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Saskia Komtess von Bramswig begegnet ihrem Traumprinzen auf dem Rosenball der Familie. Die gerade Achtzehnjährige träumt fortan vom großen Glück an der Seite von Florian Prinz von Hollbeck. Doch der sieht zunächst in dem bildhübschen "Küken" nur die jüngere Schwester seines Freundes. Saskia muss einige Jahren warten und viele Tränen vergießen, bis sie es endlich schafft, sein Herz zu erobern. Die Märchenhochzeit der beiden soll unvergesslich bleiben. Ebenso wie der schreckliche Unfall, der das kurze Glück des jungen Ehepaares jäh zerstört ...
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Seitenzahl: 142
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Verschenk dein Herz ein zweites Mal
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Impressum
Verschenk dein Herz ein zweites Mal
Das mitreißende Schicksal der Prinzessin Saskia
Von Nina Gregor
Saskia Komtess von Bramswig begegnet ihrem Traumprinzen auf dem Rosenball der Familie. Die gerade Achtzehnjährige träumt fortan vom großen Glück an der Seite von Florian Prinz von Hollbeck. Doch der sieht zunächst in dem bildhübschen »Küken« nur die jüngere Schwester seines Freundes. Saskia muss einige Jahren warten und viele Tränen vergießen, bis sie es endlich schafft, sein Herz zu erobern. Die Märchenhochzeit der beiden soll unvergesslich bleiben. Ebenso wie der schreckliche Unfall, der das kurze Glück des jungen Ehepaares so jäh zerstört ...
»Mama, ich bin doch schon sechzehn!«, ereiferte sich Saskia Komtess von Bramswig beim Frühstück auf dem Familiensitz. »Warum darf ich Samstag nicht am Rosenball teilnehmen? Nora von Schönen ist auch erst siebzehn! Trotzdem habt ihr sie eingeladen!«
»Wir haben die Komtess der Form halber eingeladen!«, entgegnete Gräfin Freya geduldig. Denn seit Tagen kannte Saskia kein anderes Thema. »Doch ich denke nicht, dass ihre Eltern Nora mitbringen werden. Sie ist ebenso, wie du, noch nicht offiziell in die Gesellschaft eingeführt.«
»So ein Unsinn!«, erregte sich Saskia. »Wer fragt denn heute noch danach, ob jemand im weißen Kleid brav und sittsam auf dem Opernball eingeführt wurde? Das sind doch alte Zöpfe, die man abschneiden sollte.«
»Solange sie aber nicht abgeschnitten sind, werden wir uns daran halten«, betonte die Gräfin. »Und jetzt möchte ich nichts mehr davon hören, Saskia. Du wirst am Rosenball nicht teilnehmen, und damit basta!«
»Papachen, was sagst du dazu?«
Die Komtess erhob sich und umarmte schmeichelnd ihren Vater. Sie wusste, dass sie den Grafen mühelos um den kleinen Finger wickeln konnte. Hubert von Bramswig war ein kompromissloser Geschäftsmann und seinen Angestellten ein gerechter aber strenger Chef, der nichts durchgehen ließ. Vor dem jugendlichen Charme seiner Tochter aber streckte er stets die Waffen.
Diesmal allerdings erlebte Saskia eine Enttäuschung.
»Mama hat recht, Saskia. Du bist noch zu jung, um am Rosenball teilzunehmen. Warte noch ein oder zwei Jahre. Dann wird es auch für dich so weit sein. Im Übrigen wirst du in deinem Leben noch so viele Bälle feiern können, dass es auf den einen gewiss nicht ankommt.«
Saskia schmollte, doch auch damit hatte sie keinen Erfolg.
Die Eltern blieben dabei: Der Rosenball auf Bramswig fand ohne sie statt.
Und so beobachtete Saskia am Samstagabend die Ankunft der Gäste aus nah und fern mit gemischten Gefühlen. Sie war wütend und traurig, und sie beneidete diese fröhlichen Menschen in ihren eleganten Roben glühend.
Einmal große Dame sein, wünschte sich Saskia und blickte verträumt nach draußen. In einem Ballkleid wie dem, das sie kürzlich auf dem Kleiderspeicher gefunden hatte, an einem rauschenden Ball teilnehmen zu können – das musste einfach das Höchste sein!
Saskia geriet ins Träumen, und unversehens erfüllten Walzerklänge ihren hübschen, mit zierlichen Möbeln eingerichteten Salon.
Leicht und beschwingt schwebte Saskia zu der imaginären Musik durch den Raum, rechts herum, links herum. Sie beherrschte den Tanzschritt wie im Schlaf.
Mit einem Mal blieb sie abrupt stehen. Ja, das war die Idee! Wenn sie schon nicht am Ball teilnehmen konnte, so wollte sie ihn wenigstens als Zaungast miterleben!
Saskia schaute an sich herunter. Nein, Jeans und Sweatshirt waren dazu nicht geeignet. Auch, wenn sie nur Zuschauer war, wollte sie doch entsprechend gekleidet sein!
Die Komtess eilte in ihr Schlafzimmer, öffnete den Kleiderschrank und zog aus der hintersten Ecke das traumhaft schöne, zartgelbe Ballkleid aus Seide und kostbaren Spitzen hervor. Es stammte noch von ihrer Großmama, die das Kleid auf dem Verlobungsball getragen hatte. Doch die Jahre hatten seiner Schönheit nichts anhaben können ...
Saskia warf ihre eigenen Kleider achtlos zu Boden und schlüpfte dann in den leise raschelnden Seidentraum.
Atemlos betrachtete sie sich im Spiegel. War das wirklich sie, dieses bildschöne junge Mädchen mit den großen, blauen, leuchtenden Augen? Die dunkelblonden Locken rieselten über die nackten Schultern, die das großzügige Dekolleté freigab.
»Kleider machen Leute!« Saskia nickte sich zufrieden zu. Das Kleid saß wie angegossen. Offensichtlich hatte Großmama als junges Mädchen die gleiche Figur gehabt wie sie.
Saskia suchte nach Schuhen und fand sogar welche, die halbwegs passend waren. Dann bürstete sie die dunklen Locken, bis sie glänzend über die sanft gebräunten Schultern fielen.
Noch ein Hauch Make-up, so wie sie es sich ihrer Mutter abgeschaut hatte, dann konnte das große Abenteuer beginnen!
Saskia huschte aus ihrem Zimmer und schwebte geradezu die Treppe hinab ins Erdgeschoss. Hier lag der prächtige Ballsaal von Bramswig, aus dem jetzt fröhliches Stimmengewirr und flotte Musik zu Saskia herüberklang.
Butler Axel verharrte irritiert in der Bewegung, als er die Komtess am Fuße der Treppe erblickte. »Komtess Saskia, Sie?«
Saskia lächelte strahlend. »Ja, ich, Axel. Aber keine Sorge, ich bin nur stiller Zuschauer!«
Ehe der Butler noch etwas sagen konnte, war sie im Salon verschwunden. Von hier aus erreichte sie die Terrasse an der Rückfront des Gutes, von der aus man in den Ballsaal gelangte. Saskia wusste, dass sie von hier aus einen guten Überblick hatte. Sie zog sich hinter einen Oleanderbusch zurück, atmete tief den Duft der Blumen ein und genoss die milde Sommernacht.
Wie immer war der Rosenball der Höhepunkt der sommerlichen Ballsaison auf Bramswig. Unzählige Rosengebinde in allen nur erdenklichen Farben schmückten den hellerleuchteten Raum.
Saskia geriet ins Träumen und vergaß bald völlig, wo sie sich befand. Ihre Füße wippten mit dem Takt der Musik, und ihr biegsamer junger Körper wiegte sich hin und her.
Und dann sah sie ihn, den hochgewachsenen jungen Mann, der geradewegs auf die Terrasse hinausstrebte.
Saskia beobachtete ihn fasziniert und war sicher, nie zuvor einen so attraktiven, gut aussehenden jungen Mann gesehen zu haben.
Das war er, ihr Traummann. Ach, es musste herrlich sein, in seinen Armen über das spiegelnde Parkett zu schweben, seinen Komplimenten zu lauschen und sich verliebt an ihn zu schmiegen!
Ganz in der Nähe von Saskia lehnte sich der junge Fremde ans Terrassengeländer. Sekunden später blitzte ein Feuerzeug auf und entzündete eine Zigarette.
Der junge Mann inhalierte tief und genüsslich. Saskia hatte genügend Gelegenheit, ihn ausgiebig zu beobachten.
Wer er wohl war? Sie hatte ihn noch nie auf Bramswig oder auf den Gütern in der Nachbarschaft gesehen!
Jetzt warf er die Zigarette zu Boden und trat sie aus.
Unbewusst seufzte Saskia auf. Schade, dass er jetzt wieder nach drinnen ging. Sie hätte ihn noch stundenlang ansehen können!
Im nächsten Augenblick fühlte sie einen Niesreiz in der Nase, dem sie nicht widerstehen konnte. Verzweifelt versuchte die Komtess, das Niesen zu unterdrücken, wenigstens so lange, bis er wieder nach drinnen verschwunden war.
Doch gerade, als er unter der offenen Terrassentür stand, brach sich das Niesen mit aller Gewalt einen Bann.
Der junge Mann drehte den Kopf, wandte sich dann um und ging dem Geräusch interessiert nach.
Saskia wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er sie fand. Was, um alles in der Welt, sollte sie ihm erzählen?
Da stand er auch schon vor ihr.
»Hallo! Wen haben wir denn da? Warum verstecken Sie so viel Schönheit hinter einem Busch?«
Seine Stimme passte haargenau zu seiner Erscheinung. Saskia schätzte ihn auf knapp dreiundzwanzig, so alt wie ihren Bruder Achim. Und er sah auch aus nächster Nähe noch so aufregend aus, dass ihr Herz vollends aus dem Takt geriet.
»Ich ... ich wollte nur ein wenig frische Luft schnappen!«, erwiderte Saskia hastig, weil ihr nichts Besseres einfiel.
»Sonderbar! Drinnen habe ich Sie an diesem Abend noch nicht gesehen! Wo haben Sie sich nur verborgen? Eine solche Schönheit hätte ich nie übersehen!«
Saskia war froh, dass er in der Dunkelheit ihr Erröten nicht sehen konnte. Schön fand er sie! Und aus seinem Mund klang das sogar recht glaubhaft! Und das hatte sie allein dem wunderschönen Ballkleid zu verdanken, denn in Jeans und T-Shirts sah sie immer noch ein wenig ungelenk aus.
Was sollte sie ihm nur sagen?
Saskia kaute auf den vollen roten Lippen, doch es fand sich keine glaubhafte Ausrede.
»Ich ... ich bin kein Gast des Grafenpaares«, brachte sie endlich tödlich verlegen hervor. »Zumindest habe ich keine Einladung zum Ball erhalten. Da ich ihn aber gern aus der Ferne erleben wollte, versteckte ich mich hier.«
Das war eine sonderbare Geschichte, fand er. Und dann setzte Saskia all dem spontan die Krone auf.
»Wissen Sie, mein Verlobter ist da drinnen und vergnügt sich mit einer anderen Frau!«, schwindelte sie wild drauflos. »Ich ahnte das und kam her, um Gewissheit zu haben! Aber ohne Einladung kommt man ja nicht ins Haus. Dann aber entdeckte ich, dass man den Ballsaal auch von der Terrasse gut einsehen kann.«
Er blickte ein wenig zweifelnd auf sie herab. War sie nicht noch recht jung, um schon verlobt zu sein? Doch dann beschloss er, ihr zu glauben. Sie hatte keinen Grund zur Lüge ...
»Der Mann, den Sie lieben, betrügt Sie also mit einer anderen«, stellte er dann nüchtern fest.
Saskia nickte und wunderte sich selbst am meisten über ihre schauspielerischen Talente.
Jetzt ließ er seine Hände auf ihre Schultern sinken und umfasste sie sanft.
»Wissen Sie was? Ich habe eine fabelhafte Idee! Sie gehen jetzt mit mir hinein und schauen sich in aller Ruhe um. Alle werden Sie für meine Begleiterin halten.«
»Aber das geht doch nicht!«, stieß Saskia erschrocken hervor. Aber im gleichen Augenblick wusste sie, dass sie diese Chance ergreifen musste. Ganz gleich, wie dieser Abend enden würde!
Dabei vertraute sie darauf, dass ihre Eltern sie gewiss nicht vor aller Augen und Ohren bloßstellen würden ...
»Ich bin übrigens Florian von Hollbeck«, stellte er sich jetzt vor. »Und Sie?«
»Saskia ...«, murmelte die Komtess hastig und senkte den Kopf. »Nennen Sie mich einfach Saskia!«
Er nickte. »Einverstanden, mehr brauche ich ohnehin nicht von Ihnen zu wissen! Namen sind Schall und Rauch, wie man so schön sagt, finden Sie nicht auch?«
Er bot ihr lächelnd seinen Arm und Saskia hakte sich bei ihm unter.
Ihr schwindelte ein wenig, das Herz raste in der Brust und das Blut rauschte ihr in den Ohren, als sie den Ballsaal betraten.
Saskia hatte das Gefühl, als würde sich alle Aufmerksamkeit nur auf sie und ihren Begleiter konzentrieren. Dann aber merkte sie, dass niemand sich ernsthaft für sie interessierte. Man tummelte sich vielmehr ausgelassen auf der Tanzfläche oder stand plaudernd zu kleinen Grüppchen zusammen und hechelte den neuesten Gesellschaftsklatsch durch.
»Haben Sie ihn schon entdeckt?«, raunte Florian ihr zu.
Sekundenlang schaute Saskia verständnislos zu ihm auf.
»Von wem sprechen Sie?«
»Na, von Ihrem Verlobten!«
»Nein!«, erwiderte sie hastig. »Ich kann ihn nirgendwo entdecken. Vielleicht sind die beiden ja schon gegangen?«
Sie begegnete seinem skeptischen Blick und war froh, als er sie auf die Tanzfläche zog.
Die Kapelle spielte einen langsamen Walzer, und Saskia lag hingerissen in seinen Armen.
Er tanzte fabelhaft, wie hätte es auch anders sein können!
Dabei sprachen sie nur wenig, sondern gaben sich ganz der zauberhaften Musik hin.
Einmal riskierte Saskia einen Blick zu ihren Eltern hinüber. Sie unterhielten sich am anderen Ende des Ballsaales gerade mit einem befreundeten Ehepaar und hatten die Tochter noch nicht entdeckt.
Florian bemerkte ihre Unruhe.
»Sie haben Ihren Verlobten wohl noch immer nicht entdecken können?«, erkundigte er sich teilnahmsvoll.
»Doch!«, hörte Saskia sich da antworten. »Dort drüben tanzt er gerade. Aber das ist nicht die Frau, mit der er mich betrügt!«
»Das ist Ihr Verlobter?!« Entgeistert starrte Florian auf den jungen Mann, den sie ihm gezeigt hatte.
»Ja, warum erstaunt Sie das so? Kennen Sie ihn etwa?« Im Eifer des Gefechtes war ihr nichts Besseres eingefallen, als auf ihren Bruder Achim zu deuten.
»Nein ... zumindest nicht persönlich ...«, erwiderte er da zu ihrer Erleichterung. Das leichte Zögern bei seiner Antwort entging ihr. »Aber ist das nicht der Sohn unserer Gastgeber?«
»Ganz recht!«, nickte Saskia, wieder mutig geworden. »Das ist Achim Graf von Bramswig.«
»Vielleicht sollten wir den Grafen ein wenig eifersüchtig machen?«, überlegte er. »So was funktioniert meistens gut.«
»Na, ich weiß nicht ...« Saskia fühlte sich bei diesem Gedanken nicht wohl in ihrer Haut.
»Trinken wir erst mal ein Gläschen Champagner«, schlug er vor. »Das macht locker und ein wenig mutiger.«
Sie folgte ihm quer durch den Ballsaal zur Champagnerbar. Dabei kamen sie beide an Gräfin Freya vorüber, die beim Anblick ihrer Tochter vor Überraschung in der Bewegung erstarrte. Ihr Mund öffnete sich, als wollte sie etwas sagen. Doch sie brachte keinen Ton heraus ...
Saskia hastete mit Florian weiter. Sie hatte es plötzlich sehr eilig. Auf seinen irritierten Blick hin erklärte sie: »Ich habe schrecklichen Durst, wissen Sie?«
Sie stießen gerade mit dem prickelnden Getränk auf einen gelungenen Abend an, als das Unheil in Gestalt des Grafenpaares heraufzog.
Saskia versuchte noch, sich klein zu machen. Doch das hatte wenig Sinn.
»Saskia, was tust du hier?«, polterte im nächsten Augenblick die Stimme ihres Vaters. Und zum ersten Mal in ihrem Leben erlebte Saskia den Grafen ernsthaft erzürnt – zumindest ihr gegenüber.
»Was hat dieser unmögliche Aufzug zu bedeuten? Ich erwarte auf der Stelle eine Erklärung.«
»Papa ... es tut mir wirklich leid ...«, stotterte Saskia. »Eigentlich wollte ich ja nur als Zaungast am Ball teilnehmen, von der Terrasse aus ... Aber dann hat mich dieser junge Mann zum Tanzen aufgefordert, und ich konnte einfach nicht widerstehen ...«
Florian von Hollbeck verfolgte das Ganze verblüfft und mit wachsender Spannung. Allmählich begriff er, worum es ging.
»Haben wir dir nicht immer wieder klargemacht, dass du mit deinen sechzehn Jahren für einen Ball noch zu jung bist?«, unterstützte nun auch die Fürstin ihren Mann. »Wie konntest du uns nur derart hintergehen? Wir sind zutiefst enttäuscht von dir, Saskia!«
Saskia senkte den dunklen Lockenkopf.
»Es tut mir wirklich leid, Mama, Papa ...«, flüsterte sie zerknirscht, und nichts mehr an ihr erinnerte an die große Dame, die sie eben noch war.
Florian zuckte zusammen, als die Gräfin jetzt ihren flammenden Blick auf ihn richtete.
»Von Ihnen hätten wir auch etwas mehr Vernunft erwartet, Florian! Immerhin ist Saskia beinahe noch ein Kind!«
»Aber ein zauberhaftes!«, hatte der Prinz auf den Lippen, unterdrückte diesen Satz aber rasch. »Ich konnte doch nicht ahnen, Gräfin, dass die junge Dame Ihre Tochter ist ...«, entschuldigte er sich. »Ich hielt sie für einen Gast, der draußen ein wenig frische Luft schnappen wollte!«
Saskia atmete erleichtert auf. Wenigstens war er so fair und gab die Geschichte, die sie ihm von ihrem Verlobten aufgetischt hatte, nicht auch noch zum Besten.
Wenn ihre Eltern davon auch noch erfahren hätten, wäre das Fass wohl übergelaufen. Doch auch so traf der berechtigte Zorn des Grafenpaares die Tochter.
»Du wirst dich sofort auf dein Zimmer zurückziehen, Saskia!«, bestimmte der Graf unmissverständlich. »Wir sprechen uns morgen noch, das verspreche ich dir.«
»Es tut mir ehrlich leid ...« Saskia war den Tränen nahe. Das hätte gerade noch gefehlt! Hier, vor Florian von Hollbeck, auch noch in Tränen auszubrechen! Sie hatte sich in diese dumme Geschichte hineinmanövriert, nun musste sie sie auch auslöffeln. »Es ist ganz allein meine Schuld!«, fügte sie hinzu. »Florian hatte wirklich keine Ahnung, wer ich war.«
Florian lächelte ihr aufmunternd zu. »Warum lassen Sie Ihre Tochter nicht bleiben?«, wandte er sich dann an das Grafenpaar. »Es ist so ein netter Abend. Und da sie schon mal hier ist ...«
»Nein!« Das klang endgültig. Und niemand wagte dagegen noch etwas zu sagen.
»Danke, dass Sie mir helfen wollten. Florian!« Saskia ergriff seine Hand und drückte sie. »Aber ich sollte jetzt besser verschwinden!«
»Schade!« Er schenkte ihr ein aufregendes Lächeln. »Aber wir sehen uns gewiss bald wieder. Schlafen Sie schön, Saskia, und träumen Sie etwas Hübsches ...«
Am nächsten Morgen erwachte Saskia in aller Frühe.
Ihr Kopf schmerzte, und in der nächsten Sekunde fiel ihr alles wieder ein. Na, das würde ein hübsches Donnerwetter geben!
Selbst Papa war zornig gewesen, und das, obwohl sie sein erklärter Liebling war.
Aber trat das alles nicht in den Hintergrund, wenn sie an Florian von Hollbeck dachte?
»Wir sehen uns gewiss bald wieder!«, hatte er mit diesem umwerfenden Lächeln gesagt. Klang das nicht wie ein Versprechen?
Ob er sich etwa auch in sie verliebt hatte?
Saskia richtete sich in ihrem Bett steil auf. Hatte sie sich denn verliebt?
Irritiert horchte sie in sich hinein, und ihr wildschlagendes Herz gab ihr die richtige Antwort. Ja, sie hatte sich Hals über Kopf in Florian verliebt. Das war wohl auch der Grund gewesen, warum sie es gewagt hatte, mit ihm in den Ballsaal zu gehen!
Saskia seufzte tief auf. Wo sollte das noch enden? Sie war doch erst sechzehn – und er ein erwachsener Mann, der an jedem Finger zehn schöne Frauen haben konnte ...
Sie stellte sich unter die lauwarme Dusche und fühlte sich danach wunderbar erfrischt. Anschließend schlüpfte sie in ihre geliebten Jeans und ein knallbuntes Sweatshirt. Gräfin Freya mochte Jeans nicht. Doch sie hatte es längst aufgegeben, dagegen zu protestieren. Die jungen Leute trugen nun mal liebend gern diese Einheitskluft – man konnte es nicht ändern. Jede Zeit hatte so ihre Eigenheiten ...
Es war noch früh, bis zum Frühstück blieb Saskia noch über eine Stunde Zeit.
Sie beschloss, einen kleinen Bummel über das Gut zu machen. Da war frühmorgens immer etwas los.
Saskia wurde überall freundlich gegrüßt, und mit der ihr eigenen Unbekümmertheit grüßte sie zurück, hielt hier und da ein angeregtes Schwätzchen und vergaß ganz, dass ihr noch eine väterliche Standpauke bevorstand.