Sophie und die Krimifrauen vom alten Bahnhof -3 - - Elfi Sinn - E-Book

Sophie und die Krimifrauen vom alten Bahnhof -3 - E-Book

Elfi Sinn

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Beschreibung

Die netten, alten Schachteln ermitteln erneut! Sophie, die junge Privatdetektivin, kann nach der Elternzeit ihre besonderen Fähigkeiten wieder stärker nutzen, um diejenigen glücklich zu machen, denen wertvoller Schmuck, wichtige Erinnerungsstücke oder andere geliebte Kostbarkeiten gestohlen wurden. Und sie hat viel zu tun, denn es kommen immer mehr Menschen, die erwarten, dass sie alles Wertvolle, was je verschwunden ist, wieder beschaffen kann. Nur gut, dass ihr Oma Laura und die anderen Krimifrauen mit ihren speziellen Fähigkeiten zur Seite stehen und auf ihre eigene Art für mehr Gerechtigkeit sorgen. Auch die pfiffigen Kids von den Kleinen Detektiven und ihre Spürhunde sind dabei eine große Hilfe. Und erstaunlicherweise beginnt sogar der eigene Nachwuchs schon einzugreifen.

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Inhaltsverzeichnis

Das Loch in der Wand

Die glücklichen Erben

St. Patricks Day am Obersee

Die zauberhafte Schatulle

Die Fahrraddiebstahl-Masche

Der Stalker

Die vergessene Beute

Die diebische Elster

Das Loch in der Wand

Die Hitze, die die gesamte Stadt seit Wochen in ihrem Würgegriff hielt, dauerte immer noch an.

Einige kleine Gewitter hatten die Luft kurzzeitig abgekühlt, aber danach stieg das Thermometer wieder ständig.

„Ich frage mich, wie wir heute bei diesen Temperaturen diskutieren wollen, nach heißem Kaffee ist mir auch nicht und außerdem habe ich zwei Kilo zugenommen“, stöhnte Luisa, die mit ihrer besten Freundin Laura auf dem Weg zum Café Schokohimmel im alten Bahnhof war.

Seit einigen Jahren war dieser restaurierte Fachwerkbau ein sehr beliebtes Zentrum in der Südstadt geworden. Jeden Mittwoch trafen sich dort sieben Frauen, die schon im Ruhestand waren und Krimis nicht nur heiß und innig liebten, sondern noch lieber selbst erlebten.

Laura, die jedes Schaufenster nutzte, um im Vorbeigehen ihr leichtes, silberblaues Sommerkleid von Chrissies Fashion Dream zu bewundern, schmunzelte nur. „Es gibt es auch Eiskaffee und außerdem hat mir Letty versprochen, dass wir heute auf der Terrasse sitzen, mit Blick zum See. Und schließlich weiß ich zufällig ganz genau, dass Luke jedes Pfund an dir liebt.“

Luisa lächelte geschmeichelt und strich sich ihre immer noch rotblonden Haare aus der feuchten Stirn. „Mit unseren Männern haben wir wirklich Glück gehabt. Und deshalb bin ich auch bereit, gewisse Ungerechtigkeiten des Lebens hinzunehmen, zum Beispiel dass Schokolade mehr Kalorien hat als Sellerie und dass sich Lettys Torte immer nur an meinen Hüften festklammert.“

Laura lächelte. Sie sah das ähnlich, denn damit hatten sie beide nicht gerechnet, als sie vor einem halben Jahr Majas Kontaktbörse ausprobiert hatten. Wer erwartet schon mit fast Siebzig, noch der großen Liebe zu begegnen? Und dennoch war genau das eingetroffen.

„Meine Großmutter hat immer gesagt, wenn ich mal alt bin, muss ich nicht unbedingt jung aussehen, aber auf jeden Fall glücklich.

Mit meinem Markus bin ich das ganz bestimmt. Und der Rest wird sich finden. Ich bin sicher, alles wird so sein, wie wir uns das wünschen.“

Und genauso hatte es Letty, die Inhaberin des Cafés, auch vorbereitet. Der Stammplatz der Krimifrauen war sonst etwas abgesondert von den anderen Gästen, schließlich war das, was dort beredet wurde, nicht für neugierige Ohren bestimmt.

Aber heute war die luftige Terrasse für sie vorgesehen. Unter bunten Sonnenschirmen, mit Blick zum See und einer frischen Brise vom Wasser her, fühlten sich die Frauen schnell wieder wie neugeboren. Und der Eiskaffee mit dem ganz speziellen Mokka-Eis tat ein Übriges. Alle waren schon in die Genüsse vertieft, als Christiane, die ehemalige Lehrerin, sich schnell noch auf ihren Platz schob und rasch eine Abkühlung bestellte.

„Entschuldigt, ich bin etwas atemlos, aber ich habe gerade noch die Nachrichten gehört. Es hat einen Einbruch bei einer Schmuck-Designerin gegeben, Soledo oder so ähnlich.“

Sie nahm einen Schluck von ihrem gekühlten Getränk, strich sich die dunklen Haare zurück und wandte sich an Stella, die Witwe eines bekannten Malers. „Ist das nicht die Tochter deiner Bekannten, von der du die schöne grüne Kette hattest?“ Stella, die bisher so auf ihrem Stuhl herum gezappelt hatte, als ob eine Ameisenkolonie unter ihrer Haut ins Freie gelangen wollte, nickte gewichtig. „Und jetzt ratet mal, wer zuerst am Tatort war?“ Sie stand auf, warf ihre rote Mähne gekonnt nach hinten und verbeugte sich grinsend. „Ich war sogar vor der Polizei da!“ Als sie sich der vollen Aufmerksamkeit der anderen Frauen sicher sein konnte, setzte sie sich wieder und berichtete.

„Ich war mit Solveig, das ist die Designerin, heute früh verabredet.

Sie hat einen tollen Malachit-Anhänger, auf dem ganz sicher schon mein Name steht. Also bin ich gleich gemeinsam mit ihr in den Laden gegangen. Da sah es eigentlich aus, wie immer. Aber als Solveig in die Werkstatt ging, schrie sie plötzlich vor Schreck.

Die wertvollen Steine, die erst gestern geliefert wurden, waren alle weg, das sind rund 25.000 Euro.

Der Schrank war nicht brutal aufgebrochen, wie man das erwartet hätte, sondern fachmännisch geknackt. Ich habe keine Ahnung, wie jemand in diesen Laden gekommen sein könnte. Vorne an der Eingangstür gibt es ein Spezialschloss, die Schaufenster sind extra gesichert und die Werkstattfenster sogar vergittert.“

„Das ist ja wie bei Sherlock Holmes, der klassische Fall eines Verbrechens in einem verschlossenen Raum. Hast du eine Idee, wie die das geschafft haben?“ Laura zog schon Parallelen zu einigen Krimis, die sie gelesen und besprochen hatten.

Stella schüttelte den Kopf, dann aber lächelte sie wieder, um das nächste Ass aus dem Ärmel zu ziehen.

„ Nur eine Vermutung. Bis die Polizei kam, habe ich alles genau betrachtet und gefilmt. Ganz zum Schluss ist mir erst aufgefallen, dass es an der Rückwand, die zu einem verlotterten Gartengrundstück führt, ein Loch in der Wand gab, nicht sehr groß, circa 35 cm Durchmesser. Aber da kann doch kein Mensch durchgekommen sein! Allerdings ist es die einzige Veränderung, die ich festgestellt habe und ich war gründlicher als die Polizei. Damit haben wir jetzt alle relevanten Informationen und auch die besten Möglichkeiten, den Fall selbst aufzuklären.“

Laura, die als erste das Video des Tatortes angesehen hatte und das Handy weiter gab, schüttelte den Kopf, während sie ihren Arm betrachtete. „Wenn ich mich richtig erinnere, sind es von den Fingerspitzen bis zum Ellbogen ungefähr 50 cm. Schon da käme kein Erwachsener durch, höchstens Zwerge oder Heinzelmännchen.

Aber an Märchen glaube ich nicht mehr.“

„Ich auch nicht“, rief Antonia, die ehemalige Krankenschwester, und zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. „Es gibt Menschen mit einer Krankheit des Bindegewebes, die sich unwahrscheinlich verbiegen können, Marfan-Syndrom nennt man das.

Vielleicht ist es so etwas?“

„Und wenn das Ganze nur als Ablenkung gedacht ist und die Diebe einen völlig anderen Weg genommen haben, die Heizungsschächte zum Beispiel.“ Emilia, die ehemalige Psychologie-Dozentin, die jetzt Krimis schrieb, konnte sich eine solche kriminelle Raffinesse sehr gut vorstellen, aber Stella schüttelte vehement den Kopf.

„Das glaube ich eher nicht. Ich durfte zwar nicht mehr im Laden bleiben, als die Polizei kam, aber ich habe alles von der anderen Straßenseite beobachtet. Mir war vorher aufgefallen, dass es kleine Flecken einer öligen Flüssigkeit im Laden gab, als ich dann außen vorsichtig nachgesehen habe, war sowas auch an der unteren Seite des Loches. Das hat die Polizei ebenfalls fotografiert.“

„Dann hat es etwas zu bedeuten“, murmelte Laura. „Fragt sich nur, was?“

Ein Blick zu Christiane genügte und die holte die Karten mit den W-Fragen aus ihrer Mappe. Auch wenn Sophie, ihre Enkelin und Privatdetektivin, diese Art der Ermittlung als etwas überholt ansah, war Laura davon überzeugt, dass ihnen diese Fragen oft geholfen hatten, logischer an einen Fall heranzugehen und ihren Vermutungen und möglichen Erklärungen, Struktur zu geben.

Als Christiane das WER nach oben hielt, stellte Laura gleich die erste Frage selbst. „Also wer ist in der Lage, durch ein Loch dieser Größe zu gelangen. Mit dem Kopf würde ich das noch schaffen, die Arme könnte ich vielleicht auch noch nachziehen…“ „Aber mit dem Po steckst du fest“, lachte Stella, „obwohl du wirklich schmal gebaut bist. Also alle normal gebauten Menschen, ganz egal ob Frauen mit Kurven oder Männer mit Muskeln, können wir ausschließen.“

„Dann bleibt noch die Möglichkeit, dass jemand zufällig gerade so eine Krankheit hat, wie sie Antonia genannt hat oder es ist ein Artist, die sind ja auch sehr gelenkig.“

Laura war mit den bisherigen Erkenntnissen noch nicht zufrieden und schüttelte zweifelnd den Kopf.

„Genau genommen passt da eigentlich nur ein sehr kleines, schmales Kind durch. Und an so eine Möglichkeit möchte ich überhaupt nicht denken.“

Luisa, die früher beim Kammergericht gearbeitet hatte, sah sie entsetzt an. „Du meinst, da schickt jemand Kinder zum Stehlen, so wie bei Oliver Twist? Wenn es so etwas heute noch geben sollte, müssen wir unbedingt eingreifen!“

Während die Frauen einhellig nickten, richtete Emilia ihre Überlegungen in eine völlig andere Richtung.

„Müssten wir die WER-Frage nicht auch noch anders stellen? Wer hat denn gewusst, dass diese Lieferung gekommen war?“

Stella hatte schon eifrig notiert und schaute anerkennend in Emilias Richtung. „Das scheint mir sehr wichtig. Darum kann ich mich kümmern.“

Claire, die früher ein Reisebüro besessen hatte, schien gar nicht zugehört zu haben, sondern scrollte sehr konzentriert auf ihrem Smartphone. Jetzt hatte sie offensichtlich gefunden, was ihr wichtig erschien und schnipste aufgeregt mit den Fingern. „Irgendwann habe ich mal die Burg Hohenzollern in Baden-Württemberg besucht und da gab es etwas Ähnliches. Ich glaube, es war 1953, da hat sich jemand durch eine winzige Öffnung in die Schatzkammer gezwängt und Tabakdosen und andere kleine Kostbarkeiten gestohlen.“

„Und hat man herausgefunden, wer es war?“ Stella glaubte zwar nicht an eine schnelle Lösung, war aber für jeden Vorschlag offen.

„Ja, beim Verkauf dieser Sachen konnte man ihn festnehmen, es war ein Artist aus einem Zirkus, ein sogenannter Schlangenmensch.

Und die können sich natürlich extrem verbiegen, aber ob sie durch diese winzige Öffnung kämen, das wage ich zu bezweifeln.

Deshalb glaube ich auch, dass es ein Kind war. Aber ein Kind, das Schlösser knacken kann, das dürfte nicht leicht zu finden sein.“

Laura, die sich eifrig Notizen gemacht hatte, nickte zustimmend und fasste noch einmal zusammen.

„Das wird kein einfacher Fall, deswegen werde ich heute noch mit Sophie sprechen. Vielleicht brauchen wir auch noch mehr Hilfe, aber wenn Kinder betroffen sind und ich vermute, dass sie das nicht freiwillig tun, muss schnellstens etwas geschehen. Stella, du kümmerst dich darum, wer von der Lieferung wusste. Christiane, du kennst dich in den Schulen bestens aus. Könntest du dich nach Kindergruppen erkundigen, die akrobatische Übungen oder Kunstturnen machen? Irgendwer scheint sowas auszunutzen. Luisa und ich forschen nach, welche berühmten Schlangenmenschen es bei uns gegeben hat und was sie heute machen.“

Luisa nickte sofort. „Du hast recht, irgendwer muss die Kinder trainiert haben.“

„Die anderen hören sich in der näheren Umgebung um. Was wird über den Einbruch geredet und wem sind möglicherweise kleine, sehr schlanke Kinder aufgefallen, die neu in der Nachbarschaft sind?“

„Können wir uns mit den Kleinen Detektiven verabreden?“

Emilia versprach sich davon nicht nur eine gute Tarnung, die pfiffigen Kinder waren auch schon oft eine große Hilfe gewesen.

Laura schaute vorsorglich in ihren Kalender und nickte dann.

„Das müsste gehen, die Sommerferien beginnen erst in drei Wochen und die große Schatzsuche ist auch erfolgreich beendet worden. Das habt ihr ja alle in der Zeitung gelesen.“

Noch auf dem Heimweg konnten Laura und Luisa überhaupt nicht aufhören, über diese unvorstellbare Angelegenheit zu reden, dass jemand Kinder zum Stehlen schickte, wie im England des 19. Jahrhunderts.

Kaum dass sie das Haus erreicht hatte, stürmte Laura trotz der Hitze in das Büro von Sophies Detektei, das angenehm kühl war.

„Sophie-Schatz, wir haben einen neuen Fall!“

„Ich auch“, antwortete Sophie, während sie ungerührt einige Blätter ausdruckte. „Geht es um den Einbruch bei der Schmuck-Designerin, Omi?“

Laura ließ sich verblüfft auf den Stuhl fallen, dann wurde ihr der Zusammenhang klar. „Ach, du hast die Nachrichten gehört?“

Sophie lächelte und strich sich ihre schwarzen Locken zum wiederholten Mal hinter die Ohren, bei dieser Hitze hielt einfach keine Frisur. „Das habe ich auch und dann kam ein Eilauftrag von der zuständigen Versicherung. Mit denen hatte ich schon oft zu tun und jetzt erwarten sie natürlich, dass ich alles vollkommen und möglichst schnell aufkläre. Das ist nämlich nicht der erste Einbruch dieser Art, es hat davor schon drei gegeben, alle mit einem Loch in der Wand.“

„Das ist ja höchst interessant!“ Laura blätterte in ihren Notizen.

„Wir haben darüber geredet und meinen, dass da wirklich nur ein Kind durch passt. Wir suchen schon nach Kindergruppen, die Akrobatik oder Kunstturnen anbieten.“

„Kontorsion heißt das, was Schlangenmenschen machen.“

Oma Laura nickte nur. „Ich wollte mit Luisa gemeinsam schauen, wo es Menschen gibt, die früher so etwas gemacht haben. Irgendwer muss ja die Kinder, wenn es denn Kinder sind, trainiert haben.

Aber vielleicht sind es ja auch gut trainierte Tiere? Denke an Edgar Allan Poe.“

Sophie grinste. „Durch das Loch schafft es ein Orang Utan nicht.

Möglicherweise ein abgerichteter Schimpanse, aber kann er dann auch die Schlösser knacken?“

Sie wies auf einen Metallreifen, der auf ihrem Schreibtisch lag.

„Ich glaube eher an die Variante mit gut trainierten Kindern. Lissy kommt nachher vorbei und wenn sie durch diesen Reifen mit 35 cm Durchmesser kommt, können wir davon ausgehen, dass für die Einbrüche Kinder benutzt werden.“

Laura nickte erneut. „Das ist eine gute Idee. Bevor Lissy kommt, muss ich dir noch etwas zeigen. Stella war heute früh bei Solveig Soledo und hat alles gefilmt. Sie hat mir das Video und ein paar Fotos geschickt. Siehst du die dunklen Spuren am unteren Rand der Öffnung? Stella sagt, das sei eine ölige Flüssigkeit gewesen.“

Sophie runzelte nachdenklich die Stirn.

„Im Netz habe ich gelesen, dass einige Schlangenmenschen darauf schwören, sich einzuölen, um biegsamer zu sein. Das würde unsere Vermutung bestätigen.“

„Die öligen Spuren waren auch außen an der Mauer, die zu diesem verlotterten Garten führt. Die Polizei hat keine Spürhunde eingesetzt.“ Sie lächelte listig und Sophie reagierte wie erwartet.

„Schon gut, Omi. Wir haben unsere eigenen Spürhunde. Ich rufe Fritzi an.“

Laura erhob sich. „Und wenn sie sich morgen mit Emilia verständigt, könnten sie sich auch noch ein wenig in der Gegend umsehen.

So und jetzt brauche ich noch etwas Abkühlung vor dem Abendessen.“

Bevor sie jedoch ihr Badezimmer erreichte, klingelte Lissy, die nicht nur ihr Hündchen Hagrid mitbrachte, sondern auch Fritzi mit Hund und ihren Bruder Sporty von den Kleinen Detektiven.

„Wir haben von dem Einbruch gehört“, machte Sporty sofort klar und Fritzi ergänzte: „Wir dachten, solange die Spuren noch frisch sind, sollten wir unsere Hunde einsetzen.“

„Und ich bin der Bodyguard für die beiden.“Sporty legte seine Arme um die Schultern von Fritzi und Lissy. „Immerhin geht es um ein Verbrechen, da kann man nicht vorsichtig genug sein.“

Sophie lächelte. „Ihr kommt genau richtig, aber bevor wir uns den Tatort ansehen, muss noch eine entscheidende Frage geklärt werden, nämlich: Wie sind die Einbrecher in den Laden gekommen?

Dieser Reifen ist so groß, wie das Loch in der Wand. Lissy schaffst du es, hier durch zu schlüpfen?“

Die hielt sich den Reifen über den Kopf und ließ ihn langsam nach unten gleiten, bis er auf der Hüfte festsaß. Oma Laura half ihr, sich wieder heraus zu winden und sah ratlos zu Sophie, die nur mit den Schultern zuckte, bis Fritzi auf die rettende Idee kam.

Sie stellte den Reifen aufrecht vor Lissy, die am Boden kniete. „Und jetzt stell dir vor, das ist das Kellerfenster, durch das du dich durchschlängeln musst. Sporty und ich halten fest.“

Jetzt klappte es fast mühelos und Lissy sprang stolz auf.

„Haben sie es so gemacht? Dann können wir das auch beweisen.“

„Und jetzt müssen wir sie nur noch fangen“, ergänzte Sporty.

„Genau!“ Oma Laura nickte überzeugt. „Und zwar so schnell es geht. Wir glauben, dass man diese Kinder zum Stehlen zwingt. Da niemand von ihnen weiß, wird ihnen auch niemand beistehen. Nur wir können ihnen helfen.“

Nach einem schnellen Eis aus Oma Lauras unerschöpflicher Kühltruhe, trafen sich die Kids, Oma Laura und Sophie direkt am Tatort.

Noch war alles mit Bändern abgesperrt und auch das Geschäft geschlossen. Interessanter war daher die Rückseite, die an einen vernachlässigten Garten grenzte.

Die braungemusterte Hündin Perla, die mehrere Rassen in sich vereinigte, übernahm die Führung und der kleine Hagrid folgte ihr.

Anfangs schnüffelten beide Hunde nur am Zaun entlang. Dann stoppten sie an einem losen Zaunteil, durch das die Kinder in den Garten gelangen konnten, während Oma Laura und Sophie die Straße auf beiden Seiten beobachteten.

Fritzi hatte sehr darauf geachtet, dass alle an der Seite entlang gingen, um die Spuren nicht zu gefährden. An dem Loch in der Mauer, das bis jetzt nur von innen abgedichtet war, nahm Perla die Spur sehr konzentriert auf und folgte ihr beharrlich, immer wieder nach hinten sehend, ob Fritzi ihr auch folgen konnte.

An einem etwas abseits der Straße gelegenen Haus, das höchstens drei Querstraßen entfernt war, blieb sie stehen, schaute Fritzi an und bellte leise.

„Bis hierher geht die Spur“, stellte Fritzi fest. „Entweder sind sie ab hier mit einem Fahrzeug weiter oder sie wohnen hier.“

Oma Laura betrachtete das baufällige Haus und den ungepflegten Garten misstrauisch. „Das sieht nicht so aus, als ob hier überhaupt jemand wohnt! Aber es hat zumindest eine Klingel.“

Sie drückte so kräftig sie konnte, alle lauschten, aber es passierte nichts.

„Also ich möchte nicht hier wohnen, das Haus macht einen leblosen Eindruck, richtig gruselig.“ Oma Laura schüttelte sich und wandte sich ab.

Sophie hatte die Adresse dennoch notiert. Vielleicht waren sie einfach nur zur falschen Zeit anwesend?

„Möglicherweise treffen sich die Einbrecher hier nur und wohnen ganz woanders“, mutmaßte Sporty etwas altklug.

Sophie klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. „Das ist eine echt gute Idee, Watson. Leider habe ich meine technischen Spielzeuge nicht hier, um es zu prüfen, aber ich kann ja wiederkommen.“

Sie wollten gerade gehen, als Fritzi ganz aufgeregt rief: „Da war etwas! Ganz oben, hinter dem Giebelfenster war ein Gesicht.“

Alle starrten nach oben, bis ihnen die Augen tränten, aber da war nichts zu sehen.

„Vielleicht hat sich da etwas gespiegelt“, versuchte Oma Laura zu erklären, aber Fritzi war sich sicher. Da war etwas gewesen und sie würde es beweisen! Also nickte sie nur, schwieg und schloss sich den anderen zum Heimweg an.

Aber zuhause, als Sporty sie mit ihrer falschen Beobachtung necken wollte, blieb sie eisern bei ihrer Meinung und stritt sich heftig mit ihm. Wenn nicht Oma Emilia angerufen hätte, um sich mit ihr zum Observieren zu verabreden, wäre sie alleine zu diesem Haus gegangen. Aber so war es entschieden besser.

Am nächsten Morgen, als Oma Laura gut gelaunt nach einer Nacht bei Markus, in Sophies Büro kam, saß die schon hochkonzentriert an ihrem Laptop und strahlte zufrieden.

„Du siehst aus, als gäbe es einen ersten Erfolg. Wirklich?“

Als Sophie nur breit lächelte, setzte sich Laura an die andere Seite des Tisches und zog ihren Stenoblock aus dem Fach. „Jetzt erzähle endlich, ich bin schon so gespannt.“

Sophie nahm ihre Unterlagen und lehnte sich zurück. „Du hast mir erzählt, Stella würde nachforschen, wer von der Lieferung wusste, dass habe ich auch gemacht, aber von einer anderen Seite.

Die Firma, die geliefert hat, weiß natürlich am besten, wann sie liefert und was sie liefert. Und bei allen bisherigen Einbrüchen hat die gleiche Wertstofftransport-Firma geliefert, die Conduct.

Die habe ich mir mal genauer angesehen. Wusstest du, dass man so eine Firma schon mit einem einfachen Gewerbeschein eröffnen kann? Noch interessanter ist, dass jeder Einbruch genau einen Tag nach der Lieferung erfolgte.“

Laura schüttelte den Kopf. „Aber so blöd ist doch niemand! Das lässt sich doch viel zu einfach nachverfolgen.“

„Du hast recht, aber selbst wenn ich weiß, dass es jemand aus dieser Firma war, kann ich es nicht beweisen und die Beute haben wir auch nicht. Auf jeden Fall brauche ich jetzt mehr Informationen über die Beschäftigten. Einige Anfragen sind schon raus. Und heute früh habe ich den großen Baum gegenüber diesem seltsamen Haus mit ein paar Spielereien bestückt. Mal sehen, wer uns ins Netz geht.“

Laura war begeistert. „Das ist schon mehr als ich erwartet hatte. Ich treffe mich nachher mit Luisa, wir gehen zu einer Zeitschrift, die sich mit Akrobatik und Artistik beschäftigt. Sie haben dort noch ein unmodernes Archiv mit Mikrofiche. Das wird spannend.“

Am Nachmittag waren Emilia und Fritzi unterwegs, um sich den Tatort noch einmal gründlich anzusehen und Perlas Spur zu überprüfen. Emilias Eindruck von dem vernachlässigten Haus unterschied sich deutlich von den anderen. Sie war regelrecht fasziniert.

Wann hatte sie schon mal die Gelegenheit ein solch düsteres Haus, das einer Erzählung von Stephen King entsprungen zu sein schien, direkt zu studieren? Am liebsten hätte sie sich Notizen gemacht, aber Fritzi drängelte sie, zum Giebelfenster zu sehen.

Während sie noch interessiert nach oben schauten, begann ein Hund zu bellen und ein wütender Dackel schoss aus dem Eingang, direkt auf Emilias Knöchel zu.

Bevor er zuschnappen konnte, stoppte ihn Fritzis Hündin. Sie bellte nur einmal, dann zog sich der Dackel winselnd zurück. Ihm war ein älterer Mann gefolgt, der sicher mal athletisch ausgesehen hatte, jetzt aber für seine Größe zwanzig Kilo zu viel mit sich herumtrug und sie grimmig ansah. „Das ist ein Privatgrundstück. Was wollen Sie hier?“

Emilia, die sich vorbereitet hatte, lächelte beschwichtigend.

„Wohnen Sie alleine hier?“

„Wen interessiert das?“, knurrte der Mann.

Wieder lächelte Emilia freundlich, während sie Fritzi, die gerne näher herangegangen wäre, zu sich zog. „Wir kommen von der Volkssolidarität. Ich wollte nur wissen, ob Sie Angehörige haben, die Hilfe oder Pflege brauchen?“

„Hier wohnt niemand außer mir und jetzt verschwinden Sie!“

Emilia zog Fritzi und Perla energisch aus der Gefahrenzone, denn der Mann hatte zwar die Gartenpforte zugeworfen, stand aber noch dahinter und beobachtete sie.

„Da oben ist jemand“, flüsterte Fritzi eindringlich. „Gestern habe ich ein Gesicht gesehen und heute ein Blatt Papier mit HELP darauf. Wir müssen sie befreien!“

„Fritzi, ich glaube dir“, auch Emilia flüsterte jetzt. „Aber solange der Mann dort steht, können wir nichts machen. Wir müssen Sophie informieren und wir brauchen einen Plan.“

Als sie in Sophies Büro kamen, saßen dort bereits Oma Laura und Luisa und strahlten zufrieden. An der Tafel, die Sophie immer nutzte, um Fakten und Verdächtige zuzuordnen, hängte sie gerade neue Bilder an. „Gut, dass ihr kommt, wir sind dabei, das Neueste zusammenzufassen.“

Sie wies auf ein älteres Foto aus einer Zeitschrift. „Das ist Alfredo, die Schlange, den die beiden entdeckt haben. Er war vor 30 Jahren einer der bekanntesten Kontorsionisten. Und als ich die Mitarbeiter der Wertstofftransport-Firma überprüft habe, fand ich einen Alfred Lauterbach, der mal Alfredo, die Schlange war und heute als Dispatcher natürlich bestens über die Lieferungen Bescheid weiß. Habt ihr eine Ahnung, wo der gute Herr Lauterbach wohnt?“

„Doch nicht etwa in diesem geisterhaften Haus?“ Oma Laura schüttelte sich in Erinnerung an diese Trostlosigkeit.

„Doch, genau da“, bestätigte Sophie triumphierend. „Aber der Mann lebt alleine, von Kindern keine Spur.“

„Wir kommen gerade von dort“, berichtete Emilia.

„Mir hat er das gleiche gesagt, nur wesentlich unfreundlicher.“

„Aber ich habe am Giebelfenster ein Blatt Papier gesehen, auf dem HELP stand.“ Fritzis Stimme zitterte ein wenig, so als ob sie schon erwartete, dass man ihr wieder nicht glaubte. „Wir müssen unbedingt dort rein.“