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Als der Familienvater Daniel Wegener auf einem Elternabend der vierzehnjährigen Jasmin begegnet, die sich bedingungslos für Tiere einsetzt, ergreift ihn ihr Wesen so sehr, dass er sich tief verliebt. Während er versucht, sie irgendwie kennenlernen zu können, droht daran zunächst vor allem seine Ehe zu scheitern. Doch sein Mut, sich dem Wesen dieses Mädchens hinzugeben, wird sein Leben für immer verändern...
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Seitenzahl: 684
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Das Menschenwesen hat eine tiefe Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese kann von vielem anderen verschüttet worden sein, aber sie ist da. Und seine andere Sehnsucht ist, auch die eigene Seele zu einer Trägerin dessen zu entwickeln, wonach sich das Menschenwesen so sehnt.
Diese zweifache Sehnsucht wollen meine Bücher berühren, wieder bewusst machen, und dazu beitragen, dass sie stark und lebendig werden kann. Was die Seele empfindet und wirklich erstrebt, das ist ihr Wesen. Der Mensch kann ihr Wesen in etwas unendlich Schönes verwandeln, wenn er beginnt, seiner tiefsten Sehnsucht wahrhaftig zu folgen...
Nichts verwandelt die Seele tiefer als die Liebe und ihre Wunden
„Daniel, kannst du die Wäsche aufhängen?“
Seine Frau kochte gerade und rief aus der Küche. Er hatte das Ende der Waschmaschine auch gehört, während er im Wohnzimmer gerade ein Buch las.
„Kann das nicht Kai machen?“
„Er lernt doch gerade für die Mathearbeit morgen!“
„Dann eben Anna, wenn sie nach Hause kommt?“
Ihre Tochter war noch bei einer Freundin.
„Alles muss ich immer im Blick haben! Die Maschine ist aber jetzt fertig!“
Der plötzliche Ärger seiner Frau war unüberhörbar.
„Ich mach’s ja schon!“, rief auch er nun leicht ärgerlich, wenn auch mit einem Hauch schlechten Gewissens.
Er legte das Buch weg, ging ins Bad und räumte die Trommel aus. Dann trug er die Wäsche ins Schlafzimmer, wo sie den Wäscheständer immer aufstellten, weil er hier am wenigsten störte.
Während er die Wäsche aufhängte, ärgerte er sich über eingestülpt gebliebene Strümpfe, die von jedem der beiden Kinder stammen konnten. Dann wiederum ärgerte er sich darüber, dass sie noch immer keinen Trockner hatten und dass es immer wieder nicht gelang, für diese wenigen, einfachen Arbeiten konsequent die Kinder verantwortlich zu machen. Immer wieder gab es irgendwelche ,Entschuldigungen’.
Ebenso ärgerte er sich, dass sein Gehalt als einfacher Sekretär eines Forschungszentrums nicht ausreichte, um eine kleine Familie zu ernähren – und es belastete ihn auch, dass seine Frau, die während der Jahre mit den kleinen Kindern irgendwie auch noch ihre Doktorarbeit geschafft hatte, jetzt an der Uni beschäftigt war, wo sie deutlich mehr verdiente als er. Sie ließ ihn dies nie spüren – aber er spürte es trotzdem. Eigentlich rechnete er es ihr hoch an, dass sie dennoch kochte – was er überhaupt nicht konnte – und sie sich den übrigen Haushalt halbwegs aufteilten, trotzdem fühlte er sich irgendwie minderwertiger. Und jetzt hängte er hier Socken auf, die seine verwöhnten Kinder nicht einmal für nötig gehalten hatten, richtig in die Wäsche zu legen! Und die von ihrer Mutter entschuldigt wurden, weil sie entweder gerade lernten oder sich bei einer Freundin vergnügten! Und hatte er etwa gerade nicht ein Buch gelesen?
Als eine Dreiviertelstunde später alle gemeinsam beim Abendessen saßen, war er noch immer frustriert. Er würde das Thema ansprechen, jetzt und hier. Der Eintopf schmeckte gut, trotzdem hatte er keinen Appetit, weil ihm dies einfach auf der Seele lag.
Er sah seine beiden Kinder an, die nichtsahnend in ihren Tellern löffelten – Kai, der Achtklässler, der schon mitten in der Pubertät war, und Anna, ein Jahr jünger, die sich immer wieder vorsichtig an ihren Bruder ,ranhängte’, wenn es galt, neue Freiheiten zu bekommen. Aber wenn es galt, einmal etwas zu tun, waren sie ,bei drei auf den Bäumen’ und hatten hundert Ausreden! Sein Ärger staute sich weiter an.
„Wir müssen glaube ich nochmal über die Aufgabenverteilung hier im Haus reden...“
Seine Kinder schauten ihn an. Besonders Kai schien sofort zu wissen, was die Stunde geschlagen hatte, und blickte überhaupt nicht begeistert.
„Welche Aufgabenverteilung?“, versuchte er schon durch die Wiederholung des Wortes, seine Verteidigung zu untermauern.
„Da ist nichts kompliziert dran zu verstehen“, erwiderte er verärgert.
„Es fallen hier regelmäßige Aufgaben an, und vor denen habt ihr euch nicht zu drücken!“
Die beiden Teenager sahen sich an.
„Und das wäre...?“, fragte Kai geradezu provokant.
„Das wäre zum Beispiel die Wäsche aufhängen“, sagte er heftig, „was ich vorhin wieder für euch gemacht habe!“
Nun hörte sogar seine Frau auf zu essen.
„Daniel...! Geht es auch etwas ruhiger?“
„Ruhiger? Nein, es geht nicht ruhiger! Du sagst ihnen auch ständig, sie sollen mal den Müll runterbringen! Selbst drauf achten, nicht immer warten, bis er überquillt. Tun sie es? Nein! Ich bin es langsam satt! Vor allem bin ich es satt, dass es alles betrifft. Egal was! Sie tun nichts, ohne dass man es sagt! Wie lange reden wir jetzt schon? Fünf Jahre?
Zehn?“
„Zehn garantiert nicht...“
„Gefühlt zehn. Doch...“
„Vom Übertreiben wird es auch nicht besser.“
„Es wird aber auch nicht besser, wenn die Jahre ins Land gehen und sie uns auf der Nase herumtanzen!“
„Ich tanze n– –“ „Oh doch, Kai! Es ist so einfach!“, er machte ihn vorwurfsvoll nach, „,Ohh, hab ich nicht gesehen...! Ohh, hab ich nicht dran gedacht...!
Ohh, jetzt musst ich grad üben...! Ständig kommen solche ,Entschuldigungen’ – oder nicht mal das! Es ist so armselig! So faul möchte ich auch mal sein!“
„Ich bin nicht faul! Ich bin auch bis zwei, drei Uhr in der Schule! Und dann habe ich noch Hausaufgaben. Muss lernen für die blöden Arbeiten.“
„Trotzdem habt auch ihr hier zu Hause ein paar Pflichten! Es geht einfach nicht anders.“
„Den Müll kann doch jeder mal runterbringen. Und wenn ich lernen muss, bin ich sogar länger beschäftigt als du...“
„Schule ist aber nicht dasselbe wie Arbeiten. Ihr habt da Freunde, ihr habt Pausen, ihr habt viel mehr Ferien, euer Schulweg ist viel kürzer, und du weißt nicht im Geringsten, was wir noch alles machen! Steuererklärung, Urlaubsplanung, Dinge regeln mit dem Vermieter, zu ,Ikea’ fahren – tausend Dinge, alles nur, damit wir hier in Ruhe wohnen und leben können! Tausend Dinge! Und von euch werden nur ein paar verdammte kleine Pflichten verlangt!“
Jetzt war die Stimmung gänzlich im Keller. Die Kinder waren völlig konsterniert, Kai aber auch abwehrend-aufsässig, was natürlich auch Anna sofort wieder mitbekam.
„Daniel, das hätte man jetzt auch anders sagen können...“
Er schaute einen Moment lang selbst konsterniert. Sogar seine Frau war nicht auf seiner Seite.
„Anders, anders! Wie denn anders? Es passiert doch nichts! Egal, was man sagt! Es passiert einfach nichts!“
Seine Tochter sah ihn schuldbewusst an. Kai jedoch war genauso abwehrend wie eben.
„Er will die Dinge einfach aussitzen! Fast vierzehn Jahre hat er es ja schon geschafft!“
„Daniel!“
„Ist doch wahr! Ich hab keinen Hunger mehr...“
Er stand auf und ließ seine betroffene Familie zurück. Das hatte er noch nie gemacht. Jetzt aber fühlte er sich durch seinen eigenen Ärger und seine Einsamkeit so in die Enge getrieben, dass er auch nicht mehr zurückkonnte. Er ging konsequent aus dem Zimmer und zog sich ins Arbeitszimmer zurück. Er wollte lesen, aber daran war gar nicht zu denken. Also saß er nur stumm auf seinem Stuhl und grollte in sich hinein, in einer Mischung aus schlechtem Gewissen und hilflosem Ärger...
*
Als es draußen still blieb und auch später niemand kam, fing er doch wieder an zu lesen – einen aktuellen Spiegel-Bestseller über das Anwachsen des Antisemitismus. Ein frustrierendes Thema, das ihn aber jetzt auch von seinem eigenen Ärger ablenkte. Außerdem hatte er Hunger, aber diesen schluckte er hinunter.
Erst gehen elf Uhr aß er in der Küche heimlich noch ein bisschen von dem Eintopf, dann ging er ins Bett, wo seine Frau bereits seit einer Viertelstunde ihrerseits ein Buch las. Als er zu ihr kam, legte sie es zur Seite.
„Na, hast du dich etwas beruhigt?“
Er lehnte wie sie an seinem Kissen, schwieg aber, denn schon die Frage fand er blöd, unpassend.
„Sie haben sich jetzt was überlegt...“
Er war etwas erleichtert, aber auch neidisch, weil dies offenbar der Erfolg seiner Frau gewesen war. Sein verletzter Stolz verbat ihm, genauer nachzufragen.
„Müll runterbringen, Wäsche auf- und abhängen, kleinere Einkäufe.
Da haben sie jetzt eine Regelung...“
„Mal sehen, wie lange die hält...“
„Daniel! Jetzt sei nicht immer so negativ!“
Er schämte sich, weil er wusste, dass er noch immer verletzt gewesen war.
„Das war ein ganz schöner Schock für sie, dass du einfach aufgestanden bist. Besonders für Anna. Sie hat sich danach sofort etwas überlegt.“
Er war gerührt.
„Und Kai?“, fragte er.
„Hat sich wohl oder übel drauf eingelassen.“
„Da siehst du’s...“
„Was sehe ich?“
„,Wohl oder übel’“
„Daniel – er ist fast vierzehn!“
„Heißt?“
„Dass er seine Selbstachtung verlieren würde, wenn er es freiwillig machen würde! Das musst du doch verstehen...“
„Wie bitte?!“, erwiderte er konsterniert, erneut. „Ich geb’s auf...“
„Daniel, du brauchst es nicht aufzugeben. Es ist einfach nur, wie es ist. Er ist jetzt in der Pubertät, wir haben es vorher irgendwie nicht geschafft, und jetzt wirst du ihn auch nicht mehr grundlegend ändern – im Gegenteil, wir können es nur verschlimmern. Dass er auf Annas Vorschläge halbwegs eingegangen ist – und ich glaube sehr wohl, dass er es akzeptiert hat –, ist ein großer Erfolg. Jetzt warte es doch erst mal ab...“
Er war noch immer mürrisch, weil er es nicht akzeptieren konnte, dass sein eigener Sohn derart faul war und bereits als Achtklässler meinte, sich sogar noch bei Kleinigkeiten verweigern zu können. Dennoch musste er einsehen, dass sie teilweise Recht hatte – teilweise.
„Ich hätte auch noch eine Bitte...“, begann sie dann.
Er spürte ihr Zögern, weil bereits der ganze Abend für ihn so frustrierend gewesen war.
„Ja?“, erwiderte er versöhnlich, jedenfalls nicht abwehrend.
„Könntest du ... morgen auf Kais Elternabend gehen? Ich weiß, das kommt sehr knapp, aber – ich gehe dann auch zweimal hintereinander. Ich habe morgen noch einen Termin reinbekommen, weil in sechs Wochen eine südamerikanische Delegation kommt, und wir müssen da noch Einiges vorbereiten... Ich hab meinem Chef auch schon gesagt, dass das sehr kurzfristig ist, aber es geht leider nicht anders.“
,Es geht nicht anders.’ Das hatte er vorhin selbst gesagt. Nun ereilten ihn diese Worte wieder. Aber seine Frau bat ihn, und er verstand es natürlich. Das Einzige, was ihn wurmte, war, dass er jetzt ausgerechnet zu Kais Elternabend gehen sollte – dem die Schule ohnehin fast egal zu sein schien. Aber dafür konnte seine Frau ja nichts.
„Ja, klar ... mach ich...“
„Danke!“
Sie gab ihm spontan einen Kuss.
Später hatten sie noch Sex miteinander. Leise, damit die Kinder nichts hörten. Seine Frau hatte mit ihm fast immer ebenfalls einen Höhepunkt.
Dennoch hatte er gerade diesmal hinterher wiederum ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hing es sogar mit ihrem spontanen Kuss davor zusammen. Oder mit seinem ganzen Ärger an diesem Tag. Jedenfalls merkte er, dass es tatsächlich mehr Sex als Liebe war. So deutlich war ihm das nie aufgefallen.
Dennoch war ihm im Rückblick klar, dass es schon lange so war. Sie waren eigentlich ein gutes, eigentlich sogar ein hervorragendes Team. Aber nach fünfzehn Jahren Ehe und Familiengründung kein Liebespaar im eigentlichen Sinne mehr. Sicherlich führten sie eine überdurchschnittlich harmonische Ehe. Aber das besagte ja nicht viel...
Am nächsten Morgen verabschiedete er sich lieb von seiner Frau, auch um die möglicherweise überflüssigen Eingeschnapptheiten des Vortages wieder ein wenig gutzumachen. Meist musste er etwa eine Viertelstunde vor ihr aus dem Haus. Zusätzlich besserte seine Laune, dass heute bereits Donnerstag war – auch wenn der Tag wegen des Elterabends lang werden würde, war das Wochenende bereits nahe...
Sein Alltag war eine abwechslungsreiche Routine. Telefonate annehmen, E-Mails beantworten. Sitzungen vorbereiten. Dies und jenes. Berufsmäßig interessierte er sich für das Zentrum, für das er tätig war, aber mehr auch nicht. Am Wochenende ging er mit seiner Frau ab und zu ins Theater oder um einen See spazieren, sonst traf er sich mit zwei Freunden am Sonntag regelmäßig zum Skat, manchmal auch mit anderen zum Schach. Seine Frau wiederum ging am Wochenende mit Freundinnen joggen – was er noch nie verstanden hatte. Aber seine Hobbys verstand sie auch nicht. Also ging jeder nicht selten seine Wege. Sie ging ab und zu mit ihren Freundinnen Shoppen – meistens ohne etwas zu kaufen – oder traf sich einfach so mit ihnen. Bisweilen waren sie auch beide zu Hause und lasen einfach ein Buch.
An diesem Abend war seine Frau wie angekündigt noch nicht zu Hause. Sie hatte das Essen bereits auf den Herd gestellt, und als er nach Hause kam, kündigte er seinen Kindern an:
„Könnt ihr um sechs Uhr das Essen warm machen und den Tisch decken?“
Eine undefinierbare Nichtantwort war die Folge, aber er wusste, dass sie es gehört hatten.
Es dauerte eine Viertelstunde, bis Anna ihn holte. Er hatte bereits wie auf Kohlen gesessen und die Diskussionen draußen mitbekommen.
Als sie am Tisch saßen und angefangen hatten, zu essen, fragte er: „Und warum hat es jetzt eine Viertelstunde länger gedauert?“
„Er wollte“, sagte Anna sofort, „den Tisch decken, aber nicht abräumen.“
„Entweder, oder“, verteidigte sich Kai.
„Aber ich hab das Essen warm gemacht!“
„Das ist ja keine Kunst!“
„Und warum wolltest du es dann nicht?“
„Weil das Frauensache ist...“
„So ein Blödsinn!“
„Warum klappt das nicht?!“, übertönte er den Streit, wiederum über diesen verärgert.
„Wegen Kai!“, sagte Anna. „Ich hätte es ja auch andersrum gemacht.
Mir wäre es egal gewesen!“
Kai zog sich in eine abwehrende Miene zurück.
„Warum klappt das nicht?!“, wiederholte er, nun an seinen Sohn gerichtet.
„Sind wir jetzt für alles zuständig, oder was...“, versuchte dieser einen aufsässigen Generalprotest.
Ihm blieb fast die Spucke weg.
„Ach! Deine Mutter darf kochen, ja, aber du bist dir zu fein, zwei Minuten deines Tages zu opfern, um mal eben den Tisch zu decken und, ja, sorry, ihn auch wieder abzuräumen?“
„Abräumen kann doch jeder seins dann!“, erwiderte sein Sohn mit störrischer Beharrlichkeit.
„Ja, jeder seins!“, entgegnete er verächtlich. „Du kannst auch für diese Wohnung deinen Anteil erarbeiten! Du kannst auch auf deinen eigenen Elternabend gehen! Du kannst auch mal in dein Zimmer gehen, um dir zu überlegen, was du künftig tun willst und was nicht, wenn dir diese zwei Minuten zu schade sind!“
Sein Sohn sah ihn unsicher an.
„Ja – kannst du! Geh in dein Zimmer und überleg’s dir nochmal!“
Nun blickte sein Sohn betroffen, dann feindselig – dann stand er auf und ging voller Wut aus dem Raum.
Seine Tochter sah ihn betroffen an. Vielleicht fühlte sie sich sogar selbst schuldig.
„Ging nicht anders, Anna. Wer nicht hören will, muss fühlen!“
Er begann zu essen.
„Na los... Iss auch...“
Zögernd tat sie es.
Als er das Schweigen nicht mehr aushielt, fragte er: „Findest du es denn richtig, diese ständigen Streitigkeiten um absolute Kleinigkeiten?“
„Nein...“, sagte sie kleinlaut.
„Wieso macht er’s dann?“
Er wusste, dass sie vielfach nicht weniger betroffen war, aber so konnte er sie auf seine Seite ziehen.
„Weiß ich nicht...“
„Es ist so anstrengend, ständig um diese zwei Minuten zu kämpfen!
Man ist mehr am Diskutieren als alles andere. Der ganze Ärger...! Ist ihm das die ganze Sache wert?“
„Weiß ich nicht...“
„Und dir? Warum müssen so einfache Sachen so kompliziert sein? So ganz winzige Dinge...“
Sie schwieg beschämt.
„Ich hab gehört, du hattest dir was ausgedacht?“, fragte er dann versöhnlich.
Sie nickte, blieb aber verschlossen – er hatte erwartet, dass ihre Miene sich erleichtert aufhellen würde. Jetzt begriff er, dass sie sehr wohl auch noch immer einen unangenehmen Zwang in alledem sah und auch mit ihrem Bruder solidarisch blieb, sich jedenfalls nicht auf eine Seite ziehen ließ.
Ratlos schwieg er.
Schließlich fragte sie:
„Darf Kai jetzt nichts essen?“
„Er kann essen, wenn ich gleich weg bin. Wegen eurer Diskussionen muss ich jetzt sowieso gleich los und hab auch kaum Ruhe zum Essen...“
Jetzt fühlte sie sich wieder ungerecht behandelt, weil es kaum ihre Schuld gewesen war. Und so war die Stimmung am Tiefpunkt.
„Wenn du mit ihm Mitleid hast, bloß weil er mal die Konsequenzen seiner ganzen Aufsässigkeit und Faulheit für eine halbe Stunde ertragen muss, dann unterstützt du das auch noch, Anna!“
Sie wand sich unbehaglich.
„Er muss jetzt mal eine halbe Stunde nachdenken und kann erst eine halbe Stunde später essen – aber Tag für Tag müssen wir unter seinen ganzen ,Argumenten’ leiden, die aus jeder Zweiminutensache eine quälende, völlig sinnlose Grundsatzdiskussion machen! Das ist ein dauernder Terror – anders kann ich es nicht sagen. Ich sagte doch gestern schon: Ich bin es so leid! Es ist so absolut sinnlos.“
„Er sagte mal“, meinte sie kleinlaut, „er will nicht die ganzen ,Sklavenarbeiten’ machen müssen...“
„Sklavenarbeiten?“, wiederholte er perplex.
„Ich glaube, er meinte vor allem den Müll...“
„Dann sollen das wohl andere für ihn machen?“
„Er meinte wohl, dass nicht nur wir es machen müssen...“
„Aber was heißt das denn?! Tausend Sachen müssen nur wir machen – eure Mutter und ich! Haben wir einmal etwas von ,Sklavenarbeit’ gesagt? Ich fasse es nicht! ,Sklavenarbeit’! Ich fasse es einfach nicht! Will er etwa kochen? Sich eine halbe Stunde und länger jeden Tag an den Herd stellen? Wenn er sich für die Minute zu fein ist, die er die Mülltüte in die Hand nehmen und den Müllraum betreten muss?“
Seine Tochter schwieg beschämt.
„Oder lieber arbeiten gehen, statt einmal die Woche die Wäsche aufund abzuhängen...?“
„Wir haben ja auch Schule...“
Sie übernahm das Argument ihres Bruders.
„Ich fasse es nicht...“, wiederholte er. „Habt ihr einmal den Abfluss eines Waschbeckens gereinigt, wenn es verstopft war, vor allem durch eure Unachtsamkeit? Habt ihr einmal erlebt, wie das ist, mit dem ganzen Schleim da drin im Rohr? Wie man sich fast erbrechen muss, wenn man das rauszieht? Das ist Sklavenarbeit! Aber er – oder ihr? – seid euch zu fein, eine Minute eine Plastiktüte zu halten und zu nehmen! Ich kann es einfach nicht fassen...!“
Sie schwieg nun endgültig beschämt.
Sein innerer Ärger steigerte sich in die Vorstellungen hinein.
„Nur immer schön meinen, man werde so ungerecht behandelt! Und nur immer schön blind sein, für all das, was man nicht machen muss!
Wunderbar... Ganz wunderbar...“
Er wusste, dass er jetzt jegliche Stimmung völlig vergiftete. Aber seine war schon vergiftet. Was sollte er tun? Es musste einmal ausgesprochen werden.
„Ihr müsst mal ein bisschen die Augen aufmachen. Pubertät bedeutet vor allem: aufhören zu träumen.“
Seine Tochter schwieg mit schlechtem Gewissen.
„Sie bedeutet nicht Vollkaskomentalität und sich zurücklehnen, weil man sich für alles zu fein ist – sondern sie bedeutet, endlich mal mit anzupacken, wenn man es bis dahin noch immer nicht gelernt hat. Sie bedeutet nicht: ,Ohh, ich muss ja in die Schule’ – und sich dann zu Hause von den Eltern komplett bedienen zu lassen! Es bedeutet, auch da seinen Anteil zu leisten. Und wenn es nur zwei Minuten am Tag sind! Eure Mutter steht zehnmal länger am Herd! Wir können da gerne noch andere Regelungen finden...“
„Wir machen’s ja jetzt...“, beeilte sich seine Tochter, den Status quo nicht zu gefährden.
*
Am Ende hetzte er völlig verärgert zum Elternabend. Eigentlich hatte er nicht mehr die geringste Lust – sich nun auch noch anzuhören, wo die Klasse seines Sohnemannes stand, der bereits das Müll-Runterbringen als ,Sklavenarbeit’ empfand und sich dafür also zu fein war! Nicht mehr die geringste Lust. Einzig sein Pflichtgefühl ließ ihn trotzdem diese sinnlose Zeit verbringen und anwesend sein...
Im Klassenraum saßen die Eltern an den Plätzen der Schüler, was er auch schon wieder peinlich und idiotisch fand, aber wahrscheinlich hatte auch hier wieder niemand ,Lust’ eine andere Sitzordnung herzustellen und Tische zu rücken, am Anfang und am Ende – und er ja auch nicht. Einige kleine Gespräche gab es. Dann war es auch schon Zeit, und die Klassenbetreuerin begann den Elternabend.
Nach einer kurzen Begrüßung sagte sie:
„Bevor wir beginnen, wurde ich gebeten, fünf bis maximal zehn Minuten Raum für ein Projekt einzuräumen, für das eine Schülerin um Spenden bittet. Ich habe sie gebeten, es auch wirklich kurz zu machen, weil wir noch genügend Punkte zu besprechen haben werden...“
Mit diesen Worten ging sie zur Tür, um die Schülerin hereinzulassen. Er erinnerte sich, dass er bei seiner Ankunft ganz kurz ein Mädchen auf dem Flur hatte warten sehen, was ihn tatsächlich kurz verwundert hatte.
Das Mädchen hatte lange braune Haare und dunkle Augen, ein schönes, leicht südländisch wirkendes Gesicht, und jetzt wurde es von der Lehrerin gefragt, ob es sich selbst vorstellen wolle, was es bejahte. Und dann wandte es sich auch schon an die ,Klasse’ voller Erwachsener und begann zu sprechen...
„Ich bin Jasmin, aus der 8b, und ich möchte Ihnen kurz ein Projekt vorstellen, für das ich um Spenden bitte.“
Ihm fiel die Sicherheit des Mädchens auf. Die Selbstsicherheit eines Mädchens, das vor über zwanzig Erwachsenen sprach. Weder seine Tochter noch sein Sohn hätten sich so hingestellt – wahrscheinlich nicht einmal er...
„Es geht um Delfine... Genauer gesagt eine Unterart des Großen Tümmlers, den Sie vielleicht auch als ,Flipper’ kennen. Diese Unterart ist der ,Lahille Große Tümmler’, und von ihnen gibt es nur noch wenige hundert Tiere im Süden Brasiliens. Das Projekt ,Yaqu Pacha’, für das ich Spenden sammle, will diese Tiere schützen, die von Fischernetzen und einer generellen Bedrohung ihres Lebensraumes bedroht sind. Es geht um einen Schutz dieses Lebensraumes, eine Sensibilisierung der Bevölkerung und eine Entwicklung anderer Fangmethoden, um die Delfine zu schützen. Ich habe hier Flyer“, sie hielt sie hoch, „aber hier habe ich auch noch einmal selbst alles aufgeschrieben, damit es persönlich ist. Ich finde, keine Tierart darf aussterben – auch keine Unterart. Wir hängen alle voneinander ab. Helfen Sie bitte mit, dass alle Lebewesen auf dieser Welt weiter auf ihr leben können. Geben Sie lieber mehr als weniger...“
Ein kurzes Lachen erhob sich. Dann sagte das Mädchen: „Wenn Sie Fragen haben...“
Ein Vater fragte etwas spöttisch:
„Was bedeutet ... Jaku – –“
„Yaqu Pacha? Es bedeutet soviel wie ,Wasserwelt’. Es ist Quechua, eine Art indigene Sammelsprache aus Südamerika.“
„Und wo sitzt dieses Projekt? Kommt das Geld überhaupt an?“, fragte ein anderer.
„Es sitzt in Nürnberg. Es ist eine Zusammenarbeit mit dem Tiergarten Nürnberg.“
„Wieso übersetzt man es dann nicht?“
„Würden Sie bei ,Wasserwelt’ mehr spenden? Ich habe es doch übersetzt...“
Jetzt hatte das Mädchen die Lacher auf seiner Seite. Aber sie meinte es ganz ernst.
„Wieso sammelst du gerade für dieses Projekt?“, fragte ein Dritter.
„Meine Oma hat mich darauf aufmerksam gemacht. Sie stammt ursprünglich aus Brasilien und wohnt jetzt in Nürnberg...“
„Ach so, ja, gut... Aber warum sollen wir gerade dafür spenden? Nur weil du es zufällig entdeckt hast?“
„Nein, sondern weil es wichtig ist. Ich liebe Delfine schon mein Leben lang. Ich könnte ihnen auch noch mindestens fünf andere Projekte vorstellen, die Delfine zu schützen versuchen. Ich dachte nur, ich nehme dieses, weil der Große Tümmler noch am bekanntesten ist.“
„Ist er denn vom Aussterben bedroht?“
„Diese Unterart, ja. Es gibt nur noch wenige hundert Tiere...“
„Aber wir können nicht jede Unterart schützen...“
„Kommt das Geld denn dort an“, fragte ein Weiterer. „Dass man das in Nürnberg koordiniert, heißt ja noch lange nicht, dass –“
„Doch, der Verein kennt die Partnerorganisationen vor Ort sehr gut, es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit.“
„Bernd hat Recht. Heute ist es der ,Sowieso Große Tümmler’, morgen ist es wieder etwas Neues...“
Das Mädchen schwieg und sah den letzten Redner etwas ratlos an.
„Es ist doch egal“, sagte nun eine Mutter. „Irgendwo muss man doch anfangen.“
„Aber dann“, erwiderte eine andere, „fange ich lieber vor Ort an. Was interessieren mich Delfine in Weiß-ich-wo, wenn es hier mitten in Deutschland Menschen dreckig geht?“
„Sehe ich auch so“, sagte ein Vater, der bereits einmal gesprochen hatte.
„Wieviel sollte man spenden?“, fragte er, um irgendetwas für dieses Mädchen zu tun. „Was wäre ,zu wenig’...?“
Er hatte eigentlich den Wunsch, sie mit diesem humorvollen Aufgreifen ihrer eigenen Formulierung zu erreichen.
Tatsächlich sah sie ihm fast dankbar, aber auch ruhig in die Augen und sagte nach kurzem Überlegen: „Es ist immer zu wenig... Geben Sie einfach, was Ihr Herz Ihnen sagt...“
Diese Antwort machte ihn tief betroffen.
Ein, zwei Männer lachten auch diesmal, und einer der beiden fragte belustigt:
„Na, Daniel – was sagt dir dein Herz...? Wie weit würdest du gehen ... für diese Delfine...?“
„Ich glaube“, sagte die Lehrerin, „wir brechen das an dieser Stelle einmal ab. Vielen Dank, Jasmin, dass du hier warst und dich so für diese Tiere engagierst. Ich bin sicher, dass am Ende genug Spenden zusammenkommen werden. Wir werden sehen... Man muss das vielleicht einfach erstmal sacken lassen...“
Das Mädchen sah die Lehrerin an. Dann sagte es:
„Da muss man nichts sacken lassen. Das Herz sackt schließlich auch nicht. Entweder es sagt etwas – oder es sagt nichts. Wenn es aber nichts sagt, sondern nur lauter merkwürdige Fragen hat, dann kann man demjenigen auch nicht helfen...“
„Oho!“, meinte der Vater von eben. „Ich glaube nicht, dass solche Bemerkungen den Spendenfluss fördern...“
Sie erwiderte seinen Blick und sagte:
„Manche sind zu bedauern. Aber mein Mitleid haben andere...“
Dann verabschiedete sie sich von der Lehrerin – und weg war sie.
„Wow!“, machte jener Vater theatralisch. „Die hat wirklich Haare auf den Zähnen, die Kleine...“
„Ähm“, nahm die Lehrerin das Wort an sich, „wir gehen glaube ich jetzt ohne weitere Umschweife zum eigentlichen Elternabend über, da wir wie gesagt noch wirklich Einiges zu besprechen haben. Sie finden das Material am Ende auf dem Tisch, und wer spenden möchte, der tut es, und wer es nicht möchte, der tut es nicht, es ist ja letztlich ganz einfach und braucht jetzt keine weiteren Diskussionen.“
„Die letzte Bemerkung“, meinte eine Mutter dennoch, „war aber wirklich unpassend. Das Mädchen ist wirklich vorbildlich, finde ich...“
Zustimmendes Gemurmel von ein paar weiteren Müttern.
„Trotzdem hat sie –“
„Nein, hat sie nicht. Und eine ,Kleine’ ist es auch nicht!“
„Wow, jetzt geht’s hier aber los!“
„Können wir das hier bitte abbrechen?“, sagte die Lehrerin nervös.
„Das ist nicht der Sinn eines Elternabends, dass man sich hier jetzt in die Haare gerät...“
„Es geht ja nicht um ,in die Haare’“, erwiderte der Vater. „Es geht darum, dass sie mit ,merkwürdigen Fragen’ anfing, als hätten wir nicht das Recht, Fragen zu stellen! Ich fand das ziemlich unmöglich! Wenn das meine Tochter wäre...“
„Ist sie ja zum Glück nicht...“, witzelte ein anderer.
Schließlich aber gelang es der Lehrerin, die Debatte endgültig abzubrechen und den Elternabend zu beginnen ... der dann aus lauter langweiligen Informationen, ein, zwei Entscheidungen und außerdem auch der üblichen ,Standortbestimmung’ der Klasse bestand. Letztlich bekam er das alles nur mit allenfalls halbem Ohr mit...
*
Als er nach Hause ging, hatte ihn an dem Abend nur eines beeindruckt. Dieses Mädchen. Er hatte sich den Flyer und ihr selbstgeschriebenes und -gestaltetes Papier eingesteckt.
Seine Frau kam erst eine Stunde später. Sie fragte ihn, wie es gewesen war, und er gab ihr alle wesentlichen Infos, soweit er sie sich gemerkt hatte. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Danke, dass du da warst.“
Er bedankte sich innerlich bei ihr. Sonst hätte er dieses Mädchen verpasst. Dafür hatte sich der Abend wirklich gelohnt.
Als er am Samstag mit seiner Frau wieder um den See spazierte, sagte sie:
„Kai will ja im Sommer mit seinem Freund in die Berge fahren. Was machen wir? Erlauben wir das? Nehmen wir Anna allein irgendwohin mit?“
„Du denkst schon an den Sommer? Es ist Mitte Februar...“
„Das macht doch nichts. Man muss es doch früh genug überlegen. Also was denkst du?“
„Ich weiß es nicht. Wenn sie Lust hat.“
„Wir könnten sie natürlich auch irgendwo unterbringen und allein fahren. Was wir seit fünfzehn Jahren nicht mehr gemacht haben...“
Er wusste nicht, warum er sich von diesem Vorschlag auf einmal fast wie bedroht fühlte, unter Druck gesetzt...
„Ja, können wir natürlich auch...“
„Wohin würdest du denn gerne?“
„Ich weiß nicht. Das sollten wir uns noch einmal gut überlegen.“
„Ich würde ja am liebsten noch einmal in die Provence.“
Dort waren sie nach ihrer Heirat hingefahren...
„Hm...“
„Du nicht auch?“
„Da war es sehr schön, ja. Aber es ist schon so lange her. Ich weiß nicht so recht, ob es mich da noch einmal hinzieht...“
„Also nicht.“
Sie war enttäuscht.
„Ich kann mich nicht so schnell auf solche Reiseentscheidungen einstellen. Ich muss das erst einmal sacken lassen... Ich bin nicht so spontan wie du...“
„Doch – du hast spontan gesagt: ,Ich weiß nicht, ob es mich da noch mal hinzieht’.“
„Aber das kann sich auch ändern. Ich fahr nur lieber an gewohnte Orte. Überraschungen kann ich im Urlaub eigentlich nicht brauchen. Und du weißt, dass es immer Überraschungen gibt. Auch damals gab es genug Aufregung.“
„Aber es hat uns nicht gestört.“
„Aber wir sind älter geworden, Frauke. Ein Urlaub sollte in unserem Alter kein Abenteuer mehr sein...“
„Muss es doch auch nicht. Man kann heute alles planen.“
„Ja, kann man. Ich muss es ja auch einfach nur sacken lassen, verstehst du?“
„Aha...“
Sie war noch immer – oder wieder – enttäuscht, und er kam sich furchtbar spießig vor. Aber er war eben so. Er konnte kein Französisch, und er wusste, dass die Franzosen keine andere Sprache konnten. Und wenn seine Frau nicht alles komplett allein organisierte, lief es auf Verantwortung hinaus, und das stresste ihn. Er wollte nicht, dass Urlaub Stress bedeutete... Und wenn dann noch irgendwas nicht klappte, war der Urlaub mehr Stress als alles andere. Darauf konnte er gerne verzichten...
Vorsichtig fragte er:
„Würdest du das denn organisieren?“
„Ich? Könntest du das nicht machen? Wo ich doch jeden Tag koche...“
„Ich weiß ja nicht mal, wohin du genau willst.“
„Ich lasse mich auch gerne überraschen...“
Da war er also – der Stress. Er wünschte sich, das Thema wäre nie aufgekommen. Er wünschte sich, es würde nie Sommer werden...
Zum Glück beharrte seine Frau in dem Moment nicht weiter auf der Sache. Sie wusste ja, dass er es ,sacken lassen’ musste. Und sie hatte ihr Anliegen, ihren Wunsch untergebracht...
Trotzdem lag es ihm den Rest des Spazierganges schwer auf dem Magen.
Und natürlich hatte er sofort an das gedacht, was das Mädchen über das ,sacken lassen’ gesagt hatte: ,Das Herz sackt ja auch nicht.’ Und wenn aber doch?
Seine Frau besuchte am Sonntag Freundinnen – sie nannte es aus irgendeinem verrückten Grund immer ,Mädelsbrunch’ –, und er ging zu seinen Freunden Skatspielen. Auch die Kinder waren am Wochenende meistens verabredet, und so fehlte niemand niemandem.
Bei seinen Freunden fühlte er sich frei. Wenn sie reizten, einen Null verloren, einen Grand auf der Hand hatten oder einfach nur Durchschnittsspiele durchbrachten oder nicht durchbrachten, dann war die Welt für ihn in Ordnung. Natürlich gewann er gerne. Aber es störte ihn meistens auch nicht wirklich, wenn er am Ende mit ein paar hundert Punkten im Minus stand. Rainer kannte er wirklich schon seit dem Gymnasium, und Timo war ursprünglich nur Rainers Freund gewesen, aber vor ein paar Jahren, als ihr ,dritter Mann’ umgezogen war, hatten sie ihn kurzerhand ,rekrutiert’ und ihm das Spiel beigebracht.
Hier musste er nichts. Man musste nicht politisch diskutieren, sich nicht positionieren, nicht streiten, man musste gar nichts. Nicht an Sommerurlaube mit viel Stress in der Provence denken, nicht an irgendwelche anderen Verpflichtungen, man war frei. Es ging nur um das Spiel – und er liebte dieses Spiel.
Aber an diesem Tag geschah etwas Seltsames. Als er so frei war und nichts ihn beschwerte und belastete, da beschwerte ihn auf einmal diese Freiheit. Waren es Schuldgefühle? Die Schuldgefühle gegenüber Frauke? Oder gar gegenüber Kai oder Anna? Er konnte sich nicht so recht auf das Spiel konzentrieren. Aber Schuldgefühle hatte er eigentlich auch keine – jedenfalls nicht mehr als sonst, es war nichts Außergewöhnliches, es war ein ganz normaler Sonntag, und er saß endlich mit seinen Freunden zusammen und spielte Skat! Wieso machte es ihm nicht die Freude, die es ihm sonst immer machte? Waren es doch Schuldgefühle...?
Aber es war etwas anderes. Er bemerkte, dass er mit den Gedanken nicht bei der Sache war. Irgendwie schien ihm alles auf einmal in einem leichten Nebel... Ein bisschen unwirklich. Was machte er hier eigentlich? Er nahm seine Freunde anders als sonst wahr, wie herausgehoben fühlte er sich. Spielten sie tatsächlich schon seit Jahren mindestens jedes zweite Wochenende auf diese Weise Skat? Wie viele Spiele hatten sie so schon gemacht? Jedes Mal zwanzig, dreißig? Fast tausend pro Jahr? Fünftausend in fünf Jahren. Lauter Nulls, Grands, Farbenspiele... Mal gewann der eine, mal der andere, immer wieder. Immer wieder, Spiel zu Ende, neu mischen, austeilen, reizen, spielen...
Und auf einmal war es da. Ihr Bild. Auf einmal wusste er, dass er an sie dachte. Sie hatte sich klammheimlich in seine Gedanken geschlichen. Dieses Mädchen. Mit den Delfinen, von denen er nicht einmal mehr wusste, wie sie hießen. Doch, Tümmler. Große Tümmler. Nur die Unterart hatte er vergessen, die gefährdete. Es würde ihm nicht auffallen, wenn sie ausstarb. Aber das Mädchen hatte er offenbar nicht vergessen können.
Er spielte ein Pik Hand und musste sich konzentrieren, was es ihm ermöglichte, sie noch einmal zeitweilig zu verdrängen. Aber danach war es vorbei. Sie setzte sich entschieden in seinen Gedanken fest – so entschlossen, wie er sie erlebt hatte. Furchtlos. Sie setzte sich einfach fest, und da war sie nun. Er konnte nichts machen. Den Rest des Vormittages dachte er an sie, und sogar seinen Freunden fiel auf, dass er unkonzentriert spielte.
„Was ist los, Daniel? Hast du nicht mitgezählt?“
„Sorry, nein, ich dachte, alle Trümpfe wären schon raus.“
„Aber ich hab Kontra gesagt!“
„Ja, ich weiß, ich bin heute ein bisschen durcheinander.“
„Warum?“
„Weiß ich auch nicht.“
„Ärger mit Frauke?“
„Nein. Sie will im Sommer nur in die Provence.“
„Und?“
„Jetzt soll ich das organisieren.“
„Dann mach das doch.“
„Ja, aber ich empfinde das als Stress. Und nur, weil wir dort nach unserer Hochzeit waren, will sie da jetzt wieder hin...“
Rainer musste lachen.
„Was ist?“
„Wenn die Frau wieder in die Flitterwochen will, ist sie in der Midlife-Crisis...“
Timo grinste.
„Oder sie merkt, dass ihr Mann drin ist.“
„Was? Was meinst du?“
„Eben genau das.“
„Dass ich in der Midlife-Crisis bin?“
„Weiß ich doch nicht. Ich wollte nur nicht, dass man nicht alle Möglichkeiten ins Auge fasst. Ich bin Wissenschaftler.“
„Was ist überhaupt eine Midlife-Crisis? Wie würde die sich denn zeigen?“
Rainer musste wieder lachen.
„Wenn du nichts merkst, hast du auch keine.“
„Was würde ich denn merken?“
„Dass du jungen Frauen nachblickst...“
Er war perplex. Im Hinterkopf hatte er das also doch gewusst – was eine Midlife-Crisis ist.
„Und – tust du’s?“
„Nein!“
„Das kam jetzt etwas sehr demonstrativ.“
„Ich habe noch nie jungen Frauen nachgeblickt. Wieso auch?“
Wieder musste Rainer lachen.
„Ich weiß ja nicht... Warum sollte man das tun? Stimmt – jetzt, wo du es sagst, verstehe ich es auch nicht mehr...“
Wieder musste er prusten.
„Du spinnst, Rainer“, stellte Timo nüchtern fest. „Beruhig dich mal wieder.“
„Das hat mir jetzt wirklich den Tag gerettet“, sagte Rainer ausgelassen.
„,Wieso auch...?’ Aber es stimmt. Wenn einer jungen Frauen nicht nachblickt, dann ist es Daniel. Nein, keine Sorge, Daniel – du hast keine Midlife-Crisis. Also hat Frauke eine. Jetzt wissen wir es.“
„Es kann auch einfach eine schöne Erinnerung sein“, erwiderte Timo.
„Ja, trotzdem – Midlife-Crisis.“
„Der Begriff erscheint mir sehr unscharf.“
„Wie auch immer. Daniel wird uns ja berichten, was weiter passiert.
Das kann ja sehr unscheinbar anfangen.“
„Jetzt lass Daniel doch mal in Ruhe.“
„Ich sag ja gar nichts. Nur dass man nicht unvorbereitet ist. Muss ja gar nichts Schlimmes sein. Man sollte es nur wissen.“
„Okay, er weiß es jetzt. Können wir jetzt weiterspielen?“
„Klar doch. Du teilst...“
*
Als er nach Hause ging, war es ihm gar nicht recht, dass das Gespräch eine solche Wendung genommen hatte. Hätte er lieber nichts gesagt! Er wollte mit seinen Freunden schließlich Skat spielen und sonst nichts. Er wollte seine Ruhe haben, und sie sollten ihn in Ruhe lassen. Jetzt fing Rainer mit ,Midlife-Crisis’ an – so ein Unsinn!
Ja, seine Frau wollte wahrscheinlich die gute alte Zeit aufwärmen – aber war sie darum in einer Midlife-Crisis? Man konnte es auch übertreiben mit diesen ganzen Theorien. Nach fünfzehn Jahren liebte man sich nun einmal nicht mehr so wie früher. Das war normal – und dass man es sich zurückwünschte, war durchaus auch normal. Wieso sollte man so etwas ,Krise’ nennen? Völliger Unsinn. Es war einfach, wie es war. Es kam und ging. ,Wechseljahre’ war wenigstens ein harmloser Begriff. Wahrscheinlich war es so etwas...
Aber das Mädchen konnte er nicht vergessen. Sie beeindruckte ihn immer noch. Wortwörtlich. Sie hatte einen bleibenden Eindruck in seinem Inneren hinterlassen. Wie bleibend, das wurde ihm jetzt erst klar – jetzt, wo einige Zeit vergangen war, und sie immer noch blieb, ja mehr noch ... wiederkam. Denn gestern hatte er sie ja eigentlich fast vergessen. Oder hatte er sie auch gestern nicht vergessen gehabt? Er wusste es nicht. Er wusste auch nicht, was sich in seinem Unterbewusstsein abspielte. War sie da die ganze Zeit gewesen? Hatte sich dort eingerichtet, es sich bequem gemacht, sich ein wenig umgeschaut ... und dann entschieden zu bleiben?
Aber was waren das für Gedanken? Als würde er ständig sie als Handelnde darstellen? Aber so fühlte es sich an! Obwohl sie, das reale Mädchen, ihn sicherlich längst vergessen hatte, drängte sie, ihr Bild, sich in sein Inneres. Wie sie da vor der ,Klasse’ gestanden hatte, vor ihnen, wie sie gesprochen hatte, ihr Blick, ihre Worte, ihre Stimme. Das alles drängte sich in seine Gedanken, in seine Erinnerung. Was bedeutete das? Es bedeutete, dass er sie nicht vergessen konnte. Und das stimmte. Er konnte sie nicht vergessen.
Er erinnerte sich an ihre Augen. Ihre dunklen Augen. Ihre schönen dunklen Haare, nichts Besonderes, aber bei ihr waren sie perfekt, passten so wunderbar zu ihren Augen, ihrem ganzen Gesicht, dessen Erinnerung ihn einfach nicht losließ. Auch nicht, wie sie gesprochen hatte, so sicher, so überzeugt, so beeindruckend. Er verstand nicht wirklich, was ihn so beeindruckte. Ihr Mut? Aber war es mutig? Sicher konnten sich viele Jugendliche einfach so hinstellen und irgendwas sagen. Es war nicht wirklich mutig... Aber was war es dann? Er wusste nur eines, und das wusste er jetzt: Er hatte die Sehnsucht, dieses Mädchen wiederzusehen.
Er bemühte sich am Montagabend beim Essen sehr um Freundlichkeit, und die Kinder erzählten auf diese Weise sogar noch ein bisschen von ihrem Wochenende. Selbst Kai schien sich für einen Waffenstillstand zu entscheiden und das Thema ,Sklaverei’ erst einmal ruhen lassen zu wollen.
Nach dem Essen ging er noch unauffällig in dessen Zimmer, und Kai nahm erstaunt die Kopfhörer wieder ab, mit denen er gerade Musik zu hören begonnen hatte.
„Sag mal ... gibt es an eurer Schule eine Jasmin? Kennst du eine? Eine Klasse über euch?“
„Jasmin... Wieso?“
„Sie hat auf dem Elternabend irgend so ein Tierschutzprojekt vorgestellt.“
„Ach die! Ich wusste nicht genau – doch, stimmt, sie heißt Jasmin.
Was willst du denn von der?“
„Ich wollte sie noch etwas fragen zu dem Projekt.“
„Was denn?“
„Ein paar Hintergründe.“
„War es so interessant?“
„Ja.“
„Klappert sie echt die Elternabende ab?“
„Es scheint so.“
„Die ist völlig durchgeknallt...“
„Wieso?“
„Na ja, wie kann man in seiner Freizeit in die Schule gehen? Abends?“
„Um Geld zu sammeln...“
„Für was sammelt sie diesmal?“
„Wieso diesmal?“
„Die hat doch ständig was! Ständig hat sie irgendwas. Die nervt total.
Denkt, dass sich alles nur um sie drehen müsste!“
„Wirklich?“
„Ja, frag mal so einige...“
„Egal. Könntest du ihre Nummer rausbekommen? Oder E-Mail oder so was?“
„Niemand schreibt heute mehr E-Mails!“
„Dann ihre Nummer.“
„Ich frag sie doch nicht nach ihrer Nummer!“
„Du kriegst auch zwanzig Euro.“
„Wie bitte? Das muss aber sehr wichtig sein...“
„Wichtig genug. Also machst du es?“
„Ja, okay... Für zwanzig Euro frag ich sie kurz... Und wenn sie sie nicht geben will?“
„Sag ihr, dass es wichtig ist.“
„Okay.“
„Super, danke.“
*
Den Rest des Abends fühlte er sich fast schuldig, jedenfalls wie ein Verschwörer. Aber ihr Bild ging ihm nicht aus dem Sinn. Er musste sie wiedersehen. Die Sehnsucht blieb auch. Sie wurde sogar immer stärker. Er musste sie wiedersehen.
Als sich sein Arbeitstag ganz allmählich den letzten Stunden zuneigte, hielt er es nicht mehr aus und schrieb seinem Sohn per SMS.
Er hatte sich lange Gedanken darüber gemacht. Was war besser? Ihn direkt anzusprechen? Aber dann bestand immer die Gefahr, dass seine Frau etwas bemerkte und Fragen stellte. Das wollte er aber nicht. Also schrieb er die SMS.
Sein Sohn schrieb ihm zurück und schickte ihm die Nummer.
Er war fast entzückt. Schließlich wagte er es, noch nachzufragen:
,Fand sie es komisch?’
Die Antwort kam ziemlich sofort:
,Weiß nicht. Frag sie doch.’
,Hat sie was gesagt? Musstest du was erklären?’
,Nein. Wieso?’
,Nur so.’
,Versteh ich nicht.’
,Egal.’
Er musste fast schmunzeln über diesen Dialog. Hatte er seinem Sohn überhaupt schon einmal geschrieben? Und jetzt ging es um ein Mädchen, gegenüber dem er fast so aufgeregt war wie vor einem Date. Und er hatte nicht die geringste Idee, wie er es anfangen sollte...
Schließlich schrieb er ihr noch von der Arbeit aus:
,Liebe Jasmin, mein Sohn sagte dir sicher schon, dass ich noch ein paar Fragen zu dem Delfinprojekt habe. Leider telefoniere ich nicht so gern. Hättest du ein paar Minuten Zeit? Wohnst du in der Nähe der Schule? Wir könnten uns kurz im Café Maestro treffen, kennst du das? Viele Grüße, Daniel Wegener.’
Nach zehn Minuten kam ihre Antwort.
,Zeit habe ich eigentlich nicht so viel. Wollen Sie denn spenden?’
,Ja. Bitte, ich würde mich sehr freuen. Hast du es weit?’
,Nein, weit nicht.’
,Könntest du vielleicht um fünf?’
,Ja, aber nicht lange.’
,Okay.’
,Und wie erkenne ich Sie?’
,Ich erkenne dich.’
,Okay.’
Der Dialog rührte ihn ungeahnt. Sie war bereit, sich mit ihm, einem unbekannten Mann, zu treffen, weil sie meinte, er wolle für ihr Projekt spenden, für das sie sich engagierte. Mit einem ganz unbekannten Menschen, ja Mann. Sie opferte ihre Zeit, weil sie ihm vertraute ... und weil sie diesen Tieren helfen wollte. Es war ihr letztes ,Okay’. Das war es, was ihn so grenzenlos berührte. Denn er verband es mit dem, was er von ihr gesehen hatte – und dann war es ein anderes ,Okay’ als das von jedem anderen. Ihres war berührend... Und er wusste noch immer nicht warum...
*
Er schaffte es zum Glück fünf Minuten vor der verabredeten Zeit. So konnte er sich einen schönen kleinen Tisch aussuchen, an dem er auf sie warten konnte. Das Café war gut besucht, auch die Straße, auf die er blickte, war gut belebt, denn es gab hier einige Cafés und Restaurants, auch Einkaufsmöglichkeiten.
Er war nervös und wusste noch immer nicht, was er wirklich sagen sollte, obwohl er es sich immer wieder überlegt hatte. Überlegen konnte man sich viel. Aber...
Es war noch nicht einmal fünf, da kam sie durch die Tür, ihr Blick suchend. Er winkte ihr zu, sie lächelte und kam zu ihm. Er konnte von seinem Platz nicht gut aufstehen, aber da saß sie auch schon, nicht einmal die Hand hatte er ihr geben können.
„Ich erinnere mich an Sie“, sagte sie. „Waren Sie es nicht, der gefragt hat, wieviel zu wenig sei?“
Er war berührt, dass sie sich erinnerte...
„Ja...“
Ihr Mund hatte Grübchen an der Seite, sie hatte besondere Wangen, etwas berührend Selbstbewusstes... Und mit genau solchen Augen, in dunkelstem Braun, blickte sie ihn nun an.
„Und was wollen Sie wissen?“
Sie sah ihn freundlich an, bereit, alles über die Delfine zu erzählen – und er war hilflos...
Zum Glück kam jetzt die Bedienung, und er bestellte einen Kaffee. Sie wandte sich an das Mädchen.
„Ich nichts, danke...“
Er sah sie fast erschrocken an.
„Aber –– du bist natürlich eingeladen.“
„Ich will Ihnen keine Mühe machen.“
„Das tust du nicht! Bitte ... bestell doch etwas!“
„Na gut ... eine Sprite“, bat sie gegenüber der Bedienung.
„Danke“, sagte sie, als diese gegangen war, und sah ihn wieder an.
„Also, was wollen Sie wissen...?“
Sie überwältigte ihn mit ihrer Direktheit. Er war so hilflos.
„Ich ... wie kommt so ein Mädchen wie du dazu, sich für so etwas einzusetzen... So ... so engagiert...?“
Sie blickte ihn erstaunt an, etwas irritiert.
„Ich dachte, Sie wollten noch etwas über das Projekt wissen?“
„Ja, das auch...“, stotterte er fast. „Aber noch mehr wollte ich ... eigentlich etwas mehr über dich erfahren...“
Nun sah sie ihn vorwurfsvoll an.
„Das haben Sie aber nicht gesagt! Das war nicht ausgemacht.“
„Es tut mir leid...“
„Was wollen Sie denn über mich erfahren? Wieso denn?“
„Ich weiß nicht, weil du ... weil du mich beeindruckt hast...“, brachte er hilflos hervor, wissend, dass seine Worte viel zu wenig waren, überhaupt nicht das berührten, was er meinte...
„Beeindruckt? Wow... Wollen Sie jetzt spenden oder nicht? Was für Fragen haben Sie denn nun zu dem Projekt?“
„Ich...“
„Oder haben Sie etwa gar keine Fragen? Ich hab Sie beeindruckt, und deswegen wollten Sie mit mir sprechen? Das will ich aber nicht! Versteh ich auch nicht...!“
„Jasmin...“
Bei ihrem Namen schien sie zu erstaunen, schien sich kurz zu beruhigen, erwiderte seinen Blick aber umso fester und fragte geradezu streng, mit berechtigter Forderung:
„Was...?“
Die Bedienung kam mit den Getränken. Er war erleichtert, als sie die Form wahrte und nichts unternahm, bis die Frau wieder weg war. Sie funkelte ihn aber noch immer an.
„Mach mir“, bat er hilflos, „die Freude, wenigstens kurz noch deine Sprite zu trinken, kurz hier zu sitzen ... während wir uns unterhalten...“
„Worüber denn“, erwiderte sie aufgebracht. „Ich dachte, Sie hätten Fragen zu dem Projekt! Sie haben mich belogen!“
„Nein... Ich wollte es jedenfalls nicht...! Aber gut, du wärst sonst auch nicht gekommen, nicht wahr? Aber ich interessiere mich wirklich auch für dieses Projekt! Und spenden will ich auch. Das mache ich sowieso, verstehst du? Trotzdem ... interessiert du mich als Mensch mehr...“
„Das ist blöd. Das will ich nicht! Haben Sie auch nicht gesagt. Ich geh jetzt...“
„Jasmin!“
„Nein, ich will gar nicht, dass Sie sich für mich interessieren. Brauche ich nicht und will ich nicht.“
Sie stand auf.
„Jasmin, bitte warte doch.“
„Nein, danke – spenden Sie einfach, das reicht schon...“
„Jasmin!“
Sie warf ihm noch einen Blick zu und ging...
Es schnitt ihm ins Herz. Er fand verzweifelt einen Zehner in seinem Portemonnaie, ließ ihn auf dem Tisch liegen und rannte ihr hinterher.
Auf der Straße holte er sie ein, inmitten anderer Leute, die ihnen entgegenkamen oder in die gleiche Richtung gingen.
„Jasmin, bitte warte doch...“
Er fasste sie ganz vorsichtig an der Schulter an, um sie aufzuhalten.
Sie wirbelte herum, sah zu ihm hoch.
„Was wollen Sie?“
„Ich ... ich will dich kennenlernen dürfen...“
„Dürfen Sie aber nicht!“
Damit wandte sie sich wieder um und ging entschlossen weiter.
Mit weinender Seele musste er sie ziehen lassen, was sollte er tun...?
Hilflos blieb er stehen, während andere Passanten an ihm vorbeigingen, sich ärgernd, dass er den Weg versperrte, und während sie von den Nachkommenden bald verdeckt wurde und sein verzweifelter Blick sie verlor...
Er ging wie vernichtet langsam, sehr langsam, eigentlich ziellos zu dem Eingang des Cafés zurück. Dort blieb er stehen und schrieb in einer tief schmerzlichen Stimmung eine SMS an sie: ,Warum nicht?’ Und dann noch eine: ,Bitte...!’ Dann ließ er sich ratlos vor Schmerz etwas durch die Straßen treiben, ging völlig ziellos, einfach nur emotional tief angegriffen, verwundet, um die Häuser des ganzen Blockes, langsamer, als er je sonst ging. Gleichsam eine wunde Frage auf zwei Beinen, Leid, das im Nicht-Stillstehen zumindest etwas Trost fand...
Aber er musste ja auch wieder nach Hause. Getrieben von der Notwendigkeit des Unvermeidlichen ging er also schließlich den Weg, der ihm vorgeschrieben war, weil er dort wohnte und weil das Essen auf ihn wartete, das gemeinsame Essen, ein Termin, eine Pflicht...
*
Seine Frau fragte in die Runde.
„Und wie war es heute in der Schule?“
Beide Kinder murmelten nichtssagende Antworten, keine Begeisterung.
In diesem Moment klingelte sein Handy.
Entschuldigend stand er auf.
„Ja?“
,Keller. Was wollen Sie von meiner Tochter?’
Er ging auf den Flur.
„Was? Wieso...?“
,Lassen Sie meine Tochter in Ruhe!’
Er ging in das Arbeitszimmer.
„Ich wollte doch nur – –“
,Sie wollten gar nichts. Und Sie lassen sie einfach in Ruhe. Haben Sie verstanden?’
Er schwieg hilflos.
,Ob Sie das verstanden haben?’
„Ja...“
,Gut, danke.’
Der Anrufer legte auf...
Er ging zurück an den Tisch.
„Wer war das denn?“, fragte seine Frau.
„Weiß ich nicht... Irgend so ein Verrückter...“
„Und was wollte er?“
„Keine Ahnung, hab ich selbst nicht verstanden.“
„Aber was hat er denn gesagt? Du sagtest: ,Was, wieso?’ Was meinte er denn?“
„Völlig unzusammenhängendes Zeug. Mein Konto sei aufgelöst und all so einen Quatsch!“
„Und warum bist du rausgegangen?“
„Um euch nicht zu stören. Außerdem war ich im ersten Moment etwas schockiert, aufgeregt...“
Seine Frau musterte ihn etwas zweifelnd.
Er hatte sich wieder gesetzt.
„So einen Anruf hatte ich noch nie. Es gibt echt komische Leute...“
Alle fingen wieder an zu essen. So einfach war das also. Plötzlich lebte man in einer Lüge. Mit Lügen. Sie sprudelten einem vom Mund, nicht die Wahrheit, sondern die Lüge. Denn die Wahrheit hätte er nicht sagen können. Wie auch?
Sein Sohn sah ihn an und schien plötzlich doch etwas zum Erzählen zu haben.
„Das ,Delfinmädchen’ hat übrigens auch in der Mensa neulich seine Flyer verteilt und hingelegt – als ob die jemand liest!“
„Welches Delfinmädchen?“, fragte seine Mutter.
Kai warf ihm einen Blick zu.
„Ach, so eine Durchgeknallte, die ständig irgendwas hat – jetzt sind’s grad Delfine. Die war Donnerstag anscheinend auf dem Elternabend und hat da alle zugelabert. Aber Papa fand’s offenbar interessant und wollte sie noch was fragen...“
„Was fragen?“, fragte seine Frau.
„Wie sie darauf gekommen ist“, sagte er. „Ich meine, das liegt irgendwo im Nirgendwo – wie kommt man auf so was?“
„Und das wolltest du sie noch fragen?“
„Ja, wieso?“
„Das frage ich dich! Wie kommst du auf so eine Frage ... auf einmal?“
Er war in höchster Alarmstimmung, aber natürlich schon die ganze Zeit. „Eigentlich“, sagte er ruhig, „weil ich wissen wollte, wieso gewisse andere Kinder hier am Tisch sich für gar nichts begeistern. Sie schien mir das völlige Gegenteil zu sein. Deshalb wollte ich es wissen... Ich hatte glaube ich eine Art Ansatz erhofft, dass ... unsere Kinder sich auch mal für was engagieren...“
„Machst du es denn?“
„Ich?“
„Ja, du. Wieso sollten die Kinder sich engagieren? Sie haben mit der Schule doch schon genug zu tun.“
Er fühlte sich wieder einmal alleingelassen, in die Ecke gedrängt – aber es war ja seine eigene Schuld.
„Keine Ahnung“, sagte er ärgerlich. „Es war einfach nur ... eine Idee!
Aber wenn es jetzt wenigstens mit dem Müll und so klappt, ist das ja vielleicht schon genug ,Engagement’...“
„Ich frag mich“, meinte Kai, „ob die den Müll runterbringt, bei all ihren sonstigen ,Aktivitäten’! Heute hab ich außerdem gehört, wie sie in der Mensa gegen das Fleischessen lästerte.“ Er verstellte die Stimme, um es möglichst lächerlich zu machen. „,Ich esse meine Freunde nicht, esst ihr eure Freunde?’ Wie witzig...! Die ist so blöd im Kopf...!“
„Aber wenn sie so denkt?“, versuchte er, sie zu verteidigen.
„Dann soll sie meinetwegen so denken – aber doch andere damit in Ruhe lassen!“
Er musste daran denken, dass er sie ,in Ruhe lassen’ sollte.
„Aber man muss doch seine Meinung sagen dürfen?“
„Ja, aber sie will ja ständig andere überzeugen. Tut sie aber nicht! Sie macht sich nur unbeliebt...“
Er wusste gar nicht, wie das gehen sollte, schwieg aber ratlos.
„Bei dir“, meinte seine Frau nun, „hat sie sich aber offenbar nicht unbeliebt gemacht?“
Bevor er was sagen konnte, hakte Kai sich ein und fügte hinzu:
„Nein, er hat mir sogar zwanzig Euro gegeben, damit ich ihre Nummer rauskriege.“
„Wie bitte?“
Er stand auf einmal voll im Rampenlicht und wusste nicht, was er sagen sollte.
„Ich dachte ... auf dem Elternabend hätte er noch einmal nachgefragt?“
„Nein – er wollte ihre Nummer haben.“
„Um sie per SMS danach zu fragen! Auf dem Elternabend war mir die Frage nicht gleich eingefallen. Aber danach ließ sie mich nicht los. Ich wollte es wissen...“
Seine Frau musterte ihn wie ein Rätsel.
„Du gibst Kai zwanzig Euro...“
„Weil er es doch sonst nicht getan hätte! Er hält sie ja für durchgeknallt!“
„So wichtig war dir diese Frage also?“
„Ja. Dieses ... Engagement hat mich einfach beeindruckt. Muss ich sagen...“
„Das merke ich.“
„Das scheint ja jetzt etwas ganz Wunderbares zu sein. Ich frage mich eher, warum andere Kinder nicht so sind wie sie...“
„Aber das hast du dich bisher doch auch nicht gefragt.“
„Deswegen hat sie mich ja so beeindruckt. Weil mir dadurch klar wurde, dass man anders sein kann. Eine Art Aha-Erlebnis...“
„Aha...“
Ihm war das Ausgefragtwerden wieder ein Ärgernis, und er sagte:
„Aber ich merke schon, das interessiert euch gar nicht. Mich hat es interessiert. So verschieden sind die Menschen...“
„Und...“, fragte seine Frau fast ironisch, „ziehst du daraus jetzt irgendwelche Konsequenzen? Engagierst du dich jetzt irgendwo?“
„Weiß ich noch nicht. Es erscheint mir zumindest wichtiger, als ich bisher gedacht habe.“
„Also gut, du weißt es noch nicht – aber Kai und Anna sollen sich sofort für was engagieren? Von ihnen verlangst du, was du selbst nicht machst?“
„Frauke, ich arbeite den ganzen Tag!“, er zeigte gestikulierend auf die beiden Kinder, „aber sie sind noch jung, sie sollten doch irgendwas haben, wofür sie sich einsetzen und begeistern!“
„Das tun sie doch auch! Sie haben Freunde, Kai hat den Sport, Anna macht Musik – das alles ist schon mal mehr, als viele andere Kinder haben. Du kannst wirklich nicht sagen, dass sie auf der faulen Haut liegen!“
„Das mache ich doch gar nicht!“
„So hört es sich aber an!“
„Okay...“, sagte er eingeschnappt.
„Ich verstehe schon, was Papa sagen wollte“, erfuhr er nun Hilfe von ganz unerwarteter Seite.
Erstaunt sah er seine Tochter an.
„Er meinte, man könnte sich für die Umwelt einsetzen ... oder etwas in der Richtung.“
„Ja“, bestätigte er dankbar.
„Aber wo denn?“, erwiderte Anna nun. „Ich habe keine Idee. Außerdem sind es die Erwachsenen, die alles kaputt machen. Sie müssten die Welt auch wieder ändern – es geht sowieso alles kaputt. Und wir sollen jetzt was machen? Wir? Wir können gar nichts machen! Die Erwachsenen müssen was machen – aber sie machen nichts. Und mich jetzt für Delfine irgendwo in irgendeinem Brasilien einzusetzen, will ich auch nicht! Das macht für mich überhaupt keinen Sinn! Ich finde sie ...
jetzt nicht ,durchgeknallt’ ... aber ich verstehe auch, was Kai meint. Und dass sie viele nervt, verstehe ich auch...“
„Weil sie unbequem ist, nehme ich an“, erwiderte er.
„Ja, weil sie ständig sagt, was man tun solle – während man das längst alles weiß ... aber schuld sind doch die anderen! Nicht wir müssen was tun, die anderen müssen es! Die Erwachsenen. Deswegen ist es schon mal ganz gut, wenn sie auf Elternabende geht. Da ist es viel richtiger...“
„Ja“, bestätigte Kai. „Soll sie auf Elternabende gehen, meinetwegen.
Da ist sie gut aufgehoben. Prima Idee...“
*
Er zog sich später in das Arbeitszimmer zurück, aber als sie dann schlafen gingen, konnte er seine Frau nicht mehr vermeiden. Sie hatte bereits länger etwas gelesen, und als er kam, legte sie das Buch weg und sah ihn an.
„Was ist?“, fragte er.
„Ich fasse es noch immer nicht, dass du auf einmal meinst, unsere Kinder ändern zu wollen...“
„Das will ich ja gar nicht.“
„Es hat sich aber beim Essen so angehört.“
„Das war vielleicht eine Art Wunsch. Ich habe mir vielleicht vorgestellt, wie es wäre, wenn sie so engagiert wären...“
„Das habe ich gemerkt. Aber das sollte man nicht tun.“
„Warum nicht?“
„Weil sie es nicht sind! Und du auch nicht, Daniel! Du solltest von ihnen nichts fordern, was du selbst nicht erfüllst – was soll das?“
„Es war nur eine kurze Vorstellung, Frauke!“
„Ja? Okay, das hoffe ich...“
Jetzt ärgerte er sich doch über die empfundene ,Bevormundung’. Aber er schwieg lieber, um das Thema endlich zur Ruhe kommen zu lassen.
„Also dann – gute Nacht!“
„Eine Frage habe ich noch. Was hat sie denn nun geantwortet?“
„Wer?“
„Na sie! Das Mädchen, das dich so beeindruckt hat. Was hat sie denn auf deine Frage geantwortet?“
„Ach so... Sie meinte ... sie meinte einfach, dass sie schon immer so gewesen ist.“
Seine Frau schwieg, geradezu vorwurfsvoll.
„Was?“
„Wenn sie schon immer so war – wie kannst du dann unsere Kinder ändern wollen, und sei es nur in einem ,kurzen Wunsch’? Ich begreife das nicht...“
„Wünschst du dir nie was?“
„Doch, aber ich versuche, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben...“
„Ich werde sie auch nicht ändern. Es reicht, wenn sie den Müll runterbringen...“
„Und das ist doch schon ein Fortschritt, oder nicht?“
„Ja, allerdings.“
„Dann schlaf gut!“
„Danke, du auch...“
*
Er lag noch lange wach. Er war froh, dass es so glimpflich abgelaufen war. Es schien ihm, als sei sie kurz an der Grenze zu dem gewesen, etwas geahnt zu haben – und er war froh, dass sie nicht die SMS hatte sehen wollen oder so etwas. Dann wäre alles herausgekommen, das ganze Gebäude von falschen Behauptungen zusammengebrochen. Jetzt aber hielt es...
Trotzdem dachte er wieder an das Mädchen. Er hätte sie ja vergessen können, als ,zu gefährlich’, als zu schwierig, als nicht vereinbar mit seinem übrigen Leben, erst recht nicht mit seiner Frau, denn wie sollte er das vereinen, wie sollte er ihr je etwas darüber erklären können? Es ging nicht... Aber vergessen konnte er sie trotzdem nicht... Dieses Mädchen. Jasmin... Er konnte sie nicht vergessen...
Und da verstand er endgültig, dass sie ihn anzog, dass er sie auch erotisch begehrte ... auch wenn er sich diesen Gedanken verbat. Aber die Anziehung war da. Sie zog ihn an...
Sie hatte gefragt, was er von ihr wolle ... aber er wollte gar nichts von ihr. So war es gar nicht... Jedenfalls nicht wirklich. Nein, war es nicht.
Sie zog ihn einfach an. Er wollte in ihrer Nähe sein, er wollte mit ihr sprechen, er wollte sie mehr kennenlernen, verstehen, was für ein Mensch sie war, er wollte ihr nahe sein. Auch im Sinne von: ihr nahe-stehen. Seine geheimste Sehnsucht war es vielleicht, auch ihr etwas zu bedeuten... Aber das würde nie geschehen. Wie auch? Aber wenn er sie wenigstens wiedersehen dürfte? Nur ein paar Mal...! Und sei es nur einmal – einmal richtig...
Wieder musste er an ihre schönen Augenbrauen denken, ihre schönen Augen, ihr ganzes Gesicht, ihre Art... Sie hatte ihn heftig abgewiesen, aber noch nie war er jemandem so wenig böse gewesen ... überhaupt nicht böse, nur das Gegenteil ... gar nicht böse ... einfach nur voller Sehnsucht ... sie kennenlernen zu dürfen... Wie konnte man so schöne Augen haben ... aber überhaupt war alles schön an ihr. Er hatte das Gefühl, noch nie etwas so Schönes gesehen zu haben.
Als er am nächsten Morgen zur Arbeit gegangen war, hielt er es nicht mehr aus. Er hatte sich sogar vorgestellt, vor ihrer Schule zu warten, um sie noch einmal sehen zu können, sie vielleicht kurz ansprechen zu können – damit sie sah, wieviel sie ihm bedeutete. Er stellte sich vor, dass sie ohne Freundin käme, allein, sodass er sie ansprechen konnte, selbst wenn andere Schülerinnen und Schüler an ihr vorbeigingen – dass sie sich nicht schämen würde und er auch nicht.
Er stellte sich vor, dass sie zuhören würde, vielleicht nur ein paar Sekunden ... aber dass sie ihn dann anders verstehen würde. Dass sie begreifen würde, dass er ihr nichts Böses wollte, gar nichts... Und weiter dachte er gar nicht – nur, dass sie verstehen würde...
Aber er hatte sich dies alles nur vorgestellt. Es ging nicht. Es war die gleiche Schule, in die auch seine Kinder gingen. Wo, wie und wann hätte er vor dem Schultor warten sollen? Es war unmöglich. So sehr er sich gestern spätabends, als er noch wach lag, und heute Morgen in diese Gedanken verloren hatte – er konnte nichts davon tun. Aber getrieben von dieser nicht verschwindenden Sehnsucht, die nur noch immer stärker wurde, schrieb er ihr noch einmal eine SMS: ,Jasmin, bitte, wie kann ich dich nur noch einmal sehen?’
Aber sie antwortete nicht. Er durchlitt sozusagen den ganzen Arbeitstag, und am Ende dieses Bürotages war er so verzweifelt, dass er ihr nochmals schrieb: ,Wenn du dich mit mir triffst, bekommst du jedes Mal hundert Euro für deine Projekte. Ich will nur ein paar Mal mit dir sprechen. Ich will von dir lernen. Dass du mir etwas beibringst. Du willst doch die Menschen erreichen. Ich will wirklich von dir lernen! Bitte gib mir die Chance, Jasmin.’
*