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Mitten auf dem Kohlmarkt in Braunschweig, umgeben von zahlreichen Menschen, bricht ein Stadtführer tot zusammen. Schnell wird klar, dass es sich um einen Giftanschlag handelte. Aber der Tod dieses Mannes gibt Kriminalrat Dr Thomas Faust und seinem Team noch viele Rätsel auf. Und dann passiert ein weiterer Giftmord. Nach und nach stellt es sich heraus, dass die beiden Opfer miteinander zu tun hatten, und offenbar ging es dabei um ägyptische Altertümer von neuesten Ausgrabungen, die überaus selten sind. Oder handelt es sich möglicherweise um Fälschungen? Eigentlich ausgeschlossen, denn da gibt es ja die Expertise eines Fachmannes ...
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Tomos Forrest / Thomas Ostwald
Regionale Morde – aus dem Braunschweiger Land:
Mord auf dem Kohlmarkt
Tatort Braunschweig
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Kerstin Peschel, 2023
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
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Mitten auf dem Kohlmarkt in Braunschweig, umgeben von zahlreichen Menschen, bricht ein Stadtführer tot zusammen. Schnell wird klar, dass es sich um einen Giftanschlag handelte. Aber der Tod dieses Mannes gibt Kriminalrat Dr Thomas Faust und seinem Team noch viele Rätsel auf. Und dann passiert ein weiterer Giftmord. Nach und nach stellt es sich heraus, dass die beiden Opfer miteinander zu tun hatten, und offenbar ging es dabei um ägyptische Altertümer von neuesten Ausgrabungen, die überaus selten sind. Oder handelt es sich möglicherweise um Fälschungen? Eigentlich ausgeschlossen, denn da gibt es ja die Expertise eines Fachmannes ...
***
Später erzählte er allen, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis es den eitlen Fatzke endlich erwischte. Der eitle Fatzke war ein Professor und wirkte ebenfalls als Stadtführer. Der Mann war ihm durchaus nicht unähnlich bei seinen Auftritten, und zudem ein Historiker. Beide bildeten sich viel auf ihr Wissen ein, was dazu führte, dass sie sich öfter auch in der Öffentlichkeit mit Vorwürfen beharkten.
Nun hatte es Professor Angelus Dorheim allem Anschein nach bei einem Giftanschlag während der mittäglichen Suppenmahlzeit erwischt. Bruno Saalfeld stand am Nebentisch und erlebte den Todeskampf des Wissenschaftlers hautnah mit.
Danach hatte er den Gedanken, dieses Ereignis mit in seine Stadtführungen einzubeziehen. Und dann begann er, die Szene buchstäblich nachzuspielen, die er erlebt hatte. Den Kampf eines Menschen ums pure Überleben. Bei seiner drastischen Darstellung wurde seinen Zuhörern immer schlecht. Die ersten drehten sich schon angewidert ab, als er das Gesicht verzog und die Zunge ungewöhnlich lang heraushängen ließ. Kamen dann noch seine Würgegeräusche dazu, konnten ihn schließlich nur noch laute Rufe dazu zwingen, mit seiner theatralischen Darstellung sofort aufzuhören.
Entsetzte Ausrufe mischten sich zwischen die Proteste.
»Doch wohl hoffentlich nicht durch die Gulaschsuppe!«
»Ich finde, die Kürbissuppe hatte einen komischen Beigeschmack!«
Und Bruno Saalfeld, der alte Stadtführer, der sich etwas auf sein Wissen über die Geschichte der Stadt Braunschweig einbildete und auf seine Kollegen nur verächtlich herabsah? Der kopfschüttelnd an ihnen vorüberging, wenn einer von ihnen zur besseren Erläuterung eine alte Abbildung oder Fotografie hochhielt, um den Gästen zu zeigen, wie es an dieser Stelle früher einmal ausgesehen hatte.
Solche Hilfsmittel hatte ein Bruno Saalfeld nicht nötig.
Er überzeugte durch sein Wissen und durch die Anekdoten, mit denen er seine Zuhörer unterhielt. Und nach dem tragischen Vorfall auf dem Kohlmarkt, bei dem zunächst alles danach aussah, als hätte jemand einen der Stadtführer vergiftet, hatte Bruno eine neue Geschichte. Mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, brachte er diesen neuen Kriminalfall auf sehr drastische Weise seinen Gästen näher.
Natürlich erst in dem Augenblick, in dem sie schon ein paar Löffel aus den dampfenden Schalen gelöffelt hatten.
Bruno Saalfeld beobachtete seine Gäste genau, griff sich eine der Brotscheiben aus dem Korb und knabberte nur etwas daran herum, bis er den richtigen Zeitpunkt gefunden hatte. Dann begann seine theatralische Vorstellung, und man nahm ihm durchaus ein gewisses, schauspielerisches Talent dabei ab.
Das war nun schon zwei-, dreimal ohne Absprache passiert, und nun erteilte ihm Robert Wagner Hausverbot. Bruno Saalfeld starrte ihn ungläubig an. Dann schluckte er vernehmlich und erwiderte mit vorwurfsvollem Tonfall: »Das kannst du nicht machen, Robert! Wir sind schließlich befreundet, und du weißt, dass ich mir diese Chance einfach nicht entgehen lassen kann! Schließlich arbeite ich eben an einer neuen Stadtführung zum Thema Mordfälle in Braunschweig, und da kommt mir dieser traurige Vorfall sehr gelegen!«
»Das ist mir egal. Wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus. In diesem Fall heißt das: Hausverbot, weil du dich wirklich nicht benimmst gegenüber meinen Gästen, die hier in Ruhe eine gute Suppe genießen wollen. Du kannst deine Geschichte meinetwegen auf dem Altstadtmarkt erzählen oder auch auf dem Burgplatz. Künftig aber nicht mehr hier bei mir, wo die Leute nur etwas essen wollen.«
»Robert, überleg’ doch mal, was das für dein Geschäft bedeuten kann! Und wir können das doch gern gemeinsam ausbauen – du bietest deine Suppe künftig als Teufels- oder sogar Mördersuppe an – jeder wird wissen, was damit gemeint ist.«
»Das fehlt mir gerade noch!«, antwortete Wagner knapp. Er sammelte von den Tischen die geleerten Suppenschalen ein, stapelte sie übereinander und drehte Bruno den Rücken zu.
»Ach komm, lass uns doch gemeinsam diese Idee durchgehen! Mir fällt bestimmt noch einiges dazu ein, Robert!«
Wagner drehte sich auf dem Absatz herum und starrte Bruno wütend an.
»Hast du mich nicht verstanden? Ich bin nicht interessiert! Und so lange du diese Geschichte auf derart ekelhafte Weise darbietest, möchte ich dich hier bei meinen Gästen nicht mehr sehen – ist das klar?«
Bruno starrte nun ebenfalls zurück.
»Deine Gäste! Bislang ist es immer meine Gruppe gewesen, die ich zum Abschluss der Stadtführung auf eine Portion Suppe zu dir gebracht habe!«
Robert Wagner sah, wie es in Brunos Gesicht arbeitete. Das linke Augenlid flatterte kurz, dann schien der alte Stadtführer einen Entschluss zu fassen und einzulenken.
»Ist gut, Robert, reg’ dich ab. Mal sehen, vielleicht kommt bald der Tag, an dem du das bereust!«
»Ich glaube nicht. Und nun tschüss, und komm nicht wieder, wenn du diesen Blödsinn fortsetzt.«
Robert Wagner verschwand in seiner gläsernen Box hinter dem Tresen, und Bruno zuckte die Schultern. Das Gespräch im erregten Tonfall hatte bereits aufmerksame Passanten angelockt, die staunend zuhörten. Jemand tuschelte seiner weiblichen Begleitung etwas zu, und die nickte heftig mit dem Kopf.
»Giftsuppe!«, sagte sie halblaut, aber immer noch gut für alle verständlich.
Bruno Saalfeld zuckte die Schultern.
»Dann eben nicht. Aber warte nur, Robert! Mit dieser Geschichte komme ich noch ganz groß heraus. Und für den Fall der Fälle könnte ich das auch drüben im Café inszenieren. Mal sehen, was die dazu sagen, wenn jeden Tag die Touristenscharen zu ihnen kommen! Ha, warte nur ab, Robert Wagner!«
Wütend schritt er mit großen Schritten in Richtung Hutfiltern.
Brunos Figur wirkte bei dieser Gangart geradezu lächerlich.
Mit seinen 1,65 Meter und dem kräftig ausgebildeten Bauch schwankte er mehr, als dass er ging. ›Mein Wolters-Geschwür hindert mich!‹, dachte Bruno wieder einmal und strich sich über den Bauch in Gedanken an das heimisch gebraute Bier, das er um jeden Preis vor allen anderen Sorten bevorzugte.
Unwillkürlich fiel ihm ein, dass es in seiner Heimatstadt Bemühungen gab, eine andere, traditionelle Biermarke als Craft-Bier wiederzubeleben. Bruno schnaubte und verdrängte diese Gedanken, als er am Haus mit dem Schriftzug Leuen-Thurm am Hutfiltern vorbeieilte. Ihm zuckte dabei der Gedanke durch den Kopf, dass es noch eine alte Rechnung gab, die anhand der aufgestellten Futterkosten bewies, dass man hier tatsächlich einen lebendigen Löwen gehalten hatte. Zugleich fielen ihm Begriffe ein wie ›Heinrich der Wunderliche‹, die sogenannte ›Schicht der Gildemeister‹ von 1292/93 und die damaligen Ereignisse, die kurzfristig dazu geführt hatten, das an dieser Stelle einst stehende Haus zum Sitz des Rates zu erklären.
›Schade, dass ich mit den Gästen gar nicht in diese Richtung gehe!‹, überlegte Bruno Saalfeld für sich. ›Vielleicht sollten wir zumindest mal bis hierher gehen, und ich …‹ Sein Gedankengang wurde jäh unterbrochen, als er jemand erblickte, der ihm in diesem Augenblick wie gerufen kam. Wenn ihn nicht alles täuschte, so ging nur wenige Meter vor ihm mit raschen, elastischen Schritten Dr. Thomas Faust in Richtung Münzstraße. Der Kriminalrat war der Leiter der hiesigen Kriminalpolizei und für Bruno Saalfeld der Ansprechpartner überhaupt. Was der Beamte allerdings von ihm und seinen sogenannten Recherchen hielt, war Bruno vollkommen schnuppe.
Er beschleunigte jetzt seinen Schritt, um zu dem Kriminalrat rasch aufzuschließen.
Gerade wollte er ihn überholen, als der plötzlich scharf abbog und auf eine attraktive Frau zutrat, die eben aus dem Café an der Ecke trat. Die beiden begrüßten sich herzlich, indem sie sich in die Arme nahmen und küssten.
Bruno Saalfeld ließ sich davon nicht abbringen. Er vermutete, dass es sich um seine Ehefrau Maria handelte. Rasch trat er zu dem Paar, das eben seinen Weg gemeinsam fortsetzen wollte, und grüßte übertrieben freundlich und mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
»Der Herr Kriminalrat – so eine Freude! Gnädige Frau – recht guten Tag!«, rief er dabei mit lauter, dröhnender Stimme aus, sodass sich gleich wieder ein paar Menschen aus näherer Umgebung erstaunt umdrehten.
»Ach, unser Stadtführer Saalfeld, auch wieder unterwegs?«, gab Dr. Faust zurück, verhielt sich dabei aber reserviert. Mit der linken Hand deutete er auf die Frau an seiner Seite und fügte knapp hinzu: »Meine Frau. Sie entschuldigen, Herr Saalfeld, wir sind sehr in Eile – meine Mittagspause ist gleich vorbei und wir wollen noch rasch …«
»Verstehe, verstehe vollkommen, Herr Doktor. Sagen Sie, hätten Sie vielleicht trotzdem für mich mal ein paar Minuten – vielleicht in Ihrer Dienststelle?«
Faust wechselte einen raschen Blick mit seiner Frau, bevor er antwortete: »Wenn es um den Fall vom Kohlmarkt geht, Herr Saalfeld – da sind die Ermittlungen noch nicht vollständig abgeschlossen – und ich werde deshalb nichts dazu sagen können!«
Damit wollte er sich schon abwenden, während Maria Faust den Stadtführer mit einem Lächeln bedachte.
»Sehr schade, aber verständlich. Einen schönen Tag noch! Ach, was ich sagen wollte – ist das Café zu empfehlen?«
»Aber ja!«, antwortete Maria Faust, und schon eilte das Paar mit raschen Schritten davon.
»Danke schön, das ist sehr interessant. Sie müssen nämlich wissen, dort befand sich einmal das Werkzeuglager am Damm – nach Ohlendorf im Magni-Viertel überhaupt die Adresse für alles, was der Heimwerker benötigte …« Bruno verstummte, als sich Maria Faust kurz umdrehte und lachend antwortete: »Ich erinnere mich noch an einen Fischladen!« Fröhlich winkte sie Bruno zu, der ihnen stirnrunzelnd nachblickte, dann hatte er eine andere Eingebung. Vergnügt vor sich hin pfeifend, bummelte er den Damm hinauf zum Bohlweg, wo er wenig später einen freien Platz unter einem der zahlreichen Sonnenschirme entdeckte, das dort sitzende Pärchen um Erlaubnis bat und kaum auf deren Zustimmung wartete, als er auch schon Platz nahm und der Kellnerin ein Zeichen gab. Er war hier Stammgast und erwartete, dass man ihm seinen Cappuccino sofort und ohne weitere Aufforderung servierte.
Unglücklicherweise war diese Bedienung neu und hatte Bruno bislang noch nicht erlebt. Es dauerte keine zwei Minuten, nachdem er Platz genommen hatte, als sie das Versäumte nachholen konnte. Bruno Saalfeld, Stadtführer mit besonderem Hintergrundwissen aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit, spielte wieder einmal auf sehr theatralische Weise eine Rolle. Diesmal die des verkannten Stammgastes.
Leidend, weil ihn niemand erkannt hatte.
Unglücklich, weil er einer durchaus attraktiven jungen Bedienung erklären musste, dass er es gewohnt war, umgehend bedient zu werden.
Als schließlich die Tasse vor ihm stand, vermisste er nicht nur den eingepackten Keks auf der Untertasse, nicht nur das obligatorische Glas Wasser dazu, sondern auch – den Averna, jene Spezialität aus Sizilien, die für ihn um diese Uhrzeit zwingend zum Cappuccino gehörte.
Doch auch dieses Problem löste sich rasch nach einigen wenigen, sehr lauten Worten, die Giacomo am Tresen so deutlich noch vernehmen konnte wie etwa zwanzig der umsitzenden Gäste. Giacomo Rossi, der Gastwirt, übernahm höchstpersönlich das Servieren, und Bruno lächelte ihn breit an, mit dem freundlichsten Gesicht, das er schneiden konnte.
»Grazie, Giacomo!«, kommentierte der Stadtführer, und Giacomo Rossi antwortete ebenso fröhlich lächelnd: »Non c’é di che – nicht der Rede wert!«
Der Gastronom verneigte sich mit allerdings vollkommen starr bleibenden Gesichtszügen und sehr förmlich. Ein Beobachter der Szene hätte sofort begriffen, was Giacomo Rossi von seinem Gast hielt – aber niemand achtete zu diesem Zeitpunkt weiter auf die beiden Männer, die trotz ihrer so unterschiedlichen Herkunft viel Ähnlichkeit miteinander aufwiesen. Rossi war, wie auch Saalfeld, von untersetzter und fülliger Figur. Mochte der Stadtführer die Siebzig bereits überschritten haben, so wirkte der italienische Wirt noch agil und beweglich. Aber die tiefen Augenringe, seine Falten um Nase und Augen und sein etwas schleppender Gang verrieten, dass er kaum jünger als sein Gast sein mochte.
Als Bruno sein Glas an die Lippen setzte und den Averna genoss, wollte Rossi sich wieder entfernen, aber die Worte seines Gastes hielten ihn noch zurück.
»Professor Dorheim war doch auch Stammgast bei Ihnen, Signor Rossi, und haben Sie da jemals etwas bei ihm bemerkt, das auf eine … gewisse Sorge schließen ließ?«
»Eine gewisse Sorge, Signor Saalfeld? Wie soll ich das verstehen? Si, der Professore war täglich mein Gast. Er saß dort drüben, trank zwei bis drei Espressi, studierte seine Artikel oder auch einmal ein Buch, genoss das Wetter oder auch nicht und sprach nur sehr wenig.«
»Was ich meine – hat Professor Dorheim auch einmal etwas bei Ihnen gegessen?«
»Si, Signor Saalfeld. Il professore hat seinen Espresso getrunken und dazu einen der üblichen Kekse geknabbert – ich habe Anweisung gegeben, zu jedem Getränk einen dieser Kekse zu packen, wie auch Sie ihn zum Cappuccino erhalten, Signore.«
»Verstehe, aber noch einmal: Hat er nie etwas von Ihren Salaten oder kleinen Speisen bestellt?«
Signor Rossi zuckte die Schultern.
»Nein, soweit ich das weiß, hat er nur den Espresso getrunken. Professore Dorheim hat sich ja meistens über eine Stunde bei mir aufgehalten und – das darf ich wohl sagen – richtig gearbeitet.«
»Und nie misstrauisch am Keks geschnüffelt? Kritisch den Kaffee betrachtet, bevor er ihn getrunken hat?«
»Ich weiß nicht, was Ihre Frage bedeuten soll, Signor Saalfeld. Nein, der Professore hat dort gesessen, Espresso getrunken und dabei gearbeitet.«
Erneut wollte sich der Gastronom abwenden, aber noch einmal versuchte Bruno sein Glück.
»Und wie war es mit anderen Gästen? Ich meine – hat sich Professor Dorheim hier bei Ihnen mit anderen Leuten getroffen? Vielleicht zum Espresso, und diese Leute dazu eingeladen oder mit ihnen diskutiert? Oder seine Arbeiten durchgesprochen? Sie wissen doch bestimmt, Signor Rossi, dass der Professor regelmäßige Kolumnen in der Zeitung hatte, eine eigene Rundfunksendung beim NDR und außerdem in verschiedenen Foren der Sozialmedien stark vertreten war?«
»Ich habe keine Ahnung, Signor Saalfeld. Sie entschuldigen, ich muss zurück in mein Lokal, um die Bestellungen auszuführen.«
»Ja, natürlich, schon gut, Signor Rossi. Alles in Ordnung. Ich war nur neugierig.«
Für mich ein wenig zu viel!, dachte Giacomo Rossi. Ich dachte, du bist ein Stadtführer und erzählst den Touristen irgendwelchen Kram über diese Stadt. Aber im Augenblick könnte ich glauben, du bist einer von diesen Kriminalbeamten, die nach dem Tod des Professore auch mich befragten! Na, meinetwegen, spaccone (Angeber), wenn es dir Spaß macht – nur so weiter. Irgendwann wirst auch du auf jemanden treffen, dem deine Art nicht gefällt. Nicht mein Problem, bei mir bist du ein Gast unter vielen und bekommst, was du bestellst – solange du nicht lästig wirst, comprendere, Signor?
Während der Wirt im nächsten Moment das Gespräch wieder vergessen hatte, rührte Bruno nachdenklich in seiner rasch geleerten Tasse, verteilte die Reste des Milchschaums und stellte endlich die Tasse mit einem Ruck wieder auf den Unterteller. Die beiden jungen Gäste an seinem Tisch, die er nicht weiter beachtet hatte, erhoben sich jetzt und nickten ihm zu.
»Einen schönen Tag noch!«, rief er ihnen hinterher, und als er sah, dass sie zur Ampel gingen, um den Bohlweg zu überqueren, hätte er ihnen um ein Haar noch nachgerufen, dass sie sich unbedingt das Schlossmuseum ansehen sollten. Trotz seiner Gedankengänge war es ihm der bajuwarische Dialekt aufgefallen, mit dem sie sich unterhalten hatten.
Aber es war zu spät, und mit einem leichten Schulterzucken wandte er sich wieder ab, gab der Bedienung ein Zeichen, um zu bezahlen. Kleinlich, wie er immer war, ließ er sich das Wechselgeld genau herausgeben, erhob sich rasch und ging über den Bohlweg und Langer Hof zur Burg Dankwarderode.