Die Seele der Zukunft - Holger Niederhausen - E-Book

Die Seele der Zukunft E-Book

Holger Niederhausen

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Beschreibung

Wenn wir unsere Welt retten wollen, brauchen wir einen inneren Neuanfang. Dieser Neuanfang wird gewissermaßen ein Wunder sein - aber er liegt im Bereich der Realität. Wir suchen nichts weniger als eine Rettung. Diese aber liegt ganz in uns selbst - wenn wir es wollen. Hat die Seele eine Zukunft? Wird die Zukunft eine Seele haben? Wir selbst werden die Antwort sein...

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Das Menschenwesen hat eine tiefe Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese kann von vielem anderen verschüttet worden sein, aber sie ist da. Und seine andere Sehnsucht ist, auch die eigene Seele zu einer Trägerin dessen zu entwickeln, wonach sich das Menschenwesen so sehnt.

Diese zweifache Sehnsucht wollen meine Bücher berühren, wieder bewusst machen, und dazu beitragen, dass sie stark und lebendig werden kann. Was die Seele empfindet und wirklich erstrebt, das ist ihr Wesen. Der Mensch kann ihr Wesen in etwas unendlich Schönes verwandeln, wenn er beginnt, seiner tiefsten Sehnsucht wahrhaftig zu folgen...

INHALT

Vorwort

Einleitendes

V

ORBEREITUNG

Weshalb leben wir?

Innen und Außen

Heilige Wahl

Vertiefung statt Erleuchtung

Die Objektivität der Seele

Heiliges Empfinden

D

IE

S

EELE DER

Z

UKUNFT

Liebe zum Heiligen

Das Geheimnis der Hingabe

Die Zauberkraft der Seele

Unschuld

Die Seele der Zukunft... Der Titel dieses Buches hat eine zweifache Bedeutung. Zukunft – das klingt so modern... Aber so ist es nicht gemeint. Die Moderne erschlägt uns. Wird die Zukunft überhaupt noch eine Seele haben? Es hängt ganz von den Menschen ab. Nur wir Menschen können der Zukunft eine Seele einhauchen. Aber dafür müssen wir unsere Seele retten – die schon so verloren ist.

Die zweifache Bedeutung ist: Welche Seele wird der Mensch in die Zukunft tragen können? Wird er seine Seele bewahren? Wird er sie heiligen können? Wird er in Zukunft wirklich eine Seele haben? Eine Seele, die diesen Namen wahrhaft verdient? Die Seele der Zukunft...

Und was wird die Zukunft selbst für eine Seele haben? Wird sie eine Seele haben? Sie wird es nur, wenn der Mensch ihr eine Seele gibt. Sonst wird die Zukunft seelenlos sein – wie der Mensch. Wenn aber der Mensch in Zukunft eine Seele haben wird, wird er diese Seele auch der Zukunft selbst einhauchen – und dann wird die Zukunft nicht unmenschlich und seelenlos sein, sondern sie wird eine Seele haben. Die Seele der Zukunft...

Dieses Buch will jeden Menschen erreichen. Es soll also kein theoretisches, abstraktes, intellektuelles Buch sein. Aber wie erreicht man die Menschen? Das ist schon immer meine Frage gewesen. Wie erreicht man die älteren Menschen? Die Jüngeren? Die Interessen sind doch so verschieden! Und schon die Sprache. Und sogar das Medium. Immer weniger Menschen lesen überhaupt noch!

Und doch gibt es ein Verbindendes. Jeder Mensch hat eine Seele. Aber selbst darüber gibt es keine Einigkeit! Und doch sind uns allen seelische Grundtatsachen gemeinsam: Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Anerkennung, nach einem Erkanntwerden als der, der er ist. Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Wärme, nach Liebe. Hier wäre ein Verbindendes, hier könnten wir alle eine Brücke zueinander finden... Auch hat jeder Mensch ein Bedürfnis nach Schönheit, sei es in einer unberührten Natur, sei es in Gestalt eines anderen Menschen, in Kunstwerken, in seiner Wohnung, seiner Umgebung. Es gibt so viele seelische Bedürfnisse, die uns allen gemeinsam sind! Und ein Bedürfnis – was ist das? Es ist etwas, was der Seele tief notwendig ist – wie dem Körper die Luft zum Atmen.

Hier wäre eine Brücke – eine Brücke von Mensch zu Mensch. Wir könnten so leicht Brücken zueinander schlagen, alle Menschen!

Aber zuerst braucht dieses Buch eine Brücke zu seinen Lesern. Und jeder Leser ist ein einzelner Mensch – mit eigenen Interessen, eigenem Geschmack, eigenen Urteilen. Auch dieses Buch muss sich dem Leser ,verkaufen’, wenn es nicht sogleich weggelegt werden will. Es ist ein Kampf um die Zuneigung des Lesers, der Leserin – und oft entscheidet sich diese schon während der ersten Zeilen, der ersten Minuten. Ist es gut geschrieben? Oder schlecht? Kann es mein Interesse fesseln, meinen hohen Geschmack befriedigen? Oder langweilt mich sein Stil, sein Inhalt, schon nach den ersten Sätzen? Ist es zu langatmig, zu sprunghaft, zu intellektuell, zu oberflächlich...

Aber was – was kann überhaupt vor dieser explodierenden Welt individueller Ansprüche bestehen? Die doch sowieso unvereinbar sind? Und wenn die Menschen sowieso keine Zeit und keine Lust mehr zum Lesen haben? Wo also ist für ein Buch dann überhaupt noch Hoffnung?

Doch ... ist dies nicht gerade das Problem?

Machen wir nicht alle die Erfahrung, dass das Problem in der Welt gerade die gegenseitige Missachtung ist? Wünschen wir uns denn eine Welt, in der einer den anderen missachtet? Nein, wir wünschen uns warme, menschliche, gegenseitige Beachtung. Wir wünschen uns Rücksicht, Interesse aneinander – wir spüren, was eigentlich menschlich wäre, was gut tut, wohl tut. Wir spüren, dass das Sich-Verkaufen, die Konkurrenz, der ungeheure Druck und der gegenseitige Kampf gerade nicht menschlich ist.

Aber können wir dies in einem winzigen Schritt auch auf uns selbst anwenden? Die Welt fordert radikal die Verwertbarkeit von allem – auch von uns selbst. Wir sollen ,funktionieren’, wir sollen ,alles geben’, nicht für uns selbst, sondern für unseren Chef, unsere Firma, wir werden ausgenutzt und manchmal wie Sklaven behandelt. Aber wenn wir erkennen, wie unmenschlich unsere Welt in großen Teilen bereits ist – können wir selbst dabei einmal innehalten? Haben wir dies nicht auch selbst längst übernommen?

Wie ist es mit diesem Buch... Muss es sich schon gleich in den ersten Sätzen ,beweisen’? Wird es sofort gescannt und gerastert, Sekunde für Sekunde beurteilt, ob es dem eigenen Interesse noch genügt – oder ob das Todesurteil gefällt wird? Uninteressant ... ab in die Ecke damit...

Vielleicht ist es so. Vielleicht kannst Du, lieber Leser, diesen auch Dir selbst angeeigneten Reflex kaum abstellen. Aber dann kann dieses Buch wenigstens um Deine Gnade bitten – die Gnade, Dein Interesse doch aufrechtzuerhalten, länger als gewöhnlich, einfach, weil dieses Buch Dich darum bittet...

Es ist es wert, gelesen zu werden. Aber dieser Wert entsteht erst dann, wenn die Ruhe da ist, sich nicht Schritt für Schritt ,beweisen’ zu müssen. Welcher Mensch kann unter fortwährendem ,Erfolgszwang’ sein wahres, wunderbares Wesen offenbaren? Er wird zur funktionierenden Maschine, mehr nicht. Die Offenbarung des ganz und gar einzigartigen, wunderbaren Eigenen ist nur möglich, wenn es zugelassen wird, wenn Luft zum Atmen da ist, Freiheit, warmes Warten... So ist es aber auch mit diesem Buch. Es gibt sich größte Mühe, so geschrieben zu sein, wie es Dir, lieber Leser, auch entgegenkommen kann. Und trotzdem ist es ein Eigenwesen. Es braucht Deine Toleranz, Dein warmes Interesse – einfach, weil Du eine Begegnung spürst.

Sei liebevoll mit diesem Buch – es ist es wert. Genau wie Du...

Weshalb leben wir eigentlich? Weshalb lebst Du? Was hast Du zu dem Inhalt und Sinn Deines Daseins gemacht? Was erscheint Dir wichtig, von Wert, was erfüllt Dich?

Haben wir denn in der heutigen Welt noch einen Begriff von Sinn? Oder lebt jeder in den Tag hinein – halb gezwungen und den Rest irgendwie genießend oder einfach herumbringend? Wie ist es mit dem ,Sinn’, mit dem Erfüllenden? Gibt es da in tiefstem Sinne etwas – oder steht an dieser Stelle in der Seele eine Art Leere?

Nun, von ,Sinn’ zu sprechen, ist gefährlich in einer Welt, in der man sich damit fast schon lächerlich zu machen droht, oder in der dieser ,Sinn’ auf das Alleräußerlichste beschränkt wird. ,Sinn’ ist dann die Anfüllung des Lebens mit Genuss, Spaß und Annehmlichkeit, bis es ... eben aufhört. Bis es eben zu Ende ist, das Leben. Anfüllung...

Essen, Sex, Filme? Feten, gesellschaftlicher Umgang, gesellschaftliche Anerkennung, beruflicher ,Erfolg’? Ist das die ,Anfüllung’ des Lebens, die man sich vorstellt? Das Herumbringen des Lebens, der angenehme Zeitvertreib, das Genießen, das Mitnehmen der diversen Annehmlichkeiten?

Was ist ,Sinn’? Braucht man den Sinn – oder braucht man nur das Vor-sich-Hinleben mit diesen diversen Dingen, für die man anscheinend lebt oder dank derer man das ,vorhandene’ Leben eben zumindest genießt?

Wie blind muss man für dieses Vor-sich-Hinleben denn sein? Wie blind sind die Seelen, die sich die Frage nach dem ,Sinn’ nicht mehr stellen – oder noch nie gestellt haben? Wie dumpf lebt man vor sich hin, ohne diese Frage zu empfinden? Das Vor-sich-Hinleben ohne diese Frage ist völlige Dumpfheit...

*

Ich möchte dich, lieber Leser, liebe Leserin, nicht beleidigen oder provozieren – und ich möchte versuchen, das, was ich zuvor sagte, erlebbar zu machen, denn darum geht es ja ganz und gar.

Weshalb leben wir? Womit füllen wir unser Leben an? Was tun wir? Und worüber denken wir nach? Leben wir nur vor uns hin?

Sind wir nur wie intelligente Tiere, die zusätzlich zu ihrer Notdurft noch ein Bewusstsein bekommen haben – und nun den Genuss perfektionieren können? Die Annehmlichkeiten? Technik, Maschinen? Freizeit, Wohlstand? Unterhaltung? Spaß? Lust? Ist dies die Anfüllung unseres Lebens? Die Maximierung der Lust?

Und was ist dann zum Beispiel die Lust?

Ein paar Jahrzehnte existieren – und das irgendwie halbwegs genießen? Und was ist das dann? Leckeres Essen? Sex? Gute Filme und so weiter? Oder anders gesagt: Fressen, Vögeln, Spaß haben? Als ,Sinn’ des Lebens? Als Anfüllung dieser paar dürftigen Jahrzehnte, die einem zunächst doch so lang erscheinen? So lang, dass man überhaupt keine Frage haben muss, dass man einfach nur genießen muss – das Essen, den Sex, die Filme und das andere, das ,und so weiter’?

Das?

Bist Du das? Ein intelligentes Tier, das fähig ist, ,Spaß’ zu haben und das Genießen von Genuss zu perfektionieren, wenn möglich? Lust als Anfüllung des Lebens? Heute, morgen, übermorgen, überübermorgen ... Tag für Tag, immer wieder, immer dasselbe...?

Und wann bemerkt die Seele die Leere? Die eigentliche Leere? Die Sinnlosigkeit, das tiefgehende Fehlen von Etwas? Wann wird inmitten all dessen dieses Fehlen bemerkt?

Das Fehlen von Etwas.

Natürlich, die Geschmackssinne werden immer nach Reizung suchen. Wir haben sie ja längst so erzogen. Sie wollen das Süße, das Saure, das Würzige, das Verfeinerte schmecken. Und so will die Seele sich den Bauch vollschlagen – und genießt das. Es ist ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Das Essen ist nicht einfach eine Notwendigkeit – es ist ein Feld des Genusses geworden. Wozu soll das Leben auch gut sein? Oder das Nicht-Genießen? Also genießen! Lust am Essen. Sich den Bauch vollschlagen, und das möglichst lecker. Verständlich ist es. Und doch kann es das Leben nur anfüllen – niemals ihm einen Sinn geben...

Wenn man zurückblickt auf das Leben, kann man sich genau erinnern: Da habe ich das gegessen, da das, da das. Und das war lecker, und das, und das, und das... Und ich habe es genossen, und mir den Bauch vollgeschlagen, und ich war gesättigt – und der Genuss war in all diesen Momenten mein Lebensinhalt. Satt durch Genuss, das Essen war mir in dem Moment genug. Genusssüchtig habe ich meine Sucht nach gutem Essen befriedigt – und den Genuss selbst genossen...

Wo war da der Sinn? Im Essen war er nicht. Man kann sich hier nur belügen, indem man blind und dumpf die Sinnlosigkeit nicht bemerkt. Oder hat Fressen einen Sinn? Oder eben verfeinert: Essen. Welchen Sinn sollte Essen haben? Welchen Lebenssinn? Leben, um zu essen? Wie dumpf kann eine Seele sein, die ihren Genuss an das Essen knüpft? Die im Essen irgendetwas Bedeutsames sieht, was einen nennenswerten Mittelpunkt des Lebens bildet?

Aber man muss sich hier schon ehrlich selbst beobachten. Man muss sich ehrlich selbst fragen: Wie wenig stelle ich mir eigentlich die Frage nach Sinn? Nach einem Erleben von Sinn? Und wie blind lebe ich in den Tag, in das Leben hinein, auf den Tod zu? Welchen Stellenwert hat für mich zum Beispiel das Essen? An dem, was einem wichtig ist, erkennt man, was einem nicht wichtig ist. Die, die gerne essen, haben meist noch keine tieferen Fragen...

Aber wenn man dann einmal an diesem Punkt anstößt – kann in diesem Moment nicht die Frage aufkeimen? Die Frage, ob das Leben aus solchen Beschäftigungen wie Essen besteht – ob es sich darin in irgendeiner Weise erschöpft? Ob das irgendeinen Wert hat? Oder ob man sich an Nichtigkeiten festhält, wirklich absoluten Nichtigkeiten, weil man gar nichts hat, was mehr wert wäre?

Der Mensch – das essende Wesen?

Oder nehmen wir das Fernsehen – und dazu das Filmeschauen, das Handy-Spielen, überhaupt alles, was mit Bildschirmen zu tun hat. Nehmen wir das einmal alles zusammen. Welche Bedeutung gibst Du dem Fernsehen? Deinem Handy? Wie sehr hast Du es in der Hand? Wie oft starrst Du auf die Mattscheibe? Wie oft lässt du dich von ihr unterhalten? Wie oft lässt Du Dich berieseln, versinkst in Passivität, um einfach nur aufzusaugen, was da kommt – als Unterhaltungsstrom, geeignet, Deine absolut passive Genusssucht oder sogar Leere zu befriedigen?

Wie oft überlässt Du Dein Leben dem Showmaster? Ein paar Schauspielern? Einem YouTube-Video? Einer der unzähligen Belanglosigkeiten im Internet? Oder einem Unterhaltungsfilm, der nebst Tausenden anderen auf den Markt drängt und die Schwemme Tag für Tag vergrößert, längst zu viel, um in zehn Leben hintereinander gesehen zu werden? Dennoch – wie oft gibst Du Dein Leben am Bildschirm ab – und wirst der passive Empfänger der Sinneseindrücke, voller Lust nach dieser Passivität und nach dieser Unterhaltung ganz von außen?

Der Mensch – das dumpf glotzende Wesen?

Oder nehmen wir den Sex. Diese ungeheure Lust des Menschen nach Sex. Woher kommt diese Lust? Zum einen aus der Natur – aber da wäre sie gar nicht so stark, würde nur der wiederholten Vermehrung dienen. Selbst wenn es stark wäre – dann würde der Mensch es ,wie die Karnickel treiben’. Das wäre die Natur. Aber nun hat er als bewusstes Wesen auch dies kultiviert im Sinne von: Lust auf diesen Genuss an sich bekommen.

Und so kann es sein, dass allein schon der Gedanke an Sex einen Menschen von morgens bis abends beschäftigt halten kann. Der eine Mensch denkt von morgens bis abends an das nächste Essen, das er wieder genießen kann, sich den Magen vollschlagend und dabei die Geschmacksnerven ,massierend’. Der andere guckt alle drei Minuten auf sein Handy, kann überhaupt nicht mehr ohne sein, wäre sozusagen ohne Bildschirm völlig auf Entzug, kann ohne ständigen Griff zur Mattscheibe nicht mehr leben. Und der Dritte denkt von morgens bis abends an Sex – an den nächsten möglichen Sex, an den nächsten real geplanten Sex, an Sex überhaupt. An die Organe, die mit dem Sex zu tun haben, an die Bewegungen, an die Situationen, an die damit verbundene Lust...

Und wieder kann man sein Leben damit ,anfüllen’, kann alles um diese Minuten herumranken, in denen Körperteile ineinandergesteckt werden, hinein, hinaus, bis das passiert, worauf man damit zusteuert – und in diesen paar Minuten spürt man die damit verbundene Lust. Und in sämtlichen Gedanken des Tages, die in diese Richtung gehen, spürt man sie auch.

Das kann ein Leben wirklich machtvoll ausfüllen. Diese Lust ist mächtig. Sie jeden Tag wieder erregen – und zur Befriedigung bringen. Körperteile erregen – und die Folgen spüren. Heute. Morgen. Übermorgen. Und so weiter. Körperteile. Körperteile. Körperteile. Immer dasselbe. Aber die Lust bleibt. Und wo sie nicht bleibt, denkt man sich Neues aus. Bis sie wieder da ist.

Lust, ja – die hat man dann immer wieder. Aber liegt darin irgendein Sinn? Ist das Leben das? Lebst Du, um Sex zu haben? Ist das Dein Lebensinhalt? Ist das Dein Leben?

Der Mensch – das Wesen, das es miteinander treibt?

In manchen Filmen sieht man in den Sexszenen die ganze Armut, die sich darin spiegelt – und die auch hinter unzähligen anderen Wänden überall auf der Welt zu finden sein wird. Man sieht die getriebenen menschlichen Tiere, die zum Geschlechtsakt drängen, ihn dann haben – und danach wieder voneinander ablassen, bis es irgendwann zum nächsten Akt kommt. Meistens ist es ja der Mann, der, befriedigt, von der Frau ablässt, wenn er ,fertig’ ist. Und wenn er sich dann befriedigt, selbstzufrieden, auf die Seite rollt oder wieder seine Hose anzieht, dann sieht man die ganze Armut. Es ist, wie wenn die Sinnlosigkeit wie eine riesige Woge durch die Szene rollt und sich offenbart. Der ,Sinn’ des Lebens – bestehend nur in der regelmäßigen Befriedigung des Triebes...

Und wenn wir dann alles zusammennehmen – all diese künstlich zum Genuss hochkultivierten Triebe –, dann können wir sagen: Womit füllt der Mensch nun sein Leben an? Mit Fressen, Glotzen und sexueller Triebstillung? Hat er noch andere, wirkliche Fragen? Oder ist dies sein Lebensinhalt? Fressen, Glotzen, Kopulieren...

Diese Frage muss man sich einmal stellen – und man stoße sich nicht an den Worten. Der Magen oder eigentlich die Geschmacksnerven wollen ihre regelmäßige Ration Lust. Die Augen und die daran gewöhnte Seele wollen ihre fortwährende Ration Sinnesreize und Unterhaltung, lustvolle Passivität, immer und immer wieder. Und die Geschlechtsteile wollen ihre tägliche Ration Lust – auch immer wieder. Jeden Tag neu. Ohne Ende.

Wo ist inmitten dieses Anfüllens – oder, genauer gesagt: Abfüllens – der kurzen Lebenszeit irgendetwas von Sinn? Es ist Zeit-Abfüllen unter Lust-Empfindung. Fressen. Glotzen. Kopulieren.

Der Mensch als Lust-an-Lust-Reiher.

Der Mensch als Lüst-ling.

*

Oder was sonst gibt Dir Sinn? Deine Arbeit? Ist sie sinnvoll? Warum? Was ist ihr Sinn?

Was hat überhaupt Sinn?

Was ist Sinn?

Anerkennung? Erfolg? Geld? Macht?

Man kann das als persönliche Ziele verfolgen, als Absichten, Intentionen – und daraus irgendeine Befriedigung schöpfen. Aber Sinn?

Man kann für sich selbst definieren, dass das Höchste, was man im Leben erreichen kann, die Sorge für das eigene Wohlergehen ist. Dann hat das Leben eben keinen Sinn – und der einzige Sinn ist dann das Verfolgen der eigenen Absichten, die einem letztlich das ,liefern’, was man anstrebt – Anerkennung, Erfolg, Geld, Macht. Lustgewinn. Zufriedenheit mit dem ,Erreichten’. Was auch immer.

Man hält all diese Dinge dann für ,erstrebenswert’ – und erstrebt sie. Man erreicht sie vielleicht – und ist dann zufrieden. Ja? Ist man es dann? Zufrieden? Wenn man ,es geschafft hat’? ,Mein Haus, mein Auto, meine Yacht, meine Frau’...?

Die blinde Gier des Menschen nach etwas, was dann scheinbar das Glück versprechen soll, ist zunächst unerschöpflich. Der Mensch blickt nach außen, sieht etwas, was er nicht hat – und begehrt es. Er glaubt felsenfest, dass es ihm besser geht, wenn er es erst einmal haben würde. Und er strebt... Er strebt nach einem guten Job. Nach Geld. Nach Anerkennung. Er strebt und strebt – und wird, wenn er es erreicht, immer zufriedener. Und natürlich – ein guter Job ist besser als ein schlechter. Geld ist besser als kein Geld. Anerkennung ist besser als keine Anerkennung. Alles ist immer ,besser’, und das Streben hört nicht auf.

Aber jenseits dessen...

Ein guter Job ist besser. Geld ist besser. Anerkennung ist besser. Besser als das Gegenteil. Aber was ist dann? Was ist mit einem ,guten Job’? Und wenn man Geld hat. Und Anerkennung. Und all das. Was ist dann?

Dann ist man durch die Zufriedenheit mit dem ,Erreichten’ zunächst einmal betäubt, oft völlig – und oft sehr, sehr lange. Aber danach? Irgendwann... Was ist dann?

Kinder? In denen man sich dann spiegeln kann? Weil man sie zu dem gleichen Erfolg führt? Oder zu dem, was man nicht hatte? Weil man durch sie und von ihnen Anerkennung spürt? Zuneigung? Dankbarkeit? Kinder als Zweck-Erfüller der eigenen Bedürfnisse? Als Erfüller des eigenen, versteckten Bedürfnisses nach Sinn?

Wie leer ist das eigene Leben wirklich?

Die meisten Menschen hören auf, zu fragen, bevor sie auch nur angefangen haben. In Bezug auf diese allerwesentlichste Frage sollte man aber nicht aufhören, zu fragen – oder man reiht sich ein in die lange, unendlich lange Reihe derer, die eben nicht fragen, sondern nur dumpf und blind vor sich hin leben, mit einer Illusion von Sinn oder nicht einmal das...

Wonach strebst Du – und warum tust Du das?

Was gibt Dir ,Erfüllung’?