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Der Ballsaal von Schloss Feltenhagen glänzt im festlichen Licht der Kronleuchter, prächtige Roben und Geschmeide funkeln um die Wette, das Tanzorchester spielt - und doch scheint die Welt für Prinzessin Nora stillzustehen. Da drüben steht er, ein faszinierender Mann, der ihr aus goldbraunen Löwenaugen einen Blick schenkt, der mehr, viel mehr widerspiegelt als einen freundlichen Gruß.
Noras Herzschlag gerät aus dem Takt, ihr Puls beginnt zu rasen, sanfte Röte färbt ihre Wangen, als sie, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, auf den Fremden zugeht.
"Sie sind wunderschön ...", hört sie ihn mit rauer Stimme sagen, und spätestens da ist es vollends um die Prinzessin geschehen - die doch eigentlich in wenigen Wochen einen anderen heiraten will! Ein neues Jahr beginnt für Nora - und vielleicht auch ein neues Leben?
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Seitenzahl: 111
Cover
Impressum
Silvesterball auf Schloss Feltenhagen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Halfpoint / shutterstock
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5788-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Silvesterball auf Schloss Feltenhagen
Er kam als Fremder aufs Fest und stahl Prinzessin Noras Herz
Von Nina Gregor
Der Ballsaal von Schloss Feltenhagen glänzt im festlichen Licht der Kronleuchter, prächtige Roben und Geschmeide funkeln um die Wette, das Tanzorchester spielt – und doch scheint die Welt für Prinzessin Nora stillzustehen. Da drüben steht er, ein faszinierender Mann, der ihr aus goldbraunen Löwenaugen einen Blick schenkt, der mehr, viel mehr widerspiegelt als einen freundlichen Gruß.
Noras Herzschlag gerät aus dem Takt, ihr Puls beginnt zu rasen, sanfte Röte färbt ihre Wangen, als sie, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, auf den Fremden zugeht.
»Sie sind wunderschön …«, hört sie ihn mit rauer Stimme sagen, und spätestens da ist es vollends um die Prinzessin geschehen – die doch eigentlich in wenigen Wochen einen anderen heiraten will! Ein neues Jahr beginnt für Nora – und vielleicht auch ein neues Leben?
»Pia, was machst du nur so lange?«
Martin klopfte ungeduldig an die Badezimmertür des schicken Apartments.
Seit er vor ein paar Wochen seine Wohnung gekündigt hatte, lebten sie bei Pia unter einem Dach, und er hätte vorher nicht gedacht, dass diese Tatsache sein Nervenkostüm derart strapazieren würde. Zumal sich Pias Vorschlag sehr vernünftig angehört hatte.
»Wozu willst du in eine Pension ziehen, bis das Haus in Feltenhagen renoviert ist? Bei mir ist Platz genug und außerdem hast du ohnehin einen Teil deiner Sachen bei mir deponiert.«
Martin hatte dem Experiment ein wenig zögerlich zugestimmt. Gewiss, sie hatten die eine oder andere gemeinsame Nacht in seiner oder in ihrer Wohnung verbracht, auch das eine oder andere Wochenende. Aber nun über Wochen hinweg jede freie Minute so nah beieinander zu sein, war doch etwas anderes. Andere Männer hätten ihn um diese Nähe zu der attraktiven Pia beneidet, er dagegen sehnte den Augenblick herbei, da er endlich nach Feltenhagen übersiedeln konnte.
Überhaupt, Feltenhagen …
Auch das war so ein Streitpunkt zwischen ihnen. Seitdem Martin Römer seinen Job in der renommierten Münchener Tierklinik gekündigt hatte, um in diesem winzigen Nest im Königswinkel die Praxis des verstorbenen Tierarztes zu übernehmen, herrschte so etwas wie Krieg. Dabei hätte er von einer Frau wie Pia keine andere Reaktion erwarten dürfen. Sie gehörte ins Großstadtgetümmel von München, fühlte sich inmitten der Bussi-Gesellschaft am wohlsten, der sie als gefragte Designerin auch angehörte, und nicht aufs Land zwischen Rindviecher, Schafe und Pferde.
»Pia, bitte, wir müssen langsam los!«
Martin unterdrückte einen ungeduldigen Seufzer.
»Ich bin gleich so weit«, tönte es verheißungsvoll von der anderen Seite.
»Gut, dann bringe ich schon mal das Gepäck nach unten.« Während er dies sagte, fiel sein irritierter Blick auf die für Pias Verhältnisse kleine Reisetasche, die sich neben seiner Tasche und dem Koffer bescheiden ausmachte. »Ist das wirklich alles, was du mitnimmst?«
»Klar, ich bleibe ja höchstens eine Nacht«, rief Pia zurück. »Oder was hattest du erwartet?«
»Ich dachte, wir verbringen das ganze verlängerte Wochenende zusammen«, erwiderte Martin konsterniert. »Du hast doch gesagt …«
»Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?« Die Badezimmertür schwang auf und heraus trat eine hinreißend schöne Pia im taubenblauen Hosenanzug, der auf jede Dinnerparty gepasst hätte, nicht aber in die oberbayerische Provinz und ein halb renoviertes Doktorhaus. »Ich hab’s mir eben anders überlegt. Du weißt doch, dass Fred tödlich beleidigt wäre, wenn ich nicht zu seiner Vernissage morgen Abend komme. Sein Lebtag lang würde er kein Wort mehr mit mir reden!«
»Das heißt, du willst morgen schon zurück?«
Mühsam schluckte Martin seine Enttäuschung hinunter. Da hatte sie endlich zugesagt, seinen neuen Wirkungskreis in Augenschein zu nehmen, und dann blieb sie gerade mal ein paar Stunden.
»Wenn du mich nach Füssen zum Bahnhof fährst, ist das kein Problem.«
Pia Sandori schenkte ihm ein Lächeln, das ihn immer wieder schwach werden ließ.
»Ach, Pia, was ist nur los mit uns?«, murmelte er mehr zu sich selbst, während er sich das Gepäck griff und zur Wohnungstür ging.
Pia Sandori war mit zwei, drei Schritten neben ihm und schlang schmeichelnd die Arme um ihn.
»Sieh es doch mal von der praktischen Seite, Schatz. Du hast in dem Haus noch alle Hände voll zu tun – dabei würde ich dir ja doch nur im Weg sein. Aber ich verspreche dir ein langes, gemütliches Wochenende in Feltenhagen, sobald du dich eingerichtet hast.«
»Du weißt immer, wie du mich kriegst.«
Martin seufzte und schloss bei ihrem zärtlichen Kuss genießerisch die Augen.
Es ging schon auf Mittag zu, als Martin den Wagen auf die Autobahn lenkte. Pia saß die meiste Zeit in bunte Illustrierte vertieft neben ihm, wenn sie nicht gerade eine neue CD in den Apparat schob. Leider Gottes war ihrer beider Musikgeschmack auch mehr als unterschiedlich, was Martin schließlich dazu trieb, aufs Radio umzuschalten.
»Wegen der aktuellen Verkehrsnachrichten«, erklärte er auf ihren verärgerten Blick hin beschwichtigend – wogegen Pia nicht protestieren konnte, denn an diesem Oktobertag war auf der Autobahn der Teufel los. Halb Bayern schien auf den Beinen zu sein.
»Ist es noch weit?«
Missmutig warf Pia einen Blick auf die reizvolle Voralpenlandschaft, nachdem sie die Autobahn verlassen hatten und saftig grüne Wiesen mit bunt gescheckten Kühen oder dösenden Schafen vorüberhuschten.
Sie erinnerte ihn an ein quengelndes Kind, trotzdem erwiderte er aufmunternd: »Gleich fahren wir durch Füssen, und dann sind wir so gut wie da.«
Auf einem See tummelten sich Enten, ein Schwanenpaar glitt majestätisch über die glatte Wasserfläche. Martin hatte die Fenster heruntergelassen und atmete tief die klare, bereits empfindlich kühle Luft ein. Die Sonne am stahlblauen Himmel täuschte die Wärme nur vor, und der Schnee auf den Alpen, die in der Ferne aufragten, kündete den nicht mehr fernen Winter an.
Dafür hatten die Laub- und Lärchenwälder sich wunderbar verfärbt und boten im bunten Herbstkleid einen atemberaubenden Anblick. Noch lag hier unten im Tal zwar kein Schnee, aber es war nur noch eine Frage der Zeit …
»Schließ bitte die Fenster, es zieht«, drang Pias klagende Stimme in seine Gedanken. »Eine Lungenentzündung kann ich mir nun wirklich nicht leisten. Du weißt doch, was ich im Moment alles um die Ohren habe.«
Mit einem unterdrückten Seufzer betätigte Martin die Fensterheber und schluckte eine ärgerliche Bemerkung hinunter, als Pia sich eine Zigarette ansteckte. Nein, nicht noch für mehr Zündstoff sorgen, die Atmosphäre war ohnehin schon geladen genug.
»Ach, ist das nett hier!«, rief Pia im nächsten Moment gönnerhaft aus, als sie durch die lebhaften Straßen von Füssen fuhren. »Du hast nicht zufällig Lust auf einen kurzen Stopp?«
Um des lieben Friedens willen erfüllte Martin ihr den Wunsch und ließ sich von Geschäft zu Geschäft ziehen, schleppte kommentarlos Tüten und Taschen, die sich in rascher Folge ansammelten.
Aus dem kurzen Stopp wurden geschlagene zwei Stunden, und Martins Stimmung war ziemlich am Boden, als es endlich auf die restlichen Kilometer nach Feltenhagen ging. Weder für die Königsschlösser noch für die reizvolle Umgebung hatte Pia einen Blick übrig, stattdessen kramte sie in Tüten und Taschen und überlegte fieberhaft, was sie zur morgigen Vernissage tragen würde.
»Wir sind da!«, klang Martins Stimme in die Stille des Wagens. »Das ist also Feltenhagen.«
»O mein Gott!« Entgeistert starrte Pia nach draußen.
Die einzige Straße, die diesen Namen verdient hatte, dehnte sich vor ihnen, rechts und links reihten sich lüftlbemalte Häuser, ein paar Hühner stoben gackernd davon, eine Katze machte erst einen Buckel, ehe sie in einem der blühenden Bauerngärten verschwand. Ein mächtiger Traktor nahm ihnen die Vorfahrt, doch statt sich aufzuregen, winkte Martin dem Mann hinterm Steuer nur freundlich zu. Pia nahm sich vor, sich nicht länger zu wundern.
»Drüben ist der Marktplatz.«
Martin ließ den Wagen langsamer rollen, deutete auf einen mit Kopfstein gepflasterten Platz, der von einer Kirche mit angrenzendem Friedhof, dem Fleischer, der Bäckerei und einem Gasthof gesäumt wurde. Stolz reckte sich der charakteristische Zwiebelturm der Kirche in den inzwischen eher wolkenverhangenen Himmel.
»Das ist ja alles noch schlimmer als in meinen schlimmsten Träumen«, murmelte Pia schaudernd. »Mit mir kannst du nicht rechnen, Martin, damit das ein für alle Mal klar ist. Ich bleibe in München!«
Angewidert blickte sie während der Weiterfahrt nach draußen. Nur einmal wurde sie noch lebhaft, als auf einem bewaldeten Bergrücken ein trutziges, zinnenbewehrtes Gebäude auftauchte.
»Hausen dort etwa die letzten Raubritter?«, wollte sie mit spöttischem Lachen wissen.
»Das ist Schloss Feltenhagen«, erwiderte Martin gelassen. »Der Stammsitz der Fürsten von Feltenhagen. Soweit mir bekannt ist, wird es vom letzten Vertreter der Sippe und seiner Familie noch bewohnt.«
»Ist es zu fassen? Eine waschechte Fürstenfamilie hier in dieser Einöde? Die haben doch bestimmt nicht mal fließend Wasser und Heizung!«
Martin verbiss sich die passende Antwort, zumal die Dorfstraße nun in eine von Buchen und Kastanien gesäumte Allee überging, an deren Ende sich ein zweistöckiges Holzhaus unter der grauen Wolkendecke duckte.
Kaum war der Wagen ausgerollt, als auch schon die Eingangstür aufflog und eine rundliche Frau im Dirndl, mit eisgrauem Haar und roten Wangen, auf der Schwelle erschien.
»Ich dachte schon, Sie kommen heut gleich gar nicht mehr, Herr Doktor«, rief sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Dabei hatte ich zu Mittag Blaukraut mit Schweinsbraten und Knödln gerichtet!«
»Kein Problem, Frau Theres«, rief Martin und sprang händereibend aus dem Wagen. »Das essen wir dann einfach am Abend.«
»Du weißt doch, dass ich so was grundsätzlich nicht esse!«, begehrte Pia entsetzt auf.
»Das würde Ihnen aber grad guttun, so dünn, wie Sie sind, Fräuleinchen«, erwiderte Theres Mittermair und maß Pia mit einer Mischung aus Bedauern und Abwehr.
»Darf ich die Damen miteinander bekannt machen?« Martin, der hörte, wie Pia nach Luft schnappte, war um Schadensbegrenzung bemüht. »Meine Lebensgefährtin Pia Sandori, und das, liebe Pia, ist Frau Theres, die mir der selige Doktor sozusagen vererbt hat. Frau Mittermair wird auch in Zukunft für Ordnung und das leibliche Wohl im Doktorhaus sorgen.«
Die beiden ungleichen Frauen maßen sich mit abschätzenden Blicken. Dann nickte Theres Mittermair in Pias Richtung, stieß ein »Herzlich willkommen« hervor, das alles andere als einladend war, ehe sie auf dem Absatz kehrtmachte und wieder nach drinnen verschwand.
»Was bildet sich diese … diese Person ein?«, fauchte Pia empört. »Das willst du ihr ja wohl nicht durchgehen lassen, Martin?«
»Sie hat eben ihre Eigenheiten«, wehrte Martin fast ein wenig belustigt ab. »Genauso, wie wir beiden, Pia. Aber im Grunde ist sie herzensgut.«
»Mir kann es gleich sein«, versetzte Pia schnippisch. »Ich bin eh kaum hier.«
Was Martin in diesem Moment nicht einmal wirklich bedauerte …
***
Tief atmete Martin durch, als sich der Zug mit seiner Lebensgefährtin Richtung München in Bewegung setzte. Die ganze Zeit über waren sie nur knapp an einem handfesten Streit vorbeigeschrammt. Dabei war vor allem Theres Mittermairs Geduld bewundernswert gewesen, die nimmermüde versucht hatte, all die ausgefallenen Wünsche von Pia zu erfüllen. Nur Martin hatte das Wetterleuchten in ihren sonst so sanften, wasserhellen Augen bemerkt, Pia schien dagegen immun zu sein.
Ihr Abschiedskuss, eher flüchtig als zärtlich, verursachte ihm noch jetzt einen bitteren Nachgeschmack.
Ebenso ihre Ankündigung: »Über die Feiertage fliege ich zu Ellen und John nach Mallorca. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich mich in einem Kaff wie Feltenhagen lebendig begraben lasse. Damit eines klar ist: Auch in Zukunft wird München mein Dreh- und Angelpunkt sein.«
Seinen Vorschlag, das sonnigste Zimmer im Doktorhaus als Atelier herzurichten, hatte sie rundheraus abgelehnt. Allenfalls zu einem gemeinsamen Wochenende in Feltenhagen würde sie sich gelegentlich bereitfinden.
»Natürlich bist du in München jederzeit herzlich willkommen.«
»Eine Wochenendbeziehung hat auch ihre Reize«, versuchte Martin eher halbherzig einzulenken. Doch Pia blieb eisige Abwehr.
Als er zu seinem Wagen zurückging, ertappte Martin sich dabei, wie er gut gelaunt vor sich hin pfiff. Nicht einmal die Tatsache, dass Pias vorzeitige Abreise weniger Bedauern als vielmehr Erleichterung bei ihm hervorrief, machte ihm ein schlechtes Gewissen.
Gemächlich fuhr er nach Feltenhagen zurück, genoss die frische Landluft, die durch die offenen Fenster hereinströmte, und konnte sich an der einzigartigen Landschaft kaum sattsehen. Was für ein wunderbarer Gedanke, den Rest seines Lebens hier verbringen zu können, wenn ihm der Sinn danach stand! Wobei ihm jetzt schon klar war, dass ihn freiwillig keine zehn Pferde mehr von hier fortbringen würden.
Als Martin durch Feltenhagen fuhr, winkte ihm der eine oder andere freundlich zu, und Martin grüßte zufrieden lächelnd zurück. Auf der Allee drosselte er unbewusst das Tempo des Wagens und genoss den Anblick des im milden Herbstlicht vor ihm liegenden Holzhauses. Dies war ab jetzt sein Zuhause.
Statt hineinzugehen, schlenderte er über den Kiesweg zu dem knorrigen Apfelbaum, unter dem eine blau lackierte Bank zum Verweilen einlud. Martin setzte sich und ließ gedankenverloren seine Blicke schweifen.
In seinem Tagtraum tobte eine rotwangige Kinderschar mit zwei übermütig bellenden Hunden über die Wiese, und eine hübsche junge Frau im Dirndl kam über den Kiesweg lächelnd auf ihn zu. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, so sehr er sich auch bemühte. Nur eines wusste er: Pia war es ganz gewiss nicht.
Theres Mittermair war vors Haus getreten, um Martin zum Essen zu rufen. Doch seine entrückte Mine hielt sie zurück. Glücklich wirkte der junge Herr Doktor, glücklich und zufrieden. Ja, es sah ganz danach aus, als sei er angekommen.