemlichen Respekt vor dem Fachwissen, das dafür nötig war.

Gaby war sofort begeistert und holte sie gleich mit ihrem Auto ab. „Norman renoviert gerade ein Haus in Nadjas Wohnort, es dauert nur 10 Minuten bis wir da sind.“

Als sie nach einer halben Stunde wieder zurückfuhren, konnte Mascha einen Verdächtigen von ihrer Liste streichen, denn Franco hatte zwar sehr zögernd und mit feuerroten Ohren berichtet, dass er sich vor allem für Isabella interessiere und nur nach dem Bild gefragt habe, weil sie so daran hing. Mittlerweile habe er aber ihre Handynummer und brauchte ganz offensichtlich nicht mehr als das. Also blieben wirklich nur die Leute in der Villa übrig und da kam vermutlich jeder in Frage.

Diese Vermutung verstärkte sich, als sie mit der Staatsanwältin sprach. „Ich habe keine Ahnung, wie du das machst, du triffst meist in ein Wespennest, aber diesmal ganz besonders. Wir haben dort schon mehrfach ermittelt, weil Originale verschwinden, aber bisher kaum Anhaltspunkte gefunden. Inzwischen hat der alte Herr Schwarzhaupt schon die gesamte Leitung ausgetauscht, weil kaum noch jemand zu Leihgaben bereit war und ich dachte eigentlich es habe sich erledigt. Aber vielleicht haben meine Leute doch etwas übersehen, halte mich bitte auf dem Laufenden.“

Mascha grübelte weiter. Wer könnte etwas über einen Skandal oder Probleme in dieser Villa wissen? Kannte sie jemanden bei der Zeitung? Oder jemanden, der dort in der Nähe wohnte? Ihr fiel niemand ein, deshalb versuchte sie es zunächst im Internet, das zwar einige Artikel enthielt, die aber lediglich vorsichtige Andeutungen machten.

Also entschied sie sich schweren Herzens bis zur nächsten Chorprobe zu warten, auf schnelle Ergebnisse des Experten zu hoffen und zwischendurch immer die Angebote des Kunstmarktes zu kontrollieren, denn noch war das Bild nicht aufgetaucht.

Offensichtlich hatte sich das Universum entschieden, ihre Wünsche zu berücksichtigen, denn am nächsten Dienstag erschien eine strahlend lächelnde Claudia als eine der ersten im „Dorfkrug“.

„Wir haben eine bombensichere Expertise zu der Fälschung, denn unser Experte ist absolut eine Wucht. Und er sieht auch noch verboten gut aus, schade, dass er schon vergeben ist. Na ja, man muss auch anderen etwas gönnen.“

Dann zog sie die Unterlagen aus ihrer Mappe und schob sie über den Tisch zu Mascha. „Hier steht noch einmal alles, was wir schon wissen, aber sicher für die Verhandlungen mit der Villa Schwarzhaupt oder auch für die Polizei brauchen. Es gibt keine direkten Hinweise auf einen bestimmten Kunstfälscher, wie Pinselführung,

Verwendung der Hintergründe oder die Qualität der Farben, aber Adrian sagt, er habe ein Spezialverfahren entwickelt, das Handschweiß, Speichel und Atemluft einbezieht und mit dem man sogar etwas über den Gesundheitszustand des Fälschers sagen könnte.“ „Darüber habe ich gelesen“, rief Mascha. „So etwas war erst vor kurzem in einem Krimi. Dort war der Maler als starker Raucher bekannt, der Fälscher dagegen war es nicht. Bei der Analyse der Farbschicht fand sich absolut kein Nikotin, also musste es eine Fälschung sein.“

„Ich vermute, dass es hier ähnlich ist“, setzte Claudia fort. „Adrian sagt, die chemische Zusammensetzung würde auf eine diabetische Ketoazidose hindeuten. Fragt mich aber bitte nicht, was das bedeutet.“

Während Mascha noch diesen Begriff googelte, meldete sich Nadja aus dem Hintergrund. „Das ist ein Insulinmangel-Zustand bei Menschen, die an Diabetes mellitus Typ 1 leiden.“

Und ehe die anderen Fragen stellen konnten, erklärte sie weiter:

„Das sind Leute, die schon mit der Zuckerkrankheit geboren werden. Normalerweise hat man das ganz gut im Griff, weil die meisten schon eine Insulinpumpe tragen. Wir haben in unserer Familie auch so einen Fall. Bevor die Kleine die Pumpe bekam, hatte sie oft diese Ketoazidose, weil Kinder sich leicht beim Essen übernehmen, besonders wenn es um Süßigkeiten geht.“

„Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist der Experte der

Meinung, dass die Fälschung von einem Diabetiker Typ 1 stammt.

Wenn wir den in der Villa finden, ist der Fall doch schon gelöst? So viele kann es davon ja nicht geben, oder?“, fragte Sigrid mit hoffnungsvollem Gesichtsausdruck.

Mascha lächelte. „Im Prinzip ja, aber so schnell werden wir das nicht wissen, das ist ja nichts, was man auf der Stirn trägt. Und außerdem müssen wir ihm die Straftat nachweisen und das echte Bild finden.“

„Wenn das bedeutet, dass wir in die Höhle der Löwen fahren, bin ich die Assistentin, oder?“ Claudia sah Mascha erwartungsvoll an und die nickte, weil Claudia bisher wirklich den größten Anteil geleistet hatte und sie sich mit einer Sachkundigen an ihrer Seite auch sicherer fühlte.

„Ich werde uns bei Frau Altmann anmelden und mich dann mit dir absprechen. Die Dame ist übrigens neu auf diesem Posten, weiß jemand etwas über sie?“