Savage Hearts - Christina Daron - E-Book

Savage Hearts E-Book

Christina Daron

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Beschreibung

Tim und Tom sind Zwillinge, die nicht unterschiedlicher sein können, und doch eins gemeinsam haben: Sie sind berüchtigte Kopfgeldjäger und gehören Wyatt Hayes Bande an. Sie sind es gewohnt, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, doch Wyatt weiß, wie er sie zu händeln hat. Nur was passiert, wenn Wyatt plötzlich in einen Unfall verwickelt wird und seitdem nicht mehr ansprechbar ist? Was geschieht, wenn zwei Schwestern auftauchen, die ihr Leben auf dem Kopf stellen und dabei Geheimnisse offenbart werden, die Tom tief vergraben geglaubt hat? Das neue Buch über Wyatt Hayes und seine Kopfgeldjäger Tim und Tom- heiß, dominant, wild und verletzlich. Dieses Buch enthält explizite Ausdrücke und Szenen, die für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht geeignet sind. Die Protagonisten achten nicht auf Safer Sex- es ist schließlich nur ein Buch! ***Es ist in sich abgeschlossen- keine Fortsetzung von 'Authority of Arrest'***

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Savage Hearts

Christina Daron

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage – 2019

 

Copyright: Christina Daron, 2019, Deutschland

 

Christina Daron

c/o Autorenservice Patchwork

Schlossweg 6

A-9020 Klagenfurt

[email protected]

 

Coverfoto: covermanufaktur.de – Sarah Buhr

Korrektorat: www.korrekt-ac.com – Kristina Krüger

 

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Vor Kurzem …

 

Nicky

„Ey, Master of Street“, rufe ich dem Schwarzen zu und mache Anführungszeichen in der Luft. „Du brauchst gar nicht so zu schauen. Was hast du da in deiner Tasche?“

„Guten Abend, Officer Gross. Wo ist denn Ihr Anstandswauwau?“ Er grinst mich breit an.

Ich rolle mit den Augen. „Der holt sich was zum Essen. Aber ich bin nicht hier, um mit dir über meinen Kollegen zu reden. Was hast du für mich?“

Er schaut sich rechts und links um und nickt, ich solle ihm in die Gasse folgen. Ich rümpfe die Nase angesichts des Mülls. Von Mülltrennung und Müllentsorgung haben die Anwohner wohl noch nie was gehört.

„Morgen Abend findet unten am Hafen ein Warenaustausch statt.“ Noel, wie der schwarze Kleinganove mit bürgerlichem Namen heißt, reibt sich zum x-ten Mal die Nase. „Dort meldest du dich bei Spacey, der gibt dir, was du brauchst.“

„Ich brauche ein paar Kilo Koks. Spacey weiß Bescheid?“

„Ich hab’s weitergegeben. Nicky, dein Anstandswauwau kommt … ah!“

Ich pfeffere Noel gegen die Hauswand und durchwühle seine Taschen. Schnell schnappe ich mir das Tütchen mit dem Koks und lasse es in meiner Jackentasche verschwinden. „Und wehe, ich erwische dich nochmal dabei!“, sage ich laut genug, als mein Kollege sich langsam nähert.

„Nicky, ist alles okay?“, ruft er mir von der Straße aus zu. Der Schein der Straßenlaterne offenbart eine übergewichtige Silhouette, die nicht die Anstalten macht, die Gasse zu betreten.

„Ja, alles okay!“ Ich wende mich zu Noel. „Und du haust ab. Und wehe, morgen Abend bekomme ich nicht, was ich will. Dann werde ich dich aufsuchen, und du darfst dich von deinem rechten Daumen verabschieden – habe ich mich klar ausgedrückt?“

„Bleib cool, Nicky. Du wirst deine Ware bekommen.“ Ich kann seinen Angstschweiß riechen. „Aber ich bekomme mein Tütchen … ahhh!“ Er krümmt sich vor, seine Hände vergraben sich zwischen seinen Beinen. „Nicky! Verdammt!“ Ihm bleibt die Luft weg.

„Frag mich nochmal, und ich werde dir ein Ei abschneiden und nicht nur reintreten. Jetzt verschwinde.“

Gekrümmt vor Schmerz strauchelt Noel davon. Ich seufze genervt, als Fettwanst mir erneut zuruft, anstatt hierherzukommen.

„Alles in Ordnung, Berry.“ Mit Bauchschmerzen verlasse ich die Gasse. Ob ich Noel trauen kann, wird sich morgen Abend zeigen. Aber ich brauche dieses Koks …

 

Kapitel 1

 

Tom

 

„Nimm das verfluchte Messer runter!“ Grimmig starre ich meinen Zwillingsbruder an, dessen Gesicht Blutsprenkel zieren. Er sieht aus, als wäre er einer Irrenanstalt entflohen.

Ich schüttle mit dem Kopf, als Langston um die Ecke geschossen kommt und stehen bleibt. Der riesige Russe zieht eine Augenbraue hoch, hält aber seine Smith & Wesson weiter oben, als sei er nicht sicher, ob Tim ihn nicht doch noch mit dem Messer anspringen würde.

Langston wirft mir einen auffordernden Blick zu, ich solle meinen Bruder von der Leiche wegholen.

Lieber wäre mir, die Arme vor der Brust zu verschränken und der Natur freien Lauf zu lassen.

In diesem Fall würde Tim die Natur verkörpern. Roh, brutal, Höhlenmensch ähnlich, wenn es ums Kämpfen geht.

„Hör auf, rumzuzappeln“, knurre ich den stinkenden Typen an, dem ich die Arme auf dem Rücken verschränke.

Tim schaut mich an, setzt langsam dieses irre Lächeln auf. Seine Augen sind die meinen, es ist, als würde ich in den Spiegel schauen. In einen zerbrochenen Spiegel.

Können Augen so aussehen? Das können sie.

Obwohl seine Gesichtszüge weicher sind als meine und mich im Vergleich härter erscheinen lassen, ist Tim eindeutig der böse Zwilling.

Ich würde alles dafür tun, ihm den Schmerz zu nehmen, der auf seiner Seele lastet. Aber wie nähert man sich einem Mann, der beschlossen hat, zu schweigen? Die Antwort liegt im weiteren Schweigen – man umschifft die Themen, auf die Tim aggressiv reagiert.

Vor vierzehn Tagen habe ich ihm einen Artikel auf den Nachttisch gelegt, in dem es um neue Therapieansätze geht. Das hätte fast mein Todesurteil bedeuten können.

Seitdem schließe ich nachts die Tür zu meinem Schlafzimmer ab. Wenn Tim so weitermacht, werden der Bürgermeister und Wyatt nicht länger schützend die Hände über ihn legen, sondern ihn im Knast versauern lassen – mit anschließender Psychiatrieverwahrung.

Deswegen schweige ich auch über die besagte Nacht vor vierzehn Tagen, als dieser Irre mich mit einem Messer an der Kehle aus dem Schlaf gerissen hat.

Wenn Wyatt Wind davon bekommt, würde er ihn sofort aus seinem Team von Kopfgeldjägern schmeißen. – Zumal seine Verlobte mit uns befreundet ist.

Er ist wie ein Tier, wenn es um Brooke geht. Ständig beobachtet er sie mit Argusaugen, wenn sie nicht mehr in seiner Greifweite steht.

„Mann, pass doch auf!“ Stinker winselt, als der Kabelbinder in seine Handgelenke einschneidet, den ich anstelle der Handschellen benutze.

„TIM!“, poltert Wyatt, der soeben in den Raum gestürmt kommt. „Wenn der Mistkerl stirbt, bekommen wir kein Geld!“ Er stürmt auf meinen Bruder zu. „Nimm dein scheiß Spielzeug runter.“

Wyatt beugt sich über den auf dem Boden Liegenden und sucht seinen Puls. „Wieso hast du deinen Bruder nicht zurückgepfiffen?“ Er wirft mir einen wütenden Blick zu.

Es brodelt in mir. „Wer bin ich? Seine Mutter?“, zische ich.

Wyatt kneift die Augen zusammen, wirft mir zornige Blicke zu. „Der Kerl ist tot“, sagt er und steht auf. Im Vorbeigehen zischt er mir zu: „Wir sprechen uns noch.“

Eine Eiseskälte legt sich über unsere Köpfe, Langston senkt nur widerwillig die Waffe und steckt sie weg. Ich spüre, dass der Russe etwas sagen will, aber stumm wirft er ein letztes Mal Tim einen Blick zu und verlässt ebenfalls den Raum.

Ich beobachte, wie Tim sein blutiges Messer an der Hose abschmiert. Sein irres Lächeln ist verschwunden, stattdessen schaut er auf die Leiche, als wolle er wieder jemanden umbringen wollen.

„Tim“, sage ich und nähere mich ihm.

„Fahr mich in den Club“, sagt er unvermittelt.

„Was?“

„Du hast mich genau verstanden. Bring mich zum Club.“

„Du musst da nicht hin. Ich werde dich nicht …“

„Das wirst du, Bruder.“ Ich hasse ihn dafür, dass er mich damit anspricht und lockt. Tim weiß genauso wie ich, dass ich ihn nicht allein lasse. Schon gar nicht, wenn er in dieser Stimmung ist.

Heiße Wut brodelt in meiner Magengegend. Am liebsten will ich Stinker in die Rippen treten.

„Hey! Schau mich nicht so an!“ Stinker robbt davon und versucht, meinen Stiefeln zu entkommen.

Stumm ziehe ich ihn hoch und bugsiere ihn vor mir her.

Ich werde nicht wie Tim und verletze andere. Verletzen ist die Untertreibung des Jahrhunderts, wenn ich mir so die zerstochene Leiche auf dem Boden anschaue.

Tim stakst hinterher. Seine bösartige Aura ist praktisch mit den Händen zu greifen. Es würde mich nicht wundern, wenn seine Augen eines Tages nur noch zwei große schwarze Kugeln wären, in denen seine Seele keinen Platz mehr finden wird.

Der Schauer auf meinem Rücken verursacht eine Gänsehaut. Wyatt und Langston sitzen bereits im Dodge RAM, Pete zieht an seiner Zigarette. Stumm schaut er zu uns rüber.

Das scheint die vorherrschende Stimmung für heute Abend zu sein: stumme Aggressivität.

In seinen langen Bart sind Zöpfe eingeflochten. Ich frage mich ständig, wie er mit seinen Pranken diese feinen Zöpfe im Bart hinbekommt, in denen auch noch winzige Perlen eingeflochten sind.

Stinker klettert murrend auf die Rückbank.

„Tim und ich nehmen den anderen Dodge. Wir sehen uns morgen.“

Wyatt wirft mir einen scharfen Blick durch den Rückspiegel zu, schweigt aber. Diese vorherrschende Kälte im Wagen verursacht einen neuen Schauer.

Ich höre ein Handy vibrieren. Wyatt kramt seines hervor, plötzlich lächelt er.

Dieser Stimmungsumschwung rührt daher, dass Brooke ihm geschrieben hat. Man sollte meinen, dass seine Männer ihn deswegen hänseln. Aber wir alle wissen, dass Brooke seine Seelenverwandte ist.

Darüber werden keine Witze gemacht. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, über das wir uns nie unterhalten werden.

Ich spüre Eifersucht in mir aufsteigen, als ich Wyatt erneut einen heimlichen Blick zuwerfe und ihn

verschmitzt grinsen sehe. Ich kann mir an fünf Fingern abzählen, dass Brookes Nachricht nicht für jedermann bestimmt ist.

Brooke.

Diese wunderschöne Frau, die Wyatt gezähmt hat. So lieblich ihr Anblick auch ist, so stürmisch ist ihr Charakter. Sie wird zur Wildkatze, wenn Wyatt sich nicht beherrschen kann. Mal freiwillig, mal unfreiwillig bekommen es alle mit. Unerträglich wird es, wenn Brooke nicht nach Wyatts Nase tanzt und er seinen Missmut an uns auslässt.

Selbst dann, wenn es um Tim und mich geht. Sie bemuttert uns. Ob unbewusst oder nicht, aber es fühlt sich gut an. Selbst Tim wird in ihre Nähe handzahm, sie löst etwas in ihm aus. Sie bewirkt, dass er sich gut fühlt.

Ich schaue rüber zu meinem Bruder, der gedankenversunken mit der Messerspitze seine Fingernägel vom Dreck befreit.

Seine Statur ist drahtig und eher ausgemergelt, weil er Essen für Zeitverschwendung hält. Dadurch stehen seine Adern an seinen Unterarmen besonders hervor.

Seit Neuestem rasiert er sich den Schädel und trägt ein neues Tattoo. Die Flügel eines Adlers zieren rechts und links seinen Hals; sie sind mittlerweile verheilt und mit seiner Haut verschmolzen.

Den Rest des Tattoos verbirgt das Shirt. Man kann noch den Ansatz eines Adlerkopfes sehen, das war es dann auch.

„Wir sehen uns morgen“, knurre ich und laufe zu Tim, der einsteigt, als er mich kommen sieht.

„Lass uns zum …“

„… Club fahren!“ Tim weicht meinem Blick aus. Er wird unruhig, nervös. „Bring mich einfach dahin“, flüstert er.

 

 

Kapitel 2

 

Nicky

 

Ich durchquere im rasenden Tempo das Industriegebiet. Tränen verschleiern meinen Blick, also fahre ich praktisch blind durch den Verkehr.

Vor einer Woche bin ich vom Dienst quittiert worden. Irgendein Wichser hat mich verraten, und ich bin am Hafen festgenommen worden.

Das gefällt keinem Vorgesetzten, wenn das eigene Personal bei Hehlerei erwischt wird. Und schon gar nicht gefällt es Vorgesetzen, wenn Polizeibeamte involviert sind.

Ich biege rechts in die Straße ein und halte mit quietschenden Reifen. Gestern hätte die Übergabe stattfinden müssen, doch die Schweine haben meine Schwester nicht ausgeliefert.

Ich habe keine Ahnung, wo sie ist.

Obwohl ich das Koks zusammenbekommen habe, das meine Schwester ihnen gestohlen hat, haben sie sie nicht gehen lassen.

Also werde ich mir Hilfe holen. Keiner meine Kollegen hat mir glauben wollen. Wieso auch? Meine Schwester ist eine Cracknutte – wieso sollte man nach so einer suchen?

Selbst Bilder, die mir zugesteckt worden sind, haben die Detectives nicht auf den Plan gerufen. Sie haben gemeint, sie hätten Wichtigeres zu tun.

Ich atme tief und lange ein und aus und stoße die Tür auf. Wir haben April, die Sonne wird wärmer. Ich halte mein Gesicht gen Sonne, genieße die Strahlen auf meiner Haut und bleibe für einige Sekunden so stehen.

Dann erst schließe ich das Auto ab und steige die Treppe hoch, die in das hochgelegene Büro führt. Als ich die Tür aufreiße, empfängt mich eine geballte Ladung Testosteron.

Ich bleibe abrupt stehen, weil ich Angst habe, dass, wenn ich eine falsche Bewegung mache, mich einer der Männer anspringt und zerfleischt. Wie Raubtiere schauen sie mich an.

Mein Herz klopft mir bis in den Hals. Jetzt komme ich mir dumm vor, ein Kleid angezogen zu haben und darüber nur eine Jeansjacke.

Ich schlucke, lasse den Blick schweifen. Links von mir ist eine Sitzgruppe, auf der zwei Männer sitzen, unter deren Gewicht die Couch bald zusammenkrachen wird.

Die Männer sehen sich verflucht ähnlich. Beide starren mich an, kneifen leicht die Augen zu, scannen mich von Kopf bis Fuß. Der mit dem kahlrasierten Kopf, der noch wenige Sekunden zuvor mit einem riesigen Messer balanciert hat, steht langsam auf. Unter seinem tätowierten Adlerflügel pulsiert die Haut, als würde es in ihm toben, was man von seinem Gesicht nicht behaupten kann. Es sieht mich anteilslos an, seine Augen sind kalt und jagen mir eine scheiß Angst ein. Ich halte mich zurück, meine Arme zu reiben.

Der andere, der seine Haare sehr kurz rasiert hat, aber zumindest noch welche auf dem Kopf hat, steht auch auf. Der Kahlrasierte geht links vom niedrigen Tisch entlang, der andere rechts. Seine Haltung ist leicht vorgebeugt, als müsse er zum Sprung ansetzen.

Mir bereitet mehr Sorgen, dass der eine immer noch das Messer in der Hand hält.

Die zwei anderen Männer, die zuvor gelangweilt dreingeschaut haben, scheinen wachsamer zu werden.

Einer von ihnen steht auf – der, der schon auf der Couch eine breite Figur gemacht hat, aber als er aufsteht, muss ich mit den Augen blinzeln. Wie groß ist er? Zwei Meter?

„Was willst du?“, knurrt der Riese. Er bleibt unmittelbar neben mir stehen. Es irritiert mich mehr, dass er nicht auf mich, sondern auf Glatze hinabschaut.

„Ich … also … hast du mit mir geredet?“

Der Riese schaut immer noch nicht in meiner Richtung.

„Was ist hier los?“, poltert plötzlich eine gewaltige Stimme durch den Raum.

Als würde sich in jedem Kopf ein Schalter umlegen, rücken die Männer von mir weg und die Situation entspannt sich.

Am anderen Ende des Raums steht eine große Gestalt im Türrahmen. Als sie mich entdeckt, nimmt sie nicht mehr den Blick von mir.

Dieser Mann muss Wyatt Hayes sein. Ich kenne ihn aus Zeitungsartikeln und von YouTube. Das ist der Kopfgeldjäger, zu dem ich will.

Er trägt ein enganliegendes, schwarzes T-Shirt, dazu schwarze Jeans und schwer aussehende Stiefel. Wie alle anderen auch. Farbe spielt in deren Welt keine Rolle.

Da drängt sich eine zarte Gestalt an Wyatt vorbei. Sofort verändert sich sein Blick von stockfinster in verärgert. „Brooke! Du sollst im Büro bleiben“, zischt er.

Sie winkt ab. „Bei all den wandelnden Schränken kann mir nichts passieren.“ Ihre langen schwarzen Haare sind zu einem lockeren Zopf geflochten. Einzelne Strähnen umrahmen ihr Gesicht. Als sie mich sieht, schaut sie verdutzt rein, dann grinst sie.

„Wie können wir dir helfen?“

Wyatt steht hinter Brooke, als würde er an ihr kleben und starrt mich über ihren Kopf hinweg an.

Ich stelle mich aufrechter hin, recke das Kinn und sage mit fester Stimme: „Ich will als Kopfgeldjägerin bei euch anfangen.“

Hinter mir höre ich es murmeln: „Das kann ja lustig werden.“

Ich spüre Unruhe unter den Männern und werfe einen Blick über meine Schulter. Überraschenderweise meinen sie nicht mich, sondern etwas, was draußen geschieht, denn die Köpfe sind alle Richtung Fenster gedreht.

„Was will die denn hier?“, murmelt Kahlkopf.

In diesem Moment wird die Tür aufgerissen. Erneut betritt eine Frau die Lobby, die rasend vor Wut schreiend auf mich zu gerannt kommt und mich von den Füßen reißt.

 

Kapitel 3

 

Tom

 

Ich traue meinen Augen nicht, als ich sehe, was da soeben in der Lobby passiert. Tim lacht und feuert die beiden Frauen an. Selbst Langston und Pete machen keine Anstalten, die Frauen zu trennen.

„Diese Frau“, höre ich Tim murmeln. Ich beobachte ihn kurz aus dem Augenwinkel, weil ich nicht weiß, wie ich das einzuschätzen habe.

Die beiden kämpfenden Frauen können nicht unterschiedlicher sein. Zuerst kommt da dieses Püppchen mit einem Kleid rein und kriegt den Mund nicht auf, nur um uns damit zu überraschen, dass sie bei uns anfangen will.

Insgeheim bewundere ich sie für diesen wahnwitzigen Gedanken.

Dann kommt wie aus dem Nichts eine zweite Frau hineingestürmt. Ihre rechte Seite ist kahlrasiert, und ein Tattoo ziert die Kopfhaut an Stelle, an der früher Haare waren. Erst bei näherem Hinsehen erkenne ich die Umrisse als kleine Krebse. Sie hat sich Krebse auf den Schädel stechen lassen. Verrückt!

Ihre beiden Arme sind über und über mit Tattoos verziert, selbst ihre Hände, die das Püppchen soeben vom Boden reißen.

Beide Frauen haben sich die Haare im gleichen silberblonden Ton gefärbt, nur dass von der Tätowierten die Haarspitzen in Flieder getupft worden sind.

Püppchen kann einem Schlag gerade noch ausweichen und sich aus der Umklammerung befreien.

Die Tätowierte schreit sie schluchzend an. Aber auf das Geschluchze kann ich mir keinen Reim machen.

Püppchen rennt auf sie zu und schmeißt sie um. Erneut rangeln sie miteinander, man sieht viel Haut dabei, als ihr das Kleid hochrutscht und den hübschen Po offenbart, der von einem Tanga eingerahmt wird.

„DAS REICHT“, donnert Wyatt, als es ihm zu bunt wird. Brooke steht neben ihm und starrt ungläubig drein. Ihr Gesichtsausdruck ist einfach zu niedlich, ihr Mund ist leicht geöffnet.

Da Wyatt schützend neben seiner Verlobten steht, wird er nicht dazwischen gehen. Also gehe ich als erster hin und packe beherzt zu.

Ich hebe Püppchen hoch, als wiege sie nichts und drehe mich mit ihr weg. Tim kommt dazu und schnappt sich die Tätowierte, die immer noch tobt.

„WIE KONNTEST DU MIR DAS VERSCHWEIGEN?!“ Sie wehrt sich in Tims Armen, Tränen kullern ihre Wangen hinab auf den Boden.

Ich schaue auf Püppchen hinab, die blass um die Nase geworden ist. Ihre Unterlippe bebt, aber sie weint nicht. „Wie hast du davon erfahren?“, fragt sie erstickt.

Sie wehrt sich nicht in meinen Armen, rückt näher an mich ran. Sie steht mit dem Rücken zu mir, ich spüre ihre Wärme, meine Hände umklammern ihre erstaunlich muskulösen Oberarme.

Ein unheimliches Schweigen kehrt ein, als sie Tim bittet, in ihre Lederjacke zu greifen.

Woher kennt sie seinen Namen?

Tim kramt in der Jackentasche, zieht etwas hervor und reicht es ihr.

„Deswegen weiß ich es. Mir wurde ein beschissenes Foto zugeschickt“, faucht sie, dabei hält sie das Foto mit ausgestrecktem Arm hoch.

Sie bekommt große Augen, als sie Langston vor sich stehen sieht und der Hüne die Hand ausstreckt. Argwöhnisch betrachtet sie die Pranke und ringt mit sich. Als ihr klar wird, dass er solange schweigend vor ihr stehen wird, bis er bekommt, was er will, legt sie das Foto in seine Hand.

Der Russe geht an mir vorbei und gibt es Wyatt, nachdem er einen Blick drauf geworfen hat.

Wyatts Blick wandert vom Foto hoch zur Tätowierten, zum Foto und dann zum Püppchen. „Wer ist das?“

Stumm wechseln die Frauen Blicke, als Püppchen sagt: „Unsere Schwester.“

Erstaunt schaue ich auf ihren Kopf, was sie spürt und dann zu mir hochschaut. „Lacy und ich sind Zwillingsschwestern. Und auf dem Foto ist vermutlich unsere andere Schwester zu sehen: Hillary.“

Ich sehe die anderen an, auch sie sehen sich um.

„Ihr wollt mir weismachen, dass diese Person auf dem Foto eure Schwester sein soll?“ Wyatts Nasenflügel blähen sich auf. Das bedeutet nichts Gutes.

Ich halte Püppchen immer noch fest. Mir widerstrebt es, sie loszulassen, um mir das Foto anzuschauen, aber beide scheinen sich beruhigt zu haben.

„Zeig mal.“ Ich stelle mich neben Wyatt und schaue es mir an. Jetzt verstehe ich seine Skepsis. Auf dem Foto ist eine schwarzhaarige, völlig ausgemergelte Frau zu sehen, die mit den beiden Frauen nichts gemein hat. Ihr Gesicht gleicht einer völlig ausgebrannten Frau, ihre Wangen sind eingefallen und von offenen Stellen übersäht.

„Sie ist eine Cracknutte.“ Mein Kopf schießt ruckartig hoch. „Sie ist unsere jüngere Schwester und zieht alle möglichen Drogen ihrer Familie vor.“

Ihre Lippen gleichen einem Strich, ihre Augen blicken hart drein. Wo ist das liebliche Püppchen von soeben hin?

„Wieso hast du mir nichts davon gesagt? Hast du wenigstens deine Kollegen darüber informiert?“ Lacy funkelt ihre Schwester an.

Püppchen wischt sich übers Gesicht und seufzt, als träge sie eine schwere Last auf ihren Schultern. „Ich bin vom Dienst quittiert worden.“

„DU BIST WAS?“ Wie eine Furie keift Lacy, zum Glück hält Tim sie in Schacht. Wyatt kneift sich in die Nasenwurzel, seine Ader pocht gefährlich auf seiner Stirn.

Püppchen dreht sich zu Wyatt. „Ich bin hier, weil ich bei euch arbeiten will. Ich bin ein ehemaliger Cop, ich bin ausgebildet worden, mit Handfeuerwaffen umzugehen und in Verteidigung unterrichtet worden. Ich wäre eine Bereicherung für dein Team“, wendet sie sich an Wyatt.

Pete, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hat, steht auf und zupft an seinem Bart. „Du bist entweder ganz schön mutig oder ganz schön dumm, bei uns mitmachen zu wollen. Aber ich mag Frauen, die was riskieren.“

Langston murmelt etwas auf Russisch. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist er ganz und gar nicht glücklich darüber.

Tim grinst breit, als wäre Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig. Ich bin ganz und gar nicht sicher, was ich davon halten soll.

„Auf gar keinen Fall.“ Wyatt schüttelt entschieden den Kopf, Brooke zieht eine Augenbraue hoch.

„Wieso denn nicht?“, mischt Brooke sich ein.

Wyatts Kopf wirbelt herum. „Halt dich da raus, Brooke“, knurrt er.

Sie verschränkt die Arme vor der Brust. „Du hast sie doch gehört. Sie ist ein ehemaliger Cop. Was willst du mehr?“

„Ich will auf gar keinen Fall eine Frau in meinem Team haben.“

Brooke schnalzt mit der Zunge und zeigt deutlich, was sie davon hält.

„Geh ins Büro. Sofort.“

Sie wirft ihm einen wütenden Blick zu, ihre Wangen erröten, dann ist sie verschwunden.

„Eure Familientragödie tut mir leid, aber ich habe genug Personal, wie du sehen kannst.“

Ihre Nasenflügel blähen sich auf, ihre Augen funkeln ihn an, und sie beißt die Zähne fest aufeinander.

Sie macht den Mund auf, überlegt es sich anders und verschwindet wortlos.

Ich sehe ihr nach.

Lacy reißt Wyatt das Foto aus der Hand. „Das ist ein Fehler, sie nicht in eurem Team aufzunehmen. Sie ist ein verdammt guter Schütze.“

Ehe sie das Gebäude verlässt, bleibt sie vor Tim stehen. „Wir sehen uns beim Nachstechen.“

Dann ist sie verschwunden.

„Du kennst sie, Tim?“, knurrt Wyatt.

Er kratzt sich am Kopf und zuckt mit den Schultern. „Ja, sie ist meine Tätowiererin.“

„Jetzt nicht mehr“, warnt Wyatt, macht auf dem Absatz kehrt und verschwindet ins Büro. Wir alle hören, wie er die Tür zum Büro abschließt; das bedeutet für uns, die beiden auf keinen Fall zu stören.

 

Kapitel 4

 

Nicky

 

„Kopf hoch, Schätzchen“, muntert mich die ältere Frau hinter der Theke auf, deren Namen ich ständig vergesse und die die Tante meiner Freundin ist. Ich bin so erbärmlich.

„Soll ich dir ein bisschen Freude verschaffen? Drake ist gerade frei.“ Sie grinst mich breit an und nickt in die Richtung. „Du würdest danach das Glas halb voll und nicht halb leer sehen.“

Das Blut schießt mir in den Kopf, als ich mich umdrehe und besagten Drake entdecke. Bekleidet mit einer Lederschürze kommt er auf mich zu, in der linken Hand hält er eine Gerte.

Bitte lass ihn was drunter anhaben, flehe ich stumm. Seine langen blonden Haare sind zu einem Zopf gebunden, sein langer Bart auch.

Ich kippe meinen Drink runter und ordere einen weiteren. Die Tante lacht. „Entspann dich, Schätzchen. Du bist in einem BDSM-Club. Und ich bewundere immer wieder, dass du hier aufkreuzt, einen Drink nimmst und dann wieder gehst, ohne mal eine Kostprobe genommen zu haben.“

„Ich bin hier wegen deiner Nichte“, rede ich mich raus.

„Jaaaaa, klar“, lacht sie. Sie hat eine erstaunlich dunkle Stimme, deren Timbre meine Nerven vibrieren lässt. Welche Frau kann das von sich behaupten?

Selbst in meinen Ohren klingt das schwach, weil ich mich wirklich nur zu gerne in diesem Club aufhalte und die Leute beobachte, die diesen Ort aufsuchen.

Von alt bis jung, von schön athletisch bis zum gegenteiligen Erscheinungsbild ist alles vertreten. Selbst die Angestellten sind bunt gemischt. Und dann ist da Drake.

Mein Herz klopft schneller, als er unmittelbar hinter mir stehen bleibt. Diese Statur, diese Kraft, diese Aura erinnern mich an diesen Kopfgeldjäger von heute Morgen, auch wenn sie äußerlich nicht unterschiedlicher sein könnten!

„Ich sehe dich oft hier.“ Er beugt sich hinab, sein Kopf schwebt direkt über meiner Schulter. Aus dem Augenwinkel beobachte ich ihn, traue mich nicht, mich direkt zu ihm zu drehen.

Es fühlt sich an, als hätte ich meine Zunge verschluckt. „Nur bisher hast du noch keinen Dienst in Anspruch genommen.“

Ich schlucke, meine Mundhöhle ist wie ausgetrocknet. „Das hat sich nicht ergeben“, flüstere ich erstickt. Ich räuspere mich, setze mich aufrechter hin, um nicht wie ein schüchternes Ding zu wirken. Aber der Zug ist abgefahren, als ich sein raues Lachen höre.

„Wenn du willst, nehme ich dich mit, führe dich rum, und wir probieren ein paar Dinge aus.“

Ich werfe der Tante einen Blick zu, die aufmunternd nickt und über beide Ohren strahlt, als ich meinen beorderten Drink herunterkippe und vom Hocker rutsche.

„Naomi wird ausflippen, wenn ich ihr davon erzähle“, höre ich sie noch sagen, als Drake meine Hand nimmt und mich wegführt. Bisher habe ich mich strikt geweigert, solche Rundgänge zu machen, weil ich einfach keine nackten Menschen sehen wollte, aber das ist alles bloß Einbildung gewesen, als wir den hinteren Bereich des Clubs betreten und ich eines Besseren belehrt werde.

Drakes Hand ist warm, groß und bestimmend. Ich lasse mich ein bisschen zurückfallen und reiße die Augen auf, als ich seine Kehrseite sehe. Er trägt nur die Lederschürze.

„Gefällt dir der Anblick?“ Er sieht mich schräg von der Seite an, aber sein Gesichtsausdruck ist ernst. „Hab‘ ich dir das erlaubt?“

Fragend schaue ich ihn an. „Was?“ Meine Ohren glühen, wie gut, dass meine Haare diese verdecken.

„Dass du meinen nackten Arsch anschauen darfst?“

Meine Ohren brennen. „Nein, hast du nicht“, murmle ich.

Er fängt an zu lachen. „Ist schon in Ordnung. Ich wollte wissen, wie du reagierst“, meint er, bevor er unmittelbar stehen bleibt und sein Gesichtsausdruck sich verändert. „Ich werde dich leider versetzen müssen.“

„Warum?“ Ich runzle die Stirn, sehe ihn an.

„Da ist Besuch, den darf ich nicht ignorieren.“ Ich folge seinem Blick. Die Gänge, an deren Wände anzügliche Bilder hängen, sind dumpf beleuchtet. Manche Räume sind vollständig von der Außenwelt abgeschottet, andere haben fast bodentiefe Fenster, um Voyeurismus auszuleben, oder gar keine Türen, um Zuschauer einzulassen und sie an der Session zu beteiligen.

Am Ende des Ganges öffnet sich dieser, und man gelangt in eine große Halle, die nur schwach ausgeleuchtet ist.

Nur unscharf kann man die Silhouetten der Gäste ausmachen, aber doch ist es stark genug beleuchtet, um zu erkennen, dass diese nicht viel anhaben.

Und dann sind da zwei große Gestalten, die man unschwer übersehen kann und die auch Drake beobachtet, sein Griff um meine Hand wird fester.

---ENDE DER LESEPROBE---