Wie tot bin ich wirklich? - Holger Niederhausen - E-Book

Wie tot bin ich wirklich? E-Book

Holger Niederhausen

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Beschreibung

Jeder Mensch hält sich für sehr lebendig, an Körper und Seele, obwohl viele an letztere bereits gar nicht erst glauben. Doch wie ist es um das Leben wirklich bestellt? Dieses Buch führt tief in sehr reale Fragen hinein - und gibt damit jedem ein 'Diagnostikum' an die Hand.

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Das Menschenwesen hat eine tiefe Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese kann von vielem anderen verschüttet worden sein, aber sie ist da. Und seine andere Sehnsucht ist, auch die eigene Seele zu einer Trägerin dessen zu entwickeln, wonach sich das Menschenwesen so sehnt.

Diese zweifache Sehnsucht wollen meine Bücher berühren, wieder bewusst machen, und dazu beitragen, dass sie stark und lebendig werden kann. Was die Seele empfindet und wirklich erstrebt, das ist ihr Wesen. Der Mensch kann ihr Wesen in etwas unendlich Schönes verwandeln, wenn er beginnt, seiner tiefsten Sehnsucht wahrhaftig zu folgen...

Denn eng ist die Pforte und

schmal der Weg, der zum Leben führt,

und wenige sind, die ihn finden.

- Matthäus 7,14

INHALT

Vorwort

Fragen

Anmerkungen

Wo das Leben nicht zu finden ist

Eine Auswertung

Fortsetzung der Diagnostik

Das Leben und das Mädchen

Vom Berührtwerden

Die Fragen und das Mädchen

Nachwort

VORWORT

Heute suchen alle das Leben. Man wünscht sich ,das volle pralle Leben’. Man möchte einen guten ,Lifestyle’ pflegen. Man will lange leben. Man will lebendig sein. Man will einen guten Lebenslauf haben. Jeder weiß, was das Leben ist. Man möchte es mit angenehmen Dingen füllen, um ,gut’ zu leben. Man möchte gelebt haben, bevor man stirbt.

Diese Formulierungen und die daraus sprechenden Bedürfnisse, um nicht zu sagen ,Begehrnisse’, sind allgegenwärtig. Auch sie leben in nahezu jedem Menschen irgendwie. Leben, Leben, Leben. Aber was ist dieses Leben? Und wie sehr lebt man wirklich?

Das ist die Frage, die in diesem Buch beantwortet werden soll, in Form eines Diagnostikums – eines Handbuches, mit dessen Hilfe jeder selbst beurteilen kann, wie sehr er lebt. Er wird sich vielleicht nicht auf meine Art der Beurteilung einlassen – aber das ist seine Sache. Er wird gesehen haben, wie man die Frage beurteilen kann, und wenn er das nicht tun wird, liegt es in seiner eigenen Verantwortung.1

Das Leben lässt nicht mit sich spaßen. Es hat seine eigenen Beurteilungsmaßstäbe. Diese kann man entweder erkennen – oder daran vorbeigehen, buchstäblich: vorbei-leben. Damit aber würde man zweifellos den größten Fehler seines ... Lebens begehen. Dieses Buch wird also zugleich eine Hilfe sein, ihn möglicherweise noch zu erkennen. Denn aus der Sicht des Lebens ist es eine Wahrheit: Es ist nie zu spät...

1 Es sind hier und im Folgenden stets beide Geschlechter gemeint.

FRAGEN

Für eine Diagnostik braucht es die richtigen Fragen. Manch einer, der sich in einer bestimmten Weise ,sieht’ und beurteilt, meint, sich genau zu kennen, und irrt doch gewaltig. Früher wiesen Fabeln auf diese Wahrheiten hin. Jemand kann ein berstendes Selbstbewusstsein haben und doch ein ,armer Schlucker’ und winziger Geist sein – ein anderer kann sich für völlig unbedeutend halten und aus anderer Sicht doch einen Wert haben, der mit Gold nicht aufzuwiegen wäre.

Ein Arzt kann an winzigen Symptomen eine schwere Krankheit erkennen, die ein Laie für völlig bedeutungslos halten könnte – und was den Laien panisch macht, kann den Arzt völlig ruhig bleiben lassen.

Es braucht also, um die Wahrheit tiefer als dem bloßen Augenschein nach erkennen zu können, eine Erkenntnismethodik. Für den Arzt sind das die richtigen Fragen, die richtige Blicklenkung – und ein Werk, das dieses leisten würde, wäre ein Diagnostikum.

*

Vieles kann man bereits erkennen, wenn man jene einfachen Fragen beantwortet, die einen der sogenannten ,Psychotests’ ausmachen. Diese Tests stehen immer unter einer Leitfrage wie zum Beispiel ,Wie gesellig sind Sie?’ oder ,Was für ein Kommunikationstyp sind Sie?’ und so weiter und so fort. In der Regel kennt man die Antworten schon vorher – dennoch ist es nicht selten aufschlussreich, die Fragen wirklich einmal durchzugehen und zu sehen, was sich daraus ergibt und wo man auf einer Skala, die von einem Extrem zum anderen reicht, eigentlich ,steht’.

Und so wollen wir auch an dieser Stelle einmal mit Fragen beginnen, die tiefer in unsere eigentliche Frage hineinführen werden...

Man nehme sich also Zeit, Ruhe und einen Stift und beantworte für sich die Fragen der folgenden Seiten.

1. Haben Sie den Beruf, den Sie sich gewünscht haben?

ja

nein

weiß nicht

2. Wie oft können Sie Ihr Wochenende genießen?

fast immer

es geht

selten

3. Besuchen Sie öfter einmal Theater oder Konzerte?

ja

nein

allenfalls manchmal

4. Wie viele Bücher haben Sie im letzten Jahr gelesen?

keines

höchstens drei

mehr

5. Haben Sie Kinder?

ja

nein

nein, aber ich möchte

6. Wie oft haben Sie schon furchtbar spontan gehandelt?

sehr oft

schon öfter

selten oder nie

7. Haben Sie eine feste Beziehung?

ja

nein

wie man’s nimmt

8. Wie oft gehen Sie spazieren?

jede Woche

jeden Monat

seltener

9. Wie oft machen Sie richtig Urlaub?

einmal im Jahr

öfter

seltener

10. Wie oft im Monat haben Sie Sex?

viermal

öfter

seltener

11. Wie oft sind Sie glücklich?

(fast) immer

oft

selten oder nie

12. Wie viele sehr gute Freunde haben Sie?

einen

mehr

weniger

13. Fragen Sie sich manchmal nach dem Sinn des Lebens?

ja

nein

oft

14. Wann haben Sie zuletzt etwas ,Verrücktes’ getan?

in diesem Jahr

früher

noch nie

15. Wie selbstbewusst sehen Sie sich?

normal

sehr

eher wenig

16. Empfinden Sie sich als religiös bzw. spirituell?

ja

nein

weiß nicht

17. Halten Sie sich für politisch engagiert?

ja

nein

ein wenig

18. Lieben Sie Kinder (nicht die eigenen)?

ja

nein

kaum

19. Wie blicken Sie auf Ihre eigene Schulzeit zurück?

positiv

negativ

neutral

20. Können Sie sich an kleinen Dingen freuen?

ja, oft

manchmal

selten oder nie

21. Würden Sie sich selbst als empathisch bezeichnen?

ja

nein

weiß nicht

22. Finden Sie, die Welt ist bedroht?

ja

nein

weiß nicht

23. Ist Ihnen Wohlstand wichtig?

ja

weniger

nein

24. Glauben Sie an die große Liebe?

ja

nicht wirklich

nein

ANMERKUNGEN

Wir wollen es einmal bei diesen vierundzwanzig Fragen belassen und an die Auswertung gehen.

Wer nun allerdings die übliche Auswertung solcher Tests erwartet hätte, wie man sie aus Zeitschriften kennt, der wird in dieser Erwartung enttäuscht werden. Diese Art der Fremdbestimmung endet hier. Man wird bei jeder Frage engagiert mitdenken müssen. Die Fragen selbst waren nach dem sogenannten ,multiple choice’-Prinzip gestaltet: in diesem Fall jederzeit dreifache Auswahl – und bei gewöhnlichen ,Psychotests’ hätte sich dann die eindeutige Punkteverteilung, Summierung und eindeutige Ausdeutung angeschlossen ... in der Regel auch wieder in drei Klassen von Beurteilungen nach dem Muster: Sie sind sehr gesellig, kaum gesellig oder aber das übliche Mittelmaß.

Viele Leserinnen und Leser werden schon bei den Fragen mit ihrer grob gestrickten Drei-Antworten-Möglichkeit die Empfindung gehabt haben, dass damit das wirkliche Leben doch wohl etwas zu sehr reduziert wird. Diese Empfindung ist zutiefst gesund. Man macht solche ,Psychotests’ möglicherweise manchmal ganz gern, weil man neugierig ist, zu welchem Ergebnis der Test bzw. die Zeitschrift dann kommt – aber im eigenen Inneren weiß man zugleich, dass die Reduktion des Lebens auf jeweils drei Antwortmöglichkeiten eigentlich armselig ist. Und genauso armselig und bedeutungslos ist dann in der Regel auch der ganze ,Test’.

Dies allein schon deshalb, weil er eine Eindeutigkeit vorspiegelt – und zugleich eine absolute Fremdbestimmung zelebriert, eine totale Abhängigkeit vom Urteil anderer. Wie es ja überhaupt das Wesen dieser oberflächlichen Zeitschriften ist, die einen zum bloßen Konsumenten degradieren. ,Wussten Sie es schon? Prinz so-und-so hat kürzlich geheiratet. Wir bringen eine Exklusivstory.’ Oder: ,Was Schauspielerin xy über ihr Baby verraten hat.’ Oder eben auch: ,Wie gesellig sind Sie? Dieser Test verrät es Ihnen!’

Millionen von Menschen lassen sich mit diesen Dingen buchstäblich abspeisen. Sie entwickeln sich in dieser Hinsicht zu hörigen Individuen, die in vielen Aspekten nicht darüber hinauskommen, von außen entgegenzunehmen, wie über diese oder jene Dinge geurteilt werden soll. Wenn ich mir aber von außen sagen lassen muss, wie ,gesellig’ ich bin (zum Beispiel), dann lasse ich mir fast im selben Atemzug auch von außen aufoktroyieren, wie ,gesellig’ man normalerweise eigentlich auch zu sein hat – wenn man jedenfalls nicht deutlich von der Normalität abweichen will.

Selbst wenn man diese Tests nicht so ganz ernst nimmt, suggerieren sie einem fortwährend, dass es Normen gibt und dass alles, was davon abweicht, schon nicht mehr ganz normal ist. Diese Tests sind also weit mehr als nur ein unterhaltsames Mittelchen, mal ein bisschen herauszufinden, wo man mit diesem oder jenem ,steht’. Sie sind fortwährend ein subtiles Signal, das einem suggeriert: ,Du machst es im Großen und Ganzen schon richtig’, oder: ,Wow, du bist ein Supertyp!’ Oder: ,Da besteht noch Verbesserungsbedarf...’ Es ist eine fortwährende Normierungssuggestion. Nicht anders als die Noten in der Schule. Und wir sind von diesen Dingen umgeben. ,Psychotests’ sind auch nur die Spitze des Eisberges.

Dem wollen wir uns also nicht unterwerfen. Es wäre wohl auch das Letzte, wenn sich das Leben in ,Multiple-Choice-Fragen’ einfangen ließe und dann sogar noch eine ebenso einfache Auswertung möglich wäre! Wäre dies das Leben, so würde es sich überhaupt nicht lohnen, gelebt zu werden. Und möglicherweise haben sehr viele Leserinnen und Leser diese Empfindung schon zu Beginn der Fragen gehabt.

Und wenn nicht bewusst, so zumindest unbewusst. Wir haben ohnehin sehr viele unbewusste oder nur halb bewusste Empfindungen. Man denke nur einmal an die fortwährend leise viele Leben begleitenden Enttäuschungen. Dieses Gefühl, sich im Grunde nur wie ein Rädchen im Getriebe zu empfinden – und vom Leben oder der Welt, wie sie ist, eigentlich übergangen zu werden.

Die ganze Werbung und vieles in der übrigen Welt suggeriert einem, man müsse doch glücklich sein – und was man eigentlich ,habe’, so ein ,Miesepeter’ zu sein oder dahin zu tendieren. Diese ,Botschaften’ führen dann dazu, dass man seine leisen oder auch weniger leisen Gefühle in dieser Richtung unterdrückt, sich an sie ,gewöhnt’ oder wie auch immer zunehmend weniger bemerkt. Man legt sich vielleicht einen Panzer zu, und sei es nur einen Panzer der Gewöhnung oder der Resignation.

Und so kann es ganz leicht sein, dass man solche Empfindungen nicht bemerkt, obwohl sie da sind. Empfindungen wie jene, dass so ein Test doch eigentlich ein furchtbares Instrument der Fremdbestimmung und der Reduktion der Wirklichkeit auf etwas viel zu Banales ist. Genauso banal wie das Fernsehprogramm, dessen Banalität man auch nicht mehr wirklich bemerkt – aber tief in den Untergründen der Seele doch sehr, sehr deutlich empfindet. Aber es tritt eben nicht mehr wirklich bis über die Schwelle des Bewusstseins. Da ist es jedoch trotzdem, sogar sehr, sehr intensiv. Intensiv und doch nicht wirklich bemerkt...

Im Grunde ist ein Großteil der Welt darauf angelegt, die Seelen fremdzubestimmen. Das beginnt schon mit jedem Konsum, wirklich jedem, sogar dem sehr, sehr angenehmen. Wenn ich von Nachrichten zugeschüttet werde; wenn mir die Schlagzeilen entgegenschlagen; wenn überall Werbung aufflackert; wenn am Bildschirm die Angebote, was man anklicken könnte, nur so hageln; wenn einem die Fernsehzeitung für jede Minute des Tages auflistet, was man konsumieren könnte; wenn die Zeitschrift voll ist mit Texten und Storys und sogar ,Psychotests’, durch die man sich ,besser kennenlernen’ soll – und es nimmt ja kein Ende... Die Schaufenster sind voll mit Angeboten, die Ampelpfähle der Großstädte mit Kleinanzeigen. Und im Grunde lautet die oberste Suggestion, die aus alledem hervorgeht:

Wenn Du nicht KONSUMIERST, lebst Du nicht!