KPOP - Skandale oder mehr - Andreas Meckel - E-Book

KPOP - Skandale oder mehr E-Book

Andreas Meckel

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Beschreibung

Eine kleine Arbeit darüber, wie es wirklich in der KPOP-Welt zugeht. Ein kleiner Abriß über die vergangenen 12 Jahre, seitdem diese Musikform immer mehr auch in Europa ihre Freunde findet. Vornehmlich über die guten Zeiten, als die Skandale noch nicht so bekannt waren.

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Dossier über Kpop

Kapitelaufteilung

1. Einführung

1.1 Generelles zum Gruppenaufbau

1.1.1 Vier Mitglieder

1.1.2 Fünf Mitglieder

1.1.3 Sechs Mitglieder

1.1.4 Sieben Mitglieder

1.1.5 Acht Mitglieder

1.1.6 Neun Mitglieder

1.1.7 Zehn und mehr

1.2 Administrative Verhaltensweisen

1.2.1 Funktion des Captains

1.2.2 Funktion des Teamleaders

1.2.3 Funktion des Gruppenmanagers

1.2.4 Funktion des Gruppenbetreuers

2. Images & Pictures

3. Von einfach zu sexy

3.1 Quartette

3.2 Quintette

3.3 Sextette

3.4 Sevtette

3.5 Achttette

3.6 Neuntette

3.7 Zehn und mehr

4. Management

4.1 Label

4.2 Agentur

4.3 Gruppenmitglieder

5. Gruppengröße

5.1 Trios

5.2 Quartette

5.3 Quintette

5.4.Sextette

5.5 Achttette

5.6 Neuntette

5.7 Zehn und mehr

6. Teambildung in den Gruppen

6.1 Subgroups

6.2 Abspaltungen

7. Von Verrat & Dummheit

7.1 Psychologie

7.2 Versagensangst

7.3 Depression

8. Disbanding & Scheitern aus Prinzip

9. Opfer & Täter

9.1 Musikskandale

9.2 Sexskandale

9.3 Handlungsskandale

1. Einführung

Es ist gar nicht einmal so einfach, über ein Thema zu schreiben, von dem man eigentlich keinerlei Ahnung hat. An dieser Arbeit hier hängen mehrere Jahre Beobachtung, eigentlich sogar ein ganzes Jahrzehnt. In dieser Zeit sah ich viele koreanische Mädchengruppen aufkommen, Erfolge feiern, und dann untergehen. Oftmals mit einem handfesten Skandal, der die Branche darauf zu erschüttern schien.

Doch durch weitreichende Beobachtung wurde mir auch klar, daß hier ein Geschäft auf dem Rücken von Menschen ausgetragen wird, wie es kaum unmenschlicher, gnadenloser und unfairer sein kann. Die koreanische Musikbranche ähnelt einem Haifischbecken, in das alljährlich mehrere tausend junge Mädchen und Frauen den geldgeilen Investoren zum Fraß vorgeworfen werden. Man wäre froh, man könnte es anders ausdrücken, doch die Situation ist stellenweise so grausam und gruslig, daß meiner Meinung nach nur harsche Worte helfen.

Ich habe deshalb nicht vor, in dieser Arbeit irgendwelche Sachverhalte zu beschönigen, oder unter den Tisch fallen zu lassen. Denn auch bei den männlichen koreanischen Idolen ist nicht alles Gold was glänzt. Eher im Gegenteil, dort ist die Branche sogar noch ein wenig grausamer. Ob es nun die für alle obligatorische Militärpflicht ist, der nachgekommen werden muß, oder ob es Gefälligkeiten dem eigenen Management gegenüber ist, weil man seinen Platz in der Gruppe noch behalten möchte.

Es gibt in dieser Angelegenheit zuviel zu berichten, aber eine meiner persönlichen Vorgaben war es, die komplette Geschichte so kurz und verständlich zu halten, wie es mir möglich ist. Die Beobachtungen, auf denen dieses Manuskript fußt, wurden vornehmlich bei den weiblichen Idolgruppen gemacht, und können deshalb nicht vollständig umfassend sein. Fest steht jedoch, bei der Skandaldichte, die es in diesem Teil der Musikbranche gibt, daß dahinter eine ausgemachte Industrie steht, der ein Menschenleben letztlich nicht viel bedeutet.

Wie weit diese Kreise reichen, kann ich so nicht genau sagen, da ich selbst nur ein in der Disntanz lebender Ausländer bin. Über die koreanische Kultur ist mir nur soviel bekannt, wie meine Bekannten aus diesem Land mir gegenüber offen leben und zugeben. Ich möchte deshalb den geneigten Leser bitten, Niemanden nur aufgrund seiner Herkunft zu verurteilen.

Diese Schrift soll nicht dazu dienen, Irgendwen zu verurteilen, sondern aufzuzeigen, wie hart, kalt und ungerecht das internationale Musikbusiness, anhand des koreanischen, geworden ist. Ich gehe einmal davon aus, daß sich die von mir geschilderten Beobachtungen und Erkenntnisse sehr wohl auch auf den europäischen, britischen und amerikanischen Markt anwenden lassen. Auch wenn dort die von mir am Ende geschilderten Skandale selten bis gar nicht vorkommen. (Oder einfach nicht in den Blickwinkel der großen Öffentlichkeit gelangen.)

Ich möchte mit dieser Schrift keine Lanze für die beschriebenen Künstler treffen, die sich womöglich anhand meiner Texte identifizieren lassen, sondern einfach nur schildern, wie eine Sache zur Nächsten führt, und was die daraufhin entstehenden Konsequenzen waren. Nur dazu muß man tief in die Materie eintauchen, so weit dies als außenstehender Beobachter möglich ist.

1.1 Generelles zum Gruppenaufbau

Um einmal das ganze System mit den koreanischen Idolgruppen richtig verstehen zu können, muß man sich einmal vor Augen führen, wie die Vermarktung der singenden und tanzenden Mädchen überhaupt funktioniert. Im Prinzip ist es ein System der Klischees, ein System der Archetypen. Nicht der männlichen Sicht auf die Frau, jene ist zweitrangig und nicht ganz so unwichtig, wie es den Eindruck macht bei diesen Worten, sondern es wird primär die eigene Definition der verschiedenen Frauentypen an für sich benutzt.

Es gibt Unterscheidungsmerkmale nach Haarfarbe, Körpergröße, vorhandener Oberweite, Kleidungsstil, Eintrittsalter in die Gruppe. Dies sind nur einige Kernmerkmale, nach denen das Klischee, und die Aufteilung in die bestimmten Archetypen funktioniert. Man kann also sagen, die Branche arbeitet nur dann gewinnbringend, wenn genug Archetypen von einer Gruppe bedient werden können. Denn der Geschmack der jungen Männer, die die Mehrheit der Fans stellen, ist nun einmal genauso vielfältig, wie die Fans und Follower selbst. Gleichzeitig wird jedoch auch daran gearbeitet, daß sich genug junge Frauen in den einzelnen Archetypen selbst erkennen und deshalb so sein wollen, wie die Mädchen, die oben auf der Bühne stehen und performen.

Also in sich ein ganz einfaches System.

Sollte man meinen.

Dem ist aber nicht so!

Das System begründet sich noch gleichzeitig nach der Anzahl der Gruppenmitglieder, die für die Gruppe insgesamt gecastet werden. Es ist heutzutage nahezu unmöglich, zumindest in Japan und Korea, daß diese Musikgruppen von selbst zueinander finden. Die meisten Plattenlabel casten selbst. Und gehen dabei stellenweise nach einem Schlüssel vor, der nicht einfach zu durchschauen ist.

Hauptkriterium ist hierbei immer das Aussehen, und Jenes, welches später von dem betreffenden Mädchen erwartet wird. An zweiter Stelle kommt das Eintrittsalter in die Gruppe, weil dies auf die Position innerhalb der Formation hinweist. Einige Plattenlabels sind an dieser Stelle jedoch kreativ, und wenn ein Mädchen sich von Anfang an als besonders unterwürfig herausstellt, bekommt es meist von Anfang an den Status des Gruppenchefs. Denn nicht immer führt die Älteste die Gruppe an. Hinzu kommt noch, daß viele Plattenlabel mit der Masche arbeiten, daß der Gruppenchef direkt für das Verhalten seiner Mitglieder haftet. Im Guten, wie auch im Bösen.

Es ist also oftmals so, daß ein charakterlich nicht so gefestigtes Mädchen wegen seiner Unterwürfigkeit dem Management gegenüber zur Gruppenchefin aufsteigt, und danach ein deutliches Problem hat, die restliche Gruppe unter Kontrolle zu halten. Dann kommt es zu Allianzen zwischen Managern und diesen Gruppenchefinnen, welche meist zu den uns bekannten Skandalen führen. Doch dies betrifft ein eigenes Kapitel in dieser Arbeit.

Modernes Casting wird nach Aussehen, weniger nach vorhandenem Talent, geführt. Zu Beginn des Jahrtausends war es noch so, daß das Talent der einzelnen Mitglieder im Zentrum der Suche stand. Doch da der koreanische Markt in Hinsicht auf seine Idols noch gnadenloser agiert, als es schon der japanische tut, wird inzwischen nur noch nach dem zukünftigen Aussehen gecastet. Alles Andere ist zweitrangig.

Um es weiter zu verdeutlichen, möchte ich an dieser Stelle nun an kleinen Beispielen der Gruppengröße ausführen, wie ein durchschnittlicher Gruppenaufbau funktioniert. Hierbei hat das einzelne Mädchen keinerlei Mitspracherecht. Ihr wird die Position und das Klischee entweder durch ihren Manager oder durch das Plattenlabel direkt vorgeschrieben. Mädchen, die aus dieser Rolle ausbrechen wollen, verlieren deshalb schon nach kurzer Zeit, vor allem bei Ausbleiben eines sichtbaren Erfolges, ihre Verträge und müssen sich umorientieren.

Zuviel Selbstbewußtsein ist genauso schädlich wie zu wenig. Und viele koreanische Künstlerinnen leiden unter diesem Problem. Doch dazu an anderer Stelle später mehr.

1.1.1 Vier Mitglieder

Es gibt eine allgemeingültige Faustregel in der koreanischen Musikbranche: Unabhängig wie groß die letztlich geschaffene Gruppe wirklich wird, es muß immer ein Mädchen geben, an das sich das Management direkt wenden kann, wenn es Probleme gibt. Gleichzeitig muß dieses einzelne Mädchen auch das Vertrauen ihrer Gruppenmitglieder haben, womit sie quasi die Schnittstelle zwischen den ausführenden Künstlern und dem Management darstellt. Dabei darf man nicht vergessen, es gibt 4 Gruppenpositionen, die in allen Gruppen vorhanden und in den seltensten Fällen doppelt besetzt sind. Diese Erste hier ist eine davon:

Der Leader

Im asiatischen Schulsystem werden die Schüler dazu animiert, anzuführen. Selbst auf der unwichtigsten, hinterletzten Provinzschule besitzt jede Klasse nicht nur ein Team von Klassensprechern – im Allgemeinen mindestens zwei – sondern auch noch einen schulinternen Stab von Schulsprechern. Diese haben jedoch gegenüber der Schulleitung nichts zu melden, sondern sie dienen nur dazu, die Beschwerden der Schüler gegen Mitschüler und Lehrpersonal zu sammeln. Gerüchten nach wird dieses Verfahren noch eine Stufe härter in den koreanischen Schulen zur Anwendung gebracht. Ob dies mit dem WW2 und seinen Folgen direkt zu tun hat, habe ich bisher noch nicht überprüft, aber davon ist auszugehen. Die Koreaner schleppen ein kleines Trauma mit sich herum, welches Niederlage heißt. Und damit kommen sie äußerst schlecht zurecht. Dies wirkt sich natürlich auch in ihrer Musik entsprechend aus.

Die Musikbranche in Korea ist, wie bereits einmal schon erwähnt, ein Haifischbecken. Wer unvorsichtig ist, wird gnadenlos gefressen. Dies gilt für Künstler, wie für Manager und ganze Labels. Wer einmal unvorsichtig ist, zuviel riskiert, kann seine Karriere schneller abschreiben als der deutsche Fiskus einen Unternehmer.

Der Leader ist also verantwortlich. Und zwar für Alles, was seine Gruppenmitglieder anstellen. Ob im Guten, oder auch Bösem. Der Gruppenchef haftet. Zuerst gegenüber dem Management, dann gegenüber dem Label. Und leistet er sich Widerworte, verliert er zumeist den Job, und die Nächste in der Liste bekommt ihn aufgehalst.

Das Maknae

Für mich ein wenig schwer zu übersetzen, aber im Allgemeinen bezeichnet der Maknae das Nesthäkchen der Gruppe. Sie wird immer altersbedingt ausgewählt. Solange es kein Gruppenmitglied gibt, welches noch jünger ist als sie, übernimmt die Jüngste der Gruppe diesen Job. Das damit verbundene Klischee ist auch einfach erklärt. Die Maknae ist das Nesthäkchen, sie wird also von allen Anderen bemuttert, beschützt, weil sie diejenige ist, die sich am Wenigsten wehren kann.

Ihre eigentliche, vom Management zugewiesene, Aufgabe ist es, Kinder und Jugendliche ihrer Altersgruppe direkt als Fans und Follower an die Gruppe zu binden. Das ist ein schwerer Vollzeitjob, denn die Maknae geht noch auf eine normale Schule, und muß deshalb auch ihre Klassenkameraden von den Talenten ihrer Gruppe überzeugen. Meist tritt das Maknae auch noch als Visual der Gruppe auf, um einen gewissen Kleidungsstil zu etablieren.

Ihre primäre Aufgabe besteht jedoch darin, altersspezifisch als Werbebanner für die Gruppe zu agieren. Deshalb gilt sie zwar in der Gruppe als beschützenswert, nach außen hin muß sie jedoch stellenweise noch gewissenloser agieren, als es selbst vom Leader abverlangt wird. (Meine eigene Beobachtung bei einigen Mädchengruppen.)

Die Mondäne

Auch wieder ein typisch koreanisches Klischee. Die Mondäne ist keine einfache Repräsentanz, daß ist, wie die Maknae ein Vollzeitjob. Dieses Mädchen muß nicht unbedingt aus gutem Hause kommen. Es reicht, wenn sie einfach wohlgenährter als die restlichen Mitglieder der Gruppe aussieht, und bereits ein wenig entwickelter ist.

Das Management wählt für dieses Rollenmodell meist Mädchen aus dem unteren Mittelstand, ohne ihm zu verraten, worin ihre Aufgabe denn wirklich besteht. Die Mondäne muß sowohl privat, als auch in der Gruppe, immer die Kostümierung haben, die ein wenig edler als die der anderen Mädchen. Auf diese Art und Weise facht sie gleichzeitig auch die gegenseitige Konkurrenz innerhalb der Gruppe an. Was dann zu Streitereien führt, die der Leader schlichten muß, damit die Gruppe weiterhin funktioniert.

Die Mondäne ist also ein Aktivposten für das Management. Sie sorgt dafür, daß die Gruppe immer wieder Schlagzeilen macht und deshalb immer wieder über sie geredet wird. Einmal wegen des Bekleidungsstils, der ihr vorgeschrieben wird, andererseits durch ihr Verhalten, daß man schlicht als Arroganz jedem anderen gegenüber beschreiben kann.

Denn dies ist ihr wichtigstes Kapital. Die Mondäne muß mit einer gewissen Arroganz daher kommen, sonst wirkt sie in ihrer Rolle nicht glaubhaft. Und Glaubwürdigkeit der einzelnen Vorbildmodelle innerhalb einer Gruppe sind ein Verkaufsargument für ihre Veröffentlichungen. Oftmals reicht ein kleiner, fingierter, Skandal von Seitens der Mondänen einer Gruppe aus, damit die Verkaufszahlen der aktuellen Veröffentlichung wieder nach oben gehen. Die Mondäne muß deshalb nicht nur teurer als die anderen Gruppenmitglieder aussehen, sie muß sich auch dementsprechend benehmen. Von gutem Benehmen will ich an dieser Stelle gar nicht sprechen, denn dies ist völlig unwichtig, und das Metier eines weiteren Gruppenmitglieds, sofern die Gruppe groß genug ausfällt.

Der Spaßvogel

Der Pausenclown. Die Einzige einer Gruppe, die von vorneherein bei den Konzerten in die Moderation mit eingebunden wird. Dieser Job erfordert nicht nur ein leicht verunglücktes, natürliches, Aussehen, sondern auch einen wirklich einzigartigen Humor. Humorlose Mädchen können diesen Job nicht machen, weil man ihnen viel zu schnell den sich entwickelnden Zynismus anmerkt.

Ihr Job ist relativ leicht zu beschreiben: Sie muß die Fans mit dummen Bemerkungen unterhalten, und auch die eigene Gruppe bei Laune halten, damit kein Mitglied auf die Idee kommt, einfach den ganzen Bettel hinzuwerfen.

Kein leichter Job, denn performen muß der Pausenclown auch noch können. Sie muß ständig guter Laune haben, unabhängig davon, ob der Muskelkater sie gerade fast in den Wahnsinn treibt. Sie muß guter Laune haben, ob man sich gerade auf Auslandsreise befindet und ein neues Produkt vermarktet.

Der Pausenclown muß immer lustig sein. Ist er es einmal nicht, hat dies beinahe direkt Konsequenzen. Zudem steht er in der Rangfolge innerhalb der Gruppe nur knapp über dem Maknae, hat also eigentlich nichts zu melden, muß aber alle Anwesenden immer unterhalten. In Gruppen mit mehr als sechs Mitgliedern mag das noch relativ einfach sein. Je kleiner die Gruppe jedoch ist, umso schneller lernt man sich kennen, und man kann nicht unaufhörlich Witze reißen. Irgenwann beleidigt man ein Gruppenmitglied, weil man sich halt eben zu gut kennt.

Das Mädchen an dieser Position hat noch ein weiteres Problem, mit dem sie klar kommen muß. Ihre Aufgabe ist es, absolut loyal dem Management gegenüber aufzutreten. Und deshalb auch dafür zu sorgen, daß der Leader die Anweisungen dieses direkt umsetzt. Sollte er dies nicht sofort tun, ist es der Pausenclown, der dann die entsprechende Meldung an das Management weiter gibt. Im Prinzip hat dieses Mädchen den undankbarsten Job von Allen, denn sie muß nicht nur performen, wie die Anderen, sondern gleichzeitig noch Witze und dumme Bemerkungen reißen, und die Gruppenmitglieder genau im Auge behalten, um Abweichungen im Verhalten sofort nach oben weiter zu melden.

1.1.2 Fünf Mitglieder

Die Verruchte

Warum haben kleine Gruppen immer auch neben einem teuer wirkend gekleideten Mitglied noch eines, daß aussieht, als sei es direkt vom Straßenasphalt weggecastet worden. In den kleinen Gruppen fällt es weniger oft auf, daß ein Mädchen darunter ist, welches entweder immer schlampig gekleidet, oder offenherziger, als die Anderen, ist. Bei größeren Gruppen ist diese Position leichter zu erkennen. In den Anfangstagen einer Gruppe jedoch nicht so leicht. Dazu muß die Gruppe sich schon ein wenig etabliert haben, damit diese Rolle wirklich notwendig wird.

Die Aufgabe der Verruchten ist einfach und klar umrissen. Sie soll allen weiblichen Fans zeigen, daß sie so sein können, wie sie selbst. Also immer leichtbekleidet, egal bei welchem Wetter, und immer wieder den Schein von Unnahbarkeit um sich herum, obwohl sie im Aussehen und dem Wert ihrer Bekleidung locker mit der Mondänen mithalten kann.

Nicht irre machen lassen, das ist wirtschaftliche Taktik. Der Leader ist verpflichtet, sich meist schlicht zu kleiden, damit sie nicht weiter in der großen Menge auffällt. Die Maknae ist immer ein wenig jünger gekleidet, als sie eigentlich ist. Die Mondäne und die Verruchte liefern sich jedoch kleidertechnisch einen kleinen Wettkampf, welche die teuere Kleidung in der Gruppe trägt. Die Verruchte kommt gleichzeitig noch verdorben rüber, ist also meist stärker geschminkt als die Mondäne, die nur mit ihrer Kleidung Eindruck schafft. Die Verruchte muß dies auch mit ihrer Körpersprache machen. Allein deshalb werden für diese Rolle oftmals Mädchen gecastet, die sich sowieso nicht wirklich gut bewegen können, und deshalb die wenigsten Choreographien gelernt bekommen.

Der Job der Verruchten ist, das sexuelle Aushängeschild der Gruppe zu sein. Sie gibt sich solange extravagant, bis ein Gruppenmitglied auftaucht oder dazu kommt, was dies noch besser repräsentiert. Jedoch hat die Verruchte immer verdorben auszusehen, nicht verbraucht. Diesen Posten gibt man von Seitens des Managements oft der zweitältesten der Gruppe, die dadurch auch kontrollierbar bleibt. Denn wenn das Mädchen in dieser Position nicht so spurt, wie es soll, bekommt diese Aufgabe sehr schnell eine Andere. Selbst wenn dafür dann neue Gruppenmitglieder gecastet werden müssen.

1.1.3 Sechs Mitglieder

Das Visual / Gesicht der Gruppe

Ab jetzt wird es ein wenig komplexer. Auch für Alle, die bisher folgen konnten. Das Visual ist eine ganz besondere Aufgabe und ein ganz besonderer Archetypus. Das Visual kann auch gleichzeitig das Gesicht der Gruppe sein. Bei kleineren Gruppen bis zu sechs Mitgliedern ist das öfter der Fall. (Und an dieser Stelle möchte ich ausnahmsweise keine Gruppen namentlich nennen, wenn man lange genug zuschaut, erkennt man es automatisch. Auch das Gesicht der Gruppe.)

Das Visual ist der Hingucker der Gruppe. Wir haben die Verruchte, die vielleicht körperlich nicht ganz so attraktiv ist, aber immer ein wenig schlampig und trotzdem teuer aussieht. Dann haben wir die Mondäne, die das Gegenteil der Verruchten darstellt, und teurer als selbst das teuerste Callgirl der Landeshauptstadt aussieht.

Als Dritte im Bunde der durch Schönheit glänzenden Gruppenmitglieder haben wir das Visual. In größeren Gruppen gibt es mehrere davon. In kleineren Gruppen selten mehr als Eines. Es sei denn, daß Visual muß mehr Aufgaben übernehmen, als sie wirklich wahrnehmen kann.

Das Visual ist immer die körperlich schönste und attraktivste einer Gruppe. Wobei man oftmals noch zwischem Ersten und den dann darunter abgestuften unterscheiden können muß. Das Visual bekommt nicht die teuerste Kleidung, sondern öfter die luftigste oder jene, die den Körperbau besonders hervorhebt. In einigen Gruppen war das zu beginn der '10er Jahre deutlich zu erkennen.

Die Schönste einer Gruppe zieht nun natürlich nicht nur Bewunderer auf sich, sondern nicht selten auch den Neid der Gruppenkolleginnen. Sie soll, wie bereits die Verruchte und die Mondäne, die negative Interaktion in der Gruppe am Laufen halten, damit die Gruppe als Ganzes kontrollierbar bleibt.

Klar, sie ist der Hingucker. Also werden die meisten männlichen Fans eher ihr Folgen, als dem Leader, dem Maknea, der Verruchten oder der Mondänen. Der Spaßvogel hat während seiner Karriere einen deutlich stabilen Fankreis, der auch wenn die Gruppe ein Jahrzehnt oder länger besteht, nicht sonderlich wächst. Dies ist aber von Seitens des Management so einkalkuliert.

Der Visual hat den Job die wirkliche Fanbindung voranzutreiben. Sie muß nicht nur bei jedem öffentlichen Auftritt so aussehen, als wäre sie frisch aus dem Ei gepellt, sondern muß auch mit einem entsprechenden Benehmen rüber kommen. Während die Mondäne ruppig sein darf, muß das Visual zuckersüß sein. Kein böses Wort, keine Beleidigung, nicht einmal im privaten Rahmen, darf ihr entfleuchen.

Das Visual ist nicht nur zumeist der Werbeträger der Gruppe, sondern präsentiert auch die Gruppe nach außen. Deshalb ist in den meisten Fällen das Gesicht der Gruppe oftmals ein Visual, weil es bereits die entsprechenden körperlichen Referenzen mitbringt, um wirklich aufzufallen.

Dieser Job ist undankbar, denn das Visual ist auch die Erste, die einen Gravurfotovertrag angeboten bekommt. Lange vor den anderen Mitgliedern. Sie ist also auch die Erste, die sich im Bikini oder generell in Bademoden zeigen muß.

Ihre Stimme und ihre gesanglichen Qualitäten sind bei diesem Archetypus nicht sonderlich von Belang. Früher wurde darauf geachtet, daß sie zu beidem fähig war, und zudem noch eine gewisse Sportlichkeit aufwies. In den modernen, aktuellen, koreanischen Mädchengruppen zählt jedoch nur noch das Aussehen, nicht mehr die Befähigung oder das Vorhandensein irgendeines Talents.

1.1.4 Sieben Mitglieder

Der Lead Dancer

Jetzt wird es ein wenig kompliziert. Denn nun kommen wir ein wenig von den eigentlichen Archetypen fort, hinzu zu den talentbasierten Positionen. Natürlich werden solche Positionen in kleineren Gruppen dann doppelt besetzt. Natürlich muß man in einem solchen Fall auch damit rechnen, daß das Management hin und wieder mit Absicht Fehlentscheidungen trifft, um mit einer solchen Auswahl den Rest der Mädchen im kontrollierbaren Rahmen zu halten.

Man kann also einfach sagen, daß die halbe koreanische Musikbranche eher einem gewaltigen Laborversuch ähnelt, in dem immer wieder versucht wird, das bestmögliche Ergebnis bei allergeringsten direkten Einsatz zu erhalten. Mit dem Erfolg das viele der Mädchen dann unter psychischen Problemen leiden, weil sie Mißhandlungen ausgesetzt sind, die man nicht einmal Sklaven zumuten würde. (Doch dazu an späterer Stelle mehr.)

Der Lead Dancer ist jenes Mädchen, welches als Erste die aktuelle Choreographien lernt. Ihre Aufgabe ist nicht, jene an die anderen Gruppenmitglieder weiter zu geben, sondern den Kolleginnen zu zeigen, wie eine bestimmte Schrittfolge funktioniert. Sie bestimmt auf der Bühne bei Konzerten oder auch beim Musikvideodreh, welcher Schritt von welchem Mädchen an welcher Position gemacht wird. Sie gibt die Schritte vor, die der Rest zeitgleich nachvollziehen muß.

Das Mädchen auf dieser Position ist sportlich, immer fit, und darf keinerlei Laster haben. Schon die falsche Ernährung hat für sie Konsequenzen. Der Lead Dancer ist vollkommen von den Entscheidungen des Managements abhängig, und kann, wenn es um die künstlerische Darstellung geht, nicht mitsprechen. Zeigt sie sich unfähig, eine Choreographie richtig zu lernen, wird sie meist durch die Nummer zwei der Tänzer ersetzt. (Doch davon mehr im nächsten Abschnitt.)

1.1.5 Acht Mitglieder

Der Main Dancer

Neben dem Lead Dancer das wichtigste Zahnrad im Getriebe. Der Lead Dancer gibt die Schrittfolge vor, während der Main Dancer die Tänzerin ist, die auf der Bühne im Zentrum steht. Der Lead Dancer muß nicht unbedingt vorne stehen. Sie muß nur gut sichtbar von allen anderen Mitgliedern stehen. Der Main Dancer steht vorne, direkt am Publikum und performt dort. Der Main Dancer wird als Diejenige gesehen, die die ganze Arbeit macht. Dabei ist sie Diejenige, die den anderen Mitgliedern ihre Positionen während der Choreographie zuweist. Oftmals geschieht dies durch Blicke oder versteckte Handzeichen. Ich konnte sogar schon Fingerzeichen beobachten.

Der Main Dancer führt die restliche Tanzgruppe an, während der Lead Dancer die gesamte Choreographie vorgibt. Diese beiden Mädchen müssen aufeinander abgestimmt sein.

Ihre körperliche Fitness ist dabei entscheidend. Ein Mädchen, daß einmal einen schlechten Tag an einer dieser Positionen hat, kann eine komplette Choreographie, sogar das Drehen eines Musikvideos, gefährden.

Fitness und Ernährung wird an diesen Positionen groß geschrieben, weshalb Mädchen auf diesen Positionen öfter ärztlichen Untersuchungen unterliegen als der Rest der Truppe. Das Management achtet hier durchaus auf die physiologischen Werte, scheut sich aber auch nicht, geschwächte Mitglieder, die sich ansonsten nicht sehr an die Regeln halten, auf diese Art und Weise aus ihren Verträgen zu bekommen. In größeren Gruppen, bis acht Mitglieder jedenfalls zu beobachten, gibt es immer einen Lead Dancer und einen Main Dancer. Beide sind voneinander abhängig und müssen zusammenhalten, denn nur gemeinsam können sie die restliche Gruppe dazu bekommen, während der Auftritte nicht zuviele Fehler in die gezeigten Choreographien einzubauen.

1.1.6 Neun Mitglieder

Die Prinzessin

Die Personalie der Prinzessin könnte man als rein koreanischen Archetypen interpretieren. Die Prinzessin ist jenes Gruppenmitglied, welches sowohl von Seitens des Managements, als auch von Seitens der Gruppenmitglieder am meisten verwöhnt wird. Sie bekommt alles.

Während die Verruchte und die Mondäne wirklich ernsthaft für ihr Image arbeiten müssen, hat die Prinzessin es auf den ersten Blick einfacher. Sie ist zwar nicht so attraktiv wie das Visual, dafür hat sie das umgänglichste Wesen.

Die Prinzessin hat ebenfalls einen Scheißjob, wenn man es genau nimmt. Sie ist der Liebling der Gruppe nach innen und außen. Ergo darf sie sich keine Ausfälligkeiten leisten, muß sich ständig benehmen, und darf, wie die Mondäne und die Verruchte – sofern sie nicht in Personalunion auftreten, sogar eine gewisse, kleine, Arroganz zeigen.

Die Funktion der Prinzessin in der Gruppe ist, den weiblichen Fans zu zeigen, wie sie sein müssen, damit die Männerwelt ihnen zu Füßen liegt. Bei der Prinzessin macht es auch nichts aus, wenn sie neben ihrer Hauptbeschäftigung als Werbeikone mit männlicher Begleitung gesehen wird. Ihr wird sofort verziehen. Denn sie ist die Prinzessin. Außer rauchen und Alkohol trinken ist ihr so gut wie jeder Fehltritt gestattet. Solange sie minderjährig ist. Sobald die Prinzessin volljährig ist, nach asiatischem Recht, ändert sich das jedoch. Von da an muß sie unter Beweis stellen, daß sie das anständige Mädchen von Nebenan ist.

Praktisch gesehen stellt sie das Schwiegertochtermaterial dar, was jede Mutter gerne in der Familie hätte. Absolut umgänglich, unterwürfig bis zur Selbstaufgabe, und dem zukünftigen Ehemann sklavisch ergeben, trotzdem eigensinnig, und immer sexy.

Deshalb zieht die Prinzessin auch eher die älteren Mütter als Fans an und bindet sie nach Möglichkeit an die Gruppe. Sie ist immer brav, kann zwar selbst denken, aber sie ist unterwürfig, weil sie dadurch jeden Wunsch erfüllt bekommt.

1.1.7 Zehn und mehr

Die Sportskanone

Auch wieder so ein typischer, standardisierter Archetyp. Die Sportive soll die Sportler unter den Fans ansprechen. Sie sieht nicht nur blendend aus, sie betreibt auch die ungefährlichen Sportarten, die es an Schulen und in Vereinen gibt.

Ganz selten ist die Sportskanone mal in Vollkontaktsporten involviert. Das Maximum, was da geduldet wird, scheint Lacrosse zu sein. Lacrosse wird allein aus dem Grund ausgewählt, weil es kein Individualsport ist, sondern ein reiner Mannschaftssport. Damit wird gleichzeitig suggeriert, daß die Sportive automatisch absolut teamfähig ist.

Denn dies ist das Entscheidende bei diesem Archetyp, sofern er denn Anwendung findet. Bisher sah ich ihn nur bei wenigen Gruppen im Einsatz, aber er ist vorhanden und für bestimmte Aktivitäten, die die Gruppe im Verlauf ihres Lebens als Werbepartner absolvieren muß, manchmal sinnstiftend. Denn der Leader verliert dann seine Führungsrolle und diesen Part übernimmt dann die Sportive.

Dies geschieht jedoch immer nur auf Zeit, denn die Kontrollfunktion des Leaders ist für den Gruppenzusammenhalt wichtiger als strategische Kleinigkeiten, die sich durch einen kurzzeitigen Führungswechsel ergeben.

Während des Gruppentrainings übernimmt die Sportive jedoch den Ausbildungsbereich der Konstitution, wie schon einige Male zu beobachten war. Sie stellt den Trainingsplan auf, nachdem eine Gruppe sich fit für Konzerte oder größere Auftritte macht.

Das Dummchen

Wenn wir schon gerade dabei sind, diverse Klischees abzuarbeiten, dann muß ich noch auf einen ganz bestimmten Archetypen hinweisen. Dies ist das sogenannte Dummchen. Dieser Posten kommt sowohl bei den japanischen, als auch bei den koreanischen, Mädchengruppen vor.

Und er läßt sich noch einfacher umschreiben.