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Drei Ausflüge in das Reich der Fantasie erwarten Sie. Begleiten Sie Dexter auf einer Reise durch die Untiefen des Buchgeschäfts, Lisa auf ihrem Weg in die Freiheit und Florian Grün beim Ausbruch aus der Gefangenschaft. Die Geschichten werden Sie in eine ungewöhnliche, manchmal verrückte Welt führen. Es sind nur kurze Ausflüge, aber es würde mich freuen, wenn Sie nachhallen.
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Seitenzahl: 36
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David Pawn
Drei Sterne
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Asche zu Asche
Fünf Sterne
Der Gefangene
Impressum neobooks
Wie so oft suchte Lisa Zuflucht in dem kleinen Gehölz gleich hinter dem Haus, wie so oft wenn ihr Vater wieder auf sie einschrie, weil sie irgendetwas nicht verstanden oder falsch gemacht hatte. Er schlug sie nie, nein, aber er brüllte und tobte, griff Dinge in ihrem Zimmer und schleuderte sie zu Boden. Heute hatte er das Poster hinter ihrem Bett, das eine Märchenprinzessin zeigte, von der Wand gefetzt und in kleine Schnipsel zerrissen.
„Werd‘ endlich erwachsen“, hatte er geschrien. „Wenn du immer nur in deinen Träumen lebst, bringst du es nie zu etwas.“ Er warf ihr die Mathearbeit als zerknüllten Ball vor die Füße. „Wir üben jetzt jeden Tag, bis du es endlich begreifst. Und diesen Unsinn schlag dir endlich aus dem Kopf.“ Er griff nach dem Poster, zerrte es von der Wand und zerriss es, während er aus dem Zimmer stampfte.
„Bist du nicht zu hart zu ihr?“, hörte Lisa ihre Mutter im Flur fragen.
„Zu hart? Das ich nicht lache. Ein anderer Vater hätte ihr eine Tracht Prügel verpasst, wenn sie immer nur Fünfer und Sechser nach Hause bringt. Wir sind zu gutmütig.“
Lisa war in Tränen ausgebrochen. Als sie hörte wie im Wohnzimmer der Fernseher zu plärren begann, schlich sie sich hinaus. Wenn sie pünktlich zum Abendessen daheim war, merkten ihre Eltern es gar nicht, dass sie nicht in ihrem Zimmer spielte oder lernte.
Die Sonne schien, das Licht spielte auf den frischen Blättern. In den Zweigen raschelten Vögel beim Nestbau. Es war Frühling, Zeit sich um den Nachwuchs zu sorgen. Lisa reckte den Kopf, blickte hinauf zu den emsigen Gesellen, die pfeifend und tirilierend ihre Arbeit verrichteten. Sie liebte die Zeit im Gehölz. In ihren Träumen bevölkerten es Elfen und Kobolde, die sich vor ihr versteckt hielten, deren Bewegungen aber man als Rascheln im Laub wahrnehmen konnte.
Eine Weile stand sie einfach nur auf einer kleinen mit Gänseblümchen und Löwenzahn bewachsenen Lichtung. Sie sah den Vögeln zu, lauschte dem Wind, atmete den Duft der Pflanzen, fühlte die Stille, die sie umgab.
Plötzlich nahm sie aus den Augenwinkeln einen Lichtblitz wahr, gleich da links unterhalb der alten Eiche war etwas aufgeblinkt und sofort wieder erloschen. Hatte sich ein Sonnenstrahl in einem Edelstein verfangen oder nur in der Scherbe einer leeren Bierflasche, die irgendjemand hier entsorgt hatte?
Lisa ging zu der Stelle hinüber. In einer kahlen Mulde inmitten der ansonsten grünen Fläche hockte ein Vogel, sperlingsgroß mit purpurnem Gefieder und gelbem Schnabel. Er hüpfte auf der Stelle herum und sah ziemlich hilflos aus, wenn er die Flügel spreizte und sich dennoch nicht in die Lüfte erheben konnte.
Lisa hockte sich nieder, betrachtete das Vögelchen und lächelte.
„Armer“, sagte sie. „Bist du aus dem Nest gefallen?“
Zur Antwort piepste das Tier leise. Lisa blickte zu der großen Eiche auf, deren Zweige ihre Schatten auf die Stelle warfen, wo sie hockte. Wieder erzeugte der kleine Vogel hilflose Laute.
„Das ist zu hoch“, erklärte Lisa. „Ich kann dich nicht wieder nach Hause bringen.“
Vorsichtig beugte sie sich vor und hielt dem Vogel die offene Handfläche entgegen. Das Tier beäugte sie offensichtlich voller Interesse und piepste. Es hüpfte auf Lisa zu, wandte den Kopf nach links und rechts, die leere Hand musternd, vielleicht in der Hoffnung auf ein paar Krumen Brot oder Körner.
Lisa hatte so einen Vogel nie zuvor gesehen, weder hier im Gehölz noch im Zoo, nicht einmal in einem ihrer vielen Tierbücher. Sie würde ein Foto von ihm machen und es ihrer Biologielehrerin zeigen. Biologie stellte das einzige Fach dar, bei dem es für Lisa keine Probleme gab, die Erwartungen ihres Vaters an die Noten zu erfüllen, wenn man von Kunst und Musik absah. Aber dies waren für ihren Vater keine Schulfächer, sondern Spielstunden.