Christi Schwester - Holger Niederhausen - E-Book

Christi Schwester E-Book

Holger Niederhausen

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Beschreibung

Dieses Buch ist das erschütternde Zeugnis eines Mannes, dem in einem visionären Wahrtraum ein Geschehen zuteil wurde, das einem Evangelium gleicht. Der Versuch, das Geschaute wiederzugeben, stößt an seine Grenzen. Bis ins Innerste werden Menschen verwandelt. Das tief verschüttete Wesen der Seele tritt wieder ans Licht. Und die alles heilende Gestalt ... ist ein Mädchen. Zutiefst berührend offenbart sich hier die weibliche Seite der göttlichen Welt.

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Das Menschenwesen hat eine tiefe Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese kann von vielem anderen verschüttet worden sein, aber sie ist da. Und seine andere Sehnsucht ist, auch die eigene Seele zu einer Trägerin dessen zu entwickeln, wonach sich das Menschenwesen so sehnt.

Diese zweifache Sehnsucht wollen meine Bücher berühren, wieder bewusst machen, und dazu beitragen, dass sie stark und lebendig werden kann. Was die Seele empfindet und wirklich erstrebt, das ist ihr Wesen. Der Mensch kann ihr Wesen in etwas unendlich Schönes verwandeln, wenn er beginnt, seiner tiefsten Sehnsucht wahrhaftig zu folgen...

Selig sind, die vom Unsagbarenzeugen

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

1

Könnte beschrieben werden, welche Empfindungen es sind, in denen Jahrhunderte zusammenfallen, zusammenstürzen, aber auch sich vereinigen, in friedvoller Liebe, brennender Tugend und heiligem Eifer! Aber, ach, wie sehr müsste die Menschheit noch reifen, um allein für die neue Sprache reif zu sein, die dies erforderte! Sprechen wie ein Phönix – mit flammendem Leben, mit der Wucht feuriger Flügelschläge, die doch ganz nur aus Liebe bestehen, brennend vor Anmut...

Versuchen will ich es, und doch sterbe ich bereits vor Scham in dem Wissen, nicht berufen zu sein, denn Du hast den Geringsten gewählt; den, der alle Unfähigkeiten in sich vereint, so kann es nur heißen, wenn die Ehrlichkeit Bestand haben soll. Wie anders muss ich es nennen, dass Du zu mir kamst? O, hättest Du einen andern gewählt! Wie kann ich es tragen, an Dir zu zerbrechen – ach, nicht an Dir! Nicht an Deiner Schönheit! Nicht an Deiner sanften Gewalt. Und doch an alledem auch! Aber in tiefstem Grunde allein an der Unmöglichkeit – denn nicht nur Unfähigkeit ist es –, etwas zu sagen von dem Unsagbaren.

Und wenn ich doch Worte bilden werde, wird man meinen, man würde zuhören und verstehen – aber was, wenn die Worte selbst zu Lügnern an der Wahrheit werden; zu hintertückischen Feinden, die rücklings die Wahrheit ermorden, weil sie nicht würdig geborene Kinder sind – sondern bösartige Krüppel. Aber nicht bösartig, einfach nur – versagend. Und wer hört, wird betrogen und selbst Betrüger, weil er glaubt – glaubt, verstanden zu haben, wo der Sprechende längst weiß, dass er gescheitert ist und dass der Irrtum sich unaufhaltsam fortpflanzen wird. Wie ein Verdurstender wird er am Ende innehalten, den Mund noch geöffnet und sich wünschend, er hätte nie gesprochen – denn seine unstillbare Hoffnung war, ein Zipfel seiner Worte könnte – könnte die Hörer tränken, sich zärtlich in ihre Seele träufeln, auf dass sie verstünden. Nur so! So allein wäre es möglich, was unmöglich ist.

Denn wer wird Worte hören und verbrennen – so, wie Du mich verbranntest? Meine Lebensflamme mit Dir nehmend und eine neue stiftend, die nun in mir wütet wie eine Schwanenfeder, auf dunklem Grund, stillstehend und, nur Auge seiend, auf mich gerichtet, und dieser geht unter, aufgehoben in das Wunder, das unsagbar bleibt... Und, siehst Du – schon jetzt rede ich irre, in den Augen aller, weil ich verzweifle an den Versuchen, zu sagen, was nicht einmal Flammen zu sagen vermögen, es wären denn Deine. Und sie sind es ja! Sie sind ja in mir, eingesät, wie eine unversiegliche Saat, aber Du hast vergessen, mir auch eine neue Sprache zu geben – als wolltest Du, als wäre es Dein fester Entschluss gewesen, dass ich an Dir scheitere, sanft zusammenbreche vor Deiner Sanftheit, weil ich kein Engel bin, auch kein Mensch, weil wir alle keine Menschen sind, weil wir verurteilt sind, erst zerbrechen zu müssen – um leben zu können. Versiegelt als das letzte Geheimnis, das niemand erreicht, weil wir uns selbst unter Irrtum begraben, der wir eigenhändig geworden sind.

Aber ich höre Deine sanfte Mahnung – und ergebe mich in mein Schicksal, denn ich soll sprechen. Du hast mich gezwungen, nein bezwungen, so wie die Liebe zwingt, denn besiegt von ihr, lässt sie einem nichts süßer erscheinen, als ihr zu gehorchen, auch wäre nichts anderes mehr möglich, denn man selbst existiert nicht mehr – es existiert nur noch etwas unnennbares Höheres, gleichsam ein Wesen gewordenes Staunen, in das man erstarrte, als Du einen berührtest. Wie aber kann man Erstarrung nennen, was reinstes Leben ist, törichter Sänger! Ist das Wunder des Schnees etwas Erstarrtes, wenn jedes einzelne Kunstwerk von unendlicher Wandlung spricht – und leise, zärtlich zur Erde sich neigt, als würde die sanfteste Hand einer Künstlerin selbst jene streicheln? Und ist mein Staunen geringer als die Unendlichkeit zarter Flocken, jede für sich die Unendlichkeit spiegelnd? Und bin ich nicht ganz dieser Spiegel geworden, auch wenn die Geringheit in jedem Moment mich zu zertrümmern anhebt? Aber – ist das Erstarren etwas anderes als der innigste Wunsch, nichts anderes mehr zu tun, als – zu spiegeln? Weil eine andere Aufgabe gar nicht mehr sichtbar ist – als jene: Zeugen zu schaffen? Zeugen des Unsagbaren, du Tor, was hofftest du...

2

Sie kam zu mir im Traum. Aber ein Traum war es nicht, das Kleid war der Traum, die Wirklichkeit wählte es, weil etwas anderes unmöglich war. Was rede ich? Ich weiß nichts – nur dies: dass der Traum nur das Kleid war, die Trägerin aber wirklicher als alles Leben, das wir wagen, mit diesem Namen zu nennen.

Da war ein Mädchen. Nur kurz sah ich, wie zärtliche Blitze, wie sie aufwuchs in ländlicher Schönheit, bei liebenden Eltern, drei Jahr lang, dann ward sie fortgerissen, wie, weiß ich nicht, und gleichsam gespült in die Großstadt. Auch wieder nur Blitze, sie hatte nun Eltern, die nicht mehr die ihren waren, gemein, stumpf, anfangs vielleicht sogar gutwillig, aber vom Leben gezeichnet, kraftlos, zermahlen im Mörser der modernen Mühlen, die gnadenlos sind und mitleidlos morden, und jeder verweist auf das, was ihn treibt. So lebte das Kind, inmitten von Toten, die ihr Leben hatten im Müden, im Sich-Dahinschleppen, Erholung im Zynischen, in Spott und Entweihung. An Wahrheit glaubte niemand in ihrem Umkreis, an das Schöne noch weniger, erst recht nicht an das Letzte – und doch lagen die Funken erloschener Hoffnungen glimmend unter jeder zu Asche gewordenen Seele. Der Seelen Tod ist ein Siechtum – und so ist tot keine und sind es doch alle...

Sie aber, sie – diese Eine! Sie wuchs auf wie umbrandet und doch nicht berührt von der Schlacke. Und doch schien sie mehr als jeder andre betroffen. Sie wurde verspottet, gemieden, verachtet, geschlagen, wie ein Magnet. Was zog dies auf sich? Das Dunkle braucht nur das andre – anders zu sein reicht schon, nichts braucht der Hass als den leisesten Anlass. Geifer aber speit er und aufbrandend zum Höchsten seines Finstren ist er, wenn er das wirklich andere trifft. Sich fühlt er dann getroffen, und wahr ist dies, aber in Wirklichkeit trifft ihn nur der eigene Irrtum. Was er vollkommen nicht ist, wird ihm vollkommener Spiegel – er sieht sich selbst, weil etwas nicht so ist wie er.

So zog sie alle Blicke auf sich – weil sie nicht wie alle anderen im Sumpf versank, dem doch auch sie angehörte, denn für alle gleich war die Umwelt. Alle versanken, weil diese Umwelt ein Sumpf war – doch warum dann nicht diese Eine? Einst konnte Einer auf dem Wasser wandeln – aber auf Sumpf?

Noch dazu war sie schwächer als alle – geboren zum Sinken! Oft trug sie Flecken auf Antlitz, Armen und Rücken, hatte man sie einmal wieder geschlagen. Ihr die Beine zu brechen, wagte man nicht – aber alles andere war nur vergänglich. Die Tage starben vorüber, und eines Morgens stand sie von neuem da, strahlend wie der Erste Tag, leuchtend wie die Sonne, und die Unschuld ihrer Augen versengte alles...

Es gab die, die sie liebten – aber auch diese wurden geopfert. Spott und Finsternis ergoss sich auf sie und ließ sie verstummen. Sie aber ging zu ihnen und stand ihnen bei.

Dann wurde sie älter – und als sie etwa zwölf Jahre alt war, da war sie so schön, dass nur noch der feige Spott es wagte, sich selbst zu beschämen; ihre Schönheit zu schänden, wagte der Finsterste nicht mehr. Wohl gab es manche, die so tief schon den Fluch in sich trugen, dass sie begehrten, die Eine nun gänzlich zu schänden. Doch das Wunder geschah – die Schönheit berührte andre der Halbstarken, und diese wurden ihre heimlichen Beschützer. Wundersam war es, wie sie ihr niemals nahe traten, nur den anderen wehrten. Der reine Spiegel des Wesens, das sie schützten, bewirkte, dass sie sich selbst sahen. Würdig waren sie nicht – und wussten es. Was sie taten, war erste Stufe der Läuterung, allererste – und nur bei ihr.

Dann vollendete sie ihr dreizehntes Jahr – und ward so schön, dass niemand mehr sie schützen musste, denn selbst der verworfenste Jüngling hätte sie nicht mehr berührt. Vor ihrem Angesicht erstarben die üblen Regungen. Ein Blick aus ihren Augen ließ vergessen, dass es Böses gab. Was war es, was das Gift in den Herzen auflöste, für Momente, wie wenn Raum und Zeit wechselten, als stünde die Menschheit noch in einem Paradies – was war diese Macht, von der man getroffen ward, wenn man sie anblickte und sie einen? Es war die Macht einer endlosen Machtlosigkeit, es war die Macht der Schönheit selbst, aber einer gleichsam überirdischen Schönheit, denn wie konnte man sagen, sie war von dieser Welt? Welche