Pulverrauch im Thunder Basin - R. S. Stone - E-Book

Pulverrauch im Thunder Basin E-Book

R. S. Stone

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Aus glasigen, blutunterlaufenen Augen stierte Hubbard Frame auf den Fluss, der vor ihnen lag. »Schätze, hier müssen wir rüber«, kam es lallend von seinen Lippen. Melody Frame strich sich nervös eine braune Locke aus dem Gesicht. Von der Idee war sie alles andere als begeistert. Es dämmerte bereits, als ihr Conestoga-Wagen das diesseitige Ufer erreicht hatte. Das war die eine Sache. Die andere war, dass Hubbard Frame sich sinnlos betrunken hatte. Wieder mal. »Wir sollten bis morgen früh warten«, gab sie zu bedenken. »Es wird gleich dunkel. Und wir kennen diesen Fluss nicht, Hub.« Frame machte eine abwehrende Handbewegung. »Scheiß drauf. Rüber müssen wir, so oder so.« Er rülpste und erntete sogleich einen vernichtenden Seitenblick seiner Frau. Immerhin, er war nicht so betrunken, dass er diesen nicht spürte. Er holte Luft und riss sich bei den folgenden Worten zusammen: »Hör zu, Melody. Die Strömung ist nicht sehr stark.

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Die großen Western – 361 –

Pulverrauch im Thunder Basin

R. S. Stone

Aus glasigen, blutunterlaufenen Augen stierte Hubbard Frame auf den Fluss, der vor ihnen lag.

»Schätze, hier müssen wir rüber«, kam es lallend von seinen Lippen.

Melody Frame strich sich nervös eine braune Locke aus dem Gesicht. Von der Idee war sie alles andere als begeistert. Es dämmerte bereits, als ihr Conestoga-Wagen das diesseitige Ufer erreicht hatte. Das war die eine Sache. Die andere war, dass Hubbard Frame sich sinnlos betrunken hatte. Wieder mal.

»Wir sollten bis morgen früh warten«, gab sie zu bedenken. »Es wird gleich dunkel. Und wir kennen diesen Fluss nicht, Hub.«

Frame machte eine abwehrende Handbewegung.

»Scheiß drauf. Rüber müssen wir, so oder so.« Er rülpste und erntete sogleich einen vernichtenden Seitenblick seiner Frau. Immerhin, er war nicht so betrunken, dass er diesen nicht spürte.

Er holte Luft und riss sich bei den folgenden Worten zusammen: »Hör zu, Melody. Die Strömung ist nicht sehr stark. Wenn wir die beiden Pferde in gerader Richtung aufs andere Ufer zu lenken, werden wir’s schaffen.«

Melody Frame wollte protestieren, sah aber ein, dass es zwecklos war.

Vielleicht würde es tatsächlich klappen. Aber sie zweifelte stark. Wie so oft, wenn Hubbard seine Entscheidungen traf.

Frame nahm die Zügel in die Hand und ließ die beiden Pferde anziehen. Mit steif durchgedrückten Vorderbeinen rutschten die Tiere den Hang hinunter. Der Wagen polterte gefährlich schaukelnd hinterher. Gespann und Wagen glitten ins Wasser. Der Conestoga geriet in eine bedrohliche Schräglage und drohte zu kippen. Melody stieß einen schrillen Schrei aus. Frame verlagerte sein Gewicht auf die Gegenseite. Dabei warf er seiner Frau einen zornigen Blick zu. Der Wagen fing sich. Die beiden Pferde strebten dem gegenüberliegenden Ufer zu.

Zunächst ging alles gut. Frame erlaubte sich ein siegreiches Grinsen. Melody wandte angewidert den Kopf zur Seite. Frame warf ihr einen zornigen Blick aus glasigen Augen zu. Er hatte eine unflätige Bemerkung auf den Lippen, aber keine Zeit, sie auszusprechen. Denn just in diesem Augenblick geschah es. Das linke Pferd geriet in eine Untiefe. Das Tier verlor den Halt. Das andere Pferd, ein Wallach, wurde mitgerissen. Panik überkam die beiden Tiere. Sie mussten kämpfen, um ihre Köpfe über Wasser zu halten. Wieder neigte sich der Wagen. Das linke Vorderrad blieb in einem Loch stecken. Hub Frame wurde seitwärts vom Bock katapultiert und sauste kopfüber ins Wasser. Dabei knallte sein Kopf gegen das eisenbeschlagene Vorderrad. Der plötzliche Ruck riss die beiden strampelnden Pferde nach links und der Wagen glitt noch tiefer in das Loch hinein.

Während Hub Frame im Wasser wie wild mit Armen und Beinen ruderte und unflätige Flüche von sich gab, griff Melody nach den Zügeln. Sie zitterte am ganzen Körper, zwang sich aber zur Ruhe und sprach auf die angstvoll schnaubenden Pferde ein. Die zerrten und ruckten an den Seilen und behinderten sich gegenseitig.

Frame hörte auf zu fluchen. Er zog sich stöhnend an der Außenplanke des Conestogas hoch. Auf seiner blassen Stirn zeichnete sich eine blutige Furche ab. Sofort riss er seiner Frau die Zügel aus den Händen. Dann begann er, wie ein Berserker auf die beiden Pferde einzuschreien. Das hatte den Erfolg, dass die ohnehin panischen Tiere noch panischer wurden.

Melody saß bleich und stumm neben ihrem tobenden Mann. Sie klammerte sich an die Seitenplanke, um nicht ins Wasser zu stürzen. Eine sinnlose Geste, wie ihr schien, denn sie war überzeugt davon, dass es nur eine Frage von Sekunden war, wann sich der Conestoga endgültig auf die Seite legen würde.

*

Niles Crown hatte genug gesehen. Er entschied, dass es an der Zeit war einzugreifen. Sein schmallippiger Mund kräuselte sich zu einem spöttischen Lächeln.

Die ganze Zeit über hatte er im Sattel seines Falben gesessen und kopfschüttelnd das Schauspiel beobachtet, welches das Pärchen in ihrem Conestoga-Wagen bot. Ein hochgewachsener Mann, schlank. Das scharfe, harte Gesicht war von der Sonne bronzefarben gebräunt. Dunkelbraunes Haar lugte unter seinem Texashut hervor. Seine eisgrauen Augen lagen im Schatten verborgen.

Er gab seinem Falben einen Schenkeldruck und trieb ihn ins Wasser. Niles Crown stellte sich in die Steigbügel und trieb das Pferd auf den kippenden Wagen zu. Dort angekommen, sah er kurz in das wutverzerrte Gesicht Frames, der immer noch wie ein Verrückter auf das Gespann einschrie.

Der Mann war wie von Sinnen. Da gab es nur eins. Niles’ Faust schoss vor und verpasste dem Tobenden einen heftigen Schlag, genau an die Schläfe. Frame verdrehte die Augen. Er sackte in sich zusammen und fiel nach hinten. Niles blickte in die weit geöffneten Augen der Frau und tippte kurz an die Krempe seines Texashutes. Mit sonorer, tiefer Stimme sprach er beruhigend auf sie ein. »Nehmen Sie die Zügel. Sie müssen das Gespann gegen die Strömung zwingen.«

Sie schluckte nur und nickte. Niles drängte seinen Falben gegen das panische Gespann. Er sprach besänftigend auf die Tiere ein.

Das Gespann zog an. Der Conestoga richtete sich langsam auf. Für einen kurzen Augenblick drohte der Wagen wieder zurück in die Untiefe zu gleiten. Doch dann gab es einen Ruck und der Wagen rollte auf das nahe Ufer zu. Als Hubbard Frame langsam aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, waren sie bereits auf festem Boden.

Frame betastete stöhnend seinen lädierten Kopf, während er zu dem hochgewachsenen Reiter aufsah, der lässig auf dem Falben saß und ihn aus unergründlichen grauen Augen musterte.

»Ich habe alles versucht«, kam es lahm von Frames Lippen. »Die dämlichen Biester wollten einfach nicht gehorchen. Sie hatten keinen Grund, mich zusammenzuschlagen!«

Niles Crown zog die Augenbrauen zusammen. »Alles versucht? Mann, Sie haben alles versucht, Ihren Wagen mitsamt Ihrer Habe und Ihrer Frau im Fluss zu versenken. Hölle, haben Sie die Grenzpfähle nicht gesehen?«

Eine Zornesfalte zeigte sich in Frames blassem Gesicht. Die Maßregelung dieses Fremden gefiel ihm nicht. Um seine Mundwinkel begann es zu zucken.

Melody antwortete rasch für ihren Mann: »Nein, wir haben keine Pfähle gesehen. Mein Mann und ich wollten so schnell wie möglich den Fluss überqueren, um Anschluss an die anderen zu bekommen, die bereits vorgefahren sind.«

Niles nickte. Sein Blick traf sich mit Melodys. Für einen kurzen Moment nur. Er fragte sich insgeheim, weshalb eine so hübsche Frau einen Kerl wie diesen als Mann hatte. Niles brauchte keine große Menschenkenntnis, um zu erkennen, dass dieser Bursche nicht viel taugte. Aber er sagte nichts. Schließlich ging ihn das nichts an.

Melody wandte sich an ihren Mann. Aber der blieb stumm wie ein Fisch. Und wieder sprach sie für ihn: »Es war sehr freundlich von Ihnen, uns zu helfen, Mister …«

»Selbstverständlichkeit, Ma’am.«

Niles wollte ihr absichtlich seinen Namen nicht verraten. Er tippte an die Hutkrempe und gab dem Falben einen leichten Schenkeldruck.

Als Pferd und Reiter zwischen den Pinien vor ihnen verschwunden war, spie Frame zur Seite aus.

»Arroganter Dreckskerl! Hast du die Kerben an seinem Colt gesehen? Das war einer dieser Burschen, die ihr schnelles Eisen für harte Dollars vermieten. Bestimmt reitet er für diese Diamond-T-Ranch, mit der uns der alte Reg Ambrose seit Tagen in den Ohren liegt.«

Zorn stieg in Melody hoch und errötete ihr hübsches, ebenmäßiges Gesicht.

»Du redest wie ein Narr, Hubbard Frame. Dieser Mann hat uns aus einer hässlichen Notlage gerettet. Kerben hin, Kerben her. Und wenn er ein Diamond-T-Reiter gewesen wäre, hätte er es nicht getan.«

Frame wusste, dass sie recht hatte. Aber er wollte es dabei nicht bewenden lassen. Melody hatte immer recht. Und das fraß an ihm wie eine ätzende Säure.

»Und ich sage dir, dass dieser Revolverschwinger nicht ohne Grund durch das Land reitet. Das tun Männer seines Schlages nie. Verstehst du mich?«

Er redete wie ein trotziger Junge, und Melody wusste, dass sich Hubbard Frame wieder einmal in seiner Männlichkeit gekränkt sah. Sie vermied es, ihn anzusehen, um einem Streit aus dem Weg zu gehen. Einem sinnlosen, dummen Streit, wie sie ihn immer hatten, wenn er sich wieder mal als Versager fühlte. Und das war oft der Fall.

Es ist klüger, ihn einfach bei seiner Meinung zu lassen, entschied Melody in Gedanken und reichte ihm die Zügel. Frame nahm sie auf, warf sich in die Brust und ließ das Gespann antraben.

*

Es war bereits dunkel, als Niles Crown auf das Lager von etwa hundert Siedlern stieß. Von Weitem sah er die Campfeuer, und ihre Conestogas waren zu einer mächtigen Wagenburg formiert.

Niles nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und drückte sie am Sattelhorn aus. Er spähte hinunter in die weit gedehnte Talsenke. Das war nur ein Teil des Thunder Basin, dessen Grenze der Cheyenne River bildete. Dahinter, das wusste Niles, lag das Land der mächtigen Diamond-T-Ranch. Und wenn die Schar der Schollenbrecher über diesen Fluss marschieren würde, oha, dann würde es mächtigen Pulverrauch geben.

Dessen war sich Niles Crown sicher.

Für einen kurzen Moment zog er in Erwägung, am Siedlerlager vorbeizureiten. Aber er entschied sich anders. Seit dem frühen Morgen hatte er nicht mehr gegessen. Seine Vorräte waren aufgebraucht, und bis nach Clareton waren es noch etwa zehn Meilen.

Zu weit für einen Mann, dessen Magen bereits in den Kniekehlen hing.

Eine Welle von Angst, Misstrauen und Feindschaft schlug ihm entgegen, als er ins Lager ritt. Er war keiner von ihnen, das erkannten sie sofort und ließen es ihn spüren.

Niles Blicke glitten in die Runde. Hölle, was war da nur für eine Schar ins Land gekommen! Völlig verarmt, innerlich zerrissen und äußerlich zerlumpt. Viele von ihnen hatten nicht einmal vernünftiges Schuhwerk an den Füßen.

Nur die vage Hoffnung, sich im Thunder Basin eine neue Existenz aufbauen zu können, ließ sie ihren Stolz bewahren.

Ein massiger Kerl mit buschigem Bart und einem verbeulten Filzhut erhob sich von einem der Feuer und kam langsam auf Niles zu. Ein alter Bursche mit auffallend hellen Augen und tiefen Falten im Gesicht.

»Was wollen Sie? Sind Sie etwa einer dieser Revolverkämpfer und reiten für Morgan Tuckers Diamond-T-Ranch?«

Niles schüttelte den Kopf.

»Ich reite für niemanden. Bin mein eigener Herr. Der Proviant ist mir ausgegangen, und von Weitem stieg mir der Duft von Kaffee und geröstetem Brot in die Nase. Vielleicht ist noch etwas übrig für einen hungrigen Mann? Etwas Brot und Kaffee gegen ein paar Dollar?«

Niles’ Worte lösten die Spannung.

Der Bärtige nickte bedächtig.

»Wenn Sie nur das wollen, soll es recht sein. Wir weisen keine hungrige Seele ab. Aber Ihr Geld können Sie behalten.«

Er sprach die Worte bedächtig. Mit Stolz und Würde. Eine schrille Stimme drang an Niles’ Ohren: »Vorsichtig, Ambrose. Dieser Bursche sieht nicht wie ein harmloser Hungriger aus. Der ist von ganz anderem Kaliber. Das sieht doch ein Blinder.«

Ein Mann löste sich von einem der vielen Wagen und trat näher. In seinen Händen hielt er eine Schrotflinte. Neben dem Bärtigen, der Ambrose genannt wurde, blieb er stehen und richtete die Waffe auf Niles.

Niles rieb sich übers unrasierte Kinn. »Wenn Sie so ein Ding auf jemanden richten, Freund, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass sie es womöglich benutzen müssen.«

»Das werde ich auch, Mister. Wenn es darauf ankommt.«

Der Bursche mit der Schrotflinte war mittelgroß, aufsässig und recht jung. Er hatte ein schmales, eingefallenes Gesicht. Seine Kleidung war zerlumpt, so, wie die der meisten anderen auch. Niles kannte solche Burschen zur Genüge. Sie waren wild und ungestüm und von jenem Zorn erfüllt, der sich gegen die ganze Welt richtete.

Ambrose schaltete sich ein.

»Du hast keinen Grund, gleich durchzudrehen, Stan Garrett. Geh zu deiner Frau zurück zum Wagen. Dieser Mann will nur etwas essen und trinken.« Seine hellen Augen wandten sich an Niles, der immer noch im Sattel des Falben saß. »Stimmt’s, Fremder?«

»Ganz genau.«

Stan Garrett war nicht überzeugt. Er richtete die Schrotflinte in Niles Crowns Brusthöhe. »Einen Revolvermann rieche ich auf drei Meilen gegen den Wind und erkenne ihn sofort. Und Sie sind einer, Mister. Ich bin davon überzeugt, dass man Sie geschickt hat. Zum Beispiel die Diamond-T-Ranch.«

Zorn keimte in Niles auf. Er kam in friedlicher Absicht. Aber dieser Hombre ging ihm langsam auf die Nerven.

»Und ich glaube, dass man dir mal ein paar Anstandsregeln in dein störrisches Hirn einhämmern sollte.«

In diesem Augenblick machte der Falbe einen Satz nach vorn. Ehe Garrett sich versah, packte Crowns Linke die Schrotflinte und riss sie dem verdutzten Farmer aus den Händen. Die Waffe beschrieb einen Bogen und war wie durch Zauberei plötzlich in Niles Crowns Fäusten. Es knackte unnatürlich laut, als Niles den Abzugshahn der Schrotflinte nach hinten legte. Dann zeigte die Mündung auf Garrett, dessen erstauntes Gesicht im Schein des Feuers zusehends bleicher wurde.

Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge.

»Das nächste Mal überzeuge dich besser davon, dass deine Flinte auch schussbereit ist, wenn du sie auf einen Mann anlegst, Bursche.«

Das war wie ein Schlag ins Gesicht, und die anfängliche Kampflust wich aus Stan Garretts Gesicht. Niles entsicherte die Schrotflinte und warf sie mit verächtlicher Geste dem Farmer entgegen. Garrett wollte sie fangen. Aber sie entglitt seinem ungeschickten Griff und fiel auf den Boden.

»Besser, du hebst die Flinte auf und trägst sie vorsichtig zu deinem Wagen, Stan. Und dann solltest du dich für den Rest des Abends lieber um deine Familie kümmern.«

Garrett sah in die warnenden Augen des alten Ambrose. Er schluckte, dann bückte er sich hastig nach der Flinte und ging beschämt zurück zum Feuer.

»Ich sage es nicht gern, Fremder, aber diese Lektion hatte Stan wohl bekommen müssen. Steigen Sie vom Pferd und kommen Sie ans Feuer.«

Niles glitt mit geschmeidiger Bewegung aus dem Sattel. Der alte Am­brose hielt ihm die schwielige Rechte hin.

»Übrigens: Mein Name ist Reginald Ambrose. Diese Leute haben mich zum Führer des Trecks gemacht. Die meisten von uns sind in Pennsylvania aufgebrochen, um den weiten Weg hier rauf nach Wyoming zu machen. Die Regierung versprach uns Land im Thunder Basin. Fruchtbares Land, hervorragend für Weizenanbau. Land, das drüben auf der anderen Seite des Flusses uns gehören soll. Und auch gehören wird.«

Niles legte seine lassonarbige Rechte in die dargebotene Hand.

»Ja, fruchtbares Land. Und sicher hervorragend geeignet für das, was Sie vorhaben. Aber es ist Rinderland, Mister Ambrose.«

Dem alten Siedlerführer entging nicht die Warnung, welche in Niles’ Worten enthalten war. Er nickte düster.

»Sicher ist es Rinderland, aber das Recht ist auf unserer Seite. Denn die Regierung hat dieses Land für Siedler freigegeben.«

Niles zeigte ein bitteres Grinsen. Er wies mit ausgestrecktem Arm über den Fluss. »Da drüben gibt es jemanden, der verdammt dagegen sein wird, Ambrose.«

Der Alte schüttelte trotzig seinen bärtigen Kopf.

»Sie spielen auf die Diamond-T-Ranch an? Ja, wir hörten davon. Aber das Land gehört nicht Morgan Tucker, sondern der Regierung. Und da liegt der Hase im Pfeffer.«

»Recht hin oder her. Morgan Tucker würde nicht im Traum daran denken, sein Land kampflos euch Siedlern zu überlassen. Es wird Blut fließen, sobald einer von euch einen Fuß über den Fluss setzen sollte.«

Ambroses Augen funkelten böse.

»Sie reden, als würden Sie tatsächlich zu denen gehören.«

Niles schüttelte den Kopf.

»Ich bin in der Sache unparteiisch, Ambrose. Mich geht das hier nichts an.«

»Aber Sie reiten durch dieses Land. Sie scheinen diesen Morgan Tucker zu kennen.«

»Richtig. Ich reite durch dieses Land. Mehr nicht. Ich kenne Morgan Tucker nicht persönlich. Aber ich hörte von ihm. Und glauben Sie mir, Ambrose: Tucker ist nicht der Mann, der sich etwas wegnehmen lassen würde.«

»Aber das Gesetz …«

Niles machte eine abwehrende Handbewegung. »Hier gilt das Gesetz des Stärkeren. Mag sein, dass sich das in ein paar Jahren ändern wird. Aber noch ist es nicht so.«

»Sie haben ein höllisches Talent, einem den Mut zu rauben.«

»Ich nenne nur die Dinge beim Namen.«

»Nun, junger Mann, wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher sind, haben Sie sicher auch noch einen guten Rat parat, richtig?«

Die Worte des Alten kamen zynisch über seine Lippen. Den Zynismus allerdings beachtete Niles nicht.

»Ich habe einen Rat, Ambrose: Wenn Sie sicher sind, für dieses Land kämpfen zu wollen, dann marschiert über den Fluss. Denn ein Kampf wird unausweichlich sein. Wenn ihr nicht kämpfen wollt, zieht weiter. Und jetzt habe ich mächtigen Hunger.«

Damit war für Niles das Thema erledigt.

Vorerst.

*

Der Morgen dämmerte, als Niles Crown das Siedlerlager am Ufer des Cheyenne-Rivers verließ. Er tat es mit bitterem Geschmack auf der Zunge.