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Seit Monaten wird Lisa von hartnäckigen Rückenschmerzen geplagt. Was sich anfangs noch gut ignorieren ließ, widersetzt sich nun allen Schmerztabletten und Einreibungen. Lisa sehnt sich nach einer Auszeit, aber daran ist nicht einmal zu denken. Die Leitung ihres kleinen Landhotels und ihre siebzehnjährige Tochter halten sie auf Trab. Und ihr Mann ... Nein, auf ihn darf sie nicht mehr zählen, das weiß sie. Lisa sucht Rat bei ihrem Hausarzt - und der gibt Entwarnung: Ihre Beschwerden kommen von einer Verspannung, meint er und schimpft auf die langen Stunden, die sie täglich am Schreibtisch verbringt. Er schickt Lisa zum Sport, aber die erhoffte Besserung bleibt aus. An einem heißen Sommertag spürt Lisa ihre Beine plötzlich nicht mehr. Und bald ist in ihrem Leben nichts mehr, wie es einmal war ...
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Seitenzahl: 125
Cover
Wie früher ... nur anders!
Vorschau
Impressum
Wie früher ... nur anders!
Schmerzen und Erkrankungen stellen die Menschen immer wieder vor Herausforderungen. So auch meine neue Patientin Lisa Ahrens. Sie ist als Notfall ins Elisabeth-Krankenhaus gekommen, weil sie ihre Beine nicht mehr spürte. Da schrillten bei mir alle Alarmglocken. Die Untersuchung ergab eine niederschmetternde Diagnose: Lisa hat Krebs! Unter Tränen gestand sie mir, dass sie ihre quälenden Rückenschmerzen schon allzu lange mit Medikamenten betäubt hat, bis es eben nicht mehr ging ...
Doch da ist noch ein tieferer Schmerz, der ihr Leben überschattet: Ihr Mann hat sie und die Tochter einfach im Stich gelassen, um sich einen Traum zu erfüllen und mit dem Motorrad um die Welt zu fahren. Ich hoffe, er steht ihr wenigstens bei, wenn er erfährt, wie schlimm es um seine Frau steht ...
»Soll man das etwa einen Sommer nennen?« Karl Miller saß an diesem Tag am Steuer des Notarzteinsatzfahrzeuges, ebenso kurz wie liebevoll NEF genannt, und spähte durch die Windschutzscheibe. Angesichts der Regenmassen schnalzte er missbilligend mit der Zunge. »Vollkommen durcheinander, das Wetter. Früher hat es im Sommer gegen Abend kurz gewittert, und dann wurde es wieder schön. Heutzutage verbeißen sich die Wolken am Himmel wie der Mops meines Nachbarn in der Wade des Postboten und wollen gar nicht mehr weiterziehen.«
»Halt durch.« Dr. Andrea Bergen klammerte sich an den Haltegriff über der Beifahrertür, als sie über eine Bodenwelle rumpelten. »Für die nächsten Tage verspricht der Wetterbericht eine deutliche Besserung. Dann sollen die Temperaturen auch wieder über dreißig Grad klettern.«
»So heiß muss es gar nicht werden«, brummte ihr Fahrer. »Mir würde es schon genügen, wenn mir der graue Himmel nicht mehr aufs Gemüt schlagen würde. Ganz zu schweigen von dem ...«
Ein gedämpfter Fluch riss ihm den Rest des Satzes von den Lippen, als eine Sturmböe an ihrem Wagen rüttelte und ihm das Steuer aus den Händen zu reißen drohte. Doch er hielt es fest gepackt, und abgesehen von einem kleinen Schlenker blieb das Fahrzeug in der Spur.im
Allerdings wurden sie tüchtig durchgerüttelt, als sie tiefer in den Wald vordrangen. Das Einsatzfahrzeug rumpelte über die Forststraße, die von zahlreichen Löchern und Pfützen übersät war. Die Scheibenwischer mühten sich, den Wassermassen Herr zu werden, die an diesem Nachmittag vom Himmel fielen.
Auf der unebenen Waldstraße tanzten die Lichtkegel der Scheinwerfer auf und ab. Trotz der frühen Stunde war es bereits dunkel. Bis, ja, bis ein Blitz den bleigrauen Himmel zerriss und den Wald für Sekundenbruchteile in gespenstisches Licht tauchte. Der nachfolgende Donner ließ nicht lange auf sich warten. Die Notärztin nahm es hin. Was ihr weitaus mehr Sorgen bereitete, war der Sturm, der an den Baumwipfeln zerrte und das Holz laut ächzen ließ.
Wenn der Sturm einen der Bäume fällte und vor ihnen auf die Forststraße stürzen ließ, sah es düster aus. Dann würden sie einen Umweg fahren müssen, um zu ihrem Einsatzort zu gelangen. Das würde Zeit kosten. Zeit, die sie vielleicht nicht mehr hatten ...
»Wie weit ist es noch?«, fragte sie angespannt.
»Zwei Kilometer. Höchstens drei.« Karl schaltete einen Gang zurück, weil die Fahrbahn allmählich nur noch aus Löchern bestand. Er hielt den Blick konzentriert nach vorn gerichtet. Sein Schnaufen ließ seinen dunklen Schnurrbart erzittern.
Andrea Bergen richtete den Blick geradeaus und suchte die Umgebung nach Hinweisen auf ihren Einsatzort ab, zu dem sie gerufen worden waren. Zwei Lehrer waren mit ihren Schülern während eines Schulausflugs vom Unwetter überrascht worden. Wenig später hatte es ein Unglück gegeben.
Eingeklemmte Person, war ihnen über Funk durchgegeben worden. Ein Baum war umgestürzt und hatte einen der beiden Lehrer unter sich begraben, und einige Kinder waren durch herabstürzende Äste verletzt worden.
»Offenbar sind wir nicht die ersten am Einsatzort«, meinte Karl und deutete auf die frischen Reifenspuren, die sich vor ihnen auf der schlammigen Forststraße abzeichneten. »Schätze, die Kameraden von der Feuerwehr sind schon da und ... Himmel noch mal, das hat uns gerade noch gefehlt!« Seine letzte Bemerkung galt nicht der Verstärkung, sondern dem Umstand, dass plötzlich taubeneigroße Hagelkörner vom Himmel prasselten und auf ihren Wagen einschlugen.
Es war ein Lärm, als würde auf sie geschossen!
Andrea Bergen biss die Zähne zusammen.
Für sie bedeutete das Wetter einen riskanten Einsatz – und für die Kinder, die im Wald festsaßen, bedeutete es Angst und Schrecken.
Hoffentlich können wir sie heil und unversehrt zu ihren Eltern bringen, sorgte sie sich. Doch gleichzeitig ahnte sie, dass das Wunschdenken war, denn über Funk war bereits von verletzten Kindern gesprochen worden.
»Tja, ich schätze, aus dem Grillabend wird heute nichts«, konstatierte ihr Fahrer.
»Du könntest ihn nach drinnen verlegen. Ihr habt doch die hübsche Gartenlaube.«
»Das ist nicht dasselbe. Grillen muss man unter freiem Himmel, sonst macht es nur halb so viel Spaß. Nein, da warte ich lieber auf besseres Wetter. Wobei ...« Skeptisch beäugte er den Himmel, als könnte er sich kaum vorstellen, dass die Wolken irgendwann verschwinden würden. Danach sah es im Augenblick wirklich kaum aus. Obwohl es noch nicht einmal fünfzehn Uhr war, war es bereits dunkel geworden.
Noch immer prasselten Hagelkörner auf das NEF ein. Allmählich wurde der Boden weiß. Karl drosselte das Tempo. Er war ein umsichtiger Fahrer, den so schnell nichts aus der Ruhe brachte. Er hielt den Wagen in der Spur, aber seine Fingerknöchel, die weiß hervortraten, so fest umklammerte er das Lenkrad, verrieten seine Anspannung.
»Hast du schon Pläne für deine Urlaubswoche, Karl?«
»Noch nicht. Das lasse ich auf mich zukommen. Wer weiß, ob etwas daraus wird.«
»Warum sollte es denn nicht?«
»Weil gerade zwei Fahrer krank und zwei andere im Urlaub sind. Wenn Horst und Leonie nicht bald wieder gesund sind, muss ich meinen Urlaub verschieben.«
Andrea Bergen nickte bedächtig.
Die Verwaltung des Elisabeth-Krankenhauses tat alles, um freie Stellen so schnell wie möglich wieder zu besetzen, aber der
Personalmangel ging auch an ihnen nicht spurlos vorüber. Bevor sie noch etwas sagen konnte, bemerkte sie vor sich blinkende Lichter.
»Sieh mal, dort vorn! Wir sind am Ziel!«
Tatsächlich öffnete sich links vor ihnen eine Lichtung, auf der mehrere Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr standen. Zwei Helfer verteilten Decken an eine Gruppe von Kindern, die sich zusammendrängten. Einige hielten den Kopf gesenkt, während sich andere lebhaft unterhielten. Eine Frau hatte schützend die Arme um einige der Kinder gelegt und schaute mit blassem Gesicht zu den Rettern, die weiter hinten standen. Offenbar sorgten sie für den verunglückten Lehrer.
Karl hielt an, und Andrea Bergen stieg aus dem NEF. Erleichtert bemerkte sie, dass es nicht mehr hagelte. Allerdings war der Boden aufgeweicht und rutschig. Sie wäre um ein Haar gestürzt, wenn sie sich nicht im letzten Augenblick an der Autotür festgehalten hätte. Rasch schnappte sie sich ihre Ausrüstung, zog die Kapuze der Einsatzjacke über den Kopf und eilte zu der Unglücksstelle.
»Notärztin Andrea Bergen«, stellte sie sich vor und wurde sogleich durchgelassen. Hinter ihr schlossen sich die Helfer wieder zusammen, versperrten den Kindern den Blick.
Und das mit gutem Grund.
Vor ihr lag eine uralte Buche, die der Sturm entwurzelt haben musste. Dort, wo sie vor Kurzem noch gestanden haben musste, klaffte nun ein Loch im Waldboden. Ihr Stamm war dick genug, dass es zwei Männer gebraucht hätte, um ihn zu umfassen. Er lag zwischen hohen Farnen und Himbeersträuchern. Seine Wurzeln ragten in die Luft, Regen und Schlamm tropften daran herab. Zwischen dem Grün kniete ein Mann in der Uniform der Feuerwehr und blickte mit trüben Augen auf. Andrea Bergen las die Wahrheit in seinem Blick, noch bevor er ein Wort sagte.
Hier würde sie nicht mehr helfen können.
Ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Trotzdem kniete sie sich auf den nassen Untergrund und schob mit den Händen das Grün auseinander.
Und da sah sie ihn. Den Körper, der halb unter dem Baum hervorragte.
Zerschmetterte Knochen. Blut und Zerstörung.
Der Lehrer war von dem schweren Stamm begraben worden.
Sie tastete behutsam nach seinem Arm, suchte nach einem Puls.
Vergeblich.
»Es tut mir so leid«, murmelte sie. Sie vergewisserte sich, dass sie nichts mehr tun konnte, dann richtete sie sich auf und nickte kaum merklich. »Ihr könnt ihn zudecken.«
Einer der Helfer brachte eine Decke und breitete sie über dem Verunglückten aus. Einige Kameraden bauten bereits ihre Technik auf, um ihn zu befreien.
Die Notärztin kehrte zu der Lehrerin zurück, die ihr aus geröteten Augen entgegensah. Ihre stumme Frage beantwortete sie mit einem leichten Kopfschütteln.
Die Lehrerin schloss sekundenlang die Augen.
Karl kam heran. »Ein Bus ist auf dem Weg, um die Kinder einzusammeln und zurück in die Stadt zu bringen«, berichtete er.
»Dann kümmern wir uns jetzt um die verletzten Kinder ...« Andrea Bergen hatte kaum ausgesprochen, als ein erschrockener Ruf laut wurde.
»Wo ist Charly?« Eines der Mädchen reckte den Hals. Andere Kinder taten es ihr gleich. »Charly? Charly!«
Andrea Bergen blickte sich um. »Wer ist Charly?«
»Eine meiner Schülerinnen.« Die Lehrerin blickte sich um. Ihre dunklen Haare klebten ihr nass vom Regen im Gesicht. Sie zitterte und mühte sich sichtlich um Fassung. »Vorhin habe ich sie noch gesehen, aber jetzt ... nicht mehr.«
»Vorhin? Wie lange ist das her?«
»Nicht lange. Ein paar Minuten vielleicht.«
»Hat jemand gesehen, wo Charly hingelaufen ist?«
»Ja, ich.« Ein blasser Junge von etwa elf Jahren hob die Hand. »Sie ist da drüben im Wald verschwunden. Schätze, sie musste mal.«
Die Notärztin vergewisserte sich, dass keines der anderen Kinder schwer verletzt war. Einige Kinder hatten blutige Schrammen, aber die waren nicht lebensbedrohlich und würden später in der Klinik behandelt werden können.
Charly war noch nicht wieder aufgetaucht.
Das war kein gutes Zeichen.
Ein verängstigtes Mädchen blieb bei diesem Unwetter nicht längere Zeit von den anderen Kindern weg. Andrea Bergen machte sich Sorgen. Sie wandte sich wieder an die Lehrerin.
»Bleiben Sie bitte hier und achten Sie darauf, dass nicht noch eines der Kinder verschwindet. Ich werde Charly suchen.« Sie wartete das Nicken der anderen Frau ab, ehe sie sich umwandte und zu einer Gruppe von Helfern ging. Die Kameraden waren sofort bereit, ihr bei der Suche nach dem Mädchen zu helfen.
Dr. Bergen eilte in die Richtung, in die der Junge gewiesen hatte. Der nasse, schlammige Boden machte schmatzende Geräusche unter ihren Sohlen, und der Regen trommelte unvermindert heftig auf sie herab. Noch immer blitzte es, und das Grollen des Donners schien den Waldboden erbeben zu lassen. Es war furchteinflößend.
»Charly? Kannst du mich hören?« Sie blieb kurz stehen und lauschte, hörte aber nichts als das Rauschen des Regens, das sich mit dem Donnern des Unwetters mischte. Also lief sie weiter in den Wald hinein. Tief hängende Äste zerrten an ihrer Jacke. Die Bäume rings um sie herum knirschten bedrohlich.
Da wurde plötzlich ein Schrei laut.
Links von ihr!
»Charly?«
Ein weiterer Schmerzensschrei antwortete.
Die Notärztin stürmte in die Richtung, aus der die Stimme kam, und fand kurz darauf ein Mädchen von elf oder zwölf Jahren. Es lag neben einem umgestürzten Hochstand. Der Sturm musste ihn gefällt haben. Trümmer der Leiter lagen neben dem Mädchen. Ein Teil hatte sich in seine linke Schulter gebohrt und nagelte es schier am Erdboden fest.
»Nicht bewegen«, mahnte Andrea Bergen eindringlich. »Du bist Charly, richtig?«
Ein Wimmern antwortete ihr. Das Mädchen war aschfahl.
»Ich bin Andrea Bergen. Ich werde dir helfen. Du musst nur noch ein kleines Weilchen ruhig liegen bleiben.«
Das Mädchen öffnete den Mund, brachte aber nur ein leises Stöhnen hervor.
»Ich weiß, es tut weh.« Dr. Bergen untersuchte die Schulter des Mädchens behutsam. Noch blutete sie nicht allzu stark. Das pfahlartige Holzstück verschloss die Wunde, darum würde sie sich hüten, es zu entfernen. Sobald sie das tat, würde eine heftige Blutung einsetzen, die das Kind das Leben kosten konnte.
Charlys Herz raste, und ihr Atem kam flach und abgehackt. Weitere Verletzungen schien sie jedoch nicht zu haben.
»Hör mir gut zu, Charly. Ich kann das Holz noch nicht entfernen, deshalb werde ich es mit Bandagen fixieren, damit es fest in deiner Schulter bleibt. Dann können wir dich von hier wegbringen. Du hältst derweil still wie ein schlafendes Kätzchen. Kannst du das für mich machen?«
»... nach Hause«, wimmerte Charly.
»Wir werden deine Eltern anrufen und sie bitten, ins Krankenhaus zu kommen. Dort kann dann auch der Störenfried aus deiner Schulter entfernt werden.« Die Notärztin fixierte das Holzstück, als sie plötzlich ein verdächtiges Knirschen über sich vernahm. Geistesgegenwärtig beugte sie sich über ihre Patientin.
Keine Sekunde zu früh!
Etwas Hartes schlug von oben auf sie herab und traf sie empfindlich am Rücken. Ein Schwall glühend heißer Schmerzen explodierte in ihrem Körper. Sie krümmte sich, während sie das Mädchen weiter mit ihrem eigenen Körper schützte. Ein wildes, unbarmherziges Pochen raste durch sie hindurch und ließ sie roten Nebel sehen. Verflixt, tat das weh!
Der Sturm musste einen Ast abgerissen und auf sie herabgeschleudert haben. Durch einen Schleier aus Schmerzenstränen sah sie auf Charly hinunter und bemerkte, dass ihre kleine Patientin ganz bang zu ihr aufblickte.
»Ist schon gut«, flüsterte sie. »Ich bin bei dir. Alles wird wieder gut.«
***
Wenige Tage später war das Unwetter vergessen. Bestes Sommerwetter lockte zahlreiche Urlauber und Ausflügler in die Natur, und in Eisdielen und an Badestränden herrschte Hochbetrieb. Auch an diesem Morgen trübte keine Wolke die Sicht, und der leuchtende blaue Himmel versprach wieder einen schönen Tag.
Am Stadtrand stand ein hübsches kleines Landhotel. Uralte Linden spendeten an heißen Tagen angenehmen Schatten und schützten bei Unwettern vor allzu rauen Winden. Von ihnen hatte das Hotel auch seinen Namen erhalten: Lindenhof.
Die Gäste schätzten die familiäre Atmosphäre, denn das Hotel verfügte nur über elf Zimmer, und so ging es gemütlich zu. Auch die gute Küche war beliebt. Die Chefköchin ließ sich immer wieder besondere Menüs einfallen und probierte Neues aus, um ihre Gäste kulinarisch zu verwöhnen.
Während fleißige Hände bereits das Büfett für die Frühstücksgäste aufbauten und Tische im Freien vorbereiteten, saß Lisa Ahrens mit einem großen Ordner auf ihren Knien auf einer der Bänke im Garten und beugte den Kopf über ihre Notizen. Sie hatte das Hotel vor zehn Jahren zusammen mit ihrem Mann Daniel übernommen. Seitdem leiteten sie es zusammen.
Wenigstens etwas, das wir noch gemeinsam haben, ging es ihr durch den Kopf, und ein Stich fuhr ihr geradewegs ins Herz hinein. Sie blickte auf und bemerkte zwei Paddelboote, die sich auf dem Fluss stromabwärts bewegten. Darin saßen junge Leute, die ihr fröhlich winkten, bevor sie die Paddel wieder ins Wasser tauchten und die Sicht auf sie wenig später von den krummen Weiden am Ufer verdeckt wurde.
Lisa ließ die Hand sinken, mit der sie den Gruß erwidert hatte, während sich eine leise Sehnsucht in ihr Herz schlich.
Wann war sie zuletzt so unbeschwert unterwegs gewesen?
Sie erinnerte sich nicht einmal daran. Dafür machte sich nun der unliebsame Schmerz in ihrem Rücken wieder bemerkbar. Sie nahm den Blister mit Schmerztabletten aus ihrer Rocktasche, drückte zwei Tabletten heraus und spülte sie mit einem Schluck Kaffee hinunter. Dann stellte sie den Becher wieder neben sich ab und rutschte auf der Bank herum, bis sie eine erträgliche Lage gefunden hatte.
Von der Terrasse des Landhotels drang derweil das Klappern von Geschirr heran. Im Garten verteilte der Rasensprenger zischend Wasser über dem Rasen. Noch war die Luft kühl, aber das würde sich ändern, sobald die Sonne höherstieg.