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Verschwörerisch sieht Anuschka ihre verträumt lächelnde Mutter an.
"Du findest Doktor Felix doch auch nett, Mami, oder?"
Zwar spürt Christine, wie sie rot wird, aber sie möchte vor ihrer kleinen Tochter einfach noch nicht zugeben, dass sie sich tatsächlich bis über beide Ohren in den attraktiven Tierarzt verliebt hat.
Doch sie macht die Rechnung ohne das raffinierte kleine Mädchen, dem das Zögern und Zaudern der Erwachsenen entschieden zu lange dauert - schließlich hat sie nicht ewig Zeit, auf einen neuen Papi zu warten!
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Seitenzahl: 116
Cover
Impressum
Küssen müsst ihr euch alleine!
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / George Rudy
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5093-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Küssen müsst ihr euch alleine!
Wie die kleine Anuschka einen Mann für ihre Mami sucht
Von Nina Gregor
Verschwörerisch sieht Anuschka ihre verträumt lächelnde Mutter an.
»Du findest Doktor Felix doch auch nett, Mami, oder?«
Zwar spürt Christine, wie sie rot wird, aber sie möchte vor ihrer kleinen Tochter einfach noch nicht zugeben, dass sie sich tatsächlich bis über beide Ohren in den attraktiven Tierarzt verliebt hat.
Doch sie macht die Rechnung ohne das raffinierte kleine Mädchen, dem das Zögern und Zaudern der Erwachsenen entschieden zu lange dauert – schließlich hat sie nicht ewig Zeit, auf einen neuen Papi zu warten!
Christine Berger schaute ungeduldig auf ihre Armbanduhr, während sie einen Schluck Kaffee trank. Es war zwanzig Minuten nach sieben, höchste Zeit für ihre Tochter Anuschka, nach unten zu kommen.
»Anuschka, trödel bitte nicht so rum!«, rief Christine. »Du hast nicht mal gefrühstückt und müsstest eigentlich schon unterwegs sein.«
»Jaja, Mama, ich bin ja schon fertig.« Auf der Treppe waren eilige Schritte zu hören, dann wirbelte ein zierliches, blondes und schlankes Persönchen ins Esszimmer, küsste Christine herzhaft auf beide Wangen. »Jetzt schau nicht so böse, Mami«, schmeichelte Anuschka. »Wir können sofort fahren. Ich trinke nur noch schnell meinen Kakao. Hunger habe ich eh keinen. Den habe ich nie vor einer Mathearbeit.« Ein tiefer Seufzer folgte dieser Feststellung. Rasch stürzte Anuschka den nur noch lauwarmen Kakao hinunter, fuhr dann mit Leidensmiene fort: »Meinst du nicht, dass ich heute ausnahmsweise mal daheim bleiben könnte? Es geht mir wirklich nicht gut …«
Christine schüttelte amüsiert den Kopf.
»Keine faulen Ausreden, mein Schatz. Der Mathearbeit wirst du nicht entkommen. Aber keine Sorge, das schaffst du schon. Und wenn sie wirklich mal danebengeht, reißt dir auch niemand den Kopf ab. Das weißt du doch.«
»Klar weiß ich das«, versicherte Anuschka. »In dieser Beziehung seid ihr wirklich spitze, Papa und du.«
»Nur in dieser Beziehung?«, fragte Christine zurück.
»Ach, Mama! Immer willst du Komplimente hören.«
Lachend verließen Mutter und Tochter die großzügige Wohnung am Stadtrand von Freiburg. Wenig später reihte sich Christines kleiner Wagen in den Morgenverkehr ein.
Jede Ampel schien auf Rot zu schalten, sobald sie sie erreichten, und der Uhrzeiger rückte unerbittlich weiter. Warum hatte man gerade morgens immer das Gefühl, die Zeit laufe schneller als sonst?
Christine trommelte nervös auf den Lenkradkranz.
»Ab morgen stehst du eine halbe Stunde früher auf, Prinzessin, verstanden?«
»Mach ich, Mama«, versprach Anuschka. »Aber wozu all die Aufregung? Wir sind doch schon da – tschüss, bis heute Mittag.« Ein rascher Kuss, dann war Anuschka schon draußen.
»Viel Glück bei der Mathearbeit!«, rief Christine ihr noch nach.
Doch das hörte Anuschka schon nicht mehr. Im Kreise ihrer Freundinnen rannte sie kichernd zum Eingang der Schule.
Lächelnd sah Christine ihr hinterher, bis sie verschwunden war. Mütterlicher Stolz erfüllte sie in diesem Moment. Anuschka war ein Wunschkind gewesen, von ihr und ihrem Mann Björn nach der Hochzeit sehnsüchtig erwartet. Vor allem Björn war von Anfang an ganz verliebt in seine Prinzessin gewesen. Auch heute noch bildeten Vater und Tochter eine verschworene Gemeinschaft, obwohl Björn durch seinen Beruf viel unterwegs war und der größte Teil der Erziehung an ihr hängen blieb. Doch Anuschka war im Grunde ein unkompliziertes, fröhliches Kind, mit dem es kaum Probleme gab.
Christine startete ihren Wagen und fuhr heim. Der Vormittag verging rasch mit den üblichen Hausarbeiten, und sie hatte längst nicht alles geschafft, was sie erledigen wollte, als es Zeit wurde, Anuschka von der Schule abzuholen.
Das Mädchen wartete bereits mit Freundin Celina vor dem Schulgelände auf Christine.
»Können wir Celina mitnehmen?«, fragte sie. »Ihre Mutter kann heute nicht kommen.«
Natürlich nahmen sie Celina mit, und Christine lauschte während der Fahrt amüsiert dem unbekümmerten Geplauder und Gekichere auf den Rücksitzen.
Daheim schnupperte Anuschka genießerisch. »Das riecht super! Richtig schön italienisch. Was gibt’s denn?«
»Lasagne, mein Schatz«, erwiderte Christine und schaltete den Backofen ab. »Die magst du doch so gern.«
»Ich könnte mich direkt reinsetzen«, versicherte Anuschka.
Sie aßen draußen auf der Dachterrasse, genossen die letzten spätsommerlichen Sonnenstrahlen.
»Wie ist die Mathearbeit gelaufen?«, erkundigte sich Christine beim Dessert.
Anuschka hob ausweichend die Schultern. »Frag besser erst gar nicht. Du weißt ja, dass Mathe nicht gerade meine Stärke ist.«
Ja, Anuschka war zwar eine überdurchschnittlich gute Schülerin, schrieb gute Aufsätze, malte und musizierte mit Begeisterung, konnte nicht genug über die Welt da draußen erfahren. Doch mit Mathe hatte sie so ihre Probleme.
»Vielleicht sollten wir Papa bitten, sich mal mit dir zusammenzusetzen und intensiv mit dir zu lernen, was meinst du?«, schlug Christine vor.
Anuschka seufzte tief auf. »Ach, Papa hat ja doch nie Zeit …«
»Ich rede mal mit ihm«, versprach Christine. »So, und jetzt wollen wir uns nicht weiter den Kopf über Dinge zerbrechen, die eh nicht mehr zu ändern sind. Fährst du heute Nachmittag mit mir in die Stadt? Ich treffe mich mit Tante Jana zum Einkaufsbummel.«
»Einkaufen? Nö, dazu habe ich keine Lust. Das ist mir zu langweilig. Nichts gegen Tante Jana, aber wenn ihr zusammen seid, habe ich ohnehin keine Chance, zu Wort zu kommen.«
Christine lachte. »Tut mir leid, Süße. Aber wenn ich da so an dich und deine Freundinnen denke … Ist es da etwa anders?«
Anuschka stimmte in ihr Lachen ein. »Eigentlich nicht, Mama.«
Als Anuschka wenig später mit dem Fahrrad zu ihrer Freundin Celina fuhr, winkte Christine ihr gut gelaunt hinterher. Sie machte sich keine Sorgen, denn die beiden Freundinnen trennte nur der kleine Park, und durch den konnte Anuschka ohne Gefahr radeln.
Rasch zog sich Christine um und brach ebenfalls auf.
Sie stellte ihren Wagen in einem Parkhaus in der Innenstadt ab. Jana Schreiber erwartete sie bereits auf dem Münsterplatz und eilte ihr unternehmungslustig entgegen.
»Gut siehst du aus, Christine«, versicherte sie ihr. »Die neue Frisur steht dir fantastisch. Ich bin mal gespannt, was dein Mann dazu meint.«
Vor zwei Tagen hatte sich Christine ihre blonde Mähne auf Pagenkopflänge kürzen lassen. Ihr Friseur hatte ihr zu dieser Radikalkur geraten. Doch wenn sie an Björn dachte, wurde ihr immer noch ein wenig mulmig zumute. Denn er liebte gerade die langen Haare an ihr.
»Ich fürchte, er wird nicht gerade begeistert sein«, erwiderte Christine.
»Mach dir nichts draus, Hauptsache, du fühlst dich wohl.« Jana hakte sich bei ihr unter und zog Christine unbeschwert über den belebten Platz. »So, und jetzt plündern wir erst mal unsere Lieblingsboutiquen. Ich habe bei Gina ein hinreißendes kleines Rotes entdeckt, das muss ich unbedingt anprobieren. Es ist eine Sünde wert, glaub mir.«
Das hinreißende kleine Rote schmiegte sich wie eine zweite Haut um Janas zierliche Figur.
»Na, was sagst du?« Beifall heischend sah sie die Freundin an.
»Du musst es einfach nehmen«, versicherte Christine begeistert. »Niemand kann es so gut tragen wie du.«
»Und es ist nicht eine Spur zu gewagt?«, vergewisserte sich Jana, während sie sich kokett vor dem Spiegel drehte.
»Es ist sensationell«, bekräftigte Christine neidlos. »Wenn du es zu Peters Geburtstagsparty trägst, wirst du ihm glatt die Show stehlen.«
Christine fand ebenfalls eine ausgefallene Kreation für die Party, zu der sie und Björn natürlich auch eingeladen waren. Kichernd wie Teenager drehten sich die Freundinnen vor den Spiegeln, genossen die Komplimente der Verkäuferin und verließen schließlich voller Besitzerstolz mit prall gefüllten Taschen die Boutique.
Es wurde ein fröhlicher Nachmittag, den sie wie immer in ihrem Lieblingscafé auf dem Rathausplatz beendeten.
Es war schon fast achtzehn Uhr, als sich die Freundinnen trennten.
Anuschka traf fast gleichzeitig mit Christine daheim ein. Sie verschwand mit einer von Celina ausgeliehenen CD ihrer Lieblingsband gleich in ihrem Zimmer.
»Wenn das Abendessen fertig ist, kannst du mich ja rufen, Mama.«
»Ist gut.« Christine brachte ihre Einkaufsbeute ins Schlafzimmer, ging dann wieder nach unten, um den Anrufbeantworter abzuhören.
»Hallo, Liebes, schade, dass ich dich nicht erreiche«, klang da Björns warme, dunkle Stimme vom Band. »Es tut mir leid, aber die Verhandlungen dauern länger als geplant. Ich komme erst Samstag oder Sonntag zurück. Sei nicht böse, wenn ich nur schwer zu erreichen bin. Aber eine Besprechung jagt die andere, ich komme kaum zum Luft holen. Liebe Grüße an Anuschka. Und einen dicken Kuss für dich, mein Schatz.«
Samstag oder Sonntag? Das war unmöglich! Er konnte doch Peters Geburtstagsparty nicht vergessen haben. Nein, ausgerechnet an Peters Vierzigstem durfte Björn nicht fehlen.
Entschlossen griff Christine zum Hörer, um ihren Mann daran zu erinnern. Dann aber gefror ihr das Blut in den Adern, denn eine freundliche Frauenstimme an der Hotelrezeption versicherte ihr: »Es tut mir leid, aber Herr und Frau Berger sind ausgegangen. Kann ich etwas ausrichten?«
»Danke, das hat sich erledigt …« Christine legte abrupt auf und blieb mit dem Telefon in der Hand wie erstarrt stehen.
***
Sie hatte die ganze Zeit über geahnt, dass Björn sie betrog. Seit er ihr zum ersten Mal von seiner neuen Assistentin erzählt hatte, schrillten bei ihr die Alarmglocken. Eine Zeit lang hatte Christine diese Ahnung erfolgreich verdrängt, jetzt allerdings konnte sie die Augen nicht länger verschließen.
Sie war eher wütend als enttäuscht. Und natürlich war ihre weibliche Eitelkeit verletzt. Was hatte diese andere Frau, was sie offensichtlich nicht hatte?
Christine trat vor den Spiegel in der Diele und betrachtete sich eingehend. Sie sah gut aus, hatte eine Figur, um die andere Frauen ihres Alters sie beneideten, kleidete sich modern, manchmal sogar schon extravagant. Trotzdem genügte Björn das nicht.
Es war nicht das erste Mal, in ihrer zehnjährigen Ehe, dass ihr Mann sie betrog. Sie hatte schon etliche »Nebenfrauen« stillschweigend geduldet, in der Hoffnung, dass Affären dieser Art ihren Reiz irgendwann von selbst verlieren würden. Immerhin hatte er Frau und Tochter, warum musste er sich seine Selbstbestätigung trotzdem immer wieder außerhalb der häuslichen Gemeinschaft holen?
Und sie, Christine? Wie lange wollte sie seine Seitensprünge noch kommentarlos hinnehmen? Sie hatte es ihm in all den Jahren viel zu leichtgemacht. Er wusste, dass er beides haben konnte: den Nervenkitzel einer leidenschaftlichen Affäre und die zärtliche Geborgenheit daheim bei ihr. Und beides hatte er ausgiebig genossen. Nur sie selbst, ihre Ansprüche und Wünsche, waren dabei auf der Strecke geblieben.
Nein, so konnte es nicht weitergehen.
Christine warf sich im Spiegel einen kämpferisch-entschlossenen Blick zu, fast trotzig warf sie ihre Haare in den Nacken.
Sie würde nicht länger zu allem Ja und Amen sagen.
Aber was konnte sie tun? Ihn vor die Alternative stellen, diese andere Frau oder ich? Auf die Gefahr hin, dass er sich für die andere entschied, die er ja schon jetzt ungeniert als seine Frau ausgab? Musste sie da nicht auch in Kauf nehmen, dass ihre Ehe in … Scheidung endete?
Bei diesem Gedanken zuckte Christine zusammen. Da schlich es zum ersten Mal durch ihre Gedanken, das Schreckgespenst Scheidung. Was hatte sie bisher eigentlich so sicher gemacht, dass ihr das nicht passieren könnte?
»Mami, willst du mich heute Abend verhungern lassen?«, drang von oben Anuschkas vorwurfsvolle Stimme in Christines Gedanken. »Du wolltest doch Abendbrot machen.«
»Was …?« Christine fuhr sich verwirrt über die schmerzende Stirn. »Ach, ja, natürlich«, erwiderte sie dann rasch. »Tut mir leid, Schatz, aber ich musste noch telefonieren. Das Essen ist in ein paar Minuten fertig.«
»Ich helf dir«, bot sich Anuschka an und rutschte über das Treppengeländer nach unten, etwas, das Christine absolut nicht ausstehen konnte. Diesmal aber ersparte sie sich jeden Kommentar und verschwand in der Küche.
Irritiert folgte ihr Anuschka. »Hey, Mum, was ist los?«, wollte sie wissen und schlang ihren Arm um Christines Schultern. »Du bist ja ganz durcheinander.«
»Das … das bildest du dir nur ein«, wich Christine aus, spürte aber, dass ihr Tränen in die Augen schossen.
»Du weinst ja!«, stieß Anuschka erschrocken hervor. »Was ist denn los, Mama?«
»Nichts, es sind nur die Zwiebeln«, wehrte Christine ab und drehte ihrer Tochter den Rücken zu. »Du kannst ja schon mal den Tisch decken, wenn du dich nützlich machen willst.«
Christine spürte Anuschkas Zögern.
Dann seufzte sie auf. »Klar mach ich das.« Und verschwand damit im Esszimmer.
Christine wischte energisch die Tränen fort. Das fehlte gerade noch, dass sie diesem untreuen Burschen hinterherheulte. Und sie schwor sich, dass dies die letzten Tränen gewesen waren, die sie um Björn geweint hatte.
Aber zehn Jahre Ehe konnte man nun mal nicht so einfach mit einer Handbewegung wegwischen. Auch das war ihr in diesen Minuten klar, in denen sie um eine Entscheidung rang.
***
»Ich lasse mich scheiden«, verkündete Christine bei ihrem nächsten Treffen mit Jana.
Sie war zu den Schreibers gefahren, um ihrer Freundin bei den Geburtstagsvorbereitungen zu helfen. Jana hatte zwar eine Haushaltshilfe, doch solche Dinge machte sie lieber selbst. Immerhin war Peters Vierzigster nicht irgendein Tag.
Eine Bombe hätte nicht wirkungsvoller einschlagen können.
Jana fiel die Kaffeetasse, aus der sie gerade hatte trinken wollen, fast aus der Hand.
»Sag das noch einmal!«, forderte sie. »Das meinst du doch nicht ernst, Christine? Warum so plötzlich? Was hat Björn Schlimmes getan, dass du aus heiterem Himmel …?«
»Nicht aus heiterem Himmel«, wehrte Christine entschieden ab. »Sicher, auf dich muss es so wirken. Aber mir ist klar geworden, dass es ein langsamer, schleichender Prozess war, der nur noch eine Konsequenz haben kann – die Scheidung.«
Jana maß die Freundin fast bewundernd. »Nein! Das hätte ich dir gar nicht mehr zugetraut, Christine. Nach all den Jahren glaubte ich, du seist schon zu abgestumpft …«