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Mein kleines Wunder - Ihre Kinder sind fast erwachsen, als sie noch einmal schwanger wird
Schwanger mit vierzig! Silke Altmann trifft diese Nachricht völlig unvorbereitet. Eigentlich hat sie davon geträumt, jetzt, nachdem die Kinder Kathi und Leon groß sind, mit ihrem Mann ein neues Glück zu zweit zu erleben. Und nun das! Ein winziges Menschlein wächst in ihr heran, beschert ihr morgendliche Übelkeit und lässt sie beim geringsten Anlass weinen. Erstrebenswert? Silke ist voller Zweifel.
Doch je länger sie die Entscheidung für oder gegen das Baby hinausschiebt, desto größer wird ihr Wunsch, das Kleine im Arm zu halten. Gemeinsam mit ihrem Mann Max möchte sie die Schwangerschaft ganz bewusst und voll tiefer Freude erleben. Die Einzige, die es peinlich findet und kein Verständnis hat, ist Teenager Kathi ...
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Seitenzahl: 114
Cover
Impressum
Mein kleines Wunder
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: SolStock / iStockphoto
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-6788-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Mein kleines Wunder
Ihre Kinder sind fast erwachsen, als sie noch einmal schwanger wird
Von Nina Gregor
Schwanger mit vierzig! Silke Altmann trifft diese Nachricht völlig unvorbereitet. Eigentlich hat sie davon geträumt, jetzt, nachdem die Kinder Kathi und Leon groß sind, mit ihrem Mann ein neues Glück zu zweit zu erleben. Und nun das! Ein winziges Menschlein wächst in ihr heran, beschert ihr morgendliche Übelkeit und lässt sie beim geringsten Anlass weinen. Erstrebenswert? Silke ist voller Zweifel.
Doch je länger sie die Entscheidung für oder gegen das Baby hinausschiebt, desto größer wird ihr Wunsch, das Kleine im Arm zu halten. Gemeinsam mit ihrem Mann Max möchte sie die Schwangerschaft ganz bewusst und voll tiefer Freude erleben. Die Einzige, die es peinlich findet und kein Verständnis hat, ist Teenager Kathi …
»Ich werde wieder ganztags arbeiten gehen!« Eine Bombe hätte nicht wirkungsvoller einschlagen können, als Silkes Mitteilung beim sonntagmorgendlichen Frühstück.
Amüsiert beobachtete sie die Reaktion ihrer Lieben. Für Bruchteile von Sekunden herrschte atemlose, entsetzte Stille. Man hätte die berühmte Nadel im Heuhaufen fallen hören können.
Doch dann brach ein wahres Inferno der Entrüstung über sie herein.
»Das kannst du uns nicht antun, Mami!«, protestierte die sechzehnjährige Katharina, von allen nur liebevoll Kathi genannt. »Wer soll sich denn um uns kümmern, wenn du den ganzen Tag über nicht da bist? Das reinste Chaos wird ausbrechen!«
»Das liegt nicht zuletzt an euch!«, entgegnete Silke Altmann gelassen. »Versucht gar nicht erst, mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Diesmal schafft ihr es garantiert nicht! Du, Kathi, bist immerhin alt genug, um hier und da mit anzupacken. Und du wirst es auch sicher schaffen, das von mir abends vorbereitete Essen in die Mikrowelle zu schieben.«
»Mikrowelle ist ungesund!«, hielt Sohn Leon rasch dagegen. »Das hört und liest man immer wieder! So was willst du doch nicht in dieses Haus bringen, Mutti?«
»Ich habe bereits eine gekauft, stell dir vor!«, gab Silke mit amüsiertem Lächeln zurück. »Und glaub mir, ich habe nicht vor, meine Familie umzubringen. Darum habe ich mich ganz genau erkundigt, was an diesen Hiobsmeldungen dran ist. Und man versicherte mir, dass die Mikrowelle keine Strahlen abgibt, wenn sie geschlossen ist!«
»Überhaupt, das Essen!«, stöhnte Ehemann Maximilian jetzt auf. »Ich werde verhungern, wenn ich mittags keine warme Mahlzeit mehr bekomme. Wie stellst du dir das nur vor, Silke? Du kannst doch nicht acht Stunden und mehr von zu Hause fort sein! Wir haben immer etwas dagegen gehabt, dass unsere Kinder Schlüsselkinder werden!«
»Max, ich bitte dich, übertreib nicht schamlos!«, wies Silke ihren Mann zurecht. »Was dein leibliches Wohl betrifft, so kannst du sehr gut in eurer Kantine essen gehen. Ihr sollt dort einen wirklich fabelhaften Koch haben. Deine Sekretärin jedenfalls schwärmt von seinen Kochkünsten.«
»Ach, die Berger …«, wehrte Max unwillig ab. »Seit wann gibst du etwas auf deren Gerede?«
Silke ließ sich nicht beirren und fuhr mit ruhiger Stimme fort: »Im Übrigen sind unsere Kinder alt genug, um für sich selbst verantwortlich zu sein! Wer guckt denn normalerweise unter der Woche nur mal auf einen Sprung bei mir herein? Gerade lang genug zum Essen und um die Aufgaben zu erledigen? Kathi und Leon. Und du kommst doch mittags auch nur zum Essen nach Hause und kannst es gar nicht erwarten, wieder in die Redaktion zu kommen. Also, meine drei Schätze: Es gibt nichts mehr zu überdenken für mich! Ich habe Juttas Angebot, ihre zweite Boutique zu führen, angenommen! Und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich morgen früh nicht pünktlich hinterm Ladentisch stehe.«
»Waaas?«, rief Kathi entsetzt aus. »Morgen schon?«
»Und das sagst du uns erst heute?«, unterstützte Maximilian Altmann seine Tochter. »Das sind ja schöne Moden! Da beschließt du, wieder arbeiten zu gehen, und deine Familie erfährt das so ganz nebenher! Da haben wir ja richtiges Glück gehabt, dass du es uns nicht erst Montag früh erzählst!«
»Tut mir leid, aber es war nie der richtige Zeitpunkt, um mit euch dreien in aller Ruhe über meine Pläne zu sprechen. Im Übrigen hat sich Konkretes erst in der letzten Woche ergeben, und da warst du, Kathi, mit deiner Theatergruppe wahnsinnig beschäftigt, wenn du dich erinnerst. Du, Leon, hattest Probleme mit deiner Freundin Simone, und du, mein lieber Max, warst mindestens an drei Abenden zum Tennis verabredet. Wann, bitte schön, hätte ich also mit euch sprechen sollen?«
Schweigen.
»Und wer übt jetzt mit mir Mathe, wenn du arbeiten gehst, Mutti?« Leon fand als Erster seine Sprache wieder. »Ausgerechnet so kurz vor dem Abi!«
»Du wirst es auch ohne mich schaffen, mein Junge!«, gab Silke bestens gelaunt zurück. Sie konnte an diesem Sonntagmorgen nichts wirklich erschüttern. »Immerhin hast du ja auch noch einen Vater!«
»Der auch einen anstrengenden Job hat!«, erinnerte Max Altmann missmutig. »Also wirklich, Silke, du machst es dir verdammt leicht!«
Silke seufzte. »Das ist nicht fair! Ihr alle nehmt euch die Freiheit, tun und lassen zu können, was ihr wollt. Ihr kommt und geht, wie es euch passt, und nur von mir erwartet ihr, immer präsent zu sein, damit euer Leben wie am Schnürchen läuft. Dass mir dabei die Decke auf den Kopf fällt, dass meine Bedürfnisse einfach zu kurz kommen, interessiert euch doch nicht so viel!« Sie schnippte herausfordernd mit den Fingern. »Jahrelang habe ich ohne aufzumucken mitgemacht. Selbst, wenn es euch nicht passte, dass ich Jutta ab und an mal ausgeholfen habe, fand ich Entschuldigungen für euer unfaires Verhalten. Aber diesmal kriegt ihr mich nicht klein! Diesmal nicht! Ich habe den Job angenommen, weil ich auch mal rauskommen muss. Ich bin erst vierzig und will nicht hier im Haushalt versauern. Das habe ich lang genug getan.«
»Aber warum hast du denn nicht längst mal was gesagt, Silke?«, erwiderte Max fassungslos. »Wenn wir geahnt hätten, dass du mit deinem Leben derart unzufrieden bist …«
»Ja, was hättet ihr dann getan?«, wollte Silke herausfordernd wissen. »Mir etwas von meiner Arbeit freiwillig abgenommen und mir gut zugeredet, auch mal an mich selbst zu denken? Erzähl mir doch nichts, Max! Du bist ein ebenso großer Egoist wie die Kinder. Es hätte sich an meiner verfahrenen Situation nie etwas geändert, wenn Jutta mir nicht dieses Angebot gemacht hätte. Da begriff ich ja eigentlich erst, was ihr all die Jahre aus mir gemacht habt. Mutter hier, Mutter da! Kochen, Waschen, Bügeln und immer ein offenes Ohr für eure Probleme haben – das kann doch nicht alles sein! Ich bin noch jung genug, um meinem Leben eine Wende zu geben. Eine entscheidende sogar, und das werde ich auch tun!«
»Überleg es dir noch mal, Mami!«, flehte Katharina. »Ohne dich ist zu Hause doch nichts los! Ich werde todunglücklich sein, wenn du nicht hier bist.«
»Wozu brauchst du mich denn, mein Liebes?«, gab Silke zuckersüß zurück. »Doch nur, um dir pünktlich das Essen zu servieren, um deine Klamotten in Ordnung zu halten und um mir dann noch anhören zu müssen, was ich alles wieder mal völlig falsch gemacht habe.« Sie sah in die Runde betretener Gesichter und fuhr abschließend fort: »Den Schuh könnt ihr euch übrigens alle drei anziehen, nicht nur Kathi! Und damit ist nun ein für alle Mal Schluss, damit ihr es wisst!«
Silke erhob sich, um abzudecken. Doch Kathi und Leon überboten sich darin, ihr zu helfen.
»Bleib nur sitzen, Mami!«, meinte Kathi. »Das können Leon und ich ebenso gut machen.« Damit verschwanden die beiden mit einem Tablett in der Küche.
Eine Weile saßen Silke und Maximilian sich nun schweigend gegenüber.
»An deiner Entscheidung ist nicht mehr zu rütteln?«, wollte ihr Mann ein wenig kleinlaut wissen. »Du könntest doch, um rauszukommen, erst mal ein paar nette Kurse an der Volkshochschule belegen, Schatz! Man bietet da tolle Sprachkurse an, habe ich mir sagen lassen.«
»Lieb von dir, dass du dir solche Gedanken machst, Max«, meinte Silke lächelnd. »Aber das ist wirklich nicht nötig!«
Maximilian wurde ein wenig blasser um die Nase.
»Also dann, in Gottes Namen, geh in diese Boutique und lass dir von all den feinen Dämchen, von denen Jutta immer erzählt, auf den Nerven herumtrampeln. Wenn du das unter Selbstverwirklichung verstehst? Meinen Segen hast du!«
»Danke, Max!«
Silke küsste ihren Mann lächelnd auf die Nasenspitze und wollte dann in Richtung Küche verschwinden. Immerhin musste jemand für das sonntägliche Mittagessen sorgen.
»Was hältst du davon, wenn wir heute mal wieder so richtig nett essen gehen?«, hielt sie da Maximilians Stimme zurück.
»Ich hätte nichts dagegen«, erwiderte Silke und drehte sich überrascht um.
»Gut, dann bestell doch mal einen Tisch in der ›Linde‹, Liebes!«, bat ihr Mann. Als er jedoch das Funkeln in ihren Augen entdeckte, fügte er rasch hinzu: »Aber das kann ich auch schnell machen, Liebes!«
»Siehst du, Max. Du fängst an, zu begreifen!«, kommentierte Silke belustigt.
***
Silke Altmann begleitete ihre letzte Kundin zur Tür und verabschiedete sich freundlich von ihr. Dann verriegelte sie die Sicherheitsschlösser, räumte noch verschiedene Stücke in die Regale zurück und machte Kasse.
»Jutta wird zufrieden sein!«, murmelte sie beeindruckt.
Dies war nun ihr neunter Tag in der kleinen Boutique am Marktplatz. Und sie hatte geglaubt, dass der Ansturm der Kundinnen langsam nachlassen würde. Doch dem war nicht so. Silke kam kaum noch zum Luftholen, geschweige denn zu geregelten Mahlzeiten. Aber das hatte auch ein Gutes. So verlor sie zwei überflüssige Kilo, ohne sich dafür besonders anzustrengen.
Wieder war es halb acht, als Silke durch den Hinterausgang auf den kleinen Parkplatz trat, wo ihr Wagen stand. Sie freute sich auf den wohlverdienten Feierabend in ihrem Haus, vielleicht sogar mal gemeinsam mit Max, Kathi und Leon?
Seit sie den ganzen Tag aus dem Haus war, sah sie ihre Kinder kaum noch. Nur das unvorstellbare Chaos zeigte ihr, dass Kathi und Leon zumindest eine Stippvisite daheim eingelegt hatten.
Anfangs hatte sie stillschweigend schmutziges Geschirr in die Spülmaschine geräumt, zerstreute Kleidungsstücke an ihren Ort gebracht und das Essen für den nächsten Tag vorbereitet, um dann todmüde neben Max auf die Couch zu sinken, der es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte. Doch so konnte es auf Dauer nicht weitergehen.
Sie hatte ebenso gut ein Recht auf Feierabend wie ihre liebe Familie. Also mussten alle anpacken und sie entlasten, oder sie würde ganz einfach streiken!
»Hallo, Mami, da bist du ja endlich!«, kam ihr an diesem Abend Kathi schon mit vorwurfsvoller Miene entgegen. »Ich will gleich mit Jan und Tina in die Disco, und mein Lieblingstop ist nicht gebügelt! Könntest du das vielleicht für mich tun?«
Silke atmete tief durch und zählte bis zehn. »Nein!«, sagte sie dann schlicht und wollte weitergehen.
»Nein?«, echote Kathi fassungslos. »Was willst du damit sagen?«
»Drücke ich mich so missverständlich aus?«, erwiderte Silke gelassen. »Nein heißt, dass ich endlich mal meinen verdienten Feierabend in Ruhe genießen möchte und null Bock aufs Bügeln habe! Mach das mal hübsch selbst, dann weißt du es auch zu schätzen!«
»Mami, bitte lass mich jetzt nicht hängen!«, flehte Kathi unglücklich.
»Tut mir leid!« Es fiel Silke gar nicht leicht, so hart zu bleiben. Aber einmal musste sie sich schließlich durchsetzen, sonst schaffte sie es nie.
Kathi maulte noch eine Weile vor sich hin, dann verschwand sie in ihrem Zimmer. Silke hörte, wie ihre Tochter kurz darauf mit dem ungeliebten Bügeleisen hantierte.
Die Küche sah wieder mal aus wie ein Schlachtfeld, doch diesmal dachte Silke nicht daran, das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine zu räumen. Sie kochte auch nicht wie sonst vor, sondern legte Fertigessen bereit, damit Kathi und Leon diese am nächsten Mittag in der Mikrowelle zubereiten konnten.
In der Zwischenzeit kam Max heim, steckte den Kopf zur Küchentür herein und stöhnte entsetzt: »Gott, sieht das hier wieder aus!«
Das war Wasser auf Silkes Mühlen. »Nicht wahr?«, fuhr sie auf. »Ich finde, dass unsere lieben Kleinen ruhig mal etwas mit anpacken könnten. Und darum lasse ich alles so liegen, wie es liegt!«
»Glaubst du, eine solche Radikalkur hilft?«, zweifelte Max und verschwand schon wieder in der Diele.
»Es muss einfach helfen!«, rief Silke. »Oder ich brauche eine Haushaltshilfe!«
»Dann bleibt aber von deinem Gehalt nicht mehr viel übrig!«, gab Max zu bedenken.
Silke folgte ihm ins Bad. »Das ist mir egal«, erwiderte sie. »Ich gehe schließlich nicht nur wegen des Geldes arbeiten!«
»Sondern um dich selbst zu verwirklichen, ich weiß«, ergänzte Max Altmann und stieg in die Dusche. »Hast du vergessen, dass wir heute bei meinem Chef eingeladen sind, Liebes?«, fuhr er fort und ließ das Wasser rauschen.
»Heute?«, stöhnte Silke entsetzt auf. »Das darf doch nicht wahr sein, Max! Ich hatte mich so auf einen ruhigen Abend gefreut. Einfach mal die Beine hochlegen und entspannen!«
»Geht leider nicht, Liebes! Das Abendessen bei den Klausens ist enorm wichtig für mich.«
»Dann geh doch allein!«, schlug Silke vor.
»Das ist doch hoffentlich nicht dein Ernst?« Max kletterte aus der Duschkabine und wickelte sich in ein blütenweißes Badetuch ein. »Es geht immerhin um die Lokalredaktion, Liebes! Und wenn ich mich da nicht ein wenig anstrenge, bekommt Karl Meurer den Job! Also, mach dich ein bisschen hübsch und lass uns fahren. Klappern gehört zum Handwerk.«
»Ich fühle mich wirklich nicht gut, Max!«, murmelte Silke unschlüssig, und das war nicht mal gelogen. Ihr Magen begann zu revoltieren, und ihr Kopf hämmerte gnadenlos.
Max warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Du siehst auch ganz elend aus, Liebes! Deine Arbeit wird dir bestimmt zu viel! Ich habe es ja gleich prophezeit. Diese Doppelbelastung mit Haushalt und Beruf ist zu stressig.«