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Christina Daron

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Beschreibung

Sophie: Ich wollte doch nur ein normales Leben führen, abseits von Sodom und Gomorra. Heute, drei Jahre später, habe ich eine lesbische Geliebte und meinen Boss als Liebhaber. Echt große Fortschritte, wirklich, ganz toll. Als wäre das nicht der Gipfel meiner Schandtaten, laufe ich nach drei Jahren meiner größten Schandtat über den Weg: Hunter, meinem Ehemann. Hunter: Mir bleibt das Herz stehen, als ich Sophie wiedersehe. Drei verfluchte Jahre sind vergangen, um nicht an meine Frau zu denken. Augenblicklich kochen Wut, Aggression und Besitzergreifen hoch. Sophies Aufmüpfigkeit war schon immer ein Problem, aber nun scheint sie neue Dimensionen angenommen zu haben. Wollen wir doch mal sehen, wie lange sie ihre Schutzmauer aufrechterhalten kann, denn ihr Körper ist schon ein Verräter.

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forever devoted

 

Christina Daron

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage – 2021

Copyright: Christina Daron, 2021, Deutschland

 

Christina Daron

c/o Autorenservice Patchwork

Schlossweg 6

A-9020 Klagenfurt

[email protected]

 

Coverfoto: covermanufaktur.de – Sarah Buhr

Korrektorat: www.korrekt-ac.com – Kristina Krüger

 

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Vorwort

 

Nackt sitzt er auf dem Rand des Bettes, sein Glied steinhart, geschwollen, nass von ihrem Speichel, während sie zwischen seinen Beinen kniet, geduldig wartend, bis er sie auffordert aufzustehen.

Sie sieht, dass er mit sich ringt. Dieser große, schwarze, sehnige Mann, hart wie Stahl und ein vollendeter Gentleman, hadert mit sich und den Emotionen, die sie in ihm hervorruft.

Er beugt sich vor, packt ihren Hinterkopf und zieht sie an den Haaren ein Stück hoch. Sie wimmert. Sie ist seinem gemeißelten Gesicht so nah, dass sie an seinen Lippen wimmert, sich nach seinem Mund sehnt, den er ihr verwehrt. Sie legt ihre Hände auf seinen Oberschenkeln ab, stützt sich so.

„Wem gehörst du?“, knurrt er. Seine Stimme ist heiser, als wären seine Stimmbänder belegt.

„Dir“, flüstert sie an seinen Lippen.

„Wem?“

„Dir!“, sagt sie lauter. Sie hört sein Bedürfnis, es zu hören, und sein Gesicht verschwimmt vor ihren Augen. Tränen steigen in ihr auf, als würde sie den Sturm, der in ihm tobt, spüren.

Ein Gefühlschaos bricht sich Bahn.

Er rutscht zurück, setzt sich richtig aufs Bett und zieht sie an den Haaren mit, ihre Kopfhaut schmerzt bereits.

„Reite meinen Schwanz und präsentiere deine feuchte Muschi deinem Mann“, befiehlt er.

Sie blinzelt. Bisher hat nur ihr Mann sich das Recht rausgenommen, ihren Arsch zu besteigen.

„Tu, was er sagt“, tönt es aus der Ecke, in der ihr Mann nackt im Sessel sitzt und ihr dabei zugesehen hat, wie der Schwarze sie geleckt und gefickt und wie sie ihm den Schwanz gelutscht hat.

Sie schluckt. Sie dreht sich, das lederne Halsband mit den langen Bändern dran reizt ihre Haut, und die Bänder streifen ihre harten Nippel. Sie weiß genau, wie sehr ihr Mann auf Leder steht, deswegen trägt sie jetzt auch lederne Handschuhe, maßgeschneidert, hauchdünn.

„Komm her“, raunt der Schwarze sanft, fast zärtlich zieht er sie zu sich. Er nimmt die Tube Gleitgel und schmiert es sich erst auf den Schwanz und dann auf ihr Loch.

Sie zittert vor Erregung und Nervosität.

Von ihrem Mann ist sie bereits mit großen Dildos penetriert worden, um ihr den Analverkehr zu erleichtern, aber sie zuckt, als sie hinabgleitet und die dicke schwarze Eichel Einlass fordert.

„Das machst du gut“, raunt er, greift zwischen ihre Beine und reibt ihren Kitzler.

Sie stützt sich auf seine Knie, beugt sich vor, um eine bessere Position zu finden. Ihr bleibt die Luft weg, sie zittert stärker vor Lust und Schmerz, und seine Finger reiben sie weiter.

Er steckt bis zum Anschlag in ihr drin. Sie traut sich gar nicht, sich zu bewegen, lehnt sich erst mal an die breite, muskulöse Brust. „Das machst du sehr gut“, wird sie gelobt. Er knabbert an ihrem Ohrläppchen, sie seufzt. „Präsentiere

dich deinem Mann.“ Er erhöht den Druck auf ihren Kitzler, sie stöhnt lauter, legt den Kopf auf seine Schulter und spreizt die Beine. „Du bist so feucht“, keucht er. „Irgendwann bringen wir dich dazu, abzuspritzen. Ich liebe es, wenn Frauen ihre Lust verteilen.“

„Und ich werde da sein und sie trinken.“ Auf einmal steht ihr Mann fast unbemerkt direkt vor ihr.

„Das wirst du, nicht wahr?“ Sie greift nach seiner Hand, die er sofort ergreift.

„Ich werde immer da sein“, verspricht er ihr, streicht mit dem Daumen über den Ring an ihrem Ringfinger, den sie sich extra über den Handschuh gezogen hat. Er geht in die Knie, immer noch ihre Hand festhaltend, und presst sein Gesicht an ihre Pussy, während der andere ihr Lustzentrum bearbeitet.

Das wird zu viel für sie, sie muss sich bewegen, als sie merkt, dass ein schwerer Arm um ihre Hüften liegt.

„Nicht bewegen.“

Ihr Mann leckt nur kurz über ihre Pussy. Nur ein Zungenschlag – und sie bebt. Er steht auf, nickt dem Mann zu, und dieser legt sich mit dem Rücken aufs Bett, während ihr Mann seine Hand aufs Knie legt und ihr Bein zur Seite drückt, dann beugt er sich vor. Er stellt sich zwischen ihre Beine, während der andere seine Füße auf die Bettkante gestellt hat, sodass er noch tiefer in sie eindringen kann.

„Wem gehörst du?“, stellt er dieselbe Frage, die zuvor gestellt wurde. Seine Eichel ist geschwollen, glänzt von seiner Lust und pocht an ihrer Pussy.

Sie keucht, seufzt und stöhnt gleichzeitig, als der Schwarze beginnt, in sie zu stoßen, während ein zweiter gleich ihre Pussy ausfüllen wird.

„Wem du gehörst, hab ich gefragt!“, sagt er mit schneidender Stimme und krallt sich ihr Kinn.

„Dir. Dir gehöre ich!“, wimmert sie, dann schreit sie auf, als er mit einem einzigen harten Stoß seinen Schwanz in ihren Körper versenkt.

Punkte flimmern vor ihrem Auge.

Sie fühlt sich ausgefüllt, der nächste Höhepunkt rollt an, und ihr Haar klebt ihr im Gesicht, auf dem Rücken, überall, wo es auf nasse, verschwitzte Haut trifft.

Sie sieht in die Augen ihres Mannes, die vor Emotionen dunkel glänzen.

„Und wem gehörst du jetzt?“, fragt ihr Mann mit heiserer Stimme.

Tränen benetzen ihre Wangen, sie schluchzt. Bevor sie ihrem Mann über den Weg lief, war sie ein kleines, naives Dummchen im Vergleich zu heute. Ihr Horizont konnte sich gar nicht so weit erweitern, weil sie von den tiefen, sexuellen Abgründen keine Ahnung hatte.

„Euch beiden!“, schreit sie voller Hingabe.

„Vergiss das niemals!“, sagt ihr Mann beinahe warnend, als wüsste er schon, was für eine Entscheidung sie demnächst träfe, bevor sie es auch nur ahnte.

Nein, wie könnte sie ihre Männer jemals vergessen?!

 

 

Kapitel 1

 

Sophie

 

„Ach, verdammte Scheiße“, fluche ich. „Das waren meine letzten zehn Mäuse.“

Die Kerle und Frauen, allesamt in Schwarz gekleidet, lachen schadenfroh.

„Kleines, du hast das Pokern nicht erfunden“, lacht Timothy. „Du verrätst viel zu viel.“

Ich runzle die Stirn. „Wie denn? Ich sag doch gar nichts.“Timothy schüttelt missbilligend den Kopf. „Ich meinte damit dein Gesicht. Hast du ein gutes Blatt auf der Hand, ziehst du deine Augenbrauen hoch …“

„Tu ich nicht!“

Die drei Männer und die fremde Frau nicken synchron, und beinahe zeitgleich sagen sie, dass ich es doch täte.

Meine Wangen färben sich rot, und ich beiße mir auf die Unterlippe. „Ich sollte mich nicht ständig von euch zum Pokern überreden lassen. Wollen wir hoffen, dass Sid noch Bier dahat“, murre ich.

Ich schmeiße meine zehn Dollar in die Mitte des Tisches, wo bereits ein kleiner Haufen Scheine liegt. Die Kerle grölen mir noch Sachen hinterher, die in ihren Augen aufmunternd sein sollen.

Arschlöcher.

Und doch grinse ich in mich hinein, weil es mir zu sehr Spaß macht, mit der Meute zusammen zu sein.

„Na, wieder verloren?“ Sid sieht mich spöttisch an und öffnet eine Flasche. „Das Bier geht auf mich.“„Danke.“ Ich nehme das Bier, proste ihm zu und nehme einen tiefen Schluck. „Ah, das tut gut.“

Ich hole mein Handy aus dem Blazer, sehe auf die Uhr und gähne automatisch, als ich sehe, wie spät es ist.

„Erwartest du noch einen wichtigen Anruf?“, fragt Sid.

Ich nicke und reibe mir die Augenwinkel. „Mein Boss ist auf so einem wichtigen Charity-Ball. Ich warte auf eine Nachricht, dass ich ihn endlich abholen kann.“ Trotz der späten Stunde macht der Job mir unfassbar viel Spaß, obwohl ich mir nie sicher bin, ob mein Chef sich nur in Grauzonen bewegt oder bereits auf illegalem Wege wandelt. Aber das hat mich nicht zu interessieren, und ich will es auch nicht wissen, dafür werde ich viel zu gut bezahlt, als dass ich Fragen stellen würde.

Es ist laut und stickig in der Bar; es ist Samstagnacht. Die Bar ist weder schick noch wirklich stilvoll eingerichtet, aber trotzdem hat sie was Heimeliges, sodass ich immer wieder hierherkomme. Bei Sid fühle ich mich wie eine kleine Schwester, die vom großen Bruder bevormundet wird, weil sie sich mit zwielichtigen Typen abgibt, wie Sid behauptet.

Viele von den Kneipenbesuchern, die nicht so aussehen, als würden sie Sonntagmorgen in der Küche stehen und Kuchen für die Schule ihrer Kinder backen, sind fast ausschließlich in Schwarz gekleidet. Oft in Lederkluft oder in abgewetzten Sachen, deren gute Jahre weit, weit zurückliegen.

Die anderen und ich dagegen sehen aus wie geleckt. Wenn jemand Neues die Bar betritt, kann er ohne zu zögern genau sagen, wer von den Anwesenden die Chauffeure sind.

Ich selbst trage eine enganliegende weiße Bluse, eine schwarze Krawatte, eine schwarze enge Stoffhose und Lackschuhe. Ich liebe diesen Look. Meine dunklen Haare sind zu einem Knoten im Nacken gebunden, da ich sie im Dienst selten offen trage. Mein schwarzer Blazer hängt über dem Barhocker, auf dem ich sitze. Die Männer unter den Chauffeuren tragen oft eine Weste unter ihrer Anzugjacke, und über die Monate hinweg, in denen ich meine Kollegen näher kennenlernte, habe ich auch gelernt, dass manche von ihnen sogar Waffen mit sich tragen.

„Hey, Babe“, flüstert mir jemand ins Ohr. Ich drehe mich auf dem Hocker.

„Baby“, rufe ich freudig aus, und wir umarmen uns.

Honey, so heißt mein Baby, lernte ich durch meinen Job kennen. Wenn Events wie Charitys stattfinden, gibt es oft irgendwo eine Bar, in der sich die Chauffeure tummeln, bis der Anruf des Arbeitgebers eingeht und man sich vom Acker machen muss.

So wie Honey.

Honey begegnete ich vor gut drei Monaten. Sie fragte mich nach meinem Namen, und sie entschied kurzerhand, mich mit Babe anzusprechen. Warum sie das tat, war mir ein einziges Rätsel, also begann ich, sie mit Baby anzusprechen.

Baby hat die Seiten kurzgeschoren, auf ihrem Kopf kringeln sich dicke, blonde Locken. Sie hat sich heute ein rotes Tuch um den Kopf gewickelt, das sie vorne auf ihrer Stirn zu einem Knoten gebunden hat; es ist farblich auf ihre Krawatte abgestimmt. Sie trägt eine schwarze, hautenge Bluse, dazu einen Blazer, dessen Ärmel umgekrempelt sind, sodass der weiße, mit feinen schwarzen Streifen durchzogene Innenstoff zu sehen ist.

Ihre gebräunte Haut kommt gut zur Geltung. Ich vermute ja immer noch, dass sie ein Sonnenstudio besucht, weil ihre Bräune einfach zu gleichmäßig, zu nahtlos ist.

Ich bin neidisch auf ihre Farbe, weil meine Haut Sonne abstößt wie ein beschissener Vampir. Honey versuchte mich zu trösten, indem sie mal behauptete, dass ich eine edle helle Haut hätte und nicht eine Leichenblässe wie Stubenhocker. Danke, Honey.

Baby verzieht ihre tiefrot geschminkten Lippen zu einem Grinsen, ihre weißen Zähne kommen strahlend zur Geltung, sie dreht am silbernen Ring in ihrem linken Nasenflügel.

„Na, Babe, wie geht’s dir? – Sid, ein Bier, bitte.“Sie setzt sich direkt neben mich, nimmt von Sid das Bier entgegen und prostet mir zu.

Ich zucke mit den Schultern. „Kann nicht klagen, warte auf den Anruf, damit ich endlich Feierabend machen kann.“

„Willkommen im Club“, sagt sie. „Es wundert mich, dass mein alter Herr so lange durchhält.“

Wir lachen. Ihr Boss, den sie als alten Herrn bezeichnet, ist ein Mittsiebziger und sieht aus wie ein alter Kauz. Sein strohweißes Haar steht in alle Himmelsrichtungen ab, und die Anzüge, die er trägt, sind ihm zwei Nummern zu groß, sodass er ständig in ihnen versinkt.

„Ich hab dir doch erzählt, dass er des Öfteren vergisst, dass er mir eine Tankkarte gegeben hat, und er steckt mir hier und da fünfzig Mäuse zu.“

Ich nicke artig und sie steckt ihre Hand in die Tasche ihres Blazers.

„Hat er heute wieder vergessen. Das Bier geht auf mich.“

Wir lachen.

„Mein Herr würde nie im Leben so etwas vergessen“, murre ich.

„Dafür bekommst du ’ne Runde Sex von ihm; das kann ich kaum von meinem behaupten.“

„Oh, ja, den bekomme ich“, sage ich im plötzlich schwärmerischen Ton. Chris ist gut gebaut, einnehmend und zum Glück unkompliziert. „Baby, dieser Mann weiß, wie er eine Frau im Bett beglückt.“

„Ich wünschte, ich könnte einen Blick auf seinen Schwanz erhaschen.“ Honey blickt verträumt ihre Flasche an. „Nur einen Blick.“

Ich lache. „Ich hab dir zwar gesagt, dass Chris verflucht gut gebaut ist, aber mit einer Flasche kann er es nicht aufnehmen.“ Honey lacht.

„Weißt du, was er mir letztens vorgeschlagen hat? Ich soll bei ihm einziehen.“Sie verschluckt sich am Bier. „Ich dachte, ihr hättet nur was Lockeres am Laufen?“

„Haben wir auch. Er schlug es vor, weil ich es so einfacher zur Arbeit hätte und …“

„… er dich so direkt vereinnahmen kann“, beendet Honey meinen Satz. „Willst du wirklich mit deinem Boss unter einem Dach wohnen?“

Ich zucke wieder mit den Schultern. „Es war nur so ein Gedanke. Ich würde mir die Miete sparen, könnte Geld zur Seite legen.“

Honey greift nach meiner Hand. „An deiner Stelle würde ich es mir gut überlegen.“ Sie streichelt mit den Daumen meinen Handrücken, was mir nicht unangenehm ist. Ich weiß, dass Honey auf Männer wie auf Frauen steht, und mir ist bewusst, dass sie sich zu mir hingezogen fühlt.

Noch vor einigen Nächten standen wir wild küssend in der Ecke einer Gasse, beide hatten wir zu viel getrunken. Wir sind unterbrochen worden, von anderen betrunkenen Gästen, die uns johlend nachriefen. Ich weiß nicht, wo uns das noch hingeführt hätte, wären wir unter uns geblieben. Und ja, ich war nicht abgeneigt. Es prickelt im Schritt, als ich zurückdenke, und ein heißer Schauer jagt mir über den Rücken.

Ich lächle sie an, will etwas sagen, aber in diesem Moment klingelt mein Handy. „Da muss ich drangehen.“ Ich rutsche vom Hocker, werfe mir den Blazer über und nehme den Anruf entgegen, als ich gerade durch die Tür nach draußen gehe. „Sir?“

„Ich möchte, dass Sie mich in zwanzig Minuten abholen kommen.“

Der Anruf ist beendet, ehe ich bestätigen kann. Ich gehe zurück in die Bar, verabschiede mich von Honey und Sid, und dann husche ich über die nasse Straße; es hat sich merklich abgekühlt. Es ist September, der Sommer ist zu Ende, die Nächte werden kälter. Ich habe abseits der Bar geparkt, weil vor ihr kein Platz mehr war. Ich zücke den Schlüssel, gehe um die Ecke und drücke die Taste auf dem Autoschlüssel. Der schwarze Mercedes, A-Klasse, leuchtet hell auf.

Chris wechselt die Autos wie seine Unterwäsche – er hat zehn Autos in seiner Garage geparkt, die er extra unter seinem Haus anfertigen ließ. Davon sind zwei Stretch-Limousinen, auf die er heute keine Lust hatte. Ich steige ein und fahre kurz darauf los, nachdem ich Spotify auf dem Display des Multimediasystems aufgerufen und die Ambientebeleuchtung auf Nachtblau eingestellt habe. So macht Autofahren Spaß.

 

Kapitel 2

 

Hunter

 

Diese Charity-Veranstaltungen sind zum Kotzen. Überall Glamour, Glitzer, funkelnde Diamanten, die man scheinbar tragen muss, um Kindern in Afrika zu helfen. Ich seufze genervt.

Mr. Moffett suchte mich vor etwa einer Woche in meinem Büro auf, weil er sich in Kreisen bewegt, die seinen Tod wollen. Gut, das ist nichts Neues, was ich von ihm höre, weil die meisten meiner Klienten vom Tod bedroht werden und mich deshalb aufsuchen.

Ich bezeichne mich gerne als Bodyguard mit gewissen Extras – in diesem Fall bedeutet es, dass ich bereit bin, Menschen zu töten. Als Ex-Söldner weiß ich, wie sowas vonstattengeht. Meine Angestellten kommen aus einem ähnlichen Umfeld, und sie wussten von Anfang an, worauf sie sich einließen.

Da saß nun der blonde Schönling in seinem teuren Anzug vor mir, lächelte leicht und kramte in seiner Anzugjacke, bis er etwas hervorholte, das abrupt meine Meinung zum neuen Auftrag änderte.

„Das ist nur ein Vorgeschmack auf das, was Sie am Ende bekommen.“ Ohne mit der Wimper zu zucken, knallte er mir ein großes Bündel Einhundert-Dollar-Scheine auf den Schreibtisch, und ich sagte zu. Ich mag Geld – warum daraus einen Hehl machen?

 

Es ist Samstagabend, weit nach Mitternacht. Die Frauen sind beschwipst, die Männer angenehm vom Champagner betrunken. Ich konnte schon die ganze Zeit beobachten, dass die Schnösel nichts Hartes trinken oder mal so was wie Bier. Weicheier.

Ich entdecke Lafayette in der Masse, der die bewundernden Blicke der Damen komplett ignoriert. Der Typ, muss ich neidvoll feststellen, sieht wie ein schwarzer Panther im Anzug aus. Seine Haut ist dunkel, sehr dunkel, dazu sein gestählter Körper und seine braunen Augen, in denen das Weiße aufgrund des starken Kontrasts blendend erscheint.

Er bewegt sich geschmeidig zwischen den Gästen, scannt den Raum und schielt zu Moffett, um ihn im Blick zu haben, dann kommt er zu mir.

„Du siehst aus, als würde der Anzug dich verbrennen“, sagt Lafayette. „Du solltest geschmeidiger werden.“

Ich werfe ihm einen scharfen Blick zu. „Du kannst mich mal.“

„Nein, ehrlich, wenn du dem Anzug mal mehr Respekt erweisen würdest, der so nebenbei ein Heidengeld gekostet hat, würdest du auch merken und erkennen, welche Türen oder Beine sich für dich öffnen würden.“

Spöttisch ziehe ich eine Braue hoch. „Ach, ist das so?“

Lafayette schüttelt missbilligend den Kopf, steckt seine Hand in die Innentasche seines Jacketts und holt abgerissene Stücke von Servierten und Papier hervor.

Ich lache auf. „Dein Ernst?“ Ich nehme die Stücke und zähle sie durch. „Ernsthaft? Zehn Nummern von Frauen?“

„Und eine von einem Typen.“ Lafayette scheint fassungslos drüber zu sein. „Sieh mich an! Seh ich aus, als würde ich auf Männer stehen?“

Für einen Moment schauen wir verlegen zur Seite. Da gab es die Sache zwischen uns, über die wir nie gesprochen haben. Und insbesondere ich vermeide das Thema.

Ich räuspere mich stark. „Wieso hast du dann seine Nummer genommen?“

Er zuckt mit den Schultern. „Ich hätte ihm den Kopf abreißen können, aber so viel Mut musste ich würdigen.“

„Und wie genau willst du das würdigen?“ Ich grinse.

„Halt’s Maul“, knurrt Lafayette. „Da war ein Mädel bei, das ich heute noch besuchen werde.“

Er grinst anzüglich, ich schüttle den Kopf. „Professionalität sieht anders aus.“

Wieder dieses Schulterzucken. „Ich kann durchaus Arbeit mit Vergnügen kombinieren. Das solltest du auch mal versuchen. Ach, guck mal, Moffett scheint gehen zu wollen.“

Wir machen uns gemeinsam auf den Weg zu ihm, bereden uns kurz, dann geht’s nach draußen. Mir ist bewusst, dass mein schwarzer Freund hier und ich Blicke auf uns ziehen, und es sind nicht nur anzügliche. Egal ob Mann oder Frau, einige von ihnen sehen uns an, als würden wir sie jeden Moment beklauen wollen oder umbringen. Solche Blicke lassen sich schwer interpretieren.

„Meine Chauffeurin müsste gleich da sein“, sagt Moffett. „Ich hab ihr Bescheid gegeben.“

Er nimmt der Frau aus der Garderobe den Mantel ab und zieht ihn sich über, lässt ihn aber vorne offen.

Wir verlassen gerade das Gebäude und sind im Begriff, die Stufe hinabzusteigen, als jemand Moffetts Namen ruft. Ich mustere den Mann von oben bis unten, auch Lafayette tut das, und als würden wir uns gedanklich absprechen, greifen wir synchron zu unseren Waffen, ohne sie zu zücken. Erst einmal abwarten, ehe wir vor versammelter Mannschaft rumballern.

„Zu so später Stunde noch unterwegs?“, fragt Moffett süffisant. „Ihre Frau wird Sie sicherlich vermissen.“ Er lacht, als hätte er einen Witz gemacht.

Der Fremde verzieht seine Lippen zu einem kalten Grinsen. „Meine Frau wartet schon sehnlichst auf ihren Gatten. Aber ich bin nicht hier, um mit Ihnen über meine Frau zu sprechen. Wie ich hörte, strecken Sie ihre Fühler aus, suchen nach neuen Geschäftszweigen.“

Hinter dem Kerl tauchen urplötzlich drei übel aussehende Gestalten auf. Sämtliche Alarmglocken schrillen in mir auf, und ich wechsle kurz Blicke mit Lafayette, der kaum merklich nickt. Wir sind in Alarmbereitschaft, aber solange die drei Typen keine Anstalten machen, werden wir auch keine machen.

Der Fremde macht einen Schritt auf Moffett zu.

„Das ist nah genug“, knurre ich und stelle mich direkt neben Moffett.

Ich werde abschätzig gemustert, was auf Gegenseitigkeit beruht.

„Ich wollte Ihnen gerne zur Seite stehen, falls Sie eine umfassende Beratung brauchen, Mr. Moffett.“ Er zückt eine Visitenkarte und hält sie ihm hin; Moffett nimmt sie nur widerwillig entgegen. „Rufen Sie mich an. Schönen Abend noch, wünsche ich.“„Wer war das?“, frage ich ihn, nachdem der Typ außer Hörweite ist.

„Das, meine Herren, ist der Mann, der meinen Tod will.“

„Wir müssen uns dringend unterhalten“, brumme ich. „Ist Ihre Chauffeurin da?“

Moffett dreht sich, blickt hinab auf die Straße. In diesem Moment fährt ein schicker Mercedes vor. „Da ist sie.“

Wir gehen die letzten Stufen hinunter, die Chauffeurin wartet bereits am Wagen, um ihrem Boss die Tür aufzuhalten. Sie misst etwa einen Meter siebzig, ist schlank und trägt ein schickes Outfit. Sie hat ihr Haar, das keine klassische Mütze verdeckt, wie die die Chauffeure im Fernsehen sie gerne tragen, im Nacken verknotet. Es ist tiefschwarz, so dunkel, dass es mit der Nacht verschmelzen würde, wären da nicht die Straßenlaternen und bunt flackernden Reklametafeln, die man gerne in New York vorfindet. Ihre Haut ist hell, ihre Statur schlank.

„Guten Abend, Sir. Ich hoffe, Sie haben sich nicht gelangweilt?“

„Dieses Mal war das Programm recht unterhaltsam. Danke der Nachfrage, Sophie. Die beiden Männer begleiten mich noch.“ Mehr erklärt er seiner Angestellten nicht.

Ich stutze bei dem Namen und stolpere jedes Mal, wenn ich ihn höre. Sie hat das Gesicht abgewandt, wartet darauf, dass wir auch einsteigen.

Ich runzle die Stirn, lege die Hand oben auf der Wagentür ab, ehe ich einsteigen will, als ich einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen kann, so als würde sie sich bewusst von mir abwenden. Meine Augenbrauen sinken tief ins Gesicht, ich schaue sie genauer an, verharre in der Position, in der ich mit einem Fuß im Auto bin und mit dem anderen noch auf der Straße, in gebückter Haltung, um mir nicht den Kopf zu stoßen.

„Sophie“, murmle ich. Mir wird heiß, meine Haut prickelt, mein Herzschlag pocht in meiner Brust. Nur langsam und eher widerwillig dreht sie das Gesicht zu mir. Ich kann nicht fassen, dass ich ihr inmitten von New York um Mitternacht über den Weg laufe.

Da steht meine Frau vor mir.

 

Kapitel 3

 

Sophie

 

Ich sehe Chris mit zwei großen Gestalten jeweils rechts und links von sich die Stufen hinabgehen. Zwar sind die Stufen gut beleuchtet, aber die Gesichter kann ich nicht erkennen. Ich parke den Wagen in zweiter Reihe, steige aus und umrunde den Mercedes, um Chris die hintere die Tür aufzuhalten, wie es eben ein Chauffeur so macht. Ich unterdrücke ein Gähnen, die aufkeimende Müdigkeit lässt mich frösteln.

Ich wende das Gesicht ab, um in meinen Ellbogen zu gähnen, da ich es nicht unterdrücken kann, richte mich aber auf, als Chris und die Männer unten angekommen sind. Mir sind die Männer unbekannt. Als ich meinen Boss vor dem Gebäude abgesetzt habe, waren sie noch nicht da. Die Begleiter machen keine Anstalten, sich zu verabschieden, also werde ich einen auf dem Beifahrersitz parken, was mir nicht behagt, besonders, weil der eine mich studiert, als wäre ich eine Skulptur in einem Museum.

Merkwürdig nur, dass sich plötzlich meine Nackenhärchen aufstellen. Ich runzle die Stirn, kann aber das Gesicht von dem, der mich beobachtet, nicht richtig erkennen. Dafür ist das Licht der Straßenlaternen zu dunkel.

„Guten Abend, Sir. Ich hoffe, Sie haben sich nicht gelangweilt?“

„Dieses Mal war das Programm recht unterhaltsam. Danke der Nachfrage, Sophie. Die beiden Männer begleiten mich noch.“ Wie schön, dass er die beiden vorstellt, denke ich mir, verkneife mir aber einen Kommentar.

Bei der Erwähnung meines Namens geht etwas in dem einen Mann vor. Ich schaue kurz den anderen Mann an, der groß und schwarz ist, ein Mann, der aussieht, als würde er nie was anderes tragen als Anzüge. Der Anzug unterstreicht seine unterschwellige Gefährlichkeit, die von ihm ausgeht, wenn man ihm zu nahekommt. Ich blinzle, als ich den Blick vom Schwarzen abwende und hebe erneut meine Augen. Schlagartig wird mir schlecht, und ich fühle mich euphorisch zugleich. Das ist Lafayette. Und da, wo Lafayette ist, … ist Hunter nicht weit. Mir wir schwindelig.

Hunter hat sich verändert, ist muskulöser und breiter geworden, seine Ausstrahlung irgendwie gefährlicher und kälter. Er trägt einen Bart, und seine einst kurzgeschorenen Haare trägt er in einem lockeren Dutt.

Ich blinzle, Tränen verschleiern mir den Blick, und ich wende das Gesicht ab.

Chris ist bereits eingestiegen, Hunter bückt sich schon, sodass ich hoffnungsvoll die Luft anhalte, als er in seiner Bewegung innehält. Mir pocht mein Herzschlag bis in den Hals, nein, bis in den Ohren, als ich glaube, meinen Namen zu hören.

Lafayette mustert mich mit scharfem Blick, seine Augen durchbohren mich, suchen meinen Blick, den ich ihm verwehre. Bitte, sag jetzt nichts, falls du mich erkannt hast, bete ich stumm.

„Steig in den Wagen, Lafayette“, knurrt Hunter und richtet sich wieder auf. Seine Hand liegt oben auf der Wagentür, unmittelbar neben meiner. Lafayettes typische Art, eisern zu schweigen, dröhnt in der Stille, die sich um den Mercedes herum entwickelt hat.

An Hunters Stelle steigt er zu Chris, und Hunter knallt mit Nachdruck die Autotür zu. Ich zucke zusammen. Es gibt keine Tür mehr zwischen mir und meinem Mann, keine Deckung, keinen Schutz.

Obwohl meine Gedanken rasen, fühlt sich mein Kopf verrückterweise leer an, und in meinem Bauch ist es, als würden meine Gedärme Achterbahn fahren.

„Sophie.“ Schüttelt Hunter etwa den Kopf?

„Hunter?“ Statt es wie eine Feststellung klingen zu lassen, frage ich ihn ernsthaft, ob er mein Mann ist.

„Erkennst du etwa deinen eigenen Ehemann nicht wieder?“ Seine Stimme klingt spöttisch. „Vielleicht sollten wir die Pflichten als Mann und Frau nochmal auffrischen.“

Hunters Tonfall ist höhnisch, und erneut zucke ich zusammen. Es ist drei Jahre her. Drei verflucht lange Jahre, und mein Körper reagiert sofort auf ihn, so als hätte dieser nur geschlummert, nur darauf gewartet, zum neuen Leben zu erwachen.

Reiß dich zusammen, Sophie, bleib cool. WIE SOLL ICH BLOSS COOL BLEIBEN, schreie ich stumm im Grunde mich selbst an. „Du siehst verändert aus“, sage ich so cool wie möglich. Was Besseres fällt dir auch nach all den Jahren nicht ein, spöttelt meine innere Stimme.

Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, sein Blick wird finster. „Ich hab mich verändert“, sagt er hart.

Wir starren uns an, bis mir bewusst wird, dass ich noch einen Job zu erledigen habe.

„Steig in den Wagen“, wiederhole ich seine Worte. „Ich muss euch zu meinem Boss bringen. Und keinen Ton über meinen Fahrstil.“

Hunter fixiert mich so lange, bis ich den Mercedes umrundet habe und in den Wangen gestiegen bin. Ich atme tief ein, versuche das Zittern zu unterdrücken, das ich erst bemerke, als ich den Startknopf drücke.

Hunters wuchtige Gestalt nimmt den ganzen vorderen Bereich in Beschlag. Ich kann nicht atmen, nicht denken, wenn er mir so auf die Pelle rückt.

Ich versuche, ihn auf der Fahrt bis zu Chris‘ Villa zu ignorieren. Genauso gut könnte man versuchen, einen Bären zu ignorieren, der auf dem Dach deines Autos herumspringt.

Ich werde ungefähr zwanzig Minuten brauchen, bis wir da sind, und auch nur, weil es nachts ist. Aber es sind zwanzig Minuten mit einem vor Wut brodelnden Gorilla neben mir, der stur den Mund hält. Zwar ist die extra eingebaute Trennscheibe oben, sodass man unsere Worte nicht bis nach hinten hören kann, aber sein Mund scheint versiegelt zu sein. Was mir nur recht ist.

 

 

 

Zwanzig grausame, sich hinziehende Minuten, in denen nicht ein einziges Wort gefallen ist.

Fast wäre ich aus dem Wagen gesprungen, als ich den Mercedes direkt vor der Villa parkte, wenn da der Gurt nicht gewesen wäre.

„Willst du so schnell von mir weg?“, faucht Hunter und drückt meinen Gurt auf.

Ich kann darauf nichts erwidern, mein Hals fühlt sich staubtrocken an.

Lafayette steigt bereits aus, starrt mich über das Autodach hinweg an. Er verschmilzt mit der Dunkelheit, als wäre er eins mit der Nacht und eine Gefahr, die jederzeit wie aus dem Nichts aus der Dunkelheit hervortritt und dich umbringt. Eine Gefahr mit gestählten Muskeln.

Ich schaudere. Ich weiß genau, wie Lafayette unter diesem Anzug aussieht, wie er sich anfühlt. Ich schlucke. Da ist ein vertrautes, warmes Prickeln zwischen meinen Beinen, als wüsste meine Vagina sofort, was sie erwartet, wenn Lafayette in meiner Nähe ist. Die gleiche Wirkung hat auch Hunter auf mich, dessen Augen sich in meinen Nacken bohren, als er auf meine Seite des Wagens kommt und sich hinter mir positioniert.

Mein Nacken wird heiß, die Härchen stellen sich auf.

Ich öffne Chris die Tür, und er steigt aus. Er lächelt mich kurz an, beugt sich zu mir herab und flüstert mir etwas ins Ohr, was nur für mich bestimmt ist. Ich erröte, aber mein Herzschlag setzt aus, als Chris vorausgeht und die Männer keine Anstalten machen, sich zu bewegen. Lafayettes Miene wirkt härter als zuvor, und als ich mich zu Hunter drehe, schrecke ich zurück. Mordlust steht ihm ins Gesicht geschrieben.

„Sollte er dich in meiner Nähe auch nur mit den Fingerspitzen berühren, schneide ich sie ihm ab“, sagt Hunter eisig.

Mein Herz findet seinen Rhythmus wieder, ich werde wütend. „Lass ihn in Ruhe, Hunter“, zische ich. „Chris hat dir nichts getan.“

Hunters Brauen schnellen nach oben, überrascht über meinen aggressiven Ton. „Noch nicht. Aber wie gesagt …“

„Lass es“, wiederhole ich scharf. Ich will eigentlich mehr als das sagen. Ich sollte doch nach drei Jahren mehr sagen können, als meinen Mann davon abzuhalten, jemandes Finger abzuschneiden.

Hunter macht einen Schritt auf mich zu, dann noch einen. Je näher er kommt, desto höher schlägt mein Herz.

Lafayette ist plötzlich neben mir. Etwas erschrocken über sein raubtierhaftes Anschleichen presse ich mich gegen den Mercedes, spüre die Kälte des Metalls durch meine Kleidung auf meiner erhitzten Haut.

Hunter steht unmittelbar vor mir, stützt seine Hände links und rechts von meinem Kopf auf dem Dach ab. Dieser Mann hat in den Jahren und durch sein neues Aussehen nichts an Autorität und Anziehungskraft eingebüßt. Wenn ich mich nicht irre, hat sich beides sogar noch verstärkt. Oder bilde ich mir das nur ein, aufgrund dessen, dass ich im Leben nicht daran geglaubt habe, ausgerechnet meinem Mann durch einen gemeinsamen Auftraggeber wieder über den Weg zu laufen? In meinem Kopf ist ein Wirrwarr aus Gedanken und Emotionen.

Meine Augen huschen zu Lafayette, der die Arme verschränkt hat, dann zu Hunter, dessen Gesicht viel zu nah an meinem ist. „Willst du mir etwa vorschreiben, was ich machen soll, Prinzessin?“

Meine Wangen werden siedend heiß, sein Ton ist überheblich. „Genau das will ich dir damit sagen“, zische ich. Seit ich Hunter nicht mehr um mich hatte, musste ich plötzlich selbstständig und selbstbewusster werden. Das werde ich mir in den dreißig Minuten, seit ich ihm über den Weg gelaufen bin, nicht kaputt machen.

Ein Ruck geht durch die beiden, sie wechseln erstaunte Blick miteinander, als urplötzlich Hunter seine Hand auf meine Kehle legt und zudrückt. Er neigt seinen Kopf, seine Lippen berühren mein Ohr, und ich kann nichts dagegen tun, als heiße Lust zu empfinden. Gleichzeitig verschwimmt der klare Nachthimmel in einem Schleier von Tränen.

„Es wird deine schuld sein, wenn dein Freund sterben muss.“ Seine Stimme ist kalt und schneidend. „Sieh zu, dass er dich nicht mehr anpackt. Hast du das verstanden?“ Er drückt fester zu, legt sein Ohr ganz nah an meine Lippen.

Wie oft habe ich schon an seinem Ohrläppchen gekaut und geleckt? Ich schlucke die Erinnerung herunter und nicke, als Hunter mich ermahnt, ihm zu antworten.

„Hab verstanden“, presse ich hervor.

Hunter sieht aus, als wolle er noch etwas sagen, starrt mich an. Ich meine, dass seine Augen für einen kurzen Moment meine Lippen sehnsuchtsvoll angeschaut hätten, aber dann lässt er mich los.

„Hey, alles gut da unten bei euch? Sophie?“

Wir alle drei starren die Stufen hinauf zur Villa, in deren Haustür Chris steht. Man kann nur seine Silhouette ausmachen, von hinten wird er vom Schein der Deckenleuchte angestrahlt, sodass man sein Gesicht nicht sehen kann.

Lafayette, immer noch kein Wort sprechend, dreht sich um und geht die Stufen hinauf, Hunter folgt ihm nur widerwillig.

Die Männer betreten das Haus, die Tür wird von Hunter mit Nachdruck geschlossen, ohne dass er mich nochmal anschaut.

Es ist eine Warnung: Ich werde diese Villa nicht betreten, solange sich entweder Lafayette oder Hunter oder gar beide in dem Haus aufhalten.

Ich seufze. Nur heute Nacht werde ich dieser Aufforderung nachkommen, danach werden wir ja sehen.

 

Kapitel 4

 

Hunter

 

Moffett führt uns in den Salon, der von einem gekachelten Kamin dominiert wird. Auf dem Kaminsims steht eine altbackene Vase mit frischen Blumen, daneben eine Kuckucksuhr.

„Die Kuckucksuhr ist ein Erbstück meiner Großmutter“, sagt Moffett, der sieht, wie ich das kitschige Teil mustere. „Die Vase auch.“

Ich nicke bloß und drehe mich zu Moffett, der gerade dabei ist, sich Whiskey einzuschenken. Die Flasche stellt er auf einen alten Servierwagen aus Holz, der in der Ecke steht.

„Darf ich Ihnen auch was anbieten?“ Er greift nach unten und holt zwei weitere Gläser hervor, ohne unserer Antwort abzuwarten. Mit den drei Gläsern in den Händen balancierend kommt er zu uns und zur Sesselgruppe, wo er uns auffordert, uns hinzusetzen.

„Hier, meine Herren“, sagt er und reicht uns die Gläser. „Ich hoffe, der schmeckt Ihnen.“

Er sinniert einen Moment über den Whiskey, über die Lagerung, in welchen Fässern und wie alt Whiskey sein sollte, um so zu schmecken.

Da ich kein Kenner bin, ist es mir egal, ob ich einen Walker trinke oder irgendwas Edles, Hauptsache einen Drink, der mein schlichtes Gemüt beruhigt. Aber ohne Zweifel: Das Zeug schmeckt. Dem Mistkerl ziehe ich nachher eine Flasche ab.

„Schmeckt“, sagt Lafayette und gönnt sich noch einen Schluck. „Viel besser als das, was ich bisher getrunken habe. Ich predige schon die ganze Zeit, dass wir mehr als nur einen Johnny verdient hätten.“ Lafayettes Stimme ist tief, beinahe samten und einlullend, wenn er etwas unbedingt will.

„Seit wann bist du denn unter die Whiskey-Feinschmecker gegangen?“, knurre ich.

Er zuckt mit den Schultern. „Nun, da du dich für solche Dinge nicht interessiert, sah ich mich nicht in der Pflicht, es dir unter die Nase zu reiben.“

Ich kneife mir in die Nasenwurzel. „Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?“ Bevor ich dich dafür verprügle, mich für meinen Geschmack zu kritisieren.

Der große Schwarze versteht die unausgesprochene Botschaft und zieht über sein gehobenes Glas hinweg spöttisch die Augenbrauen hoch.

„Also, Mr. Moffett, wer war der Typ, dem wir da über den Weg gelaufen sind? Worum ging es bei dem Gespräch?“

Chris Moffett kippt den Whiskey in den Rachen und sammelt sich. Der Typ sieht nicht schlecht aus, mit den dunkelblonden Haaren und dem aristokratisch geschnittenen Gesicht, wie Sophie sagen würde. Der Kerl hat Geld, keine Frage, sonst würde er nicht in so einem Bunker wohnen. Möglicherweise hat er dieses Haus geerbt, das schon über Generationen der Familie gehört. Zwischendurch kommt das überhebliche Gehabe eines verzogenen Jungen durch, aber sonst scheint er klar im Kopf und kein Produkt langjährigen Inzuchtgehabes einer aristokratischen, reichen, alteingesessenen Familie zu sein.

Natürlich haben wir Erkundigungen über Moffett eingeholt, aber viel ist nicht über die Familie bekannt, umso interessanter ist es zu erfahren, in welche Geschäfte er gerne einsteigen will.

„Das war Rivera, Domenico Rivera, ein kleiner Mafioso.“

Ich ziehe die Brauen hoch. „Ein kleiner, der Ihren Tod will?“

Auch Lafayette ist nicht überzeugt. „Mr. Moffett, Sie müssen absolut ehrlich zu uns sein. Sonst können wir Sie nicht beschützen.“

Moffett schnalzt mit der Zunge. „Rivera wäre gern ein großer Fisch, aber da komme ich ins Spiel. Ich strecke meine Fühler aus und will meinen Handel erweitern.“

„Welchen Handel worin, Mr. Moffett?“, hakt Lafayette nach.

„Nicht wichtig.“Ich seufze. Mein Klient ist für heute nicht gewillt, es uns mitzuteilen.

„Nun gut. Dann stellen Sie uns bitte eine Liste zusammen, wer zu Ihrem Personal gehört.“

Chris schaut verständnislos drein.

„Da wir scheinbar auf illegalen Wegen wandeln, brauchen wir sämtliche Namen und Adressen, um diese zu prüfen, auch die Ihrer Chauffeurin, um uns zu vergewissern, dass diese ausschließlich für Sie arbeiten.“

Chris lacht, und als er schnallt, dass wir es ernst meinen, vergeht es ihm sogleich. „Sophie brauchen Sie nicht zu überprüfen …“„Wieso nicht?“ Lafayette wirft mir von der Seite einen Blick zu. Mein Hals schwillt an, weil er ihren Namen eine Spur zu süffisant erwähnt hat.

„Ich habe sie selbst überprüft – und natürlich auch die anderen Angestellten. Die sind sauber.“

„Wir wollen trotzdem Namen und Adressen, Sir.“ Lafayette bleibt bestimmt, aber ruhig.

„Dann kann ich es Ihnen auch sofort mitteilen: Sophies Adresse wird sich ändern, weil sie demnächst bei mir einziehen wird.“

Ich glaube für einen winzigen Augenblick, einen Schlaganfall bekommen zu haben. Ich starre ihn mit leerem Blick an, mein Herz und mein Gehirn haben aufgehört zu arbeiten, meine Finger fühlen sich taub an.

„Sie und Sophie sind ein Paar?“ Lafayette springt für mich ein und schielt zu mir rüber. Seine Stimme vibriert, weil er selbst mit der neuen Information zu hadern hat.

„Oh, Gott, nein“, lacht Chris auf.

Weil seine selbstherrliche Art mich direkt zur Weißglut treibt, schießt das Blut in meine tauben Finger, mein Herz und mein Verstand erwachen zum Leben – alles in mir schreit danach, ihm die Finger abzuschneiden.

„Sophie ist meine Geliebte, und ich habe sie gerne in meiner Nähe, ohne sie an feste Bedingungen geknüpft zu haben. Zumal es für sie einfacher ist, als Chauffeurin zu fungieren, wenn sie hier wohnt – Platz ist ja da. Und sie steht mir jederzeit zur Verfügung.“

„Zur Verfügung in allen Lebensbereichen“, knurre ich. Das steht sowas von fest, dass ich ihn verstümmeln werde. Lafayette scheint meine Gedanken zu erraten und steht abrupt auf.

„Sir, das war’s fürs Erste. Wir brauchen umgehend die Namen der Angestellten und natürlich die Ihrer Geschäftspartner. Wir stellen ein Team zusammen, das demnächst rund um die Uhr in Ihrer Nähe ist beziehungsweise sorgen dafür, dass nachts jemand vom Team bei Ihnen im Haus ist.“

„Muss das denn sein?“, murrt Moffett. „Ich denke, im Haus werde ich nicht angegriffen …“

„Nachts geschehen die meisten Morde – und das in den eigenen vier Wänden“, unterbreche ich ihn mit einer Aussage, die ein bisschen der Wahrheit entspricht.

Immer noch mürrisch dreinschauend nickt er. „Gut, ich lasse ein Gästezimmer herrichten.“

„Wir schicken einen Techniker raus, der die Villa nach Wanzen untersucht bzw. Ihre Alarmanlage aufpimpen wird.“

Chris und ich sind von den Sesseln hoch, er führt uns zur Tür. Lafayette schüttelt hinter Moffetts Rücken warnend den Kopf –ich soll ja meine Finger bei mir lassen. Nun bin ich derjenige, der murrend dreinschaut.

„Wir schicken Montagmorgen einen Mann namens Karl zu Ihnen, der Sie zu Terminen begleitet. Sicherlich haben Sie einen vollen Terminkalender.“

„Da morgen Sonntag ist, werde ich ausschlafen und vor zehn, elf Uhr nicht wach sein. Bis dahin werden Sie nicht von mir hören. Ich sage dem Hausmädchen, es soll eine Liste mit allen Namen der Angestellten anfertigen.“„Ist gut. Die Liste schicken Sie uns bitte per Mail zu.“ Lafayette reicht ihm unsere Visitenkarte. „Schönen Abend noch“, sagt er ganz galant, und die Tür fällt hinter uns zu.

„Was wirst du jetzt tun?“, fragt mein großer Schwarzer mich.

„Sobald ich ihre Adresse habe, statte ich meiner Frau einen Besuch ab“, knurre ich. Es sind drei Jahre vergangen, drei verfluchte Jahre, und ich merke, wie sehr es mich immer noch verletzt, wenn ich an den Tag zurückdenke, als sie mich verließ.

Sie packte ihre Sachen, bitterlich weinend, aber sie ließ sich nicht davon abbringen. Sie zog die Haustür hinter sich zu, danach herrschte eine dröhnende Stille.

In meinem Kopf ging ich die Szene immer wieder und wieder durch. Sie zog die Tür zu, ohne sich umzuschauen, ohne sich von Lafayette zu verabschieden, und dann war sie weg.

Weg. Für drei Jahre.

Ich ahnte nicht, dass das ein Lebewohl war. Das kapierte ich erst, als ich nie wieder von ihr hörte.

 

Kapitel 5

 

Sophie

 

„Sch, sch, nicht weinen, Babe“, versucht Honey mich zu beruhigen.

Ich sitze mit dem Rücken zwischen ihren Beinen an ihre Brust gelehnt, ihre Arme umschlingen mich.

Sie legt das Kinn auf meinen Scheitel und wiegt mich. „Was ist denn geschehen? Hat Chris irgendwas gemacht? Ich bringe ihn um“, knurrt sie.

Ich schüttle den Kopf. „Nein, er hat nichts gemacht. Ich bin nur jemandem begegnet …“ Ich schlucke den aufkeimenden Kloß runter und verfalle ins Schweigen. Die geweinten Tränen verharren auf meinen Wangen, sodass Honey sie liebevoll wegwischt.

„Du magst gerade nicht drüber reden, oder?“

Ich schüttle den Kopf; sie schlingt die Arme fester um mich.

Sie trägt jetzt Leggings und einen weiten Pulli, den sie sich schnell übergeworfen hat, als ich sie anrief. Es dauerte eine Weile, bis ich mich dazu durchringen konnte, sie anzurufen. Sie kam sofort.

Ungeschminkt und in bequemen Sachen sah sie trotzdem umwerfend aus, ich dagegen machte ihr verheult und in XXL-Shirt die Tür auf.

Ich rücke von ihr ab, setze mich hin und greife nach dem Weinglas.

---ENDE DER LESEPROBE---