OTTO will er nicht heißen - Otto W. Bringer - E-Book

OTTO will er nicht heißen E-Book

Otto W. Bringer

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Beschreibung

Wer ist schon mit seinem Rufnamen einverstanden, auf den er keinen Einfluss hatte, weil seine Eltern ihn so nennen wollten? Zumal heute alle naselang neue Namen Mode sind; früher nahm man Heilige oder berühmte Personen der Geschichte, die man verehrte oder gar bewunderte. Auch den Namen des Vaters, der Mutter oder deren Eltern. Der Protagonist dieses Büchleins ist einer, der seinen Namen nicht mochte. Otto klang ihm zu altbacken. Bis eine Freundin ihm vorschlug, seinen Namen auf zwei Buchstaben zu verkürzen. Raten Sie mal, welche.

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Seitenzahl: 44

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Otto W. Bringer

OTTO will er nicht heißen

weil es so altbacken klingt

Copyright: © 2020 Otto W. Bringer

Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Umschlag: Otto W. Bringer

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-13672-4 (Paperback)

978-3-347-13673-1 (Hardcover)

978-3-347-13674-8 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Laut Geburtenregister heißt er Otto. Zweiter Name Willi, Kürzel von Wilhelm. In seiner Familie bevorzugte man Doppelnamen. Bei Jungens am liebsten Namen deutscher Kaiser. Karl der Rufname seines Vaters. Zweiter Name Otto. Karl-Otto, doppelt gemoppelter Kaiser hat mehr Macht, die allgemeine Meinung. Das patriarchalische System auf dem Höhepunkt. Berlin, das Zentrum der Macht in Deutschland. Seit Bismarcks Sieg 1871 über die Franzosen auch in Mittel-Europa.

Deutsche konnten nie genug bekommen von gekrönten Häuptern. Rechneten ihre Vergangenheit auf und feierten alles, was in Deutschland eine Krone trug. Von Karl dem Großen über Friedrich II., dem Preußenkönig, der sich als erster Diener des Staates verstand, bis Wilhelm II. Errichteten Denkmäler noch und noch. Aus Granit und Bronze, Jahrhunderte zu überdauern. Setzten Kinder in die Welt mit kaiserlichen Namen. Ob alle sich Helden wünschten? Einen wenigstens? Der Verdacht liegt nahe.

Unseren Otto jedenfalls kümmerte das so gut wie überhaupt nicht. Als er aufs Gymnasium ging, riefen Klassenkameraden ihn Ottilie, weil er ein geblümtes Hemd trug. Er hat etwas von Mädchen an sich, in Gesicht, Verhalten und Kleidung. Seine Mama liebte Geblümtes. Gerade Zehn und in der Sexta, lernte er Latein. Damals die Sprache der katholischen Kirche. Sah sich veranlasst, die Mode zu wechseln. Meldete sich als Ministrant, um rote Talare mit weißen Spitzenrochetts zu tragen. Stolz, eine Rolle zu spielen am Altar. Von allen gesehen und bewundert zu werden.

Freunde der Straße nannten ihn Öttes. Klingt wie die Aufforderung, Schule zu schwänzen, Pferde zu stehlen oder Fußball zu spielen. Otto reagierte, ohne zu wissen warum, auf alle Wörter, die mit O oder Ö anfangen. Ölfarbe, Ödipus, Oktopus oder Oase. Die in seinem Bauch landen und zur Kreativität anregten. Herauszufinden, was sie bedeuten. Jahrzehnte, bevor Michel Henry, der französische Philosoph, den Bauch, nicht den Verstand, als Ursprung aller Kultur definierte.

Mit zwölf Jahren schrieb Otto seine erste Novelle: «Der Frühling». Tante Liesel, Schwester seines Vaters und einzige Studierte in der Familie, entdeckte einen Fehler: Weiße Wolkenbäuche segeln … statt weiße Wolkenbäusche segeln am blauen Himmel. Otto muss schon früh intuitiv geschrieben haben. Auch wenn er nur einen Buchstaben vergessen hat. Wolken sehen aus wie Bäuche. Der französische Philosoph hat Recht.

Als Kind litt er unter der Oberhoheit seiner Stiefmutter. Eine ihrer ersten Amtshandlungen war, die Namenstage aller Familienmitglieder einschließlich Verwandtschaft in den Wandkalender zu schreiben. Sie zu feiern, wann der Heiligenkalender es vorschrieb. Pflichtlektüre in jedem katholischen Haushalt. Wie das Kruzifix in der Küchenecke. Die bei den Evangelischen üblichen Geburtstage waren für die strenge Katholikin kein Anlass, Kuchen zu backen, Verwandte einzuladen.

Am 23. März steht Otto im Kalender. Der Tag, an dem unser Otto seinen Namenstag feierte. Obwohl niemand genau wusste, ob er ein Heiliger war. Die einen munkelten ja, andere munkelten nein. Er stand aber im Heiligenkalender. Folglich blieb es dabei. Otto, der große Kaiser, war und blieb ein Heiliger und unseres Ottos Namenspatron.

Mit einem Heiligen aber hatte er nichts am Hut. Die Folgen bedenkend. Mutti würde ihm immer dieses Muster an Frömmigkeit vorhalten. Ein Heiliger wollte er nicht sein und schon gar nicht werden. Aber mach mal was als zum Gehorsam verpflichteter Sohn. Am besten mitfeiern, Geschenke sammeln, lecker essen. Für zehn, fünfzehn Minuten Mittelpunkt der Familie sein. Es sah anders aus, wenn der 23ste auf einen Karfreitag fiel. Da ließ die gläubige Stiefmutter den ihrer Meinung nach Heiligen Otto einfach unter den Tisch fallen. Ihr Motto: Karfreitag wird gebetet, nicht gefeiert. Nicht achtend, dass sie damit quasi evangelisch verfuhr. Bei denen Karfreitag der höchste kirchliche Feiertag ist. Das Geschenk bekam er am Karsamstag-Abend. Es waren vier Karfreitage in all den Jahren. Ohne große Feier wie sonst.

Als Otto erfuhr, es sei ein Buch mit dem Titel «Helden und Heilige» herausgekommen, dachte er sofort, das ist die Rettung. In diesem Compendium - man erkennt den Lateiner - muss sein Kaiser Otto I. verzeichnet sein. Fand ihn unter der Rubrik Helden. Unter Heiligen Otto, Bischof von Bamberg, der heiligmäßig lebte, wie es heißt. So könnte er wie sein Vater zweimal Namenstag feiern. Das von der Kirche tolerierte Nachschlagewerk ist für das Christenvolk eine echte Glaubenshilfe, wie das Neue Testament. In ihm die ganze Hautevolee der Heiligen und heiligmäßig gelebten Helden.

Einen heiligen Kaiser hatte Otto nicht darin entdeckt, so oft er auch blätterte. Fluchte oder betete. Es gibt nur einem heiligen Otto, der kein Kaiser war. Also kein zweiter Feiertag. Auch, wenn nicht sicher ist, ob Kaiser Karl ein Heiliger war. Sagte sich: Es muss doch einen Beweis geben, dass Otto, Deutschlands zweitgrößter Deutscher Kaiser, ein Heiliger war? Neidisch auf seinen Vater Karl. Der selbst großer war, in Zentimetern gemessen.